[4.18. Andere
Länder für deutsch-jüdische Flüchtlinge und die
Auswanderung nach Übersee 1933-1938]
[Andere Länder]
Jüdische Flüchtlinge gingen auch nach andere europäische
Länder. In Italien waren im Jahr 1935 1000 Flüchtlinge,
und weitere kleinere Gruppen waren vorübergehend in
anderen Gemeinden gestrandet. Aber die meisten dieser
kleinen jüdischen Gruppen fanden früher oder später ihren
Weg in Überseeländer, wo sie hoffen konnten, ein neues
Leben aufzubauen. Während der ersten beiden Jahre der
Nazi-Herrschaft fanden einige keinen Weg für eine
Auswanderung nach Übersee und mussten nach Deutschland
zurückkehren.
[1000e müssen ins Reich
zurückkehren - 1000e polnische Juden kommen ins Reich]
Tausende kehrten nicht nur aus Westeuropa zurück, sondern
auch aus Polen, denn sie "bevorzugten die Bitterkeit in
Deutschland dem Elend in Polen."
(Endnote 94: R16, Monatsbulletin, März-April 1935)
[6000 deutsche Juden
gehen nach Polen - und kehren zurück oder ziehen weiter]
Abgesehen von den Repatriierten aus Deutschland gibt es
einen Bericht, der die Anzahl deutsch-jüdischer
Flüchtlinge in Polen zwischen 1933 und 1938 auf 6000
festsetzt. Dies waren entweder deutsche Bürger, einige mit
polnischem Ursprung, die jeden Kontakt mit Polen verloren
hatten, die Sprache nicht sprachen, und auch keinen
Kontakt zur jüdischen Bevölkerung hatten, oder dann waren
es reine deutsche Juden. Die meisten von ihnen kehrten
dann entweder nach Deutschland zurück oder verliessen
Polen in andere Häfen.
Die Gesamtzahl, die 1934 nach Deutschland zurückkehrten,
wurde auf 11.000 festgesetzt.
(Endnote 95: Executive Committee, 3/26/35 [26. März 1935])
[Zürickkehrende Juden
werden in Konzentrationslager geschickt - Juden werden
der Polizei übergeben]
Schon vor dem Frühjahr 1935 begannen die Nazis, die
zurückkehrenden Juden in Konzentrationslager zu stecken,
so dass der Strom der Rückkehrer fast ganz zum Erliegen
kam; die meisten von ihnen waren in ihren Fluchtländer von
der Polizei dieser Länder an die Grenze deportiert worden.
(S.177)
[Tschechoslowakei als ein
vorübergehender Aufenthalt für deutsch-jüdische
Flüchtlinge - Frau Marie Schmolka]
Ein Land, das für 1000e Juden in den 1930er Jahren als
Transitland diente, war die Tschechoslowakei. Im Jahr
1933, mit der ersten Flüchtlingswelle, kamen ungefähr 4000
Juden an. Zuerst waren da 2500 von den anderen getrennte
Flüchtlinge in Prag. Im Jahr 1933 wurde ein Nationales
Tschechisches Komitee für die Flüchtlinge aus Deutschland
gegründet ("Comité National Tchécoslovaque pour les
Réfugiés Provenant d'Allemagne"), um über eine Vertretung
für die jüdischen und nichtjüdischen politischen
Flüchtlinge vor der Regierung zu verfügen. Die Vorsitzende
des Komitees war Frau Marie Schmolka, Führer des
HICEM-Büros in Prag. Bis 1936 passierten ungefähr 6500
Flüchtlinge die Tschechoslowakei. Die meisten verliessen
das Land wieder.
Im Jahr 1935, als nur noch 800 jüdische Flüchtlinge
übrigblieben, wurde Frau Schmolka die Führerin eines
zentralen jüdischen Flüchtlingskomitees, das
Jüdisch-Soziale Institut (Sociální Ústav), das de facto
dieselbe Organisation war, wie sie der holländische und
schweizerische Typ der zentralisierten Bemühungen der
dortigen Gemeinden war.
(Endnote 96: JDC-Bibliothek 13, 1933/4 Bericht. Siehe
auch: Kurt R. Grossmann: Emigration; Frankfurt 1969, S. 41
ff.; Auch: R14, Kahn Bericht für das Jahr 1935)
In der Tat war zwischen den aktiven und erfinderischen
Personen in der Führung dieser Komitees einiges gemeinsam:
Gertrude van Tijn, Saly Mayer, Marie Schmolka; und das
Verteilungskomitee vertraute ihnen total. In der
Tschechoslowakei waren die Beiträge des JDC sehr klein,
und bis 1938 bezahlte das Tschechische Jüdische Komitee
selbst die Hilfe an die deutschen Juden, die unter dem
ordentlichen, gutwilligen Schutz der Regierung standen.
Die Antipathie der Regierung gegenüber dem Deutschen war
ein Beitrag an die humanitäre Geste und an das
Flüchtlingsproblem.