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Judentum: Fälschung und Wahrheit im Alten Testament (AT) gemäss Aktenlage und Grabungen

Die neue Identität durch die neue jüdische Geschichte mit Hilfe chronologischer und archäologischer Forschung

6. Die Legende des Jakob-Sohnes Joseph, der an Ägypten verkauft sein soll und dort Wirtschaftsminister des Pharao geworden sein soll

Kamelkarawane im Sinai
Kamelkaravane im Sinai

von Michael Palomino (2006 / 2010)

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aus: Israel Finkelstein / Neil A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel; Deutscher Taschenbuchverlag DTV GmbH & Co. KG, München 2004, zweite Auflage 2005; englische Originalausgabe: "The Bible Unearthed. Archaeology's New Vision of Ancient Israel and the Origin of Its Sacred Texts; The Free Press, a division of Simon & Schuster, Inc., 2001; Deutsche Ausgabe: Verlag C.H.Beck oHG, München 2002


Der Sohn Joseph (einer der Söhne von Jakob) soll wegen eines Traums nach Ägypten verkauft worden sein

Das AT sagt:

-- der Sohn Joseph soll geträumt haben, er werde später über die Familie herrschen, und er soll diesen Traum den anderen Brüdern erzählt haben und dafür gehasst worden sein, und so sollen die Brüder den Joseph an eine Gruppe ismaelitische Händler nach Ägypten verkauft haben, die Joseph mit einer Kamelkarawane nach Ägypten transportiert haben sollen, wobei auch Harz, Balsam und Myrrhe Güter der Karawane gewesen sein sollen (S.44)

-- die 11 anderen Brüder sollen gegenüber Vater Jakob behauptet haben, ein wildes Tier habe Joseph gefressen (S.44)

-- Joseph soll in Ägypten aber Karriere gemacht haben und beim Pharao mit Prophezeiungen geglänzt haben und soll Wirtschaftsminister des Pharao gewesen sein, der für 7 schlechte Jahre vorgesorgt habe (S.44)

-- als nach einer langen Dürre die anderen 11 Söhne Jakobs hungernd in Ägypten Nahrung kaufen wollen, soll sich ihr Bruder Joseph ihnen als Wirtschaftsminister offenbart haben, und die Israeliten sollen alle ins Land Gosen gezogen sein, wo Erzvater Jakob seine Söhne und Josephs Söhne, die Enkel Manasse und Ephraim, gesegnet haben soll, und wo der Sohn Juda das königliche Geburtsrecht erhalten haben soll (S.45)

-- nach Jakobs Tod soll dieser von seinen Söhnen in der Höhle Machpela bei Hebron begraben worden sein, die Israeliten aber sollen in Ägypten geblieben sein (S.45).


Die Widersprüche in der Legende vom nach Ägypten verschickten Joseph

Verschickung Josephs nach Ägypten: Kriterium Kamele

Aktenlage: In assyrischen Quellen des 7. Jh. v.Chr. tauchen erstmals Lastkamele in Karawanen auf (S.50).

Archäologie: Die Archäologie beweist, dass Kamele nicht vor dem ausgehenden 2. Jahrtausend v.Chr. gezähmt wurden und erst weit nach 1000 v.Chr. als Lasttier genutzt wurden. In der Genesis (1.Buch Mose) ist dauernd von Kamelkarawanen die Rede, und der Text, der den Verkauf Josephs nach Ägypten schildert, erwähnt auch Kamele als Lasttiere (Gen. 37,25). Dies ist gemäss Aktenlage und Funden der Archäologie aber unmöglich, weil es die Kultur der Kamelkaraven zu Zeiten von Jacob und  seines Sohnes Joseph noch nicht gab (S.49).

Die Ortschaft Tell Gemme z.B. ist wichtiger Punkt der Karawanenstrasse (S.49-50) und weist für das 7. Jh. v.Chr. eine massive Zunahme an Kamelknochen auf. Es sind fast alles nur Knochen erwachsener Kamele, also wahrscheinlich von Karawanen, nicht von Zuchtfarmen (S.50).

Verschickung Josephs nach Ägypten: Handel mit "Harz, Balsam und Myrrhe" gab es noch nicht

Die Lasten "Harz, Balsam und Myrrhe" der Kamelkarawane, die Joseph nach Ägypten mitgenommen haben soll, sind die Haupterzeugnisse des arabischen Handels unter Oberaufsicht des assyrischen Reiches im 8.-7. Jh. v.Chr. Genesis 37,25 ist also sicher nicht vor dem 8. Jh. v.Chr. geschrieben worden (S.49).

Indiz, dass die gesamte Legende falsch ist: Die Stammbäume nach Jakob sind in der Bibel sehr unterschiedlich und stimmen nicht überein (S.47).


Indiz, dass die gesamte Legende falsch ist: Die Namen der ägyptischen Personen in der Joseph-Legende sind beliebte Namen im 7. und 6. Jh. v.Chr.

Die Namengebungen in Ägypten gemäss der Legende:

-- Joseph als Grosswesir des Pharao wird als Zaphnat-Paneah bezeichnet
-- der Oberste der königlichen Leibwache heisst Potiphar
-- ein Priester heisst Potiphera
-- Potipheras Tochter heisst Asnath (S.80).

Diese Namen erreichen im 7. und 6. Jh. v.Chr. in Ägypten grösste Beliebtheit und sind zur Zeit, als die Josephsgeschichte gespielt haben soll, eher selten [und würden dann sicher nicht für staatliche, repräsentative Personen und auch nicht in einem religiösen Hauptbuch verwendet] (S.80-81).

[Schlussfolgerung
Alle die aufgeführten Tatsachen und Indizien sind Hinweise, dass die Legende um den verkauften und nach Ägypten verschickten Joseph eine absolute Erfindung zwischen dem 8. und 6. Jh. v.Chr. ist].

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Bildernachweis

-- Kamelkaravane im Sinai: http://elephoto.com/exotic.asp

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