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Judentum: Fälschung und Wahrheit im Alten Testament (AT) gemäss Aktenlage und Grabungen

Die neue Identität durch die neue jüdische Geschichte mit Hilfe chronologischer und archäologischer Forschung

40. Die Umarbeitung der Heiligen Schrift nach der Vernichtung von Juda

von Michael Palomino (2006 / 2010)

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aus: Israel Finkelstein / Neil A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel; Deutscher Taschenbuchverlag DTV GmbH & Co. KG, München 2004, zweite Auflage 2005; englische Originalausgabe: "The Bible Unearthed. Archaeology's New Vision of Ancient Israel and the Origin of Its Sacred Texts; The Free Press, a division of Simon & Schuster, Inc., 2001; Deutsche Ausgabe: Verlag C.H.Beck oHG, München 2002


Die Ein-Gott-Theologen müssen sich rechtfertigen und schreiben ihre Schriften neu

Die theologisch-mystische Herausforderung für die 1-Gott-Theologen ist gewaltig:

-- die Verheissung auf ein grosses jüdisches Reich ist nicht eingetreten (S.335)

-- die Priester müssen die Zerstörung Jerusalems plausibel machen (S.332)

-- ausserdem gilt es, die Frage zu klären, wieso es der angeblich fromme König Josia nicht geschafft hat, Jerusalem für immer zu retten (S.325)

-- für den Untergang des Königreichs Juda muss ein theologischer Sinn erfunden werden, denn die ewige Verheissung auf "heiliges Land" ist nun auch für Juda dahin (S.325)

-- die Gemeinschaft in Jehud muss um den Tempel geeint werden
-- die Priester müssen eine neue Hoffnung auf eine bessere Zukunft verbreiten
-- die Provinz Jehud muss ihre neuen Nachbarbeziehungen im Norden und Süden regeln
-- innere Probleme müssen geregelt werden

-- die Priester müssen eine Erklärung dafür finden, dass das angeblich verheissene Land zum grossen Teil besetzt ist (S.332)

-- die Gebietsansprüche auf Nachbarland hören also nicht auf [und die Feindschaft der Nachbarn ist daher nur logisch]

-- und die Priester müssen neue Begründungen finden, wieso die Bücher trotz des Desasters mit der Zerstörung Jerusalems weiterhin gelten sollen (S.333)

[statt dass sie abgeschafft werden].

Also schreiben die Priester neue Texte, und diese ergänzenden Texte laufen unter der Bezeichnung "Priesterschriften" (P).

Die neue Fassung des Pentateuch über den erfundenen Mose mit dem zerstörten Juda

Das literarische Meisterwerk, das Volks-Epos von Ende 7. Jh. v.Chr. wird in ein Weltbuch umgearbeitet als ein Anker der Weltbevölkerung (S.12). Die 5 Bücher Mose finden "in nachexilischer Zeit" (S.24) ihre endgültige Fassung (S.332).

Bibelwissenschaftler Richard Friedman meint, Esra selbst habe den Pentateuch zuletzt redigiert, denn er bezeichnet sich selbst als "Priester und Beauftragter für das Gesetz des Gottes des Himmels" (Esra 7,12) (S.332).

Die Priester redigieren viele erfundene Szenen des Pentateuch neu hinzu (S.335).

Die Schaffung einer zweiten Version des deuteronomistischen Geschichtswerks - die ganze Bevölkerung sei verantwortlich

Im Verlaufe der Zeit der neuen Priesterschriften (P) entstehen weitere Teile der "heiligen Bücher":

-- Buch Jeremia über das Leben nach der Zerstörung in Juda (S.317)

-- Buch Ezechiel über die Verbannung und die Hoffnungen in Babylon


-- die Bücher Esra, Nehemia, Haggai und Sacharja über die Rückkehrer aus der Verbannung (S.317)

-- Ergänzung mit der Chronik ab Josia bis zum Untergang des Königreichs Juda durch Nebukadnezar (S.324) mit Josias Tod

-- Texte über die letzten vier Könige in Jerusalem

-- Texte über die Zerstörung von Jerusalem und über die Verbannung, mit der Erklärung, wieso die Zerstörung von Jerusalem unvermeidlich gewesen sein soll (S.325) (2. Könige, 23,26 bis 25,21) (S.325).

Die Ergänzungen eines anderen Schreibers sind:

-- die Verheissung, die David empfangen haben soll, wird mit einer neuen Bedingung ergänzt (1. Könige 2,4; 8,25; 9,4-9) (S.325)

-- es werden unheilverkündende Hinweise auf die Zerstörung von Jerusalem eingefügt (z.B. 2. Könige, 20,17-18) (S.325)

-- König Manasse wird für alles verantwortlich gemacht, denn es gelte nun ab der Zerstörung von Juda eine neue "Messschnur" für Jerusalem (2. Könige, 21,10-15) (S.325)

-- neu wird behauptet, dass die Gerechtigkeit von König Josia die unvermeidliche Zerstörung Jerusalems nur hinausgezögert haben könne, und es sei gar nie um eine Erlösung gegangen, denn Prophetin Hulda soll behauptet haben, Jerusalem solle zum Fluch werden und Unheil werde über die Stätte kommen, aber König Josia werde es nicht mehr erleben (2. Könige, 22,18-20) (S.326)

-- die Verantwortlichkeit für Gottes Verhalten wird plötzlich nicht mehr dem König, sondern jedem einzelnen Einwohner aufgebürdet, ob Jerusalem untergeht oder nicht: Der Bund zwischen der David-Dynastie und Gott wird durch den Bund zwischen der Bevölkerung und Gott ersetzt [siehe: "Buch des Bundes"] (S.326)

-- der verschleppte König Jojachin in Babylon soll entlassen worden sein und bei König Evil-Merodach von Babel noch ein gutes Leben geführt haben (2. Könige, 25,27-30) (S.325, 326)

-- es gilt ab sofort eine neue Verheissung: Wenn das Volk Gott treu bleibt, so könnte die Verheissung, die David gegeben wurde [Gründung eines Königreichs], wiederbelebt werden (S.327).

Und noch eine neue "Chronik"

Die "Chronik" widerspiegelt die Ideologie und die Bedürfnisse des Jerusalemer Tempels in der Provinz Jehud, mit z.T. umgestalteter historischer Erzählung von Inhalten aus den Königsbüchern (S.25).

Die Niederschrift erfolgt im 5. oder 4. Jh. v.Chr., mehrere 100 Jahre nach den Ereignissen, die sie schildern. Es ist eine einseitige Schilderung zugunsten der historischen und politischen Ansprüche der davidischen Dynastie und Jerusalems, der Norden ist praktisch nicht erwähnt (S.25).

Neue Prophetenbücher Haggai und Sacharja
Gemäss Finkelstein / Silberman entstehen im zerstörten Juda die Prophetenbücher Haggai und Sacharja (S.328).

Und "Idumäa" wird bekämpft mit neuen Geographieangaben

Da die Priester die neue Region der Edomiter ("Idumäa") und die nach Norden verrutschte Südgrenze der Provinz Jehud nicht akzeptieren wollen, beginnen sie einen Propagandakrieg gegen Edomiter:

-- die Priester behaupten nun, die Erzväter des Judentums seien in der Höhle in Hebron begraben, damit geistig weiterhin eine jüdische Besetzung der Gegend stattfindet

-- um die Israeliten als zivilisierter darzustellen als alle Nachbarvölker, soll der erfundene Stammvater Abraham aus der kosmopolitischen, berühmten Stadt Ur stammen (Genesis 11,28; 11,31). Ur ist für die damalige Zeit ein Sitz der Gelehrsamkeit und verleiht einem als Geburtsort damals grosses Ansehen (S.334).

Aktenlage: Just Mitte des 6. Jh. v.Chr. wird die Stadt Ur vom babylonischen oder chaldäischen König Nabonid als religiöses Zentrum wiederbelebt (S.334-335).

Die neue Identität mit neuen, gefälschten "heiligen Büchern"

Die "heiligen Bücher" spiegeln der jüdischen Bevölkerung der winzigen Provinz Jehud eine Identität vor, die nachweislich falsch ist. Den Priestern gelingt die "Einigung" der Bevölkerung auf diese manipulierten und erfundenen Bücher (S.335).


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