[4.11.
1933-1938: Legale deutsch-jüdische Einwanderung in
Palästina: 44.537 (offiziell)]
[Zahlen]
Während der ersten drei Jahre 1933-1935 waren die Zahlen
am eindrücklichsten. Von einer totalen Zahl von 81.000
Juden, die Deutschland verliessen, gingen 22.700 (28 %)
nach Palästina. Im Jahr 1935, als 62.000 Juden ins Land
strömten, schien es, wie wenn das die praktischste Lösung
des Flüchtlingsproblems sei, von politischer und
ideologischer Seite her.
[Die Palästinenser werden nicht gefragt oder auch nur
erwähnt, und der arabische Protest wird scheinbar einfach
verdrängt].
[Der Joint kämpft für
eine erste Priorität für deutsche Juden für die
Palästina-Einwanderung]
In dieser Zeit der Hochblüte des Optimismus mit Aussichten
auf eine Zukunft jüdischer Siedlungen in Palästina
tauchten aber zwei Probleme auf, die den JDC zu belästigen
begannen. Das erste war die offensichtliche Tatsache, dass
der Notfall Deutschland von Jahr zu Jahr immer schlimmer
wurde, und die Jewish Agency aber die deutschen Juden bei
den Einreisebewilligungen für Palästina nur an die dritte
Stelle setzte. Das Verteilungskomitee JDC bemühte sich,
einen beträchtlichen Druck auf die Agency auszuüben, damit
diese ihre Politik änderte und den deutschen Juden
absolute Priorität gab.
Tabelle
8: Einwanderung (legal) von Juden aus
Deutschland und Österreich nach Palästina
|
Jahr
|
von Deutschland
|
von Österreich
|
Total
|
% der gesamten (legalen)
Einwanderung
|
1933
|
6803
|
328
|
7131
|
22,3
|
1934
|
8497
|
928
|
9425
|
21,4
|
1935
|
7447
|
1376
|
8823
|
14,5
|
1936
|
7896
|
581
|
8477
|
26,8
|
1937
|
3280
|
214
|
3494
|
28,1
|
1938
|
4223
|
2964
|
7187
|
40,5
|
Total
|
38.146
|
6391
|
44.537
|
22,3
|
(Endnote 62: Quellen:
15-2, Max Birnbaum; Rosenstock, op. cit, S.
15-32, HOG Bericht über die Einwanderung nach
Palästina. Die Zahlen beinhalten "Touristen",
die in Palästina blieben und später durch die
Regierung legalisiert wurden. Wenn wir die
Zahlen oben mit jenen der Tabelle 7 kombinieren,
dann werden wir sehen, dass Palästina im Jahr
1933 ungefähr 18,4 % der totalen jüdischen
Auswanderung aus Deutschland aufgenommen hat,
1934 36,8 %, 1935 35,4 %, 1936 31,5 %, 1937 14,2
%, und 1938 12 %. Die Zahlen müssen vielleicht
nach oben korrigiert werden, um auch die
illegale Einwanderung dieser Jahre nach
Palästina zu berücksichtigen. Zwischen 1933 und
Ende 1938 haben ungefähr 165.000 Juden
Deutschland verlassen, und von denen sind
ungefähr 45.000, oder 27,2 %, nach Palästina
eingereist.
|
(S.163)
Dennoch konnte das Siedler-Zentralbüro der deutschen Juden
in Palästina (Central Bureau for the Settlement of German
Jews in Palestine), eine von Dr. Weizmann geleitete
Agentur, dem Begehren nicht entsprechen. Die Agentur
musste die Bedürfnisse der Juden in Polen, Litauen und
Rumänien berücksichtigen, weil jene die hauptsächlichen
Mitglieder der zionistischen Organisationen waren, und
auch, weil die Situation der Juden in Osteuropa vom
wirtschaftlichen Standpunkt her, sicherlich schlimmer war
als die Situation für Juden in Deutschland. Verzweifelt
schauten die Zionisten sogar nach Syrien und in andere
Länder des Mittleren Ostens als vorübergehende Häfen.
Weizmann sagte, dass "es in Syrien für jüdische
Einwanderer viel Raum gab, und dass er verstand, dass
Juden in diesem Land aufgenommen werden wollten."
(Endnote 63: 14-51, Treffen des CBF Allocation Committee,
5/7/34 [7. Mai 1934])
Das zweite Problem des Verteilungskomitees JDC war, dass
die Zionisten versuchten, die Gelder des JDC für den
Transport der Auswanderer nach Palästina zu verwenden. Sie
hatten dabei in grossem Masse Erfolg. Das JDC setzte die
Transportkosten nach Palästina für die Zeit zwischen 1933
und 1938, miteingeschlossen die Ausgaben für
Berufsausbildung für Palästina, auf ungefähr 993.000 $
fest.
(Endnote 64: 42-Palestine immigration, 1938-43)
Sogar wenn die Rechnung übertrieben schien, so gibt es
überhaupt keinen Zweifel, dass das JDC tatsächlich in
einem beträchtlichen Masse die Einwanderung nach Palästina
unterstützte. Dies war eine Zeit, als in den USA zwischen
dem JDC und der United Palestine Appeal [UPA] ein
beträchtlicher Wettbewerb um Spendengelder herrschte.
Gemäss einer Aufstellung des JDC sammelten mehrere
Palästina-orientierte Appeal-Organisationen im Jahr
1933/1934 in den USA eine Gesamtsumme von 2.848.000 $,
obwohl die JDC auf 2.553.000 $ kam,
(Endnote 65: 42-Palestine, generell, 1933-38)
und dies im selben Zeitraum. Weizmanns Zentralbüro in
London erhielt 936.000 Pfund
(Endnote 66: 15-32)
zwischen Oktober 1933 und Dezember 1938, oder ungefähr 5
Millionen $. Das Einkommen des Verteilungskomitees JDC kam
zwischen 1934 und 1938 auf ungefähr 12,8 Millionen $;
[Gründe für das Joint
Distribution Committee, die Auswanderung nach Palästina
zu unterstützen - Verbindungen zum ZA
(Zentral-Ausschuss)]
aber das JDC musste auch dem osteuropäischen Judentum
Hilfe leisten, neben all den Angelegenheiten mit
Flüchtlingen überall und neben der Unterstützung des
deutschen Judentums. Warum sollte das JDC dann auch noch
Unternehmen in Palästina unterstützen?
Im April 1934 äusserte das JDC eine politische Erklärung,
die besagte: "Wenn der CBF, die ICA, die Jewish Agency for
Palestine einverstanden sind, die Verantwortlichkeiten
(für alles ausserhalb von Palästina) zu teilen, was keine
andere Agentur in grossem Stil bisher versuchte, dann wäre
der Weg für das JDC (S.164)
für eine Übereinkunft frei, wodurch ein wichtiger Teil
seiner Ressourcen für Siedlungen deutscher Juden in
Palästina verwendet werden könnte."
(Endnote 67: 14-46, politische Erklärung, 4/20/34 [20.
April 1934])
Trotz der Erklärung hatte das Verteilungskomitee in der
Praxis keine andere Wahl, als das Palästinaamt [Palestine
immigration office] in Berlin zu unterstützen, weil es ein
teil des Zentral-Ausschusses war, und in allen Aktivitäten
konnte das JDC den ZA nicht unterstützen. Sogar neben dem
befand es Kahn für notwendig, die Hechalutz-Bewegung in
Frankreich und Polen, in Holland und Österreich zu
unterstützen, weil es eine derjenigen Agenturen war, die
mit dem Geld am effektivsten umgingen. Über Palästina war
das JDC generell sehr gespalten; währen brennende
Argumente im Exekutivkomitee Platz fanden, wie man es
vermeiden könnte, dort zu viel Geld auszugeben, erklärte
Warburg im Nationalen Rat, dass "das Geld dort, das uns
zuerst beunruhigt, dort gut begründet und für eine gute
Sache ausgegeben ist."
(Endnote 68: JDC-Bibliothek, Treffen des Nationalen Rats
(National Council), 4/13/35 [13. April 1935])