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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939


[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 4. Flüchtlinge: 1933-1938
[4.11. 1933-1938: Legale deutsch-jüdische Einwanderung in Palästina: 44.537 (offiziell)]

[Zahlen]
Während der ersten drei Jahre 1933-1935 waren die Zahlen am eindrücklichsten. Von einer totalen Zahl von 81.000 Juden, die Deutschland verliessen, gingen 22.700 (28 %) nach Palästina. Im Jahr 1935, als 62.000 Juden ins Land strömten, schien es, wie wenn das die praktischste Lösung des Flüchtlingsproblems sei, von politischer und ideologischer Seite her.

[Die Palästinenser werden nicht gefragt oder auch nur erwähnt, und der arabische Protest wird scheinbar einfach verdrängt].

[Der Joint kämpft für eine erste Priorität für deutsche Juden für die Palästina-Einwanderung]

In dieser Zeit der Hochblüte des Optimismus mit Aussichten auf eine Zukunft jüdischer Siedlungen in Palästina tauchten aber zwei Probleme auf, die den JDC zu belästigen begannen. Das erste war die offensichtliche Tatsache, dass der Notfall Deutschland von Jahr zu Jahr immer schlimmer wurde, und die Jewish Agency aber die deutschen Juden bei den Einreisebewilligungen für Palästina nur an die dritte Stelle setzte. Das Verteilungskomitee JDC bemühte sich, einen beträchtlichen Druck auf die Agency auszuüben, damit diese ihre Politik änderte und den deutschen Juden absolute Priorität gab.

Tabelle 8: Einwanderung (legal) von Juden aus Deutschland und Österreich nach Palästina
Jahr
von Deutschland
von Österreich
Total
% der gesamten (legalen)
Einwanderung
1933
6803             328             7131             22,3
1934
8497             928             9425             21,4
1935
7447             1376             8823             14,5
1936
7896             581             8477             26,8
1937
3280             214             3494             28,1
1938
4223             2964             7187             40,5
Total
38.146             6391             44.537             22,3
(Endnote 62: Quellen:
15-2, Max Birnbaum; Rosenstock, op. cit, S. 15-32, HOG Bericht über die Einwanderung nach Palästina. Die Zahlen beinhalten "Touristen", die in Palästina blieben und später durch die Regierung legalisiert wurden. Wenn wir die Zahlen oben mit jenen der Tabelle 7 kombinieren, dann werden wir sehen, dass Palästina im Jahr 1933 ungefähr 18,4 % der totalen jüdischen Auswanderung aus Deutschland aufgenommen hat, 1934 36,8 %, 1935 35,4 %, 1936 31,5 %, 1937 14,2 %, und 1938 12 %. Die Zahlen müssen vielleicht nach oben korrigiert werden, um auch die illegale Einwanderung dieser Jahre nach Palästina zu berücksichtigen. Zwischen 1933 und Ende 1938 haben ungefähr 165.000 Juden Deutschland verlassen, und von denen sind ungefähr 45.000, oder 27,2 %, nach Palästina eingereist.

(S.163)

Dennoch konnte das Siedler-Zentralbüro der deutschen Juden in Palästina (Central Bureau for the Settlement of German Jews in Palestine), eine von Dr. Weizmann geleitete Agentur, dem Begehren nicht entsprechen. Die Agentur musste die Bedürfnisse der Juden in Polen, Litauen und Rumänien berücksichtigen, weil jene die hauptsächlichen Mitglieder der zionistischen Organisationen waren, und auch, weil die Situation der Juden in Osteuropa vom wirtschaftlichen Standpunkt her, sicherlich schlimmer war als die Situation für Juden in Deutschland. Verzweifelt schauten die Zionisten sogar nach Syrien und in andere Länder des Mittleren Ostens als vorübergehende Häfen. Weizmann sagte, dass "es in Syrien für jüdische Einwanderer viel Raum gab, und dass er verstand, dass Juden in diesem Land aufgenommen werden wollten."

(Endnote 63: 14-51, Treffen des CBF Allocation Committee, 5/7/34 [7. Mai 1934])

Das zweite Problem des Verteilungskomitees JDC war, dass die Zionisten versuchten, die Gelder des JDC für den Transport der Auswanderer nach Palästina zu verwenden. Sie hatten dabei in grossem Masse Erfolg. Das JDC setzte die Transportkosten nach Palästina für die Zeit zwischen 1933 und 1938, miteingeschlossen die Ausgaben für Berufsausbildung für Palästina, auf ungefähr 993.000 $ fest.

(Endnote 64: 42-Palestine immigration, 1938-43)

Sogar wenn die Rechnung übertrieben schien, so gibt es überhaupt keinen Zweifel, dass das JDC tatsächlich in einem beträchtlichen Masse die Einwanderung nach Palästina unterstützte. Dies war eine Zeit, als in den USA zwischen dem JDC und der United Palestine Appeal [UPA] ein beträchtlicher Wettbewerb um Spendengelder herrschte. Gemäss einer Aufstellung des JDC sammelten mehrere Palästina-orientierte Appeal-Organisationen im Jahr 1933/1934 in den USA eine Gesamtsumme von 2.848.000 $, obwohl die JDC auf 2.553.000 $ kam,

(Endnote 65: 42-Palestine, generell, 1933-38)

und dies im selben Zeitraum. Weizmanns Zentralbüro in London erhielt 936.000 Pfund

(Endnote 66: 15-32)

zwischen Oktober 1933 und Dezember 1938, oder ungefähr 5 Millionen $. Das Einkommen des Verteilungskomitees JDC kam zwischen 1934 und 1938 auf ungefähr 12,8 Millionen $;

[Gründe für das Joint Distribution Committee, die Auswanderung nach Palästina zu unterstützen - Verbindungen zum ZA (Zentral-Ausschuss)]

aber das JDC musste auch dem osteuropäischen Judentum Hilfe leisten, neben all den Angelegenheiten mit Flüchtlingen überall und neben der Unterstützung des deutschen Judentums. Warum sollte das JDC dann auch noch Unternehmen in Palästina unterstützen?

Im April 1934 äusserte das JDC eine politische Erklärung, die besagte: "Wenn der CBF, die ICA, die Jewish Agency for Palestine einverstanden sind, die Verantwortlichkeiten (für alles ausserhalb von Palästina) zu teilen, was keine andere Agentur in grossem Stil bisher versuchte, dann wäre der Weg für das JDC (S.164)

für eine Übereinkunft frei, wodurch ein wichtiger Teil seiner Ressourcen für Siedlungen deutscher Juden in Palästina verwendet werden könnte."

(Endnote 67: 14-46, politische Erklärung, 4/20/34 [20. April 1934])

Trotz der Erklärung hatte das Verteilungskomitee in der Praxis keine andere Wahl, als das Palästinaamt [Palestine immigration office] in Berlin zu unterstützen, weil es ein teil des Zentral-Ausschusses war, und in allen Aktivitäten konnte das JDC den ZA nicht unterstützen. Sogar neben dem befand es Kahn für notwendig, die Hechalutz-Bewegung in Frankreich und Polen, in Holland und Österreich zu unterstützen, weil es eine derjenigen Agenturen war, die mit dem Geld am effektivsten umgingen. Über Palästina war das JDC generell sehr gespalten; währen brennende Argumente im Exekutivkomitee Platz fanden, wie man es vermeiden könnte, dort zu viel Geld auszugeben, erklärte Warburg im Nationalen Rat, dass "das Geld dort, das uns zuerst beunruhigt, dort gut begründet und für eine gute Sache ausgegeben ist."

(Endnote 68: JDC-Bibliothek, Treffen des Nationalen Rats (National Council), 4/13/35 [13. April 1935])







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