aus: Hans Ulrich Wehler: Der Aufstieg des
amerikanischen Imperialismus. Vandenhoeck &
Ruprecht, Göttingen, 1974/1987.
1861-1865
Burgess wird
Nationalist bei den Unionstruppen
Burgess erlebt
den Bürgerkrieg in Tennessee, schliesst
sich dann den Unionstruppen an, damit die "USA"
nicht auseinanderfalle. Burgess wird
ein starker Nationalist (S.55).
1871-1873
Burgess studiert
im Zweiten Deutschen Kaiserreich
in Göttingen,
Leipzig und Berlin
-- er erlebt eine "neue Welt des wissenschaftlichen
Forschens"
-- er erlebt "philosophische Systematik" (S.56)
Burgess
studiert Werke von Bluntschli und Holtzendorff und erliegt dem
späthegelianischen Staatsidealismus:
-- dass der Staat die Idee der Sittlichkeit verkörpere
-- der Staat sei das unerreichbare Idealbild staatlicher
Ordnung und das Government sei das historisch gegebene
Herrschaftssystem.
Dieses Staatsbild von Hegel ist mit dem
"amerikanischen" Staatssystem aber nicht
verfassungskonform (S.56).
1876-1906
John W. Burgess
wirkt als "Universitätsprofessor" an der Columbia
University in New York
-- Burgess ist wesentlicher
Mitbegründer der Columbia University
-- einer seiner Lieblingsschüler ist Theodore
D. Roosevelt
-- Burgess hat grossen akademischen und
politischen Einfluss am Anfang des 20. Jh., 1000e von
Jura-, Geschichts- und Politikwissenschaftsstudenten der
sendungsbewussten Generation nach dem Bürgerkrieg hören
seine Vorlesungen oder sind an seinen Seminarübungen
beteiligt
-- Burgess schreibt "wissenschaftliche"
Schriften
-- Burgess ist gemäss Franz
Lieber der Begründer der vergleichenden
Verfassungslehre (S.55).
Für die reformistisch orientierte Patrizierfamilie Roosevelt ist Burgess
aus ideologischen, nicht aus politischen Gründen,
attraktiv (S.58).
Burgess hält
Vorlesungen
-- über die "neue wissenschaftliche Forschung"
-- über philosophische Systematik
-- und über deutsche Staatslehre.
Diese Inhalte sind bis dahin ein Fremdkörper in der
"amerikanischen" Politik, da die "USA"
ohne "Obrigkeit" funktioniert, sondern eine
vertragsrechtlich konzipierte Staatsverwaltung den Staat
repräsentiert (S.56).
[wobei die "Staatsverwaltung" nur den Weissen alle
Rechte gewährt... somit ist die "Obrigkeit": die weisse
Rasse].
Burgess
präsentiert den [weissen] "amerikanischen" Studenten ein
unglaubwürdiges Staatsbild mitten in der
Wirtschaftskrise, wo die Menschen sehr empfänglich sind
(S.56)
-- mit dem Hegelschen Gedanken der "zivilisierten
Nationen"
-- mit dem Gedanken gemäss Johann Kaspar
Bluntschli eines allseits "allumfassenden",
"dauerhaften" und "souveränen" Staates (S.56).
Arier-Rassismus
von Burgess: Dem Arier gehört die Welt
Burgess
verengt dann selbständig die Perspektive der
"zivilisierten Nationen" auf rassisch qualifizierte
Nationen, die den "geschichtlichen Auftrag" gegenüber
den "unterentwickelten Völkern" hätten:
-- die Arier hätten den überlegenen
politischen Genius
-- die Arier hätten das Bild der
"politischen Nation par excellence"
-- die Arier seien die Gründer des
"modernen Nationalstaats", der "stärksten und
vollkommensten politischen Herrschaftsform der Neuzeit
-- die Arier hätten den Auftrag zur
"politischen Zivilisierung der modernen Welt"
-- Fernziel sei die Weltherrschaft der arischen Rasse
(S.57)
-- Burgess behauptet, die germanischen
Nationalstaaten seien berufen, die Welt von
unpolitischen und barbarischen Völkern zu befreien bzw.
eine Kolonialpolitik durchzuführen
[gleichzeitig sind genau die "Christen" die
barbarischste Rasse der Weissen mit Millionen Toten auf
den Schlachtfeldern]
-- die "Erschliessung der
Welt" "für die Zivilisation der germanischen Nationen"
sei eine "Pflicht"
-- Burgess kritisiert die
aussenpolitische Gleichgültigkeit der germanischen
Staaten als "verfehlte Politik"
-- Gebietsbesetzung sei das Recht des arischen Genius
-- das arisch-germanische politische Talent sei
verkörpert in den "USA", England
und im 2.deutschen Kaiserreich
-- diese drei Staaten würden die Spitze der möglichen
staatlichen politischen Entwicklung verkörpern, und dies
seien die Vorbilder für die ganze Welt
-- Burgess behauptet, der arischen
Rasse seien Interventionen und Eroberungen nach
Gutdünken erlaubt, denn es gelte die Annahme, die
"unterentwickelten" Völker, die Widerstand leisten,
seien noch blind für die ihnen zugedachten Wohltaten
(S.57) und man dürfe diese Völker vertreiben (S.58)
-- die germanischen Staaten sollen ihre Grenzen selbst
abstecken, je nach Pflichtübernahme zu Erhaltung,
Wachstum und Entfaltung der von ihnen neu gegründeten
Staatsgebilde
-- das Produkt "Nationalstaat" sei ein "Organ der
menschlichen Entwicklung" innerhalb der göttlichen
Vorsehung
-- Kolonialpolitik ist gemäss Burgess
eine "Pflicht"
-- Burgess erwähnt, dass die Existenz
der "USA" auf der "Kolonialisierung" [Besetzung] der
indianischen Gebiete beruht, somit gäbe es für die
antikolonialistischen Politiker "Amerikas" keine
Argumente, weiteren Kolonialismus abzulehnen und ein
antikolonialistisches Nationenverständnis sei verfehlt
-- Burgess fordert von den "USA"
eine imperialistische Politik (S.58)
-- Burgess rechtfertigt den
rassistischen Kolonialismus des Protestantismus als
zivilisatorische Aufgabe und gibt somit dem ganzen
christlichen Imperialismus die Weihe
-- Burgess konzipiert einen
"Zusammenschluss der Welt unter dem Zepter einer
germanisch-okzidentalen Zivilisation" als
Treuhänderschaft "Gottes" (S.58)
-- Burgess behauptet, jeder
Handelsimperialismus der arischen Rasse sei durch
(S.58-59) die "Vorsehung" Gottes gerechtfertigt (S.59).
Burgess wettert
gegen die Einwanderung von Nicht-Ariern
-- Burgess bekämpft vehement die
Einwanderung aus Süd- und Osteuropa [aber aus Osteuropa
sind die Menschen doch auch blond!]
-- Burgess sieht es als eine der
vornehmsten Aufgaben des modernen Staates, "seinen
nationalstaatlichen Charakter zu bewahren und zu
stärken"
-- Burgess erachtet es als
"Rassenpflicht", den "schädlichen Einfluss der
ausländischen Einwanderung" zu verhindern
-- Burgess' Vorstösse bleiben vorerst
ohne gesetzgeberische Folgen (S.59).
Burgess ist kein
Sozialreformer wie Strong, sondern bei Burgess
überlebt nur der "Stärkere"
-- keine Forderungen für Sozialreformen
-- Burgess will die Trusts unbeschränkt
schalten und walten lassen
-- Aktiengesellschaften, die keine soziale Verantwortung
tragen, sollen weiter schalten und walten können
-- Aktiengesellschaften seien ein Ausfluss der "arischen
Lehre" vom Privatunternehmertum
-- Burgess befürwortet Entscheide des Obersten Gerichtshofs gegen Anliegen der
unteren Schichten, diese seien "unwissend, engstirnig,
habgierig, voreingenommen, böswillig, brutal und
rachsüchtig"
-- Burgess favorisiert das
Dreiklassenwahlrecht
-- Burgess lehnt die Reformbewegung aus
Wisconsin ab, die der Bevölkerung
Gesetzesinitiativen und Volksreferenden erlauben will
und Beamtenabberufungen möglich machen will
-- die Tradition der "USA" habe mehr
Wert als die Demokratisierung der "USA",
so Burgess (S.60).
1888
Burgess-Schüler
Mayo-Smith wettert gegen Einwanderung
Burgess-Schüler Prof. Richmond
Mayo-Smith der Columbia University
wendet sich entschieden gegen die Einwanderung und
plappert Burgess nach (S.59).
1889
Rassist Woodrow
Wilson ist wie Burgess: Alle anderen Völker sollen
dominiert werden
Woodrow Wilson
ist im Jahre 1889 noch ein Geschichtsprofessor an der Wesleyan Universität. Wilson äussert sich
wie Burgess zur arischen Rasse: Der
arischen Rasse sei die Weltherrschaft und die
"Zivilisierungsaufgabe" gegeben gegen alle anderen
Völker (S.305).
Woodrow Wilson
postuliert 1889, "Amerika" erfahre "jährlich eine
partielle Korruption durch ausländisches Blut". Die
Schwierigkeiten mit dem "immer minderwertigeren
Menschenmaterial" nähmen stetig zu (S.305).
Wehler fordert
eine Untersuchung des Rassismus von W. Wilson
der von der Ideologie des
"Angelsachsentums" getragen wurde, im Hinblick auf
-- mexikanische Politik der "USA"
-- die karibische Politik der "USA"
-- die Gestaltung des Völkerbunds
(S.305).
1890
Burgess: 2 Bände
"Politikwissenschaft und vergleichendes
Verfassungsrecht" (original Englisch: "Political
Science and Comparative Constitutional Law")
Das Werk ist geprägt durch die damalige deutsche
Staatsphilosophie. Die Inhalte sind vorerst ein
Fremdkörper in der "amerikanischen" Politik, da die
"USA" nach wie vor ohne Obrigkeit funktioniert, sondern
in den "USA" repräsentiert eine vertragsrechtlich
konzipierte Staatsverwaltung den Staat (S.56).
[Die Obrigkeit ist die weisse Rasse und schon seit 1776
besteht die Obrigkeit in den "USA" auch aus den
Geheimlogen, die aber an den Unviversitäten nie erwähnt
werden dürfen...]
1895
Burgess appelliert
für Rassismus zum "Schutz" des Staates "USA"!
Burgess postuliert in Chicago
anlässlich einer Tagung von Politikwissenschaftlern an
der Weltausstellung:
"Die Vereinigten Staaten müssen arisch bleiben",
"nichtarische Elemente" würden den Staat
"verunreinigen". Der Staat habe die Aufgabe der
"Vervollkommnung der arischen Begabung für politische
Ordnung [...] auf der Grundlage einer vorherrschend
germanischen Nationalität." (S.59)
Forderungen von
Burgess
-- Beschränkung der Einwanderung auf Angehörige der
so genannten germanisch-europäischen Staaten
-- sofortige politische Entmündigung der eingewanderten
"nichtarischen Elemente"
-- Ausübung von politischer Macht sei kein
Menschenrecht, sondern ein Privileg "rassischer
Qualifikation"
-- "fanatische Menschenfreundlichkeit" sei fehl am Platz
(S.59).
Burgess agitiert wie die Rassismusströmungen in Europa,
und der Zuspruch zu Burgess wächst, wenn auch langsam.
(S.59).
1904
Theodore D.
Roosevelt ehrt Rassist Prof. John W. Burgess
Theodore D.
Roosevelt schlägt seinen ehemaligen Professor Burgess zum T.-Roosevelt-Professor in Berlin vor. Dies ist für Burgess
die höchste Ehrung (S.305).
1920er Jahre
"USA": Einführung
der Quotengesetzgebung für Einwanderung
mit Rassenkriterien bis heute (S.59).