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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939


[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 4. Flüchtlinge: 1933-1938
[4.13. Spendensammlungs-Wettbewerb zwischen dem Joint und den Zionisten]

[Die Spendensammlungs-Tätigkeit des Verteilungskomitees und der Zionisten]

Ein weiterer Aspekt der Beziehungen zwischen dem JDC und den amerikanischen Zionisten war das ewige Problem des Wettbewerbs beim Spendensammeln. Zwei Probleme tauchten da auf: Bei den Spendensummen des amerikanischen Judentums musste ein Prozentsatz festgesetzt werden, wie viel davon für die Überseehilfe abgezweigt werden sollte; und dann musste noch festgesetzt werden, wie dieses Geld zwischen Palästina und den anderen Gebieten aufgeteilt werden sollte. So weit das erste Problem betroffen war, so stimmten die Interessen von Zionisten und Nicht-Zionisten offenbar miteinander überein. Beide strebten an, dass der Prozentanteil der Geldsummen für die Hilfe für Juden im Ausland anstieg, miteingeschlossen in Palästina. Nachdem die schlimmste Zeit der Depression ab 1935 vorüber war, wuchs der Prozentanteil der Überseehilfe gegenüber den Aufwendungen im eigenen Land.

(Endnote 70: Zosa Szajkowski: Budgeting American Overseas Relief, 1919-1939; In: American Jewish Historical Quarterly 59, Nr. 1 (September 1969): 87 ff., 110)

Während der Depression wurde ein Versuch gemacht, eine kombinierte Spendensammlungsagentur aufzubauen, der United Jewish Appeal. Diese Körperschaft wurde im März 1934 durch den JDC und durch den United Palestine Appeal unter Louis Lipsky und Morris Rothenberg eingerichtet; ihr Ziel war es, 3 Millionen $ zusammenzubekommen, von denen (S.166)

das Verteilungskomitee 55 % erhalten sollte. Es kamen aber nicht mehr als 1.246.000 $ an das JDC, und die Resultate für das Jahr 1935 waren eher weniger beeindruckend: Das JDC bekam gerade noch 917.000 $.

[Streit, wer den Transport nach Palästina bezahlt]

Die beiden Organisationen lagen auch im Streit, wie die Gelder ausgegeben werden sollten. Ein ausdrücklicher Punkt war die Frage, wer für den Transport der Einwanderer nach Palästina bezahlen sollte, oben erwähnt. Dies war für das JDC ein Hauptgrund, das Abkommen mit dem UPA [United Palestine Appeal] zu beenden. Die Praxis der Zionisten, so dachte das JDC, war, Geld von amerikanischen Juden zu erhalten, wenn in Deutschland der Notstand herrschte, und das JDC zum Transport der Juden nach Palästina zu benützen, während sie selbst einen Beitrag für Deutschland oder die Flüchtlingsländer verweigerten.

[Die Jewish Agency ist de facto eine zionistische Frontorganisation geworden]

Hinter dieser Argumentation

(Endnote 71: ebenda. [Zosa Szajkowski: Budgeting American Overseas Relief, 1919-1939; In: American Jewish Historical Quarterly 59, Nr. 1 (September 1969)] S.88, mit einem Zitat von einem Brief an Caroline Flexner (10/29/35 [29. Oktober 1935]) an Herbert H. Lehman. Auch: Executive Committee, 10/9/35 [9. Oktober 1935])

war das Gefühl von Warburg und seinen Freunden, dass die Jewish Agency, von der sie annahmen, dass sie ebenbürtige Partner seien, in Tat und Wahrheit eine zionistische Frontorganisation geworden war.

[Oktober 1935: Bruch zwischen UPA und JDC]

Der Bruch zwischen UPA durch den JDC im Oktober 1935 sollte wahrscheinlich auch eine Warnung an Weizmann sein, die Nicht-Zionisten ernster zu nehmen.

[Joint: Hyman sieht Zionisten als Grund für Antisemitismus in Europa]

In den Jahren 1936 und 1937 blieben die Beziehungen zu den amerikanischen Zionisten organisatorisch belastet, trotz einer wachsenden Erkennung einer Ähnlichkeit bei Zielen und Motiven. Ideologisch wurde der Fall für den JDC von Hyman im Jahr 1937 klargestellt. Er stellte fest, dass Nicht-Zionisten einen "Grossteil der jüdischen Flucht und der kulturellen Entwicklung in Palästina" unterstützten, und er stellte fest, dass sie "dazu neigen, sich selbst als aktuelle oder potentielle Elemente einer jüdischen Nation zu betrachten, mit Zentrum in Palästina." Der Zionismus, so dachte er, nahm den Antisemitismus als Vorwand, die Juden aus ihren Ländern zu vertreiben. Für ihn und seine Freunde "sind Amerika, Frankreich, Holland und England das Zuhause und die Heimat."

[Das ist wahr: Zionistische Organisationen arbeiten mit dem Hitler-Regime zusammen und organisieren Pogrome und rassistische Gesetze, um Juden zu vertreiben. Aber am Ende plant das Hitler-Regime, Palästina zu besetzen, und dann hätten die Juden alles verloren].

[Der Streit um die Spendengelder - das JDC verliert seine Position gegenüber den Zionisten ab 1936 ca.]

Hyman war gegen eine "Fusion" (also, gegen eine Kombination der Spendenzwecke) zwischen Zionisten und Nicht-Zionisten. Er wollte die Anhänger jedes Programms getrennt ihre Anliegen vor der Öffentlichkeit vertreten sehen: "Der eine versucht, Palästina als die Heimat der Juden zu propagieren, als das Herz und der Kern des jüdischen bewussten Ziels; der andere meint, das erste Ziel sei die Integration der Juden in das Leben des Geburtslandes oder des Aufnahmelandes."

(Endnote 72: Joseph C. Hyman: Jewish Problems and Activities Overseas; In: Proceedings of the National Conference of Jewish Social Welfare, 1937)

Aktuelle Tatsache war konnte das Verteilungskomitee bei einer Allianz nur seine Position verlieren (S.167)

wenn ein Bündnis mit den Zionisten zustandegekommen wäre, einfach deswegen, weil es allein mehr Gelder von den reichen Juden gekommen konnte, die mehr zu Hymans als zur zionistischen Ideologie neigten. Diese Situation musste im letzten Jahr vor dem Krieg beträchtlich geändert werden, und sogar davor bekam das JDC mehr Schwierigkeiten, weil örtliche Wohlfahrtsfonds dazu neigten, die separate Unterstützung von UPA und JDC zu verweigern. Die Wohlfahrtsfonds und die professionellen Organisationen beharrten in den grossen jüdischen Gemeinden in wachsendem Masse darauf, dass einheitliche Kampagnen existierten. Die Erlöse der Kampagnen sollten gemäss den vorher ausgemachten Prozentsätzen der Überseehilfe übergeben werden.

Langsam aber sicher blieb durch diese grundsätzliche Frage die JDC-Führung immer mehr isoliert in ihrem Wunsch, eine unabhängige Spendensammlungstätigkeit zu führen. Als die Situation in Europa sich verschlimmerte, begann das Verteilungskomitee JDC widerwillig, sich mit der Idee einer dauerhafteren Allianz mit dem UPA [United Palestine Appeal] anzufreunden. Diese Entwicklung für sich widerspiegelte den Wechsel des Schwerpunkts der jüdischen Führung: Die Wohlfahrtsfonds wurden immer mehr durch Professionelle kontrolliert - Sozialarbeiter, Spendensammler und ähnliches. Die Laienführung verlor langsam an Boden.







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