[4.16.
Jüdischer Hafen in Belgien 1933-1938]
[Auswanderungswelle - ab
1938 ist das Überschreiten der Grenze erschwert]
Eine ähnliche Situation entwickelte sich in Belgien, wo
zwei Komitees fungierten: eines in Brüssel unter Dr. Max
Gottschalk, und ein zweites, weniger effektives, in
Antwerpen. Die Beiträge des Verteilungskomitees nach
Belgien wuchsen auch und kamen annähernd an die Ausgaben
in Holland heran
(Endnote 83: Die Ausgaben im Jahr 1934 kamen auf 16.589 $;
sie wuchsen bis 1938 auf 94.000 $ an, und sprangen im Jahr
1939 auf 649.000 $ (34-Germany, refugees in Holland,
1941/2).
und es kam auch ungefähr dieselbe Anzahl Flüchtlinge
hierher. Schätzungen besagen, dass von 1933 bis 1940
30.000 Flüchtlinge Belgien erreichten. Davon war die
Hälfte vor 1938, und der Rest nach März 1938.
(Endnote 84: R9, JDC Bericht: "Aid to Jews Overseas"
("Hilfe an die Juden in Übersee"), 1939 und die ersten 6
Monaten von 1940; und: 31-Refugees, 1939-1942)
Die belgische Regierung, die in den frühen 1930er Jahren
sehr liberal war, wurde gegen Ende des Jahrzehnts immer
restriktiver. Bis in den Herbst 1938 war Gottschalks
Komitee in grossen Schwierigkeiten.
[Ausbildungs-Bauernhof
Wieringen für junge deutsche Juden zur Emigration nach
Palästina]
Der Ausbildungs-Bauernhof in Wieringen in Holland war wohl
das beeindruckendste Werk der Flüchtlingskomitees der
Benelux-Staaten. Der Hof wurde am 13. März 1934 von der
Gruppe von Frau van Tijn eingerichtet. Der Boden war auf
einem typischen holländischen Polder, also Land, das dem
Meer abgerungen worden war. Mit dem Hof wurde ein Versuch
unternommen, junge deutsche Juden auf die Auswanderung
vorzubereiten und in verschiedenen Ländern Bauern zu sein.
Während den ersten Jahren gab es auf dem Wieringer Hof
soziale Schwierigkeiten, wegen kommunistischer Jugend.
Aber danach wurde der Hof ein grosser Erfolg. Während des
spanischen Bürgerkrieges verschwanden die Kommunisten vom
Hof, und es blieb eine Mehrheit junger Leute und neue
Leute aus Deutschland bereiteten sich auf Palästina vor.
Wieringen wurde tatsächlich von einem Ehepaar aus
Palästina geleitet, Moshe und Lea Katznelson. Bis April
1936 gingen von 60 jungen Leuten 33 nach Palästina. Im
Spätjahr 1938, nach den November-Pogromen in Deutschland,
brachte ein bekannter deutsch-jüdischer Erzieher, Dr. Kurt
Bondy, 20 Schüler von einem Ausbildungs-Bauernhof in
Gross-Bressen aus Deutschland mit. Bis 1939, so scheint
es, dass 245 Schüler Wieringen verlassen haben, davon
gingen 111 nach Palästina.
(Endnote 85: Gertrude van Tijn: Werkdorf Nieuwesluis; In:
Leo Baeck Yearbook; London 1969, 14:182-99)