aus: Israel Finkelstein / Neil
A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die
archäologische Wahrheit über die Bibel; Deutscher
Taschenbuchverlag DTV GmbH & Co. KG, München 2004,
zweite Auflage 2005; englische Originalausgabe: "The Bible
Unearthed. Archaeology's New Vision of Ancient Israel and
the Origin of Its Sacred Texts; The Free Press, a division
of Simon & Schuster, Inc., 2001; Deutsche Ausgabe:
Verlag C.H.Beck oHG, München 2002
Jüdische
Siedlungen während der Babylonischen Gefangenschaft -
Priester der Ein-Gott-Bewegung - neue Deutungsversuche des
Untergangs von Juda
Das Alte Testament verschweigt das Leben
in der Verbannung fast vollständig. Es sind nur Anspielungen
in den Prophetenbüchern auffindbar:
-- die judäischen Verbannten sollen in der
Hauptstadt Babylon und auf dem Land gelebt haben (Bericht
von Ezechiel und Deuterojesaja in Jesaja Kapitel 40 bis 55)
-- die Ansiedlung soll in
unterentwickelten Gebieten stattgefunden haben, in der Nähe
neu ausgehobener Kanäle (Ezechiel)
-- Jeremia soll den Verbannten geraten
haben, sich auf einen langen Aufenthalt einzurichten, mit
Hausbau, Gartenbau und Familiengründungen (Jeremia 29,5-6).
[Dieser Jeremia soll doch nach Ägypten
geflüchtet sein...]
Die Ein-Gott-Bewegung predigt
in der Verbannung eine falsche Identität
Im Exil verstärkt die Ein-Gott-Bewegung
ihre Aktivität (S.317). Die Priester und die restlichen
Angehörigen der Königsfamilie bauen sich gemäss Finkelstein
/ Silberman wohl ein neues Leben auf, eventuell unter
Führung des verbannten davidischen Königs Jojachin und nicht
unter dem geblendeten Zedekia (S.319).
Die Priester haben die Führungsrolle
(S.331). Die "heiligen Bücher" werden dabei Stütze einer
[nachweislich falschen] Identität (S.333).
Die Ein-Gott-Bewegung fühlt sich
verpflichtet, die Mosebücher und Chroniken den Geschehnissen
anpassen und entsprechend umzuarbeiten. Gleichzeitig
erarbeiten sich die Israeliten in Babylon und Jerusalem neue
Gesellschaftsformen und etablieren neue Formen und
Gottesdienste (S.317).
Der erfundene Auszug aus Ägypten gewinnt
für die Verbannten an Bedeutung, denn der erfundene Auszug
aus Ägypten wird auf die Situation der Verbannten in Babylon
bezogen (S.333).
Gemäss Finkelstein / Silberman dürfte auch
die erfundene Wanderung des erfundenen Erzvaters Abraham vom
Euphrat nach Kanaan für die Situation der Verbannten in
Babylon an Bedeutung gewonnen haben. Man hat dieselbe
Wanderung vor sich (S.333).
[Die erfundenen Wanderungen werden Vorbild
für eine wirkliche Wanderung, die noch zu bestehen ist,
womit sich die erfundene Geschichte im Unterbewusstsein
festsetzt].
Eine neue Elite für die Provinz
Jehud?
Im Fall Jehud meinen
viele Forscher, Babylon hätte unter den Deportierten eine
loyale Elite herangezogen, um die Provinz Jehud in ihrer
Grenzlage zu Ägypten später stabil zu halten (S.330).
[Parallele: Das hat Stalin mit deutschen
Kriegsgefangenen auch so gemacht: Die Elite der späteren
"DDR" wurde im russischen Gefangenenlager ausgewählt und
indoktriniert...]
Der Zwang zur neuen
Deutung des Untergangs von Juda - die zweite Version des
Deuteronomistischen Geschichtswerks
Die Schreiber der Ein-Gott-Bewegung
müssen nun die Mosebücher und das deuteronomistische
Geschichtswerk umarbeiten, warum für Juda keine Erlösung
eingetreten ist (S.323). Nach der Zerstörung von Jerusalem
muss ein neuer theologischer Ausweg für neue
Erlösungshoffnungen gefunden werden:
-- das Ziel der Gesetzbücher mit dem
Passa-Festzwang wird beibehalten (S.324)
-- die Vorkommnisse mit der zweiten
Verbannung müssen einen theologischen Sinn im Sinne einer
Erlösungsphilosophie bekommen (S.324-325).
Damit wird eine zweite Version des
deuteronomistischen Geschichtswerks vorbereitet (S.324).
560 v.Chr.
Babylon: Entlassung des deportierten
Königs Jojachin aus der Haft
Das AT behauptet:
König Evil-Merodach von Babylon soll
König Jojachin aus dem Kerker entlassen haben und ihm eine
Lebensrente gegeben haben (2. Könige 25,27-30)
(S.325,326).
539 v.Chr.
Persien besetzt das Babylonische Reich
(S.318)
Das Persische Reich unter Kyros / Cyrus
|
Kyros / Cyrus / Kyrus / Kurosch, Imperator von
Persien. |
Karte: Die Expansion Persiens unter Cyrus / Kyros.
Das ist mehr als ein Halbmond...
|
538 v.Chr.
Persien: König
Cyrus / Kyros erlaubt die Rückkehr der verbannten Juden
Kyros (auch Kyrus, Cyrus, Kurosch) gibt
einen Erlass heraus, wonach die deportierten Juden
zurückkehren dürfen (S.329). Der Erlass ist eine
kalkulierte, neue Politik und keine Geste des Mitleids
(S.330).
Das AT behauptet:
-- König Kyros soll beschlossen haben,
alle Deportierten freizulassen
-- König Kyros soll eine Erlaubnis zur
Wiederherstellung Judas und zum Wiederaufbau eines Tempels
gegeben haben (Esra 1,2-3) (S.319).