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Judentum: Fälschung und Wahrheit im Alten Testament (AT) gemäss Aktenlage und Grabungen

Die neue Identität durch die neue jüdische Geschichte mit Hilfe chronologischer und archäologischer Forschung

18. Archäologie: Die realen Strukturen im Bergland zu Zeiten der angeblichen Könige David und Salomo

Sichem / Shechem:
                Ruinenhügel Tell Balata, Luftaufnahme
Sichem / Shechem: Ruinenhügel Tell Balata, Luftaufnahme.

von Michael Palomino (2006 / 2010)

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aus: Israel Finkelstein / Neil A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel; Deutscher Taschenbuchverlag DTV GmbH & Co. KG, München 2004, zweite Auflage 2005; englische Originalausgabe: "The Bible Unearthed. Archaeology's New Vision of Ancient Israel and the Origin of Its Sacred Texts; The Free Press, a division of Simon & Schuster, Inc., 2001; Deutsche Ausgabe: Verlag C.H.Beck oHG, München 2002


Das reale Königreich David: Winzige Dimension im Bergland

Das archäologisch feststellbare Königreich David umfasste den Südteil des Berglands vom Nordrand des Negev bis etwas südlich des heutigen Jerusalem. Das Königreich David war nur schwer zugänglich, hatte landwirtschaftlich nur knappe Ressourcen (S.148) und das zentrale Hochland von Jerusalem bis Hebron ist damals noch eine Steinwüste. Erst allmählich wird die Steinwüste von den Steinen befreit und daraus eine fruchtbare Ebene gemacht, wie sie heute existiert (S.149).

[Die Umwandlung der Steinwüste in eine fruchtbare Ebene geschieht später aus der Not heraus, als die grossen Reiche das kleine Reich Juda immer mehr dezimieren].

Im winzigen David-Reich waren die Umstände folgendermassen:

-- es herrschte Analphabetismus, Hirten und Bauern gemischt, keine Schriftlichkeit, keine Reichsstrukturen (S.160)

-- von den geschätzten 45.000 Menschen im Bergland lebten vielleicht 40.000 im Norden, nicht im Süden bei Jerusalem (S.160)

-- die Ereignisse mit dem in der Bibel behaupteten Besuch der Königin von Saba bei Salomo (1. Könige 10,1-10) in Kombination mit Fernhandel mit dem Land Ophier und die weiten Handelsexpeditionen nach Ezjon-Geber (1. Könige 9,26) sind erst 300 Jahre später möglich, als sich die Struktur in Juda entwickelt hatte, auch grossen Handel zu betreiben (S.161)

-- ausserdem ist Ezjon-Geber am Roten Meer gemäss Archäologie nicht vor der "späten Königszeit" bewohnt (S.161)

-- der Bau von Thamar (1. Könige 9,18) in der Wüste ist auch erst 300 Jahre später möglich und ist gemäss Archäologie auch erst in der "späten Königszeit" bewohnt (S.161)

-- in der Bronzezeit und zu Anfang der Eisenzeit ist die Region steinig, mit dichtem Gestrüpp durchsetzt und waldig, Ackerboden existiert kaum (S.149)

-- zur Zeit der jüdischen Bergdörfer (12. bis 11. Jh. v.Chr.) werden dort kaum 10 jüdische Siedlungen gegründet (S.149)

-- die Anzahl der Dörfer erhöht sich allmählich, aber das Dorfsystem bleibt auch im 10. Jh. v.Chr. gleich (S.149)

-- nördlich des angeblichen Südreichs Juda entstehen an Westhängen Obst- und Weinkulturen, im Gebiet des angeblichen Südreichs Juda selbst ist der Boden zu steinig dafür (S.149)

-- bis zur Regierungszeit des erfundenen Salomos bleibt das erfundene Königreich David gemäss Archäologie isoliert, ist kaum von sesshafter Bevölkerung besiedelt, ist zurückgeblieben und ohne grössere städtische Siedlungen (S.149)

-- Jerusalem war zur Zeit von David und Salomo nicht einmal ein Sammelpunkt für Beduinen, der Ort bleibt ohne jegliche Überreste aus der Zeit (S.150)

-- gemäss der Archäologie sind für das Gebiet Juda für das 10. Jh. v.Chr. ca. 20 kleine Bergdörfer feststellbar, mit einigen 1000 Bewohnern, davon viele Hirten (S.150).


Keine Schreibfähigkeit in Israel-Palästina bis Ende 8. Jh. v.Chr.

Bis in die 1990er Jahre nehmen die Philologen und Anthropologen an, unter den angeblichen Königen David und Salomo habe ein starker und voll ausgebildeter Staat bestanden. Dabei ist der dazugehörige biblische jahwistische Text aus Jerusalem, der Salomo und David ins 10. Jh. datiert, wahrscheinlich erst gegen Ende des 8. Jh. v.Chr. geschrieben,

-- weil bis dahin keine Fundstücke vorhanden sind, die auf Lese- und Schreibfähigkeit schliessen lassen

-- weil bis dahin keine Funde für eine volle Eigenstaatlichkeit Judas oder Jerusalems vorhanden sind (S.34)

-- ein grosses Reich unter David und Salomo vom Roten Meer bis nach Syrien ist ohne Lese- und Schreibfähigkeit unmöglich (S.150)

-- ohne Armee und ohne grosse Waffenproduktion wäre ein solches Reich gegen andere Grossreiche wie Ägypten oder Reiche in Mesopotamien sowieso nie zu halten, da müsste doch viel zu finden sein, wenn es eine solche Waffenproduktion für ein solches Riesenreich gegeben hätte (S.151)

-- es fehlen auch die Überreste für eine grosse Verwaltung einer grossen Armee, und ohne eine grosse Verwaltung ist die Führung eines Riesenreichs mit den angeblichen Dimensionen unter Salomo niemals möglich (S.151).

Erst ab dem 8. Jh. v.Chr. ist in beiden Stadtstaaten Sichem (biblisch "Israel") und Jerusalem (biblisch "Juda") eine Schrift vorhanden, eine gemeinsame Schrift (S.178).


[Umkehrschluss: Manipulation ab Lese- und Schreibfähigkeit

Sobald die Macht Jerusalems gross genug und die Schreibfähigkeit und Lesefähigkeit in der Bevölkerung verbreitet genug ist, wird eine massive Manipulationsarbeit mit einem erfundenen AT betrieben.

Parallelfälle, wo die Bevölkerung Schreiben und Lesen lernte und dann gleich in den Abgrund manipuliert wurde, sind Mao in China und Lenin und Stalin in Russland].


945-924 v.Chr.
Ägypten: Pharao Schischak = Scheschonk I.
Pharao Schischak (Bibel 1.Kge. 14,25) wird als Scheschonk I. aus der 22. Dynastie Ägyptens identifiziert. Pharao Scheschonk I. hinterlässt an der Wand des Amun-Tempels in Karnak in Oberägypten einen Feldzugsbericht, der allen Historikern jegliche Spekulation offenlässt. Die Klärung findet sich erst mit den genauen archäologischen Datierungsmethoden (S.28).

Der Amun-Tempel in Karnak

Amun-Tempel in Karnak,
                            Aussenfassade

vergrössern Amun-Tempel in Karnak, Aussenfassade.

Amun-Tempel in Karnak: Beschriebene
                            Säulen
vergrössern Amun-Tempel in Karnak: Beschriebene Säulen.

Karte mit
                          Karnak, Luxor, Theben, Gizeh, Kairo am Nil
Karte mit Karnak, Luxor, Theben, Gizeh, Kairo am Nil



Assyrien wird aggressiv

Nach Ausgrabungen von Städten, Riesenpalästen und Keilschriftarchiven in Kleinasien werden Ninive (Assyrien) und Babel (Reich Babylon) als Hauptstädte aggressiver Reiche erkannt (S.28).

Assyrische Daten
Gott Assur, der
                          Obergott der Assyrer. So wie er wollen alle
                          assyrischen Herrscher aussehen...
Gott Assur, der Obergott der Assyrer. So wie er wollen alle assyrischen Herrscher aussehen...


Tontafel mit
                          Keilschrift, Babylon, 2000-1700 v.Chr.:
                          Lexikonartikel mit Schilderung verschiedener
                          Fischarten.

Tontafel mit Keilschrift aus Babylon, 2000-1700 v.Chr.: Lexikonartikel mit Schilderung verschiedener Fischarten.

  Karte mit
                              Ninive, Assur,Nuzi, Babylon, Mari, die
                              Flüsse Euphrat, Tigris und Orontes
Karte mit Ninive, Assur, Babylon, Mari, die Flüsse Euphrat, Tigris und Orontes.
Tontafel mit
                            Keilschrift aus Lagasch, ca. 2500 v.Chr.,
                            mit einer Kleiderabrechnung des Tempels der
                            Hauptgöttin
Tontafel mit Keilschrift aus Lagasch, ca. 2500 v.Chr., mit einer Kleiderabrechnung des Tempels der Hauptgöttin.


Herausragende Archive sind jene in Mari und Nuzi Licht (Mesopotamien, Keilschrift) sowie Tell el-Amarna (Ägypten, Hieroglyphenschrift) (S.30).

[Nuzi mit dem Ruinenhügel "Yorghan Tepe" wird auch als Ga-Sur bezeichnet].

Die Funde beweisen die Fähigkeit zur Verwaltung grosser Reiche. Künstler und Schreiber dokumentieren die Ergebnisse in Tontafeln und in Stein. In den Keilschriftarchiven Mesopotamiens sind sogar Hinweise auf eine Reihe biblischer Könige, z.B. auf die Israelitenkönige Omri, Ahab (S.28), oder Jehu, und auch judäische Könige wie Hiskia und Manasse sind erwähnt (S.30).

[Aber David oder Salomo sind nicht erwähnt].

926 v.Chr.
AT: Pharao Schischak soll den David-Tempel beraubt haben

Das AT behauptet:

-- Pharao Schischak (in ägyptischen Quellen "Scheschonk" genannt), der Begründer der 22. Dynastie, soll im Norden Ägyptens angeblich einen aggressiven Überfall unternommen haben (S.179)

-- Pharao Schischak [auch: Sisak] soll in einem Raubzug alle Tempel beraubt und auch den David-Tempel bzw. Salomo-Tempel beraubt haben (1. Könige 14,25-26) (S.179-180).

Aktenlage und Archäologie zu Schischak / Sisak: Es war König Hasaël - Tempelfunde gibt es nicht

  
Karte mit Beth-Schean,
                          Rehov, Megiddo und Taanach, Luftbild
Karte mit Beth-Schean, Rehov, Megiddo und Taanach, Luftbild.

Die Bibel erwähnt die Dimensionen der Weltkpolitik nicht. Israel war für Pharao Schischak nur eine Durchgangsstation [im Krieg gegen Mesopotamien] (S.180).

Die grossen kanaanäischen Städte Rehov, Beth-Schean, Ta'anach und Megiddo werden zerstört. Es entstehen dicke Schuttschichten (S.180).

Die Siegesinschrift an den Wänden des grossen Tempels in Tarnak in Oberägypten zählt für die Invasion 150 zerstörte Städte und Dörfer auf:
-- im Süden
-- im westjordanischen Bergland
-- in der Jesreel-Ebene
-- in der Küstenebene (S.180).

Finkelstein / Silberman stellen aber die Frage, wieso Schischak die Städte in jenem Gebiet zerstört haben soll, das er später selbst beherrschen will. Von der Zerstörung Kanaans würde das Nordreich am meisten profitieren, was sicher nicht im Sinn von Schischak gewesen sein kann (S.180).

Gemäss neuer Zuordnung der Zeit mit der Korrektur um 100 Jahre wird Schischak von der Invasion freigesprochen und der König Hasaël von Aram-Damaskus später als Täter der zerstörerischen Invasion erkannt (S.221,223).

Archäologie: Wachstum im Stadtstaat Sichem 10. Jh. v.Chr. - der Stadtstaat Jerusalem ist noch Hirtenland

  
Karte mit Sichem /
                          Shechem, Samaria, Jerusalem und Jesreel. Für
                          Jerusalem sind für diese Zeit keine Funde
                          auffindbar.
Karte mit Sichem / Shechem, Samaria, Jesreel und Jerusalem. Für Jerusalem sind für diese Zeit keine Funde auffindbar.

Der nördliche Stadtstaat Sichem (später "Nordreich Israel") ist ein voll entwickelter Staat mit starken Beziehungen nach aussen (S.178). Der Stadtstaat Sichem kann sich nun nach der Zerstörung der kanaanäischen Städte frei entwickeln und in die angrenzenden Ebenen ausdehnen (S.181).

[Schreibeweisen für Sichem sind Sychem, Sechem, Salem, griech. und lat. Sikima, oder hebr. Shechem, mit dem "Tell Balata"].

Der südliche Stadtstaat Jerusalem (nach dem Untergang des "Nordreichs Israel" kam der Aufstieg des "Südreichs Juda") hat aufgrund der geografischen Bedingungen mit steilen Hängen und dem Toten Meer kaum Beziehungen nach aussen (S.178). Im südlichen Stadtstaat Jerusalem herrscht weiterhin ein Hirtenleben mit Analphabetentum und ohne jede Verwaltung, Staatsstruktur oder Armee. Sichem und Jerusalem sind de facto alles andere als "Zwillingsstaaten", wie sie im AT dargestellt werden (S.181).

Gemeinsamkeiten der Stadtstaaten Sichem und Jerusalem

-- in beiden Territorien wird neben anderen Göttern auch Gott JHWH verehrt
-- die Bevölkerungen teilen viele gemeinsame Sagen, Heldengestalten und Geschichten über die Vergangenheit
-- die Bevölkerungen haben ähnliche Sprachen und Dialekte des Hebräischen (S.178).

Für den nördlichen Stadtstaat Sichem ist der südliche Stadtstaat Jerusalem ein ländliches Hinterland. Ausserdem sind die kanaanäischen Stadtstaaten im Flachland und an der Küste normalerweise immer stärker entwickelt als Sichem (S.178).

[Entwicklungsmässig folgen einander gemäss dem Handelsaufkommen zuerst die Küstenstädte, dann Sichem (später mit Hauptstadt Samaria) und ganz am Schluss das Südreich Juda mit Jerusalem].

Sichem / Shechem:
                            Ruinenhügel Tell Balata, Luftaufnahme
Sichem / Shechem: Ruinenhügel Tell Balata, Luftaufnahme.

  
Archäologie über die Stadtstaaten Sichem und Jerusalem im 9. Jh. v.Chr.

Der Stadtstaat Jerusalem - in der Bibel "Juda" genannt - ist gemäss Archäologie im 10. und 9. Jh. v.Chr. immer noch sehr dünn besiedelt (S.176) und umfasst nur knapp 20 Dörfer (S.177).

Der Stadtstaat Sichem (biblisch später "Nordreich Israel") ist dagegen in dieser Zeit dicht besiedelt, mit differenzierter Bevölkerungsstruktur, vom grossen regionalen Zentren bis zum kleinen Weiler, mit wirtschaftlicher "Blüte" (S.177).

Sichems Handel im frühen 9. Jh. v.Chr. mit den Nachbarregionen führt zu wirtschaftlichem Wachstum,
-- so dass regionale, befestigte Verwaltungszentren entstehen
-- so dass aufwändige Paläste aus Quadersteinen gebaut werden, z.B. mit Steinkapitellen verschönert, z.B. in Megiddo, Jesreel und in in der Hauptstadt Samaria (S.177)
-- ausserdem entsteht eine voll entwickelte staatliche Olivenölindustrie (S.177).

Um 900 v.Chr. hat der Stadtstaat Sichem (später "Nordreich Israel") einen vollen Verwaltungsapparat und eine gesellschaftliche Schichtung aufzuweisen. Im Handel kursieren Luxusgüter. Eine Luxusarchitektur rundet das Bild der "Repräsentation" ab (S.177).


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Bildernachweis

-- Amun-Tempel in Karnak, Aussenfassade: http://www.urlaub.de/karnak-aegypten.0.html
-- Amun-Tempel in Karnak, beschriebene Säulen: http://www.aegypten-rundreise.de/tourism/karnakd.htm
-- Karte Karnak, Luxor, Fayum: http://www.phil.uni-erlangen.de/~p1altar/galerie_html/nil/galerie1.html

-- Gott Assur von Assyrien: http://www.livius.org/as-at/assyria/assyria.html
-- Karte Ninive, Assur, Babylon, Marni, die Flüsse Euphrat, Tigris, Orontes: http://www.unites.uqam.ca/egypte/module5/mod53s1.htm, http://www.unites.uqam.ca/egypte/cartes/qqvilpo.jpg
-- Tontafel mit Keilschrift aus Babylon 2000-1700 v.Chr.: http://www.1000and1.de/deutsch/kultur/archaeo/arch11.htm
-- Tontalfel mit Keilschrift aus Lagasch 3000 v.Chr. mit Kleiderabrechnung: http://www.uni-leipzig.de/journal/heft500/s9.htm

-- Sichem / Tell Balata, Luftaufnahme: http://www.christusrex.org/www1/ofm/mad/legends/legends040.html



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