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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939


[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 3. Deutschland: 1933-1938

[3.10. Das Haavarah-Abkommen zur Auswanderung aus Deutschland nach Palästina]
[August 1933: Das Haavarah-Abkommen für jüdischen Kapitaltransfer aus NS-Deutschland nach Palästina - verbunden mit dem Export deutscher Waren]

Im August 1933 wurde zwischen der deutschen Seite und den an Palästina interessierten Juden das Haavarah-Abkommen ausgehandelt; mit diesem Abkommen sollte es Juden ermöglichst werden, Kapital nach Palästina zu transferieren - und gleichzeitig sollten damit deutsche Exporte in dieses Land gefördert werden. Die Prozedur war folgende:

Ein jüdischer Einwanderer deponierte sein Geld (normalerweise im Gegenwert von 1000 Pfund [Palästina war englisches Mandatsgebiet, und es wurde in Englischen Pfund abgerechnet], die ihn zu einem "Kapitalisten"-Einwanderungszertifikat nach Palästina berechtigten) auf einer deutschen Bank; dann verschiffte eine deutsche Exportfirma die Waren nach Palästina, die er für das Einwanderungsgeld gekauft hatte; in Palästina wurde die Ware den Kunden verkauft, die der autorisierten Bank den Preis überwiesen, die daraufhin das Geld dem Einwanderer zurückerstattete.

Die Jüdische Agentur ("Jewish Agency") rechtfertigte dieses Abkommen mit der Angabe, es sei absolut wichtig, Juden und ihr Geld zu retten. Ausserdem bewirkte das nach Palästina importierte Kapital, dass viele weitere Auswanderer aufgenommen werden konnten. Gemäss einer Berechnung betrugt die zwischen 1933 und Ende 1937 transferierte Summe 4.400.000 Pfund.

(Endnote 53: 15-32)

Das Jüdische Verteilungskomitee JDC hatte an diesem speziellen Transferverfahren keinen Anteil, aber das Programm zog doch die Aufmerksamkeit auf sich, weil die Jüdische Agentur die Hauptakteurin war und damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen wurden, jüdisches Kapital wurde aus Deutschland gerettet, und die Einwanderung nach Palästina wurde für diejenigen ermöglicht, die Deutschland verlassen mussten.

In Deutschland war es hauptsächlich Max M. Warburg, der an dieser Art von Projekten ein grosses Interesse zeigte.

[Geldtransfer innerhalb des Haavarah-Abkommens]

Zuerst erlaubte die deutsche Seite vermögenden Juden, zu erhöhtem Wechselkurs freie Devisen zu kaufen. Dies war bei einem speziellen Büro möglich (die "Golddiskontstelle"); ab 1936 war es ein anderes Büro, die "Reichsstelle für Devisenbeschaffung", die den Transfer von bis zu 4000 Goldmarks ermöglichte, für die 8000 (S.128)

in Deutschland gezahlt wurden - dabei wurde unter verschiedenen Vorwänden der Kurs auch immer wieder verschlechtert. Anfang 1937 wurde eine jüdische Bank "Altreu" eingerichtet, die diese Zahlungen entgegennahm, die dann teilweise die ZA finanzierte. Während die Haavarah-Bank - die Paltreu - nur Transfers nach Palästina oder in den Mittleren Osten abwickelte, transferierte die Altreu das Geld an andere Länder.

Warburg war in all diese Vorgänge verwickelt. Er stand auch hinter der Einrichtung einer "Internationalen Handels- und Investment-Agentur" ("International Trade and Investment Agency" INTRIA) in London, deren Generaldirektor Siegfried Moses war, ein deutscher Zionist. Diese Bank platzierte in Deutschland Orders für deutsche Waren; Altreu löste diese Waren aus mit den Geldern der Auswanderer. Die Waren wurden ausserhalb Deutschlands verkauft, und der Auswanderer bekam sein Geld in fremder Währung von der INTRIA zurück, wenn er im Zielland ankam. Das Prinzip war dasselbe wie beim Haavarah-Abkommen, und dies war wirklich ein Beitrag, jüdisches Kapital zu sichern - bei gleichzeitiger Förderung des deutschen Exports, und die deutsche Seite musste dabei nie irgendeine Devise in die Hand nehmen.

(Endnote 54:
-- 15-3 (10/26/36 [26. Oktober 1936])
-- 25-Gen. & Emerg. Germany, INTRIA, speziell Kahns Brief an Hyman, 8/25/36 [25. August 1936])

[1936: Modifizierung des Geldtransfers]

Im Sommer 1936 schlug die deutsche Seite dem Jüdischen Verteilungskomitee JDC ein etwas abweichendes Geldtransferverfahren vor: Der Einwanderer sollte Deutsche Mark auf einem JDC-Konto in Deutschland einzahlen; die deutsche Seite würde dem JDC dafür polnische Zloti ausbezahlen (Deutschland hatte in dieser Zeit gerade einen Überfluss an Zloti), und dies sollte die JDC-Programme in Polen finanzieren; das JDC könnte so den Auswanderer in ausländischer Währung ausbezahlen, wenn er Deutschland verlassen hätte. Kahns Antwort war negativ, weil das polnische Programm nicht den Umfang hatte, um den nötigen Kapitaltransfer für deutsch-jüdische Auswanderer zu befriedigen; auf jeden Fall wurden zionistische Gelder in Polen dazu gebraucht, um zwischen dem JDC und der Jüdischen Agentur ("Jewish Agency") abzuschliessen. Die Jüdische Agentur bezahlte in polnischen Zloti und bekam in Palästina das Geld von JDC in Englischen Pfund ausbezahlt. Scheinbar wurde das Arrangement der Jüdischen Agentur vorgezogen.

(Endnote 55: ebenda)

[Geldtransfer durch "Wohlfahrts"-Mark]

Bis 1937 wurde ein weiterer Plan zum Geldtransfer in die Realität umgesetzt - die "Wohlfahrts"-Mark. Ein Gönner ausserhalb Deutschlands, der (S.129)

einer Einzelperson in Deutschland helfen wollte, sollte einer Bank in seinem Heimatland eine Geldsumme einzahlen. Die Bank überwies das Geld der INTRIA. Der Gegenwert der Summe wurde durch die Altreu in Mark an den Empfänger in Deutschland ausbezahlt. Wenn der Auswanderer Deutschland verliess, konnte er das Geld wieder der INTRIA einzahlen, ohne Verpflichtung zu einem Warenexport, und das JDC, das widersprüchliche Meinungen über die Warenexporte hatte, unterstützte das Verfahren mit der Wohlfahrtsmark voll und ganz. Schätzungsweise wurden im Jahre 1937 ungefähr 400.000 US$ nach Deutschland transferiert.

(Endnote 56: ebenda)

Die deutsche Seite, liberalisierten Ende 1937 und Anfang 1938 diese Regelungen; die Leute konnten der Altreu-Bank bis zu 50.000 Mark einzahlen, und manchmal erhielten sie über 50% dieser Summe in ausländischer Währung. Die RV [Reichsvertretung] bekam einen gewissen Anteil dieser Gelder für ihre Arbeit. Aber im grossen Ganzen versuchte das Jüdische Verteilungskomitee JDC, jede direkte Verbindung mit diesen Banken und Agenturen zu vermeiden, die allesamt die Kinder des Geistes von Max M. Warburg waren. Viele Juden wollten mit Nazi-Deutschland keinerlei Transaktionen abwickeln, und das JDC wollte so unabhängig wie möglich bleiben, um nicht angegriffen zu werden.

[Am Ende war Palästina in Gefahr, durch die NS-Armee besetzt zu werden, aber Rommels Armee konnte vor Ägypten gestoppt werden. Aber eigentlich hätte Hitler vorgehabt, das Judentum auch in Palästina zu vernichten, also zuerst die Auswanderung zulassen, und dann die Versklavung und Vernichtung im Nachhinein].







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