Kontakt / contact     Hauptseite / page
            principale / pagina principal / home     zurück / retour / indietro / atrás / back
ENGL

Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939

[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

Teilen:

Facebook







Kapitel 6. Der Beginn vom Ende
[I. 6.27. Rettung jüdischer Kinder durch das JDC und Kinderhilfe]

Eine der Haupteigenschaften der Massenauswanderung (S.271)

von 1938 / 1939, und eine, die eng mit Britannien verbunden war, war die Auswanderung unbegleiteter Kinder. Das JDC hatte mit der Einwanderung von Erwachsenen nach Britannien nichts zu tun, aber spielte bei den Versuchen, so viele Kinder wie möglich aus den deutsch besetzten Ländern vor dem Krieg zu retten, eine bedeutende Rolle (und auch während des Krieges spielte es diese Rolle weiter).

Die Bewegung, Kinder zu retten, begann in England. Zwischen März 1936 und November 1938 wurden 471 Kinder, davon 55 % jüdisch (viele der anderen waren wahrscheinlich "Nichtarier"), hierher gebracht und durch ein Inter-Hilfskomitee versorgt, das vom Rat für das deutsche Judentum unterstützt wurde. Weitere Mitglieder des Komitees waren Die Freunde und andere christliche Gruppen.

Nach dem Pogrom vom 17. November 1938 wurde Lord Samuel der Vorsitzende des Unterkomitees, das die Aufgabe hatte, die Migration der Kinder zu fördern. Am 21. November empfing der Innenminister eine Delegation des Rats für das deutsche Judentum und des Inter-Hilfskomitees. Er versprach seine Unterstützung, die Kinder nach Britannien zu bringen. Am selben Abend verkündete er seine Unterstützung im Unterhaus. In der Folge wurde die Bewegung für die Hilfe der Kinder aus Deutschland organisiert ("Movement for the Care of Children from Germany"), die sich vornahm, dass die Kinder garantiert keine öffentliche Belastung werden würden, und dass sie vor dem Alter von 18 Jahren oder nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung in Britannien wieder auswandern würden.

Für die Jugend wurden zwei Sommerlager in Harwich und in Lowestoft eingerichtet, um die Leute sofort unterzubringen. Die jüdischen Organisationen und Gruppen wie die Quäker konnten Abläufe einrichten, um die Kinder aus Deutschland, Österreich und den tschechischen Landesteilen nach Britannien zu bringen. Das JDC in Britannien hatte keinen direkten Kontakt zu dieser Arbeit, war aber durch seine kooperierenden Komitees in Europa in die Entsendung der Kinder ins sichere England miteinbezogen.

[326 Kinder werden in die "USA" gebracht]

Ein Gesuch von Frau van Tijn, eine grosse Anzahl Kinder in den USA aufzunehmen, konnte nicht befürwortet werden. Der US-Organisation waren für die Platzierung von Flüchtlingskindern die Mittel beschränkt, erstens durch die strikten Gesetze der Quotenregelung, und zweitens durch die eigenen beschränkten Mittel. Im November konnten 326 Kinder übernommen werden, wobei 177 Kinder (S.272)

schon in Deutschland Affidavits [Zusicherungspapiere] erhalten hatten; somit konnte man nur die Einreise von 149 Kindern als Einwanderung betrachten.

Im Gegensatz dazu folgten andere europäische Länder dem britischen Beispiel. Holland nahm 1850 Kinder auf, Belgien 800, Frankreich 700, und Schweden 250. Von den total beinahe 13.000 Kindern kamen 2336 aus Österreich, ungefähr 8000 aus Deutschland, und der Rest aus Danzig und den tschechischen Landesteilen.

(Endnote 132:
-- Germany Ordner, Bewegung für die Kinderhilfe ("movement for the care of children"; und:
-- Bewegung für die Kinderhilfe ("Movement for the Care of Children"; erster Jahresbericht ("first annual report"); London, ohne Datum, S. 3-9)

[Über 3/8 der JDC_Ausgaben für "Flüchtlingsländer" 1938-1939]

Wenn man die totalen finanziellen Ausgaben des JDC für die Flüchtlingshilfe in den verschiedenen Ländern betrachtet, so sind die Zahlen ziemlich beeindruckend. Im Jahr 1938 und speziell im Jahr 1939 gibt es im Vergleich zu den vorhergehenden Jahren so etwas wie einen Quantensprung. Im Jahr 1939 waren über 3/8 der JDC-Ausgaben den "Flüchtlingsländern" gewidmet, wie es im JDC-Jargon hiess.

Tabelle 20: JDC-Ausgaben in "Flüchtlingsländern"
Jahr
1933
1934
1935
1936
1937
1938
1939
Totale Ausgaben (in Tausend $)
182
467
149*
311**
428
858,2***
3,243,[000]***
*R14, der Bericht für das Jahr 1935 gibt 205.000 $ an
**R13, der Bericht für das Jahr 1936 gibt 239.820 $ an
***Die Zahlen für die Jahre 1938 und 1939 sind Zuwendungen, nicht Ausgaben.
(Endnote 133: Quellen:
-- R21, Berichtsentwurf 1939;
9-27, Bericht von Kahn, September 1938;
-- Flüchtlingsländer waren Frankreich, Holland, Belgien, Luxemburg, Schweiz, Italien und CSSR)








^