Deutsche Besatzungsmacht in Frankreich
1940-1944. Index
von Michael Palomino
(2000 / 2020)
aus: Ludger
Tewes: Frankreich in der Besetzungszeit 1940-1943.
Die Sicht deutscher Augenzeugen. Bouvier-Verlag, Bonn,
1998.
Literatur
Deutsche Augenzeugen über die französische
Besatzungszeit:
Ernst Jünger: Tagebuch: "Jahre der
Okkupation" 1958 (S.15).
Eberhard Jäckel: "Frankreich in Hitlers
Europa. Die deutsche Frankreichpolitik im 2.Weltkrieg"
1966 (S.15).
Hans Umbreit: "Der Militärbefehlshaber
in Frankreich 1940-1944" 1968 (S.15)
Inhalt
-- Zusammenfassung
-- Chronologie:
1.
Die Vorgänge in Frankreich generell
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2.
Spezialgebiet: Bretagne: Finistère und Morbihan,
Brest
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3.
Spezialgebiet Bretagne: Morbihan,
Ille-et-Vilaine, Côtes-du-Nord mit
Loire-Atlantique und Maine, Lorient,
Saint-Nazaire, Nantes |
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4.
Spezialgebiet Normandie: Le Havre - die Landung
der Alliierten am 6.6.1944 |
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5.
Spezialgebiet
Nord, Pas-de-Calais, Ile-de-France, Paris,
Picardie und Champagne |
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6.
Spezialgebiet Poitou, Vendée, Charente-Maritime,
Charente, Loire und Berry |
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7.
Spezialgebiet
Lorraine, Alsace, Doubs, Savoie, Vosges, Yonne,
Bas-Rhin, Languedoc, Cevennes, Provence
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8.
Spezialgebiet
Gironde,
Bordeaux, Landes, Pays-Basques, Pyrénées,
Hautes-Pyrénées, Tarbes-Lourdes
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1.
Zusammenfassung
Frankreichs Bevölkerung fühlte sich 1940 nicht nur
von England verraten, das Frankreich im September
1939 zur Kriegserklärung gegen Deutschland gedrängt
hatte. Die zumeist disziplinierte deutsche Besetzung
war auch ein Zeichen der Sicherheit, dass es in
Frankreich nie zu einer kommunistischen Revolution
kommen würde. Währenddessen bombardieren englische
Flugzeuge französische Städte.
Gegenüber einem weiteren Krieg gegen England und
Russland ist die Bevölkerung aber skeptisch. Napoleon
sei am Russlandfeldzug auch schon gescheitert,
warnen die Franzosen. Als Englands Bomber aber bei Mers-el-Kébir
auch noch einen Teil der französischen Flotte
zerstören, pendelt die Stimmung erst recht auf die
deutsche Seite. Die Küste wird zum riesigen
Marinestützpunkt für die Schlacht gegen England
ausgebaut. Deutsche diskutieren wenig um den Krieg,
sie "machen” ihn, obwohl sie viel Gelegenheit zur
Sabotage hätten.
Die deutschen Besatzer sind dadurch, dass nur schon
ein gewisser Prozentsatz Französisch spricht, bei
der Bevölkerung sehr beliebt. Tauschhandel, Wäsche
waschen, Hilfe auf den Höfen ergänzen sich mit
Liebschaften, die 1941-1942 zum Teil problemlos
verlaufen, sich aber auch als Spionageaktion der
Résistance entpuppen. Casinos werden zu Spitälern,
Soldatenheimen und Soldatenkinos.
Widerliche Exzesse aufgrund des ausbeuterischen
Wechselkurses der RM für den Franc sind die
Schattenseite der Besatzung wie auch das
"Anschiessen” von Weinfässern in Bauernhöfen,
ergänzt mit der "Organisation” rumänischer Frauen
für Bordelle, Syphilis-Spritzen und ungewollten
Schwangerschaften.
Frankreich wird von der deutschen Verwaltung
zerrissen und Belgien vergrössert. Am Ende ist
Frankreich von den deutschen Soldaten "leergekauft”
und die Waren, die im Reich schon nicht mehr zu
haben sind, werden auf Urlaubsfahrten zu den
deutschen Familien verfrachtet. Entsprechend bleibt
der angestammten Bevölkerung in Frankreich nicht
mehr viel.
Die Arisierungen werden in diesem Werk nicht
erwähnt. Auch die Kollaboration der Kirchen bleibt
verschwiegen. Die Deportationen der Juden unter dem
Vorurteil Jude=Kommunist und die Kollaboration der
SNCF werden fast gänzlich verdrängt.
Die deutschen Massnahmen hinterlassen scheinbar
keinen Groll bei der Bevölkerung. 1941 werden
massenweise Truppen aus Frankreich an die Ostfront
abgezogen. Tränen fliessen beim Abschied von der
französischen Bevölkerung im Bewusstsein, dass man
sich mehrheitlich nicht mehr sehen werde. Die
Beziehungen gehen so weit, dass französische
Päckchen die Ostfront mit Süssigkeiten erreichen.
Erste Geiselerschiessungen als Rache an
Partisanenanschlägen trüben das Klima. 1942 bringen
erste englische Landungsversuche und Provokationen
das deutsche Regime in Rage und veranlassen den
Ausbau des "Atlantikwalls”. Die gesamte Zahl der
Zwangsarbeiter bleibt dabei offen. Mehr als 1000
Arbeiter pro Baustelle zeichnen aber ein eher
düsteres Bild. In unvorstellbarem Masse baut die
Organisation Todt zudem an U-Boot-Bunkern.
Gleichzeitig wird die Verpflegung immer schlechter,
vor allem in Südfrankreich, schlussendlich sogar für
deutsche Soldaten knapp.
Ab 1943 ändert sich die emotionale Lage in hohem
Masse, als immer mehr der Hunger um sich greift.
Wein ist bezeichnenderweise immer "genug” vorhanden,
ein Zeichen der französischen Monokultur und
Überflusswirtschaft.
Geschlagene Truppen der Ostfront kommen nach
Frankreich zur "Wiederauffrischung”, wo sie mit
jungen deutschen Soldaten zusammengewürfelt werden
und nach der italienischen Kapitulation mit neuen
Fahrzeugen vor allem nach Italien verlegt werden.
Dabei werden die Truppen grossenteils von jeglicher
Information über den Kriegsverlauf isoliert.
Betrug der Bevölkerung an Soldaten durch den Verkauf
von verfaultem Gemüse, verfaulten Früchten oder
Graszigaretten werden Alltag, auch Anschläge der
Résistance. Soldaten, die von 1940 an in Frankreich
geblieben sind, behalten ihre Kontakte, die neu
Hinzugekommenen haben es jedoch nicht mehr leicht.
Strände sind abgesperrt, die Atmosphäre ist "eisig”,
oder deutsche Soldaten werden mit Steinen aus der
Ferne beworfen. Die Bevölkerung hat den Krieg satt
und wartet dabei immer noch auf die Rückkehr von
über 2 Millionen Kriegsgefangenen aus dem Reich.
1944 werden alle Städte Nordfrankreichs durch
englische und amerikanische Bomber sinnloserweise
restlos kaputtgebombt. Der französischen Bevölkerung
bleibt die grossenteils disziplinierte Besatzung der
deutschen Soldaten in Erinnerung, und auch wenn
französische Frauen zum Teil "siegreiche” Amerikaner
heiraten, so werden die entstandenen Kontakte
zwischen Deutschen und Franzosen nach 1945 wenn
möglich sogar über Kinder und Enkel weitervererbt,
vorausgesetzt, der deutsche Soldat stirbt nicht an
der Front oder nach 1945 im russischen Gulag.
Die Politik ab 1945 treibt die Stimmung gegen
Deutschland, aber viele Französinnen heiraten in
Deutschland, oder junge französische Frauen suchen
in den 1960-er Jahren ihren Vater auf deutschen
Soldatenfriedhöfen. Auf den Krieg hätte man - nach
Meinung der Franzosen - ganz verzichten können. Die
zum Teil grausame Behandlung der deutschen
Kriegsgefangenen ab 1945 wird erwähnt, das geraubte
jüdische Eigentum jedoch wird verschwiegen.
Michael Palomino, 2001
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