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Judentum: Fälschung und Wahrheit im Alten Testament (AT) gemäss Aktenlage und Grabungen

Die neue Identität durch die neue jüdische Geschichte mit Hilfe chronologischer und archäologischer Forschung

4. Die archäologischen Funde zu den israelischen Stämmen nach der Zeit der erfundenen Landnahme: Der Übergang war fliessend - die verfeindeten Stämme von Isaac und Esau sind nicht möglich

Karte: Ägyptens Reiche
Karte: Ägyptens Reiche

von Michael Palomino

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aus: Israel Finkelstein / Neil A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel; Deutscher Taschenbuchverlag DTV GmbH & Co. KG, München 2004, zweite Auflage 2005; englische Originalausgabe: "The Bible Unearthed. Archaeology's New Vision of Ancient Israel and the Origin of Its Sacred Texts; The Free Press, a division of Simon & Schuster, Inc., 2001; Deutsche Ausgabe: Verlag C.H.Beck oHG, München 2002

Archäologische Fakten: Die Unterschiede zwischen Kanaanäern und Israeliten

Kanaanäische Städte z.B. an der Küste Israelitische Dörfer zur Wüste hin
-- kunstvolle Städte
-- kunstvolle Keramik
-- monumentale Bauten
-- importierte Luxusgüter
-- feine Keramikgefässe (S.116)
-- planlose Schächte
-- nur grobe Keramik wie bei Halbnomaden (S.116)
-- rohe Werkzeuge (S.116-117)

Finkelstein / Silberman: Posaunen 2001, Ausgabe 2004


Die Entwicklung der Stadtstaaten aus den ovalen Dorfsiedlungen heraus

Grabungen alter Dörfer im heutigen Israel-Palästina ergeben, dass unter den dortigen Bewohnern nur allmählich eine ethnisch-israelische Identität entwickelt wurde (S.113)

Die jetzigen Dörfer weisen z.T. wesentliche Unterschiede auf:

Jerusalem / Urusalim
Jerusalem, damals Urusalim genannt, ist im 14. Jh. v.Chr. gemäss Archäologie ohne jede monumentale Gebäude oder Befestigungen und ist gemäss Historiker Nadav Naaman Zentrum für höchstens eine winzige Elite (S.259).

um 1200 v.Chr.
Die Anfänge der israelitischen Identität in 250 Bergdörfern (europäische Eisenzeit I)

-- die Archäologie stellt 250 neue Gemeinden auf Bergspitzen fest, eine eigentliche Gründungswelle, im Süden vom judäischen Bergland bis zum Bergland von Samaria im Norden

-- um 1200 v.Chr. muss ein dramatischer Wandel passiert sein, mit einem grundlegenden Wandel der Lebensweise

-- eine gewalttätige Invasion oder eine Infiltration einer anderen ethnischen Gruppe fand nicht statt, es fehlen dafür jegliche Fundbeweise [von Bränden, Asche oder sonstiger Gewalt]

-- die Bergspitzendörfer bleiben bis in die Königszeit bewohnt

-- gemäss Finkelstein / Silberman ist die Bevölkerung der Bergdörfer als erste Israeliten anzusehen (S.123).

Das einfache Leben in den Bergdörfern während der europäischen Eisenzeit I

Dorfanlage
-- die Dörfer umfassten je ca. 100 Einwohner auf ca. 1/2 Hektar, maximal einige 100 Einwohner auf 1,5 Hektaren (S.124)
-- die Dörfer waren meist auf Bergspitzen oder auf einem schmalen Grat angelegt (S.123), überwiegend nicht grösser als 1/2 Hektar (S.123-124), meist am östlichen Rand der Felder, mit jeglicher Aussicht (S.123)
-- die Wälder bestanden hauptsächlich aus Eichen und Terebinthen
-- selten wurden die Dörfer auch am Rand schmaler Täler angelegt
-- Wasser wurde im "Winter" mit Wasserzisternen im Fels mit Regenwasser gesammelt oder es wurde Quellwasser geschöpft (S.123).

[Klimaschwankungen mit kühleren Wintern und Sommern werden von Finkelstein / Silberman nicht erwähnt].

Die ovale Dorfanlage der Bergspitzendörfer
Zuerst werden die Dörfer am Rand der Wüste gebaut, wo noch beide Lebensarten mit Tierherden und Ackerbau gleichzeitig möglich sind. Erst später rücken die Dörfer nach Westen vor, wo es für Tierherden und Ackerbau weniger günstig, dafür für Olivenkulturen und Traubenanbau günstiger ist (S.120).

Politische Position der Bergdörfer
-- die Lage der Dörfer ist absolut abseits jeder grossen Handelsstrasse, Aussenhandel existiert nicht, geschickte Handwerker gibt es nicht (S.126)
-- die Dörfer sind nicht befestigt, entweder, weil es nicht nötig war, oder weil keine Mittel oder kein Wissen zur Verfügung standen (S.125)
-- Anzeichen für Brandschatzungen oder plötzliche gewalttätige Zerstörungen gibt es nicht (S.126)

-- die Dörfer haben keine öffentlichen Bauten, führen keine Dokumente, keine Siegel, keine importierte Keramik, es existiert kaum Schmuck
-- alle Häuser sind ähnlich gross, ein Haus ca. 56m2 gross, deswegen ist anzunehmen, dass auch der Besitz ziemlich gleichmässig verteilt war
-- alle Häuser sind aus unbearbeiteten Feldsteinen, raue Steinsäulen dienen als Dachstützen oder als Stützen für das Obergeschoss (S.124)
-- die Siedlungen weisen zwischen den Wohnhäusern mit Steinen ausgekleidete Gruben auf, die als Getreidelager dienen (S.124).

Ausrüstung
-- in jedem Haus befinden sich viele Mahlsteine und viele Sichelklingen für Getreidewirtschaft
-- eingezäunte Höfe weisen auf Tierhaltung hin, wo in der Nacht die Tiere gehalten wurden
-- Krüge und Kochtöpfe aus Keramik
-- keine Grabfunde, kaum Kultusfunde, nur in einem Dorf im nördlichen Bergland ist eine bronzene Stierfigur auffindbar, die ein Hinweis auf einen kanaanäischen Götterkult ist (S.124)
-- [keine Skelettfunde?]
-- auf dem Berg Ebal wird eine ungewöhnliche Steinstruktur als alter israelischer Altar gedeutet, die Funktion der Anlage um die Steinstruktur bleibt aber umstritten (S.125)
-- Waffen sind nirgendwo auffindbar (S.126).

Wirtschaft
Es herrschte Acker- und Weidewirtschaft mit Ochsenpflug und Schaf- und Ziegenherden (S.126).

Dorfentwicklung
-- die Häuser und Höfe werden über die Jahrzehnte und Jahrhunderte erweitert und ausgebaut
-- nur selten ist der erste Bau original erhalten. Er ist oft abgerissen und der zweite Bau wird darübergebaut
-- im Dorf Izbet-Sartah ist der alte ovale Dorfkern erhalten und die Neubauten darum herumgebaut (S.127)


Das Vordringen philistäischer Keramik ab ca. 1200 v.Chr.

Die Archäologie stellt eine von der Ägäis inspirierte Ornamentik-Welle fest, so dass sich eine neue "philistäische Keramik" herausbildet. Der stilistisch-kulturelle Einfluss der philistäischen Keramik reicht gemäss archäologischen Funden bis zu den Bergausläufern. Diese Keramik ist immer in einer bestimmten Schicht vorhanden, im Norden bis in die Jesreel-Ebene (S.151).

Karte mit Gebieten von Israeliten,
                        Phönikien, Geshur, Philistia, Ammon und Moab

Karte mit Gebieten von Israeliten gemäss  der alten, falschen  Geschichtsschreibung "von Dan bis Beersheba";

Dunkelrot ist das Königreich Juda eingezeichnet.

Ausserdem die Nachbarstaaten:  Phönikien, Geshur, Philistia, Ammon und Moab.


Karte: Ägyptens
                      Reiche
Karte: Ägyptens Reiche


um 1000 v.Chr.
Höhepunkt der Bergdorfsiedlungen mit insgesamt knapp 45.000 BewohnerInnen
gemäss archäologischer Feldforschung (S.124).

Die ethnische Unterscheidung der Israeliten zu den anderen: Kein Schweinefleisch

Ethnien manifestieren sich in Sprache, Religion, Kleidung, Bestattungsriten und Speisevorschriften (S.135). Die Israelitendörfer bis zu den Königreichen zeichnen sich dadurch aus, dass die Archäologen keine Schweineknochen finden. Die Bevölkerung verweigert offenbar den Schweinekonsum und unterscheidet sich dadurch von den Bevölkerungen der Regionen Ammon, Moab und Edom (S.136).

Bei den früheren Verdorfungswellen waren immer Schweineknochen mit dabei, bei der letzten nicht (S.136).

Die Dörfer der Philister dagegen weisen immer einen hohen Schweineanteil auf (S.136).

Finkelstein / Silberman nehmen an, dass das Schweineverbot ein Element der gemeinsamen Identität der "Proto-Israeliten" gewesen ist. Die Dorfbevölkerungen haben damit eine neue ethnische Schranke geschaffen. Die Gründe für das Schweineverbot und die ethnische Schranke bleiben unklar. Der Brauch, auf Schweinefleisch zu verzichten, ist der älteste bewiesene, kulturelle Brauch (S.136).

[Ergänzung:
Das Schwein war in gewissen Regionen ein heiliges Tier. Aus irgendeinem Grund lehnten die "Proto-Israeliten" das Schwein in ihrem Leben ab, auch, um sich von anderen Glaubensrichtungen abzugrenzen].


Die Legende von Isaak und dem Dauerstreit der Zwillinge Jakob und Esau um das Erstgeburtsrecht

Das AT behauptet:

-- Isaak soll "Abimelech, den König der Philister", in der Stadt Gerar getroffen haben (Genesis 26,1) (S.50)

-- die Frau von Isaak, Rebekka, soll mit Zwillingen schwanger sein und von Gott eine Prophezeiung erhalten haben, dass die Zwillinge für zwei Völker der Ursprung sein werden, "und der Ältere wird dem Jüngeren dienen" (Genesis, 25,23) (S.52-53)

-- die Frau von Isaak, Rebekka, soll die Zwillinge Esau und Jakob geboren haben, deren Nachkommen sich jahrhundertelang bekämpft haben sollen, weil Rebekka ihren Lieblingssohn Jakob verkleidet ans Sterbebett von Vater Isaak geschickt haben soll und dieser ihn mit dem Erstgeburtsrecht gesegnet haben soll, obwohl dieses Erstgeburtsrecht eigentlich Esau zusteht (S.43)

-- Esau bleibt angeblich nur die Stammesgründung in der Wüste möglich, und so sollen sich die Stämme der Israeliten Esau und Jakob 100e Jahre lang wegen dem Erstgeburtsrecht bekämpft haben: Jakob soll vor dem Zorn Esaus geflüchtet sein, Gott soll das Erbrecht für Jakob aber bestätigt haben (Gen. 18,13-15) (S.53)

-- Jakob soll als gebildeter Stammvater Israels über Esau als jägerhafter Stammvater von Edom herrschen (S.53).

Die Widersprüche in der Legende von Isaak: Das Kriterium der Stadt Gerar: Gerar war zu Isaaks Zeiten nur ein Dorf

Die Stadt Gerar und Isaak beim Philisterkönig Abimelech (Gen. 26,1) passen nicht zusammen, denn die Philister bauten von der Ägäis her kommend erst nach 1200 v.Chr. ihre Ortschaften in der Küstenebene von Kanaan mit Blüte im 11. und 10. Jh. v.Chr.. Sie beherrschten Kanaan bis weit in die assyrische Zeit (S.50).

Die Stadt Gerar (heute als Tel Haror nordwestlich von Beerscheba identifiziert) wird bei Abraham (Gen. 20,1) erwähnt und war zum Zeitpunkt der Niederschrift des Pentateuchs (7. Jh. v.Chr.) wahrscheinlich besonders wichtig, zumindest aber weithin bekannt. Zu Beginn der europäischen Eisenzeit, als Isaak gelebt haben soll, ist Gerar aber gemäss den Ausgrabungen nicht mehr als ein unbedeutendes Dorf am Anfang der Geschichte der Philister.

Im 8. und 7. Jh. v.Chr. wird Gerar dann ein massiv befestigter assyrischer Verwaltungssitz, "ein offensichtliches Wahrzeichen." (S.50)

Schlussfolgerung
Die Stadt Gerar, die zu Isaaks Zeiten nur ein kleines Dorf war, ist also Indiz, dass es Isaak nicht gegeben haben kann. Aber die konservativen Gelehrten tun die Umstände um die Stadt Gerar als nebensächliche Einzelheit ab und glauben bis heute an das Bild der verfeindeten Zwillinge Jakob und Esau (S.50).


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Bildernachweis

-- Karte von Israel und Nachbarstaaten um schätzungsweise 1100 v.Chr.: http://symbolictruth.fateback.com/biblisrl.htm
-- Karte der ägyptischen Reiche: http://uk.encarta.msn.com/medias_761557408/Egypt.html



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