aus: Israel Finkelstein / Neil
A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die
archäologische Wahrheit über die Bibel; Deutscher
Taschenbuchverlag DTV GmbH & Co. KG, München 2004,
zweite Auflage 2005; englische Originalausgabe: "The Bible
Unearthed. Archaeology's New Vision of Ancient Israel and
the Origin of Its Sacred Texts; The Free Press, a division
of Simon & Schuster, Inc., 2001; Deutsche Ausgabe:
Verlag C.H.Beck oHG, München 2002
Der
Sohn Joseph (einer der Söhne von Jakob) soll wegen eines
Traums nach Ägypten verkauft worden sein
Das
AT sagt:
-- der Sohn Joseph soll geträumt haben, er werde später über
die Familie herrschen, und er soll diesen Traum den anderen
Brüdern erzählt haben und dafür gehasst worden sein, und so
sollen die Brüder den Joseph an eine Gruppe ismaelitische
Händler nach Ägypten verkauft haben, die Joseph mit einer
Kamelkarawane nach Ägypten transportiert haben sollen, wobei
auch Harz, Balsam und Myrrhe Güter der Karawane gewesen sein
sollen (S.44)
-- die 11 anderen Brüder sollen gegenüber Vater Jakob
behauptet haben, ein wildes Tier habe Joseph gefressen
(S.44)
-- Joseph soll in Ägypten aber Karriere gemacht haben und
beim Pharao mit Prophezeiungen geglänzt haben und soll
Wirtschaftsminister des Pharao gewesen sein, der für 7
schlechte Jahre vorgesorgt habe (S.44)
-- als nach einer langen Dürre die anderen 11 Söhne Jakobs
hungernd in Ägypten Nahrung kaufen wollen, soll sich ihr
Bruder Joseph ihnen als Wirtschaftsminister offenbart haben,
und die Israeliten sollen alle ins Land Gosen gezogen sein,
wo Erzvater Jakob seine Söhne und Josephs Söhne, die Enkel
Manasse und Ephraim, gesegnet haben soll, und wo der Sohn
Juda das königliche Geburtsrecht erhalten haben soll (S.45)
-- nach Jakobs Tod soll dieser von seinen Söhnen in der
Höhle Machpela bei Hebron begraben worden sein, die
Israeliten aber sollen in Ägypten geblieben sein (S.45).
Die Widersprüche in der Legende
vom nach Ägypten verschickten Joseph
Verschickung Josephs nach
Ägypten: Kriterium Kamele
Aktenlage: In assyrischen
Quellen des 7. Jh. v.Chr. tauchen erstmals Lastkamele in
Karawanen auf (S.50).
Archäologie: Die
Archäologie beweist, dass Kamele nicht vor dem ausgehenden
2. Jahrtausend v.Chr. gezähmt wurden und erst weit nach 1000
v.Chr. als Lasttier genutzt wurden. In der Genesis (1.Buch
Mose) ist dauernd von Kamelkarawanen die Rede, und der Text,
der den Verkauf Josephs nach Ägypten schildert, erwähnt auch
Kamele als Lasttiere (Gen. 37,25). Dies ist gemäss Aktenlage
und Funden der Archäologie aber unmöglich, weil es die
Kultur der Kamelkaraven zu Zeiten von Jacob und seines
Sohnes Joseph noch nicht gab (S.49).
Die Ortschaft Tell Gemme z.B. ist wichtiger Punkt
der Karawanenstrasse (S.49-50) und weist für das 7. Jh.
v.Chr. eine massive Zunahme an Kamelknochen auf. Es sind
fast alles nur Knochen erwachsener Kamele, also
wahrscheinlich von Karawanen, nicht von Zuchtfarmen (S.50).
Verschickung Josephs nach
Ägypten: Handel mit "Harz, Balsam und Myrrhe" gab es noch
nicht
Die Lasten "Harz, Balsam und Myrrhe" der Kamelkarawane, die
Joseph nach Ägypten mitgenommen haben soll, sind die
Haupterzeugnisse des arabischen Handels unter Oberaufsicht
des assyrischen Reiches im 8.-7. Jh. v.Chr. Genesis 37,25
ist also sicher nicht vor dem 8. Jh. v.Chr. geschrieben
worden (S.49).
Indiz,
dass die gesamte Legende falsch ist: Die
Stammbäume nach Jakob sind in der Bibel sehr unterschiedlich
und stimmen nicht überein (S.47).
Indiz,
dass die gesamte Legende falsch ist: Die Namen der
ägyptischen Personen in der Joseph-Legende sind beliebte
Namen im 7. und 6. Jh. v.Chr.
Die Namengebungen in Ägypten gemäss der Legende:
-- Joseph als Grosswesir des Pharao wird als Zaphnat-Paneah
bezeichnet
-- der Oberste der königlichen Leibwache heisst Potiphar
-- ein Priester heisst Potiphera
-- Potipheras Tochter heisst Asnath (S.80).
Diese Namen erreichen im 7. und 6. Jh. v.Chr. in Ägypten
grösste Beliebtheit und sind zur Zeit, als die
Josephsgeschichte gespielt haben soll, eher selten [und
würden dann sicher nicht für staatliche, repräsentative
Personen und auch nicht in einem religiösen Hauptbuch
verwendet] (S.80-81).
[Schlussfolgerung
Alle die aufgeführten Tatsachen und Indizien sind Hinweise,
dass die Legende um den verkauften und nach Ägypten
verschickten Joseph eine absolute Erfindung zwischen dem 8.
und 6. Jh. v.Chr. ist].