[4.10. Die
Mitwirkung des Joint in Palästina seit 1920 - Notfond
seit 1929]
[Investitionen des
Vereinigten Verteilungskomitees in Palästina]
Die Mitwirkung des JDC in Palästina hatte mit der Gründung
der Organisation begonnen, denn das JDC war in der Welle
der Anstrengungen gegründet worden, den Juden in Palästina
im Jahr 1914 zu helfen. In den 1920-er Jahren war der
Nicht-Zionismus von Warburg und Bärwald nicht so extrem,
dass dies das tiefe Interesse über die Vorgänge und über
die Aufbauarbeit in dem Land ausschloss. Sie betrachteten
die Vorgänge als geschäftliche Methode, um durch
Investitionen auf ein Anwachsen von Palästinas Wirtschaft
hinzuwirken, das Profite abwerfen sollte, Löhne von
gesunden Unternehmungen, und die Entwicklung von
natürlichen Ressourcen.
[Die arabische Seite, die seit dem Herzl-Buch "Der
Judenstaat" seit 1896 protestiert, wird nie gefragt].
[Die zionistischen Gelder
organisieren nur die Einwanderung nach Palästina - nicht
mehr]
Die zionistisch-inspirierten Gelder unterstanden einer
anderen Politik. Was für sie wichtig war, war die
Entwicklung eines Landes, das Einwanderer aufnehmen konnte
- und wenn Geld "verschwendet" werden sollte, um
Unternehmungen soziale Experimente zu finanzieren,
deren Resultat erst nach Jahren bewiesen werden konnte, so
waren sie dem nicht abgeneigt. Der Wunsch nach
ökonomischem Profit war für sie aber sekundär. Das
nationale Interesse, das hatte erste Priorität.
[Teilweise betrachten
JDC-Führer Palästina als ein Land, das man wie die "USA"
besiedeln kann]
Für einige JDC-Führer war Palästina ein essentiell
arabisches Land, in das Juden ein Recht auf Einwanderung
hatten, und in dem sie siedeln und ihre Institutionen
entwickeln sollten, etwa in demselben Masse, wie sie es in
Nordamerika getan hatten. "Das Bild von britischen
Feuerwaffen", so sagte einer, "die einer Mehrheit der
Bevölkerung ausländisches Recht aufzwangen, so dass sich
eine Minderheit an der politischen Macht halten kann, mit
ökonomischen und kulturellen Privilegien, kann nicht mit
dem Bewusstsein einer Bevölkerung zusammengehen, das mit
den Prinzipien einer freien und eigenen Regierung
aufgewachsen ist."
(Endnote 58: WAC, Box 252, Marshall an Weizmann, 12/4/29
[4. Dezember 1929])
[Die arabische Seite, die seit dem Herzl-Buch "Der
Judenstaat" seit 1896 protestiert, wird nie gefragt].
[1929: Palästina: Warburg
etabliert ein Dreierkomitee mit Moslems, Christen und
Juden - Kooperationskomitee]
Warburg, mit seinem Hang für perfekt organisierte
Strukturen, versuchte im Jahr 1929, ein Dreierkomitee mit
Moslems, Christen und Juden einzurichten. Dieses Vorhaben
wurde mit einem Kooperationskomitee gekrönt, unter dem
Vorsitz seines Freundes Judah L. Magnes, Leiter der
Hebräischen Universität.
(Endnote 59: WAC, Box 252, Warburg an Magnes, 10/9/29 [9.
Oktober 1929])
[August 1929: Arabische
Ausschreitungen mit Morden an Juden in Hebron und an
anderen Orten]
All dies geschah während der Zeit vor den Unruhen vom
August 1929, als bei arabischen Ausschreitungen eine
grosse Anzahl wehrloser Juden in Hebron und an anderen
Orten ermordet wurden.
[Der Joint sieht nicht:
Unterstützung für Palästina heisst Unterstützung für die
jüdische Zionisten-Nationalbewegung]
Die Basis für die Annäherung der JDC-Führer war das
Missverständnis bezüglich des verzweifelten, jüdischen
Nationalismus, der sich nun auch auf dem
nordamerikanischen Kontinent verbreitete, dem das JDC aber
gar nicht (S.159)
positiv gegenüberstand. Sie dachten, sie könnten das
vermitteln, was sie als moderate zionistische Ansichten
ansahen, Investitionen in Firmen ¨zu tätigen und
geschäftliche Expansion zu fördern mit dem Ziel, dass es
dort einen politischen Kompromiss geben würde, der die
zivilen Rechte für die Juden garantieren würde. Aber sie
fühlten sich auch irgendwie zur Teilnahme gedrängt, dass
in einem gewissen Sinne auch Palästina ein Gebiet ihrer
Zuständigkeit war; und in diesem Prozess halfen sie,
solide Stiftungen für eine jüdische Nationalbewegung in
Palästina einzurichten - das war aber ein Resultat, das
nicht vorhersehbar war, und das missbilligt worden wäre.
[1920er Jahre: Palästina:
Arbeitsgruppen unter direkter Aufsicht des JDC]
In Übereinstimmung mit den generellen JDC-Prinzipien
begann die Arbeit in Palästina in den 1920er Jahren mit
lokalen Arbeitsgruppen, die unter der Aufsicht des JDC
standen. Das JDC unterstützte die Hebräische Universität
("Hebrew University") und einige Religionsschulen
(yeshivoth) mit direkten Zahlungen.
[Juni 1925: Die
Brandeis-Gruppe des JDC installiert die Ökonomische
Palästina-Korporative bei ("Palestine Economic
Corporation" PEC)]
Aber im Juni 1925 trat der JDC-Flügel mit Brandeis den
Zionisten bei, indem er die Ökonomische
Palästina-Korporative einrichtete (PEC). Mit dieser
Vereinigung wurden nun all die wirtschaftlichen Vorgänge
abgewickelt und zusätzliche Gelder verwaltet. Insgesamt
wurden innerhalb dreier Jahre 1,5 Millionen US$bezahlt.
[1922: JDC und ICA
gründen die Zentralbank der Kooperativinstitutionen in
Palästina (Central
Bank of Cooperative Institutions)]
Noch wichtiger, was den Geldtransfer betrifft, war der
mehrheitliche Anteil des Jüdischen Verteilungskomitees JDC
an der Zentralbank der Kooperativinstitutionen (gegründet
1922), mit dem anderen Hauptteilhaber ICA [Jewish
Colonization Association]. Diese Bank, die im Mai 1925
ihre Operationen unter Harry Viteles startete, ein
Amerikaner, der in Palästina siedelte, war für die
spriessenden Kooperativen in Palästina zur zentralen
Bankinstitution geworden. Zwischen 1922 und 1929 gab die
Bank an verschiedene lokale Körperschaften und
Einzelpersonen Kredite in de Höhe von 3 Millionen US$.
[Joint mit der Kreditbank
(Loan Bank, Kupath Milveh)]
Andere Vermögen wurden auch über die Kreditbank (Kupath
Milveh) transferiert, reorganisiert im Jahre 1924. Dies
ermöglichte, kleine Kredite an kleine Handelsleute und
Handwerker zu vergeben, auf denselben Kanälen, wie dies
die JDC-Kassen in Osteuropa taten.
[Jüdische Siedlungen
1922-1926 - Krise 1926/1927]
All diese Aktivitäten waren für die jungen jüdischen
Siedlungen in Palästina lebenswichtig für deren
Entwicklung. In den Jahren 1926 und 1927 kam dann eine
Krise, die von einem Bauboom und von unüberlegten
Handelsinvestitionen herrührte.
[Aktionen des Joint bei
der Ökonomischen Palästina-Korporative (Palestine
Economic Corporation (PEC)]
Das JDC konnte seinen Verpflichtungen gegenüber der PEC
wegen der Wirtschaftskrise in Amerika nicht nachkommen.
Wenn die PEC nicht gewesen wäre, so sagte ein Vertrauter
des JDC, dann wäre das JDC in grosse Schwierigkeiten
geraten, weil es die versprochenen Zahlungen nicht hätte
leisten können. Aber mit (S.160)
der Grosszügigkeit des Ehrenpräsidenten Warburg, und mit
Bernard Flexner, ein weiterer Präsident und
Alteingesessener des JDC, konnte die Arbeit weitergehen,
obwohl das JDC nur 1.164.000 US$ bis 1930 bezahlt hatte,
und obwohl der PEC in den 1930er Jahren nur kleine Beträge
ausbezahlt werden konnten.
[Aktivitäten der
Ökonomischen Palästina-Korporative (PEC): Jerusalem, Tel
Aviv - Landkauf - Infrastruktur - Bergbau]
Die PEC investierte ihre Gelder in Palästina nicht nur
durch die schon erwähnten Institutionen, sondern auch
durch die Hypotheken- und Kreditbank ("Mortgage and Credit
Bank"), die half, grosse Teile des modernen Jerusalems und
des nördlichen Tel Aviv zu bauen. Im Jahre 1932 errichtete
die Bank mit Hilfe der PEC den Haifa-Vorort Kiriat Hayim
und eine Anzahl kleinerer städtischer Siedlungen in
anderen Regionen. Die PEC machte dann mit der PICA (ICA in
Palästina) gemeinsame Sache, um die
Palästina-Wassergesellschaft ("Palestine Water Company")
zu unterstützen, und um moderne Bohrausrüstungen aus
"Amerika" zu finanzieren. Die
Haifa-Bucht-und-Land-Gesellschaft ("Haifa Bay Land
Company"), in die die PEC auch grosse Geldsummen
investierte, kaufte in der Haifa-Bucht Land und sorgte für
die Siedler auch für eine gute Erschliessung des Landes.
[Dieses Land wurde reichen Arabern abgekauft - und die
armen Palästinenser konnten nur noch zusehen].
Flexner, Warburg und Robert Szold waren ebenfalls
Repräsentanten der Ökonomischen Palästina-Korporative
(PEC), und zwar bei der Potasche-Gesellschaft von
Palästina ("Palestine Potash Company"), die sich mit den
Bodenschätzen im Gebiet des Toten Meeres befasste, nachdem
die PEC Aktien der Gesellschaft im Wert von 262.631 US$
gekauft hatte.
[Herzl hatte ja versprochen, dass man in Palästina Gold
finden könnte, so wie in Südafrika. Das heisst, eigentlich
war die Gründung des "Judenstaates Israel" auch eine Art
Goldrausch - aber die Versprechungen von Herzl in seinem
rassistischen Büchlein "Der Judenstaat" waren nur falsche
Phantasien].
[März 1929-Januar 1931:
Das König-David-Hotel in Jerusalem]
Im März 1929 besorgte die PEC 20.000 der 165.000
Englischen Pfund, durch die die
Palästina-Hotelgesellschaft gegründet wurde. Dies wurde
durch private Investoren in Ägypten und in England
organisiert. Ein Produkt dieser Gesellschaft ist das
König-David-Hotel (King David Hotel) in Jerusalem, das
1931 fertig wurde.
(Endnote 60: Ordner 107-17 (die Zeit bis 1933)
[Ab August 1929:
Moslem-Gruppen mit Aufständen in jüdischen Siedlungen]
Eine weitere Sache des JDC in Palästina kam von den
Unruhen vom August 1929 her. Muslimische Gruppen, die vom
Mufti von Jerusalem, Amin El Husseini, angestachelt worden
waren, töteten und beraubten jüdische Siedler, wo es nur
immer möglich war.
[23. August 1929: "USA":
Nothilfefond für Leidende in Palästina eingerichtet]
Am 23. August kamen die Nachrichten über die Abschlachtung
von Juden in Hebron bis in die USA, und innerhalb von vier
Tagen wurde unter Leitung von David A. Brown vom JDC ein
Nothilfefond für die Leidenden in Palästina eingerichtet,
mit der vollen Teilnahme der Zionisten. Julius Rosenwald,
Nathan Straus, und Felix M. Warburg waren die
Ehrenvorsitzenden. Die Teilnahme Rosenwalds war Beweis
dafür, dass der Nothilfefond humanitär und nicht politisch
ausgerichtet war. Jeder der drei Vorsitzenden gab 25.000
US-Dollar, und das JDC steuerte 50.000 US$ bei. Am Ende
belief sich die gespendete Summe (S.161)
auf 2.210.474 US$. Zusammen mit den in Palästina selbst
gespendeten Geldern erreichte der Betrag 589,768 Englische
Pfund.
Das nächste Problem war nun, wie das Geld ausgegeben
werden sollte.
["USA"-Palästina:
Nothilfefond: Jonah J. Goldstein und seine Frau werden
nominiert, das Geld zu verteilen - das
Nothilfefond-Verteilungskomitee (Emergency Fund
distribution committee)]
Im September 1929 ernannte Warburg den Richter Jonah J.
Goldstein und seine Frau, Mrs. Harriet B.
Lowenstein-Goldstein, Buchprüfer des JDC, nach Palästina
zu reisen und dort das Geld zu verteilen. Auf ihrem Weg
kamen die Goldsteins über London und koordinierten dort
britische und amerikanische Kräfte.
In Palästina übernahmen lokale und britische Juden bald
die Führung, und die Goldsteins wurden ihre Partner. Sie
verliessen Palästina im Dezember 1929 wieder, und die
Verteilung der Gelder wurde durch ein Komitee überwacht,
das sich zusammenstellte aus Brig. Frederick Kisch, ein
britischer Zionistenführer, der in Palästina lebte, Pinhas
Rutenberg, der Gründer von Palästina Elektrik ("Palestina
Electric Company"), und Maurice B. Hexter, der die
Interessen des JDC vertrat. Die praktische Arbeit wurde
zuerst durch Mrs. Bentwich erledigt, später durch die
Zionisten Elijah Berlin und Charles Passman (Passman, ein
Amerikaner, Repräsentant der Jewish Colonization Agency
ICA in Palästina).
Die gesammelten Gelder waren viel mehr, als die Situation
erforderte. Die Familien, die Hebron verlassen mussten,
und einige weitere Orte, wurden schnell wiederbesiedelt,
und auch ihre Bedürfnisse befriedigt. Eigentlich hatten
lokale Gelder schon diese Bedürfnisse befriedigt, bevor
die amerikanischen Gelder zum Tragen kamen.
[Ab Dezember 1929: Der
Nothilfefond wird nun für den Wiederaufbau verwendet -
ein Investmentfond]
Im Dezember [1929] wurde der Nothilfefond reorganisiert
und die Gelder nun für den Wiederaufbau verwendet. Nun war
der Fond nicht mehr nur humanitär ausgerichtet, sondern
wurde ein Investmentfond, der auch Landkauf (zusammen mit
der Jüdischen Kolonisierungsgesellschaft ICA)
unterstützte, oder die Entwicklung der
Huleh-Tal-Konzession, oder Ländereien im Norden
Palästinas, die Siedlung Hartuv bei Jerusalem, die
Siedlung Ein Zeitim bei Safed, und die Wiederbesiedlung
von Be'er Tuvia, das bei den Unruhen zerstört worden war.
Der Nothilfefond finanzierte auch Wohnblocks bei Haifa,
Sicherheitseinrichtungen (die in Tat und Wahrheit eine
Stütze der Haganah waren), das Telefonsystem,
Zufahrtsstrassen usw. In Jerusalem sind die
Landwirtschaftsschule in Talpiot und die Festungshalle von
Ramat Rachel, die 1948 die ägyptischen Angriffe im Süden
der Stadt stoppte, heute (S.162)
Zeugen der Tätigkeit des Nothilfefonds.
(Endnote 61: R10, Bericht des Nothilfefonds (Emergency
Fund), 1936, von Maurice Hexter. Vergleiche auch das
Interview mit Richter Jonah J. Goldstein (H)
Für diesen Wiederaufbau wurden vom Nothilfefond 332,748
Englische Pfund ausgegeben, als abweichende Leistung von
der Nothilfe.
[1922-1933: Das
Vereinigte Verteilungskomitee selbst investiert nicht
viel in Palästina]
In den frühen 1930er Jahren, bis zu Hitlers
Machtübernahme, gab das JDC in Palästina keine grossen
Summen aus; es beschränkte sich auf die teilweise
Unterstützung von Religionsschulen (yeshivoth) und der
Hebräischen Universität ("Hebrew University", wobei ein
Grossteil an die Universität floss, v.a. wegen der
Persönlichkeit von Judah L. Magnes). Aber nach dem
Aufkommen der Nazis in Deutschland war die Situation dann
eine komplett andere. Die jüdische Auswanderung von
Deutschland nach Palästina stieg dann rapide an.