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Juni 2011: Euro - Teuro - Desaster (Teil 9)
Geld für Griechenland dank "positivem Zeugnis" - dabei ist Griechenland längst insolvent - Banken sollen für Griechenland zahlen - Phantast Schäuble will private Gelder für Schrott-Griechenland - und nun wird auch die Europäische Zentralbank EZB zum Schrottplatz - Rentengelder an tote Rentner jahrelang in Griechenland - ein Brief von Phantast Schäuble an Trichet -- der Euro hat Deutschland bereits 2500 Milliarden gekostet -- "Empfehlungen" der EU-Kommission für "bessere" Politik - Frankreich will Phantast Schäuble nicht folgen - Griechenland soll austreten - 120 Milliarden Euro Finanzloch in Griechenland - griechische Korruptionsbeispiele - enorme Jugendarbeitslosigkeit in der EU - Euro ist noch 1,20 Schweizer Franken Wert - Griechenland von "B" auf "CCC" herabgestuft - Griechenland ist ein Schrottplatz - Italien und Belgien sind die nächsten Pleite-Kandidaten - junge Griechen werden Bauern - Deutschland bürgt für Griechenland mit 211 Milliarden Euro - Schäffler fordert die Amputation Griechenlands als besten Weg für alle - Schäuble will Sonnenstrom aus Griechenland - Griechenlands Mittelstand ist nicht mehr da - Hilfe für Griechenland ist in Deutschland steuerlich absetzbar - ein Italiener wird EZB-Chef - Banken sollen verzichten und Griechenland-Anleihen "abschreiben" - Merkel verzichtet auf Zwangsverpflichtung der Banken - Aktienkurse der Banken fallen in Italien wegen mangelnder "Ausstattung" und in Frankreich und Spanien, wenn diese sich an der Griechenland-"Rettung" beteiligen - England hilft nicht und lehnt weiterhin den Euro ab - Griechen-Demos hetzen gegen Merkel und Sarkozy - China kauft nun auch ungarische Staatsanleihen - "USA" verlangt von Europa mehr Engagement für Griechenland - Umsatzsteuer wird in Griechenland kaum noch zurückerstattet - der letzte Poker der Griechen: Szenario, wenn das Sparpaket nicht angenommen wird - Karikatur: Akropolis zu verkaufen - kriegsähnliche Zustände in Athen - Korruption in Griechenland, ein Arzt sagt aus - Italiens "Sparprogramm" - Griechenland fordert EU-Gelder für Bauprojekte
von Michael Palomino (Meldungen)
Video über die Wahrheit bei Dollar und Euro: "Dollar und Euro werden vergehen, wenn keine Volksabstimmung stattfindet"; Link des Videos: http://www.youtube.com/watch?v=qns3smEoQz0 Video with the truth about Dollar and Euro: "Dollar and Euro will go by when there is no popular vote"; Link of the video: http://www.youtube.com/watch?v=1-73ia6_Kn8
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Der Euro wird immer unzumutbarer - bis es kracht.
An dieser Weisheit hat sich auch im Juni 2011 nichts geändert.
Michael Palomino, 7.6.2011(sas)>Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou und Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker.
In der dramatischen Schuldenkrise haben die Griechen Zeit gewonnen. Die EU, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben Griechenland nach Angaben Athens ein positives Zeugnis über die Sparpolitik ausgestellt. Dieses Urteil gilt als entscheidende Voraussetzung für die Freigabe einer Milliarden-Teilzahlung aus dem vor gut einem Jahr vereinbartem Rettungspaket von 110 Mrd. Euro. Darauf haben die Griechen mit Bangen gewartet, denn schon in wenigen Wochen hätte dem Hoch verschuldeten Land akute Zahlungsunfähigkeit und der Staatsbankrott gedroht.Die dringend benötigte nächste Finanzspritze von 12 Mrd. Euro kann nach Angaben von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker nun ausgezahlt werden. Das sagte Juncker nach einem Treffen mit Athens Premier Giorgios Papandreou in Luxemburg. Zugleich stellte Juncker Griechenland ein weiteres Hilfspaket in Aussicht. Er rechne damit, dass die Staaten der Eurozone neuen Hilfen unter strikten Bedingungen zustimmen, sagte er. Privatbanken sollten sich freiwillig an dem neuen Paket beteiligen.
"Es ist klar, dass es kein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone geben wird. Es wird keine Pleite geben." Das Land werde in der Lage sein, vollständig seinen Verpflichtungen nachzukommen, sagte Juncker weiter.
Harter Sparkurs gefordert
Zugleich werden aber weiter Anstrengungen bei der Sanierung der Staatsfinanzen angemahnt. Papandreou wollte nach Angaben aus Athen Juncker versprechen, alle Sparmaßnahmen in die Tat umzusetzen. Nach Athener Quellen wird Papandreou auch Eckpunkte eines verschärften Spar- und Privatisierungsprogramm vorstellen als Voraussetzung für weitere Griechenland-Hilfen.
Die griechische Regierung habe in den vergangenen Wochen entsprechende Erklärungen abgegeben. Die entsprechenden neuen Gesetze sollen in den kommenden Tagen im Ministerrat in Athen besprochen werden. Anschließend sollen sie dem griechischen Parlament vorgelegt werden. Griechenland will bis 2015 78 Milliarden Euro sparen. 50 Milliarden davon sollen durch den Verkauf von Staatsimmobilien und Privatisierungen staatlicher Unternehmen in die Staatskassen fließen.
Neues Hilfspaket?
Unterdessen verdichten sich die Anzeichen, dass Griechenland ein weiteres Hilfspaket erhält. Die griechische Presse rechnete noch für Freitag mit der Bekanntgabe eines weiteren Krisenplans über drei Jahre. Demnach wurde bereits ein Übereinkommen zu neuen Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) von etwa 60 Mrd. Euro bis 2014 getroffen. Im Gegenzug müsse Athen 2011 6,4 Mrd. Euro und zwischen 2012und 2015 insgesamt 22 Mrd. Euro einsparen.
Juncker hatte am Donnerstag erklärt, seiner Meinung nach und nach allem, was er wisse, habe Griechenland Anspruch auf ein neues Hilfsprogramm, allerdings nur zu strikten Konditionen.
Obwohl Griechenland vor rund einem Jahr internationale Notkredite über insgesamt rund 110 Mrd. Euro zugesprochen wurden, kann das Land seinen Schuldenberg über rund 350 Mrd. Euro offenbar nicht wie vereinbart abtragen. Die Regierung des Sozialisten Papandreou hatte sich im vergangenen Jahr an EU und IWF gewandt, um einen finanziellen Kollaps des hochverschuldeten Landes abzuwenden. Im Gegenzug für die Milliarden-Hilfen verpflichtete sich die Regierung zu einem harten Sparkurs.
Aus Wut über die scharfen Sparmaßnahmen der Regierung besetzten Gewerkschafter am Freitag das Finanzministerium in Athen. Mitglieder der mit der Kommunistischen Partei verbundenen Gewerkschaft PAME entfalteten ein großes Banner vom Dach des am Verfassungsplatz gelegenen Ministeriums, in dem zum Generalstreik gegen geplante Privatisierungen und Einschnitte im Staatshaushalt aufgerufen wurde. Stunden zuvor hatten aufgebrachte Bürger Obst und Joghurt-Becher in Richtung des griechischen Regierungssprechers Giorgos Petalotis geworfen, als dieser in einem Altersheim in einem Athener Vorort eine Rede halten wollte.
In den vergangenen Tagen hatten zehntausende Menschen in Athen und anderen griechischen Städten gegen das Sparprogramm der Regierung protestiert. Die beiden großen Gewerkschaften - GSEE für die Privatwirtschaft und ADEDY für den öffentlichen Dienst - haben für den 15. Juni zu einem Generalstreik aufgerufen, dem dritten in diesem Jahr.
rts/dpa>
Nach dem positiven Zeugnis der Experten-Troika und zusätzlichen Spar- und Privatisierungsankündigungen Athens erwartet der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker ein neues Rettungspaket für Griechenland.
An der zusätzlichen Hilfe solle sich auch der Privatsektor auf freiwilliger Basis beteiligen, sagte Juncker nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in Luxemburg.
60 Milliarden Euro
Juncker hat zwar auch als Euro-Gruppenchef kein Mandat, selbst zusätzliche Notkredite freizumachen. Er rechne aber damit, dass die Euro-Partner noch vor Ende des Monats zustimmen werden, sagte er. Zur genauen Höhe der zusätzlichen Notkredite machte er noch keine Angaben. Im Gespräch sind rund 60 Milliarden Jahren für die kommenden zwei Jahre. «Es wird ganz offenkundig keinen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone und keine Zahlungsunfähigkeit geben», sagte Juncker.
Vor seinen Ausführungen waren die Verhandlungen der Troika-Experten der Europäischen Zentralbank (EZB), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission in Athen erfolgreich abgeschlossen worden. Damit ist zunächst der Weg frei für die nächste Tranche von zwölf Milliarden Euro aus dem ersten Hilfspaket im Gesamtvolumen von 110 Milliarden Euro, das vor gut einem Jahr geschnürt worden war.
Privatisierungsfonds soll Programm beschleunigen
Im Gegenzug verpflichtete sich die griechische Regierung zu weiteren Sparmassnahmen sowie zur Beschleunigung des Privatisierungsprogramms. Juncker sagte, Athen werde einen Privatisierungsfonds einrichten. Er sei nun überzeugt, dass Griechenland sein Privatisierungsprogramm im Volumen von 50 Milliarden Euro «schnell und transparent» umsetzen werde. Das sei die Basis, auf der die Europartner einem neuen Rettungspaket zustimmen könnten, das an strikte Bedingungen geknüpft werde.
Am Nachmittag hatte Athen bekannt gegeben, dass die Troika-Verhandlungen positiv zu Ende gingen. In den Verhandlungen, die sich über Wochen hingezogen hatten, sei es um die Schritte der griechischen Regierung zur Reform der angeschlagenen Wirtschaft und um zusätzliche Konsolidierungsmassnahmen in den Jahren 2012 bis 2015 gegangen, hiess es in einer Erklärung des Finanzministeriums. Bei den Verhandlungen habe auch ein Privatisierungsprogramm eine Rolle gespielt, das finanzielle Mittel für das verschuldete Griechenland aufbringen solle. Mit dem Privatisierungsfonds soll dies nun beschleunigt werden.
Wie es weiter hiess, wurde auch über zusätzliche Schritte gesprochen, um die für die Reduzierung des Haushaltsdefizits gesteckten Ziele zu erreichen. Die Unterlagen, in denen die vereinbarten Massnahmen detailliert beschrieben würden, würden «in den kommenden Tagen» fertiggestellt und nach der Zustimmung des Kabinetts dem griechischen Parlament vorgelegt.
Zinsen gehen runter
Die Märkte reagierten erleichtert. Schon in Erwartung des positiven Ergebnisses waren die Zinsen für zehnjährige griechische Staatsanleihen auf 16,2 Prozent zurückgegangen.
Die griechische Regierung will das Haushaltsdefizit bis Jahresende von 10,5 auf 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken. Um das Ziel zu erreichen hatte der griechische Finanzminister Giorgos Papaconstantinou schon vergangenen Monat für das laufende Jahr Sparmassnahmen über 6,4 Milliarden Euro angekündigt.
Acht Banken abgewertet
Doch der innenpolitische Druck wächst weiter. Rund 200 Mitglieder der den Kommunisten nahestehenden Gewerkschaft PAME besetzten das griechische Finanzministerium. Sie brachten an dem Gebäude in Athen ein riesiges Transparent mit einem Aufruf zum Generalstreik an, noch während die Verhandlungen der Regierung mit EU, EZB und IWF über die neuen Sparmassnahmen liefen.
Unterdessen senkte die Ratingagentur Moody's die Bewertungen von acht griechischen Banken. Die Ratinagentur hatte bereits am Mittwoch gewarnt, Griechenland könne mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit seine Schulden nicht bezahlen. (kpn/dapd)>aus: n-tv online; 4.6.2011;
http://www.n-tv.de/mediathek/videos/wirtschaft/Griechenland-ist-laengst-insolvent-article3497701.html
<Griechenland steht vor weiteren Milliarden-Hilfen von EU und IWF und hat eine Staatspleite damit zumindest kurzfristig abgewendet. Trotz Hilfe und strengen Sparmaßnahmen kann das Land seinen Schuldenberg über rund 350 Milliarden Euro aber offenbar nicht wie vereinbart abtragen. Deshalb wird über weitere Hilfen nachgedacht. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler warnt vor einem weiteren Hilfspaket: "Griechenland ist längst insolvent."><Das neue Hilfspaket für Griechenland wird teurer als gedacht - wohl auch für die Banken. Laut "Wall Street Journal" wollen die Euro-Länder die Kreditinstitute 30 Milliarden Euro zahlen lassen. In Berlin ist man sich aber uneins, ob es überhaupt frisches Geld geben soll.
Hamburg - Derzeit kursieren viele Zahlen - alle immer gleich milliardenschwer. So unterschiedlich sie ausfallen, beinhalten sie doch alle die gleiche Nachricht: Die Rettung für das von der Pleite bedrohte Griechenland wird richtig teuer. Nach SPIEGEL-Informationen müssen EU-Kommission, EZB und Internationaler Währungsfonds eine dreistellige Milliardensumme bereitstellen. Laut "Wall Street Journal" (WSJ) sollen die Banken kräftig an der Rettung beteiligt werden: mit 30 Milliarden Euro. Unter Berufung auf ranghohe Offizielle berichtet das Blatt am Sonntag in seiner Online-Ausgabe, darauf hätten sich die 17 Regierungen der Euro-Länder in einer "vorläufigen Vereinbarung" geeinigt.
Ob die Belastung für die Banken so kommen wird, ist unklar: In Brüssel war am Sonntag keine Bestätigung zu erhalten. Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte zu dem Bericht: "Keinesfalls. Das ist unbegründet." Einer solchen Einigung müssten alle EU-Finanzminister zustimmen. In EU-Kreisen war zu hören, es seien mehrere Szenarien im Gespräch - und dieses könne eines davon sein. Einen Konsens gebe es aber noch nicht.Dem "WSJ" zufolge will die Euro-Gruppe Gläubiger ermuntern, bald auslaufende Anleihen gegen Anleihen mit einer längeren Laufzeit auszutauschen. "Private Investoren würden einen starken Anreiz bekommen, sich zu beteiligen - denn, wenn sie sich verweigern, würde das zu einem Zahlungsausfall (default) führen", wird ein Offizieller zitiert. Eine solche Konstruktion wird als "weiche Umschuldung" bezeichnet.
Die Regierungen der Euro-Zone würden Griechenland frisches Geld aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF zur Verfügung stellen, heißt es in dem Bericht weiter. Voraussetzung dafür sei aber, dass Banken, Pensionsfonds und andere Finanzinvestoren zum Anleihentausch bereit sind, um Griechenland über die nächsten drei Jahre zu helfen.
Noch viele Jahre am Tropf
Griechenland war als erstes Euro-Land 2010 - noch vor Gründung des EFSF - mit einem 110 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm von EU und Internationalem Währungsfonds ( IWF) vor dem Abgrund gerettet worden. Damals war davon ausgegangen worden, dass das Land von 2012 an wieder selbst Geld am Kapitalmarkt aufnehmen kann. Dies gilt inzwischen als unrealistisch, so dass ein neues Hilfspaket nötig wird.
Dessen Umfang wurde bislang mit 30 bis 60 Milliarden Euro beziffert. Nach SPIEGEL-Informationen reicht das allerdings bei weitem nicht aus. Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF halten mehr als 100 Milliarden Euro für möglich, falls Athen auch 2013 und 2014 auf fremde Hilfe angewiesen sein sollte.
Als zentraler Streitpunkt gilt die Beteiligung des privaten Sektors an den Hilfen. Dies war bislang nicht vorgesehen, soll sich künftig aber ändern. Besonders Deutschland beharrt darauf. Bei einem Treffen von Spitzenbeamten aus der Euro-Zone am vergangenen Mittwoch lehnte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen nach Angaben von Teilnehmern ein neues Hilfsprogramm ab, wenn dabei nicht auch private Anleger auf einen Teil ihrer Forderungen gegenüber Griechenland verzichten müssen. Es sei nicht damit getan, dass private Investoren freiwillig ihr Geld länger in dem Land ließen, wie es die EZB vorschlage.
Dabei stand er allein gegen den Rest der Euro-Zone. Indirekt drohte Asmussen nach SPIEGEL-Informationen bei dem Treffen mit einer Staatspleite Griechenlands.
Seehofer für Bedingungen
Zu Hause in Berlin ist die Position der Bundesregierung noch nicht endgültig festgelegt. In der Koalition gibt es offenbar erhebliche Vorbehalte gegenüber neuen Hilfen. Politiker von Union und FDP machten am Wochenende deutlich, dass sie von den Griechen dafür einiges an Eigenleistung verlangen.
CSU-Chef Horst Seehofer erklärte: "Solidarität mit Griechenland kann es nur geben, wenn das Land die maximalen Eigenanstrengungen unternimmt." Der bayerische Ministerpräsident fügte in der "Bild am Sonntag" hinzu: "Einen Blankoscheck werden wir nicht ausstellen. Wenn, dann kann es nur eine konditionierte Zustimmung zu neuen Krediten geben."Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", neues Geld für Athen dürfe auf keinen Fall am Bundestag vorbei bereitgestellt werden. Der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler kündigte in der Zeitung an, er werde auch ein neues Rettungspaket gerichtlich überprüfen lassen.
Griechenland kann derzeit mit einer weiteren Tranche von zwölf Milliarden Euro aus dem ersten Hilfspaket rechnen, nachdem am Freitag die Verhandlungen mit der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) erfolgreich abgeschlossen worden waren. Bei den neuen Hilfen geht es um die Zeit ab 2013.
ler/dpa/dapd>
<Der Plan, private Investoren an den Lasten der Griechenland-Rettung zu beteiligen, kann fatale Folgen haben. Schäuble dient er vor allem als politisches Feigenblatt.
Bevor die privaten Gläubiger ihre Griechenland-Anleihen mit Staatsgeld der EU oder des Internationalen Währungsfonds abgelöst bekommen, sollten sie noch einmal bluten. Wenn die Umwandlung am Ende die Investoren wirklich 30 Milliarden Euro kosten würde, dann wäre das ein gutes Signal. Die Bundesregierung hätte es allemal leichter, die fragliche Zustimmung des Bundestags zu bekommen.
Darauf zielt Finanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem Umschuldungsvorschlag ab. Und schießt damit doch über das Ziel hinaus. Denn die Ideen, die Berlin Mitte vergangener Woche den europäischen Partnern präsentierte, haben nicht nur kaum Chancen auf Erfolg – sondern könnten sich sogar als kontraproduktiv erweisen.
Da ist zunächst die Gefahr, dass die freiwillige Umschuldung doch von den entscheidenden Gremien als Zahlungsausfall Griechenlands gewertet würde. Denn die Details des Vorschlags sind doch nicht ganz so freiwillig, wie es das Finanzministerium erscheinen lässt. Ein so genannter Default aber würde eine kaum mehr kontrollierbare Kettenreaktion an den Finanzmärkten auslösen.
Das zweite, noch gravierendere Defizit des Vorschlags ist, dass die Europäische Zentralbank (EZB) künftig nur noch die neuen Anleihen als Sicherheiten für die Refinanzierung von Banken akzeptieren soll und folglich auch selbst bei der Umschuldung mitmachen müsste.
Die EZB wehrt sich zu Recht dagegen, schließlich wäre das ein weiterer geldpolitischer Sündenfall. Denn damit müsste die Zentralbank jene griechischen Anleihen, die sie seit ihrer umstrittenen Entscheidung im Mai 2010 gekauft hat, ebenfalls sieben Jahre länger halten. Aus einem ohnehin fraglichen Sonderkommando würde ein Dauereinsatz. Diesen Risiken und Kosten stehen zweifelhafte Chancen gegenüber.
Denn die 30 Milliarden Euro an privater Beteiligung sind keinesfalls ausgemachte Sache. Zum einen sind die Umtauschbedingungen mit einer Laufzeitverlängerung von sieben Jahren bei gleichem Zinssatz zu sanft, um einen durchschlagenen Effekt zu haben. Zum anderen müsste gerade in Deutschland vor allem der Staat die Zeche bezahlen, da das Gros der griechischen Papiere in den staatlichen Abwicklungsanstalten liegt.
<Von Matthias Brendel und Christoph Pauly
Auf der Liste der Sicherheiten der Europäischen Zentralbank findet sich eine portugiesische Anleihe aus dem Jahr 1943. Sie soll möglicherweise erst in rund 8000 Jahren zurückgezahlt werden: am 31.12.9999.
Doch schon heute ist die bizarre Anleihe zum Beispiel für eine portugiesische Bank richtig wertvoll. Denn die kann das Papier bei der Europäischen Zentralbank (EZB) als Sicherheit einreichen und im Gegenzug frische Euro erhalten. Weil der internationale Kapitalmarkt für Banken aus Portugal, Griechenland und den anderen europäischen Krisenländern so gut wie geschlossen ist, sind sie auf das Geld der Zentralbank dringend angewiesen.Viele der eingereichten Sicherheiten sind nicht wirklich sicher. Was sie tatsächlich wert sind, lässt sich schwer sagen. Und so verkommt die EZB als Hüterin des Euro langsam zur Bad Bank des Euro-Systems, bei der die Banken Europas ihre Schrottpapiere abladen.
Der SPIEGEL (21/2011) hatte in der vorvergangenen Woche berichtet, dass die EZB und vor allem die ihr angeschlossenen nationalen Notenbanken bei den eingereichten Sicherheiten der Banken nicht so genau hinschauen - und dass sie deshalb Risikopapiere in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro in ihren Büchern haben.
"Die Fehler wurden geprüft und dann korrigiert", bestätigte der irische Notenbankpräsident Patrick Honohan gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters den Bericht. Auch die Reaktion der EZB fiel seltsam verhalten aus. Was sollte sie auch tun? Sie kann die Risiken nicht leugnen. Wenn Banken pleitegehen und ihre Sicherheiten nicht genug wert sind, müssen zunächst die Notenbanken für den Schaden aufkommen. Wenn deren Reserven nicht ausreichen, müssen die Steuerzahler einspringen.
Nicht marktfähige Sicherheiten in Höhe von vielen Milliarden Euro
Die Dimension ist gewaltig: Für rund 480 Milliarden Euro hat die EZB strukturierte Wertpapiere, sogenannte Asset-Backed Securities (ABS), angenommen, weitere 360 Milliarden stehen als "nicht marktfähige Finanzinstrumente" in den Büchern.
Hinzu kommen noch Staatsanleihen in Höhe von vielen Milliarden Euro aus Portugal, Spanien, Griechenland und Irland, deren Wert zweifelhaft ist. Zwar werden diese auch nur zum deutlich geschrumpften Marktpreis bewertet und, abhängig vom Rating, mit einem Abschlag versehen. Doch bei diesem drücken die Notenbanken zur Not beide Augen zu.
"Es ist nicht auf Dauer unsere Aufgabe, insolvente Banken in insolventen Ländern zu retten", sagt ein besorgter Notenbanker bei der Bundesbank. Das gefährde den Ruf der EZB und am Ende auch den Euro.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mahnte deshalb vergangene Woche bei der Verleihung des Karlspreises grundlegende Reformen an. "Eine unsolide Politik in einem Land kann zu einer Krise in einem anderen Land führen", sagte er in Aachen. Er forderte ein Vetorecht aus Brüssel gegen unvernünftige nationale Entscheidungen und träumt sogar von einem europäischen Finanzministerium.
Wie das System zum Schummeln geradezu einlädt
Seine Vorschläge wären glaubwürdiger, wenn die Notenbanken selbst solider agieren würden. Trotz einer dramatischen Schuldenkrise werden irische Staatsanleihen mit Abschlägen auf die Marktwerte versehen, wie sie auch für die viel sichereren deutschen Bundesanleihen verwendet werden.
Ein weiteres, weitgehend verdrängtes Risiko der EZB sind die sogenannten nicht marktfähigen Sicherheiten, die die Banken ebenfalls in riesigem Umfang in Frankfurt abgeladen haben. Dabei handelt es sich um Schuldscheindarlehen und andere Kreditforderungen, die an keiner Börse gehandelt werden.
Wenn der Einreicher solch einer Sicherheit pleitegeht, müsste die EZB das Pfand verwerten. Im Zweifel bliebe sie auf der vermeintlichen Sicherheit, zum Beispiel einem Darlehen für einen Windpark oder eine Feriensiedlung, sitzen.
Die EZB betont, dass diese nicht marktfähigen Sicherheiten genauso streng bewertet werden müssen wie andere Papiere auch. Doch geprüft und bewertet werden diese Papiere von den jeweils zuständigen nationalen Notenbanken. Und die dürften vor allem ein Interesse daran haben, dass die Banken ihres Landes, denen es an Sicherheiten mangelt, nicht zusammenkrachen. Eine solche Praxis lädt zum Schummeln geradezu ein.
Fehler auch bei der Bundesbank
Kein Wunder, dass die EZB nicht sagen will, welche Notenbanken wie viele dieser Papiere mit welchen Werten als Sicherheiten angenommen haben.
Selbst der Bundesbank unterliefen Fehler bei der Bewertung der Sicherheiten, die die Banken bei der EZB einreichen. Zwei Schuldscheine der HRE-Tochter Depfa wurden mehrere Monate lang mit einem zu niedrigen Abschlag versehen.Auf den Fehler aufmerksam gemacht, hatte die Bundesbank eine falsche Bewertung bestritten und am 21. Februar erklärt: "Unsere internen Prozesse bei der täglichen Überprüfung notenbankfähiger Sicherheiten stellen in hohem Maße sicher, dass keine Wertpapiere fehlerhaft auf die EZB-Liste gelangen können." Eine Woche später mussten die Abschläge auf die Papiere drastisch erhöht werden.
<Die angebliche Misswirtschaft in Griechenland hat ein neues Symbol: Tausende Tote, denen der Staat noch immer Rente überweist. In Deutschland empören sich Vertreter von Union und FDP über den "unglaublichen Skandal". Die Grünen hingegen loben die Athener Regierung - weil sie die Fälle bekanntmachte.
Düsseldorf/Hamburg - Es war wohl als Aufklärung gedacht, doch in Teilen der deutschen Regierungskoalition sorgt es für Empörung: Das Geständnis der griechischen Arbeitsministerin Louka Katseli, dass die Regierung für Tausende tote Griechen noch immer Rente zahlt. 4500 verstorbene Angestellte im öffentlichen Dienst erhielten noch Geld, sagte Katseli. Das koste den Steuerzahler jährlich mehr als 16 Millionen Euro. Das Ministerium wolle nun überprüfen, wie viele der offiziell etwa 9000 über Hundertjährigen tatsächlich noch leben.
Die fortgesetzten Rentenzahlungen seien "ein neues Detail des unglaublichen Skandals griechischer Regierungspolitik und Misswirtschaft", sagte der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, dem "Handelsblatt". Die Enthüllung zeige auch "wie dringend es ist, die griechischen Finanzen bis in jeden Winkel auf den Prüfstand zu stellen, bevor auch nur ein Cent bereitgestellt wird".Laut dem Finanzexperten der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler, zeigt der Rentenskandal, dass Griechenland vor tiefgreifenden Änderungen steht. "Haftung und Verantwortung müssen in Europa wieder zusammengehören", sagte Schäffler dem "Handelsblatt". Wer seinen Sozialstaat massiv ausbaue, müsse auch für die Folgen geradestehen. "Eine weitere Sozialisierung von Verantwortung in der EU muss verhindert werden", sagte Schäffler. "Dies zerstört sonst Europa."
"Abgabenbetrug gibt es auch in Deutschland"
Bei den Grünen wurden Katselis Äußerungen dagegen positiv aufgenommen. Der Finanzexperte Gerhard Schick nannte es ein gutes Zeichen, dass der griechische Staat vorhandene Missstände nun aufdecke und abzustellen versuche. Überheblichkeit sei fehl am Platz. "Abgabenbetrug zu Lasten der Ehrlichen gibt es auch in Deutschland und anderen Teilen der EU."
Schick plädierte dafür, die EU-Mitgliedstaaten sollten Athen noch deutlicher ihre Hilfe beim Aufbau eines effizienten Verwaltungs- und Steuersystems anbieten. Im vergangenen Jahr hatten ausländische Experten Griechenland bereits beim Aufbau eines unabhängigen Statistikamtes unterstützt. Als Gegenleistung für weitere Finanzhilfen ist nun eine stärkere Beteiligung internationaler Berater bei den griechischen Reformen im Gespräch.Die Überweisungen an verstorbene Rentner waren bereits seit längerem bekannt. Schon im August 2010 hatte der Vizeminister für Arbeit und Soziales, Giorgos Koutroumanis, der Athener Presse versichert, der Staat werde juristisch gegen alle vorgehen, die "vergessen hätten", den Tod ihrer Verwandten zu melden. Eine genauere Untersuchung ergab damals mindestens 320 Fälle, in denen die Rente an Bankkonten gezahlt wurde, auf denen gar keine Transaktionen mehr stattfanden, oder die seit Jahren nur noch von Kindern oder anderen Bevollmächtigten genutzt wurden.
Unterdessen zeichnet sich in der schwarz-gelben Koalition erheblicher Widerstand gegen ein weiteres Hilfsprogramm für Griechenland ab. Der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch kündigte in der "Mitteldeutschen Zeitung" an, er werde neuen Hilfen nicht zustimmen. Die Datenlage aus Athen sei eine Zumutung: "Das ist unterirdisch."
<Der Bundesfinanzminister wirbt für eine Umschuldung Griechenlands unter Beteiligung der privaten Gläubiger. Laut einem Brief an die Euro-Finanzminister und an EZB-Präsident Trichet warnt er vor einer "ungeordneten Insolvenz" des Landes. Die FTD dokumentiert das Schreiben.
Text:
"Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister, Mitglied des Deutschen Bundestages, Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin6. Juni 2011
Mr Jean-Claude Trichet, Mr John Lipsky, Mr Olli Rehn, Mr Didier Reynders, Mr Jürgen Ligi, Mr Giorgos Papaconstantinou, Ms Elena Salgado, Ms Christine Lagarde, Mr Michael Noonan, Mr Giulio Tremonti, Mr Charilaos Stavrakis, Mr Luc Frieden, Mr Tonio Fenech, Mr Jan Kees De Jager, Dr Maria Theresia Fekter, Mr Fernando Teixeira Dos Santos, Dr Franc Krizanic, Mr Ivan Miklos, Mr Jyrki Katainen
Dear President,
Dear colleagues,
Let me take this opportunity to share with you the German position on the support programme for Greece.
The situation is difficult. A return by Greece to the capital markets within 2012, as assumed by the current programme, seems more than unrealistic. This means that the volume of the current programme is insufficient to cover Greece's financial needs over the programme period. As we know, this creates problems regarding the participation of the IMF. While the concrete volume of the additional financial needs will only be identified in the upcoming review by the Troika, I expect the increase to be substantial. At the same time, without another disbursement of funds before mid-July, we face the real risk of the first unorderly default within the Eurozone.
Against this background, I see the need to agree on a new programme for Greece in order to close the financing gap and prevent default. However, any additional financial support for Greece has to involve a fair burden sharing between taxpayers and private investors and has to help roster the Greek debt sustainability.
This means that any agreement on 20 June has to include a clear mandate -given to Greece possibly together with the IMF - to initiate the process of involving holders of Greek bonds. This process has to lead to a quantified and substantial contribution of bondholders to the support effort, beyond a pure Vienna initiative approach. Such a result can best be reached through a bond swap leading to a prolongation of the outstanding Greek sovereign bonds by seven years, at the same time giving Greece the necessary time to fully implement the necessary reforms and regain market confidence.
With a scheme as suggested above, there is a realistic chance to minimize the negative impact on financial markets while at the same time reaching the necessary burden sharing between taxpayers and investors. While I am aware that there is still some ongoing discussion regarding the involvement of the private sector, I am confident that this can be resolved in a constructive way before our 20 June meeting.
I would be grateful for your support of these cornerstones in our coming discussions.
Best regards">
< (mb). In einem Gastbeitrag für den FOCUS legte Dieter Spethmann, 18 Jahre lang Chef der Thyssen AG, kürzlich dar, wie viel uns der Euro seit seiner Einführung vor knapp zehn Jahren bereits gekostet hat. Während die sogenannten „Rettungsschirme“ der letzten Zeit mit ihrer Haftungssumme für Deutschland von 391 Milliarden für einen gewissen medialen Wirbel sorgten, werden die noch viel gewaltigeren Schäden für Deutschland, die sich seit der endgültigen Euro-Einführung 1999 angehäuft haben, nach wie vor nicht angesprochen.
So zahlen die deutschen Kreditnehmer seit 1999 höhere Zinsen als zu DM-Zeiten, die früheren „Weichwährungsländer“ zahlen seit der Euro-Einführung hingegen weniger. Ursprünglich sollte den schwächeren Ländern mit dieser „Zinssubvention“ eine Verbesserung ihrer Produktivität ermöglicht werden, tatsächlich habe diese Maßnahme sich aber als reiner Kaufkrafttransfer erwiesen.
Als Beispiel nennt Spethmann Italien, das bereits mit Staatsschulden von mehr als 100 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Euro ging (bei erlaubten 60 Prozent!). Italiens Zinssatz sei im Januar 1999 (Euro-Einführung) von elf Prozent auf fünf gesunken. Dies habe dem Land eine Einsparung von 70 Milliarden Euro beschert – und zwar jedes Jahr, auf Kosten Deutschlands, dessen Kreditnehmer es seither mit einem Mehrzins von durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr zu tun haben. Bei einem angenommenen Kreditvolumen in Deutschland von etwa 5000 Milliarden Euro mache dieser Mehrzins gut 100 Milliarden im Jahr aus, also rund vier Prozent unseres BIP, das etwa 2500 Milliarden Euro beträgt.
Außerdem schenke Deutschland seine im Außenhandel erzielten Überschüsse praktisch denjenigen Euro-Staaten, die bis heute keinen Überschuss erwirtschaften. Dies schlage zusätzlich mit sechs Prozent unseres BIP zu Buche, also nochmals 150 Milliarden Euro im Jahr. Insgesamt ergibt dies satte zehn Prozent unseres BIP, die Deutschland jedes Jahr abführe. So kommt Spethmann, der übrigens als Vater des Transrapids gilt, auf eine Gesamtsumme von mehr als 2500 Milliarden, also 2,5 Billionen Euro. Eine schier unvorstellbare Summe, die sogar die gesamte Staatsverschuldung der Bundesrepublik übertrifft.
„Dafür mehren sich die Schlaglöcher in unseren Straßen, mindern sich die kommunalen Dienstleistungen und verteuert sich das Reisen mit der Staatsbahn“, stellt er abschließend zutreffend fest. Der Jurist und Volkswirt fordert daher unter anderem ein Ende der Subventionierung der Zinsen anderer Euro-Staaten und einen Stopp der „Rettungsschirme“. Deutschland müsse zum „Vor-Euro-Status“ zurückkehren und außerdem eine Revision der EU fordern.
Mit diesen Ansichten steht der Manager augenscheinlich nicht alleine da. So sprach sich in Umfragen von ZDF-Politbarometer und dem stern jeweils eine klare Mehrheit gegen die „Rettungsschirme“ aus, bei einer Umfrage für die Financial Times Deutschland im Jahre 2001 lehnten 51 Prozent der Deutschen den Euro generell ab, nur 29 Prozent begrüßten überhaupt die Einführung. Eine Volksabstimmung gab es zu keinem dieser wichtigen Themen – anhand der Umfrageergebnisse lässt sich erahnen, warum das wohl so war.
Inzwischen weiß man auch, dass die Bundesrepublik von den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs zur Euro-Einführung regelrecht erpresst wurde. So verlangte der französische Staatspräsident François Mitterand im Jahre 1989 die Einführung der Europäischen Währungsunion für seine Zustimmung zur Vereinigung von DDR und BRD, wie der SPIEGEL im September letzten Jahres offenlegte. Einem Bericht der WELT zufolge nannte Mitterand die Einführung des Euros sogar ein „Versailles mit friedlichen Mitteln“, im Klartext also eine weitere Ausplünderung und Schwächung Deutschlands durch die Brechung der stabilen D-Mark als zweite Weltleitwährung. Die Euro-Einführung sei der „Preis für die Wiedervereinigung“, wie der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker bereits 1997 eingestand – als hätte er gewusst, dass der Euro keinen Gewinn für Deutschland bringen würde…
Siehe dazu auch:
Haushaltspolitiker erwarten zusätzliche Verschuldung von 100 Milliarden
José Manuel Barroso legte bei der Vorstellung der EU-Empfehlungen in Brüssel Wert darauf, dass vor lauter Sparen das Wirtschaftswachstum nicht abgewürgt werden dürfe. «Wir sind an einem entscheidenden Punkt angelangt», erklärte Barroso. «Die EU-Wirtschaft befindet sich in einer kritischen Phase. Die Konjunkturbelebung kommt nur äusserst uneinheitlich voran, und es gibt nach wie vor viele Unsicherheiten.»
In ihrer Bewertung der einzelnen Länder-Budgets erkennt die Kommission an, dass die Reformanstrengungen der Mitgliedstaaten bereits sehr weit gehen. Es gebe weder ein auf alle passendes Allheilmittel noch ein Patentrezept, hält die Kommission in ihrem Bericht fest.
Die Sorgen drehen sich nicht nur in erster Linie um die drei Euro- Sorgenkinder Griechenland, Irland und Portugal. Denn insgesamt sind gegen 24 der 27 EU-Mitgliedstaaten Defizitverfahren hängig. «Die Schuld der öffentlichen Hand befindet sich immer noch auf einem Besorgnis erregenden Niveau», so die Kommission.
Bessere Koordinierung
Im Nachgang zur Wirtschafts- und Finanzkrise einigten sich die EU- Mitgliedstaaten auf eine engere politische Koordinierung der Wirtschaftspolitik. Nicht erst nachher, sondern bereits im Vorfeld der nationalen Budgetsitzungen, soll die EU-Kommission auf die nationale Haushaltsgestaltung Einfluss nehmen.
Das geschieht mit dem «Europäischen Semester», eine Methode, die 2011 erstmals angewandt wird. Damit sollen «wichtige Prioritäten auf EU-Ebene erörtert werden, bevor Beschlüsse auf nationaler Ebene gefasst werden».
Die am Dienstag vorgestellten Empfehlungen der EU-Kommission beschränken sich auf die wichtigsten Prioritäten für die nächsten 12 bis 18 Monate. Die Mitgliedstaaten müssten nun dafür sorgen, «dass es zu einer massgeschneiderten Umsetzung dieser Verpflichtungen auf nationaler Ebene kommt», sagte Barroso in Strassburg.
Durch das «Europäische Semester» anerkenne die EU ihre gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit und gebe jedem Mitgliedstaat gemeinsame Leitlinien für die künftige Haushalts-, Wirtschafts- und Sozialpolitik an die Hand, heisst es seitens der Kommission.
Verabschiedung beim Gipfel
Nach Beratungen im Ministerrat für Finanzen sowie Beschäftigungs- und Sozialpolitik sollen die EU-Staats- und Regierungschefs am 23. und 24. Juni die Empfehlungen diskutieren und verabschieden. Danach erfolgen die Entscheide über die Budgets im Spätherbst auf nationaler Ebene.
Die Umsetzung der Empfehlungen soll im Laufe des kommenden Jahres mit Hilfe eines Verfahrens zur gegenseitigen Prüfung von der Kommission und Mitgliedstaaten überwacht werden. Barroso zeigte sich am Dienstag überzeugt davon, dass «wir es schaffen werden, die Krise hinter uns zu lassen», wenn alle die nötigen «harten Entscheide» treffen und mittragen würden. (pbe/sda)>
Neue Hilfe für Hellas: Paris wischt Schäubles Griechen-Plan vom Tisch
aus: Financial Times Deutschland online;
http://www.ftd.de/politik/europa/:neue-hilfe-fuer-hellas-paris-wischt-schaeubles-griechen-plan-vom-tisch/60062945.html
<Der Bundesfinanzminister warnt vor einer ungeordneten Insolvenz des klammen Euro-Landes. Er will daher die Laufzeiten griechischer Anleihen um sieben Jahre verlängern. Doch die französische Regierung sagt entschieden nein.
Deutschland und Frankreich sind in der Frage einer Umschuldung Griechenlands unter Beteiligung privater Gläubiger gespalten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warb in einem Brief an seine Amtskollegen in der Euro-Zone und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet für eine solche Lösung. Die französische Regierung lehnte eine Umschuldung dagegen erneut kategorisch ab.
Laut dem Schäuble-Schreiben, das der FTD vorliegt, sollen Investoren alle Papiere, die sie derzeit halten, in neue Schuldverschreibungen mit sieben Jahren längerer Laufzeit umtauschen. Jede zusätzliche Unterstützung für Griechenland müsse eine faire Lastenteilung zwischen Steuerzahlern und privaten Investoren enthalten, forderte Schäuble. Die größten privaten Gläubiger Griechenlands sind Banken und Versicherungen.
Offenbar macht Schäuble zwischen den unterschiedlichen Restlaufzeiten der ausstehenden Papiere keinen Unterschied. Wörtlich schreibt er: "Ein solches Ergebnis kann am Besten durch einen Anleihentausch erreicht werden, der zu einer Verlängerung der ausstehenden griechischen Staatsanleihen um sieben Jahre führt und gleichzeitig Griechenland die notwendige Zeit gibt, die notwendigen Reformen voll umzusetzen und wieder das Vertrauen der Märkte zu erlangen." Ansonsten befürchtet Schäuble "das reale Risiko der ersten ungeordneten Staatsinsolvenz innerhalb der Euro-Zone".
Zugleich sprach sich Schäuble wegen der Gefahr einer ungeordneten Insolvenz für ein neues Griechen-Hilfspaket und eine Umschuldung aus. Das Volumen des laufenden Hilfsprogramms für Griechenland reiche nicht aus. "Eine Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt im Jahr 2012, wie im laufenden Programm geplant, scheint mehr als unrealistisch." Schäuble rechnet deswegen mit einer "substanziellen" Ausweitung der Hilfen durch Europa sowie damit, dass der Internationale Währungsfonds sich weiter engagiert. Details zur Höhe der weiteren Hilfen nannte Schäuble nicht.
Frankreichs Haushaltsminister Francois Baroin wischte den Vorschlag beiseite. "Die französische Linie war bislang die Ablehnung einer Umschuldung Griechenlands und wir weichen nicht von dieser Linie ab, egal welche Bedingungen vorgeschlagen werden", sagte er nach einer Kabinettssitzung. Auch Finanzministerin Christine Lagarde hatte sich wiederholt gegen eine Neufestlegung von Laufzeiten ausgesprochen. Anders als die Europäische Zentralbank (EZB) sind die Franzosen nicht bereit, ihre Haltung zu überdenken.
EZB-Chef Jean-Claude Trichet hatte am Montag im kanadischen Montreal erstmals die Bereitschaft der Notenbank zu einer begrenzten Schuldenstreckung unter Beteiligung privater Gläubiger erkennen lassen. Bereits bei den Verhandlungen zum ersten Hilfspaket für die Griechen im vergangenen Jahr seien die privaten Gläubiger gebeten worden, ihr Engagement in dem Land aufrecht zu erhalten. Das wäre aus Sicht der EZB auch dieses Mal "angemessen". Eine generelle Umschuldung sei aus seiner Sicht aber weiterhin "nicht angebracht". Trichets Äußerungen wurden als Kompromissangebot an die Bundesregierung gedeutet.
Der EZB-Präsident legte Wert darauf, dass sein Vorschlag "kein Zahlungsausfall", also technisch betrachtet keine Pleite sei. Wie die Ratingagenturen Schäubles Vorschlag bewerten würden, ist derzeit offen. Käme es zu einer technischen Pleite Griechenlands, würden dadurch auch die Kreditausfallversicherungen (CDS) ausgelöst. Außerdem steht im Raum, dass die EZB ab diesem Zeitpunkt keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit akzeptiert.
aus: http://www.ftd.de/politik/europa/:neue-hilfe-fuer-hellas-paris-wischt-schaeubles-griechen-plan-vom-tisch/60062945.html?page=2
Berlin will einem zweiten Rettungspaket für Griechenland nur zustimmen, wenn auch die privaten Gläubiger Athens einen Beitrag leisten. Dieser Beitrag könnte nach einem Vorschlag der EU-Kommission so aussehen, dass sich Inhaber griechischer Staatsanleihen dazu verpflichten, Einnahmen aus auslaufenden Papieren gleich wieder in neue Schuldtitel zu investieren.
Griechenland hängt seit einem Jahr am Tropf des IWF und seiner Euro-Partner, weil es sich wegen zu hoher Zinsen am Kapitalmarkt kein Geld besorgen kann. Derzeit diskutieren die Regierungen der Euro-Zone über ein zweites Hilfspaket für das hoch verschuldete Land. Die Euro-Finanzminister sollen es am 20. Juni schnüren. Dabei wird es auch um die Beteiligung privater Gläubiger auf freiwilliger Basis gehen. In der Diskussion ist die sanfte Version einer Umschuldung durch Zahlungsaufschub.
Die aktuellen Pläne zur Unterstützung Griechenlands beinhalten nach Angaben des Internationalen Währungsfonds keine Restrukturierung der Schulden des Staates. Das sagte der amtierende IWF-Chef John Lipsky der Nachrichtenagentur Reuters. Die Idee, dass private Gläubiger freiwillig einer Laufzeitverlängerung zustimmen würden, sei zudem hypothetisch, sagte Lipsky. Er stellt sich damit gegen die Pläne Schäubles. Bereits seit Wochen streitet die "Troika" aus IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) über den richtigen Umgang mit der Griechenlandkrise.
Am heutigen Abend wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schäuble bei den Koalitionsfraktionen für neue Griechenlandhilfen werben. Bei Union und FDP gibt es Widerstand gegen ein zweites Hilfsprogramm. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle lobte den Schäuble-Vorschlag. Seine Fraktion werde das Rettungspaket mittragen. Durch die Abweichler gerät die Koalitionsmehrheit im Bundestag in Gefahr. Brüderle glaubt jedoch, dass die Koalition die notwendigen Stimmen zusammenbekomme. Die Stimmung in der eigenen Truppe bezeichnete er als "entspannungsfähiger gestaltbar".
Zu den Gegnern gehört unter anderem der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler, der Griechenland einen Austritt aus der Euro-Zone nahelegte. Damit ließe sich das Kernproblem einer nicht wettbewerbsfähigen Wirtschaft kurzfristig am einfachsten beheben, sagte Schäffler im ARD-"Morgenmagazin".
Eine Schuldenreduzierung wirke dagegen in der momentanen Situation des Landes kaum. "Dann werden morgen wieder neue Schulden gemacht, und die Probleme sind wieder gleich", sagte er. Ein Austritt sei zwar eine "persönliche Entscheidung" der Griechen, Deutschland solle das Land aber im Falle eines Austritts aktiv unterstützen. "Das ist nicht der Untergang des Euros, sondern es rettet den Euro", meinte Schäffler.><von Sandro Spaeth - Deutsche Politiker und Ökonomen wollen die Griechen aus der Eurozone raus haben. Sie fordern Athens Austritt aus der Währungsunion – um den Euro zu retten.Der Unmut über die EU-Finanzpolitik wächst und wächst. Genug von den ewigen Rettungspaketen und neuen Milliardenhilfen an die Griechen hat der deutsche FDP-Politker Frank Schäffler. Im ARD-Morgenmagzin vom Mittwoch legte der Bundestagsabgeordnete Griechenland den Austritt aus der Euro-Zone nahe. Damit liesse sich das Kernproblem einer nicht wettbewerbsfähigen Wirtschaft kurzfristig am einfachsten beheben. Eine Umschuldung lehnt Schäffler klar ab. «Dann werden morgen wieder neue Schulden gemacht und die Probleme sind dieselben.
Fakt ist: Ein Jahr nach der Rettung Athens steht das Land noch immer am Abgrund. Trotz massiver Reformen – oder gerade deswegen – kämpft Griechenland mit der Rezession. Die Schulden nehmen weiter zu, statt zu sinken. Das klamme Griechenland hängt vollständig am Tropf des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie den EU-Mitgliedsländern und wartet aufs nächste milliardenschwere Rettungspaket.
Euro als Fehlkonstruktion
Verständnis für Schäfflers Austritt-Forderung hat der Ökonom und Euro-Kritiker Bruno Bandulet. Der Autor des Buches «Die letzten Jahre des Euro» betrachtet die Gemeinschaftswährung schon lange als Fehlkonstruktion. Für die Euro-Zone wäre es laut Bandulet das Beste, wenn Athen austreten würde. «Doch die politischen Führungen von EU, EZB und auch jene Deutschlands wollen den Euro auf Gedeih und Verderb zusammenhalten», wettert der Ökonom im Gespräch mit 20 Minuten Online.
Laut Bandulet hätte man bei der Gründung der Gemeinschaftswährung besser nur die starken Länder miteinbezogen und den «Club Med» mit Portugal, Italien, Griechenland und Spanien aussen vor gelassen. Dann hätte die Währung jetzt nicht solche Probleme.
Austritt als kleineres Übel
Schäfflers Idee mit der Austritt der Griechen aus der Eurozone ist nicht ganz neu. Auch bekannte Ökonomen haben dieses Szenario bereits durchgedacht. Einer davon ist Professor Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts München. Er bezeichnete Athens Ausstieg aus dem Euro in einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen SonntagsZeitung» im Mai als das kleinere Übel, anstatt die Griechen auf Kosten der Euro-Länder zu sanieren.
Dies sieht Bandulet ähnlich: «Die Griechen sind einfach Pleite». Die einzige wirkungsvolle Massnahme sei ein Austritt. Dann könnte Griechenland endlich die Währung abwerten und wettbewerbsfähiger werden. Der Gefahr, dass nach dem Austritt Griechenlands andere Länder wackeln könnten, ist sich Bandulet bewusst. Dieses Risiko könne man nicht ausschliessen. Zudem droht bei einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone ein Bank-Run. Die Folge: Die Griechischen Banken wären pleite und müssten sich mit Hilfe er EU neu finanzieren.
Eine Verlängerung der Kredite, wie sie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble fordert, findet Bandulet wenig sinnvoll. «Damit wird das Problem nur verschleppt.» Die finale Euro-Krise werde aber mit Sicherheit kommen, vielleicht in fünf, vielleicht aber auch erst in zehn Jahren, so der Buchautor.
Furcht vor ungeordneter Insolvenz
Derweil werden Schäubles Sorgenfalten immer grösser. In einem Brief an EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sowie die EU-Finanzminister schrieb der Deutsche:. «Wir stehen vor dem realen Risiko der ersten ungeordneten Staatsinsolvenz innerhalb der Euro-Zone». Eine Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt im Jahr 2012 scheine unrealistisch, so Schäuble im Brief, der der Zeitung «Welt» vorliegt. Laut Schäuble bedeutet dies, dass die jetzigen Hilfsmilliarden nicht ausreichen, um Athen zu retten.
Dass sich das offizielle Deutschland stark für Griechenlands einsetzt, kommt nicht von ungefähr. Im Gegensatz zu anderen Euro-Ländern, welche griechischen Staatsanleihen in grossem Umfang abgestossen hatten, sitzen die deutschen Banken weiterhin auf griechischen Papieren. «Schäuble hatte dies so gefordert», sagt Bandulet. Anders Frankreich. Die «Grande Nation» hat ihre griechischen Papiere im letzen Jahr von 27 auf 15 Milliarden Dollar. zurückgefahren.
Griechische Tragödie
Mittlerweise ist Deutschland im internationalen Vergleich Rekordhalter griechischer Staatsanleihen. Der Stand lag Ende 2010 bei 22,7 Milliarden Dollar, die gesamten Forderungen Deutschlands gegenüber Griechenland belaufen sich auf 34 Milliarden. Bei diesen Zahlen ist Schäubles Panik eines Untergangs der Griechen verständlich. In Anbetracht, dass ein neues Hilfspaket an die Adresse Athens aber erneut 60 bis 100 Milliarden Euro verschlingen könnte, ist auch die Forderung, Griechenland möge den Euro verlassen, nachvollziehbar. Eine griechische Tragödie.>
<Schlechte Nachrichten aus Griechenland: Die Wirtschaft des Landes schaffte zu Jahresbeginn nur ein Miniwachstum. Die Regierung will mit einem neuen Sparprogramm die Pleite verhindern. Doch die EU stellt sich bereits auf eine Finanzspritze von bis zu 120 Milliarden Euro ein.
Brüssel/Berlin - Es ist ein weiterer Beweis für die desolate Lage Griechenlands: Die Wirtschaft ist zu Jahresbeginn deutlich schwächer gewachsen als erwartet. Ein Plus von 0,8 Prozent hatten Experten erwartet - doch das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März lediglich um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt mitteilte. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal um 1,5 Prozent gewachsen.
Am Donnerstag beschloss das Kabinett in Athen neue Sparmaßnahmen. Angesichts der schlechten Wirtschaftslage scheint es dennoch utopisch, dass die griechische Regierung ihre ehrgeizige Reform- und Sparziele erreichen kann. Diese wiederum sind Grundlage für die Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF).Die EU-Partner stellen sich bereits auf ein zweites Rettungspaket für Griechenland ein. Finanzminister Wolfgang Schäuble will dabei private Gläubiger beteiligen, indem sie im Rahmen einer sanften Umschuldung freiwillig auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.
In Brüssel hieß es, dass das Finanzloch des hoch verschuldeten Griechenlands annähernd 120 Milliarden Euro betrage. 90 Milliarden Euro sollen von neuen Hilfen aus dem Ausland kommen, einschließlich eines Beitrags privater Investoren. Die übrigen 30 Milliarden Euro sollen die Griechen selbst durch die Privatisierung von Staatsbesitz aufbringen. Die Entscheidung über ein zweites Hilfspaket wird voraussichtlich beim EU-Gipfel am 24. Juni fallen.
EZB stellt sich in der Umschuldungsdebatte quer
Eine wichtige Rolle bei den Hilfen für Griechenland spielt die Europäische Zentralbank (EZB). Diese steht den Umschuldungs-Vorschlägen von Schäuble enorm skeptisch gegenüber.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet machte nach einer Ratssitzung der Notenbank klar, dass diese einen Schuldenschnitt ablehnt. "Wir sind nicht für eine Umschuldung. Wir schließen alle Konzepte aus, die nicht völlig freiwillig sind", sagte Trichet.
Schäubles Vorschlag sieht vor, dass die Banken ihre alten griechischen Staatsanleihen gegen neue mit längerer Laufzeit umtauschen. Viele private Gläubiger haben sich aber bereits von Anleihen getrennt. So haben die deutschen Versicherer nach Verbandsangaben ihre Anlagen in griechische Staatsanleihen binnen eines Jahres halbiert und sind nur noch marginal engagiert.Die EU-Kommission rechnet nicht damit, dass Griechenland bald aus eigener Kraft wieder auf die Beine kommt, sondern erwartet ein weiteres Rezessionsjahr. Die Kommission rechnet mit einem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes von 3,5 Prozent, nachdem es 2010 sogar um 4,5 Prozent nach unten gegangen war. Erst 2012 wird wieder ein leichtes Wachstum von 1,1 Prozent erwartet.
Griechenland war im Mai 2010 gegen Sparauflagen mit einem 110 Milliarden Euro schweren Rettungspaket von der EU und dem IWF vor der Pleite bewahrt worden. Da es aber nicht wie ursprünglich erhofft im kommenden Jahr an die Kapitalmärkte zurückkehren kann, braucht das Land nun eine zusätzliche Finanzspritze.
mmq/Reuters>
<Von Bernhard Fischer.
Griechenland ist derzeit das Armenhaus Europas, an den Rand des Ruins getrieben durch Löhne und Privilegien, die in Europa ihresgleichen suchen. Angesichts einer Arbeitslosigkeit von 16 Prozent und Schulden in der Höhe von 360 Milliarden Euro (441 Milliarden Franken) soll jetzt das Tafelsilber verscherbelt werden, um die Staatskasse zu sanieren.
Das Rezept, um den Schuldenberg abzubauen: Bis 2015 sollen durch den Verkauf der Staatsanteile an den verlustbringenden Unternehmen und der staatseigenen Immobilien 50 Milliarden Euro die Kassen gespült werden. Marktbeobachter glauben allerdings, dass nicht mehr als 15 Milliarden Euro (19 Milliarden Franken) zu holen sind.
Wer bietet mehr?
Im Angebot: 34 Prozent der Lotto- und Wettgesellschaft Opap, die im vergangenen Jahr 5,1 Milliarden Euro (6,3 Milliarden Franken) umgesetzt hat. Oder: der Flughafen von Athen, an dem der Staat derzeit noch 55 Prozent hält. 20 Prozent stehen zum Verkauf, der deutsche Baukonzern Hochtief ist bereits mit 40 Prozent beteiligt. Das stillgelegte Flughafenareal Hellenikon, das heute Teil des Olympiageländes ist, sollte ursprünglich in einen Park umgewandelt werden. Doch dafür fehlt das Geld, jetzt wird die Fläche an den Meistbietenden vergeben.
Ebenfalls einen Käufer suchen die Telefongesellschaft und die Eisenbahn. Doch selbst wenn der Staat seine Telekomanteile vollständig abstossen kann, bleibt die Ausbeute mager. Rund 40 Prozent gehören bereits der deutschen Telekom, nur zehn Prozent sind noch in Staatsbesitz. Und an einen Verkauf der Staatsbahnen ist gar nicht zu denken: Pro Jahr macht das Unternehmen einen Verlust von einer Milliarde Euro (1,23 Milliarden Franken), mit mehr als zehn Milliarden Euro steht die staatliche Eisenbahn in der Kreide. Bevor der Staat seinen Anteil von 49 Prozent abstossen könnte, müsste das hoch defizitäre Unternehmen saniert werden. Weiter stehen zum Verkauf: der Hafen von Piräus, einer der grössten Containerports Europas, die staatlichen Post-Anteile von 39 Prozent sowie 17 Prozent der Anteile am Dampfkraftwerk des griechischen Stromkonzerns Public Power Corp.
Rettungsanker Immobilien
Für Wirtschaftsforscher und Währungshüter bleibt ein Verkauf dieser Assets Zukunftsmusik, Käufer sind nicht in Sicht. Woher also das Geld nehmen? Athen setzt auf den Verkauf seiner Liegenschaften als letzten Rettungsanker. Geschätzter Marktwert: bis zu 350 Milliarden Euro (429 Milliarden Franken). Doch der Immobilienmarkt ist bekanntlich zusammengebrochen, und die Eigentümerverhältnisse sind unklar. Es bleibt ein Rätsel, wie Griechenland zu Geld kommen soll, geschweige denn die im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent geschrumpfte Wirtschaftsleistung wieder wettmachen wird.
Spitzenverträge
Schuld an der Staatsmisere sind nicht nur die kreativen staatlichen Buchhalter, die Griechenland frühzeitig Euro-fit machen sollten, sondern auch die Sonderrechte und überzogenen Löhne für Mitarbeiter staatlicher Gesellschaften und Privatunternehmen im Infrastrukturbereich. Portiers und Chauffeure des griechischen Erdölkonzerns Helpe mit einem Jahresgehalt von 90'000 Euro (110'000 Franken) sind keine Seltenheit. Die insgesamt 2500 Helpe-Mitarbeiter bekommen im Schnitt 17,8 Monatsgehälter, davon 3,4 kaschiert als Produktivitätsboni. Das Durchschnittsgehalt im Petro-Konzern liegt bei 70'000 Euro (86'000 Franken) pro Jahr.
Noch ein Aperçu: Die Beschäftigten des halbstaatlichen Elektronikkonzerns DEI beziehen privat Strom mit einem Rabatt von 70 Prozent oder sogar umsonst. Die Elektriker-Gewerkschaft hat das einst durchgeboxt. Vergünstigungen für Mitarbeiter und Gewerkschafter haben den Stromkonzern in den vergangenen zehn Jahren mehr als 30 Millionen Euro (37 Millionen Franken) gekostet. Und es kommt noch dicker: Die Stromgesellschaft hat die Arbeitnehmervertreter auch mit Zahlungen in der Höhe von 115'000 Euro für die Demonstrationen gegen die Sparbeschlüsse der Regierung unterstützt, die Gewerkschaft ihrerseits hat mit den Fördergeldern ihren Mitgliedern sogar private Ferienreisen finanziert. Sowohl Helpe als auch DEI, die das Füllhorn über ihre Mitarbeiter ausgiessen, sollen von der Privatisierungswelle noch verschont werden.
(Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)>
Jugendarbeitslosigkeit bei Menschen unter 25 Jahren in der EU, Grafik vom Juni 2011 (Foto aus dem Artikel)
Kommentar
Wie war das? Deutschland und Österreich sollen die EU führen, Hollands Mentalität ist ebenfalls bei der Führung mit dabei, und der Rest profitiert von den Subventionen, die aus Brüssel fliessen. Deswegen schaltet der Rest der Staatsführungen das Hirn aus, arbeitet nicht mehr sondern lässt sich nur meistens noch mit den Subventionen füttern.
Wenn man die Statistik der Jugendarbeitslosigkeit anschaut, dann sieht es doch genau so aus.
Eine Jugendarbeitslosigkeit zwischen 10 und 20% haben: Malta, Dänemark, Slowenien, Luxemburg, Tschechische Republik.
Eine Jugendarbeitslosigkeit zwischen 20 und 30% haben: Vereinigtes Königkreich, Belgien, Zypern, Finnland, Portugal, Rumänien, Bulgarien, Schweden, Frankreich, Polen, Estland, Ungarn, Italien, Irland.
Eine Jugendarbeitslosigkeit zwischen 30 und 40% haben: Lettland, Griechenland, Litauen, Slowakei.
Eine Jugendarbeitslosigkeit zwischen 40 und 50% haben: Spanien.
In der Statistik ist das "Vereinigte Königreich" aufgeführt, das nicht EU-Mitglied ist, aber die Schweiz fehlt in der Statistik. Das ist ja wieder einmal eigenartig. Nun, an dieser Tabelle kann man doch eigentlich ablesen, welche Länder wirklich EU-tauglich sind: Deutschland, Österreich und die Niederlande. Also schnell her mit der DM. Und dann ist da immer noch die Diskussion, wie viel versteckte Arbeitslose noch hinzuzurechnen sind (Dunkelziffer). Spanien käme dann auf vielleicht 70%...
Michael Palomino, 9.6.2011
<Fehlkonstruktion Euro
Vorausgesagt – heute Tatsache
Auszug aus einem vor 16 Jahren gegebenen Interview von Professor Dr. Kurt Schiltknecht, Zürich1995 – vor sechzehn Jahren und damit vor Einführung der Einheitswährung Euro – hat der Schweizer Finanzmarkt-Spezialist Prof. Dr. Kurt Schiltknecht in einem ausführlichen Interview für einen Sonderdruck der Zeitschrift «Wirtschafts-Kurier» (Dezember 1995) nachdrücklich vor der Euro-Einführung gewarnt.
Prof. Schiltknechts damalige Lage-Einschätzung erwies sich als derart treffsicher, dass wir Auszüge daraus heute – da der Euro die EU in eine Existenzkrise gestürzt hat – in Erinnerung rufen. Die Ausführungen von Prof. Schiltknecht sprechen für sich selbst:
Zur Idee «Einheitswährung»
Die Idee einer europäischen Einheitswährung ist in meinen Augen eine ganz grosse Gefahr für Europa. Sie beinhaltet nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Risiken. Ich lehne eine Eurowährung strikte ab. …Die Politiker scheinen zu spüren, dass die Bürger immer skeptischer gegenüber Europa werden. So mag der Versuch, eine Einheitswährung zu schaffen, auch damit zusammenhängen, dass man meint, die Leute würden dann automatisch «europäischer» denken und schneller echte «Europäer» werden. …
Das Schweigen der Wirtschaft
Ich vermute, dass die wichtigsten deutschen Wirtschaftsvertreter mit der Regierung nicht auf Konfliktskurs gehen wollen und hoffen, dass die Opposition von einer anderen Seite her kommen wird. Die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen einer Eurowährung sind meiner Ansicht nach so offensichtlich, dass grosse deutsche Banken in der Lage sein sollten, die Gefahren zu erkennen. …Wirtschaftlich macht (eine Währungsunion) überhaupt keinen Sinn. Man muss sich auch einmal Rechenschaft über die wirtschaftliche Bedeutung des Wechselkurses ablegen. Der Wechselkurs ergibt sich aus den Wirtschaftbeziehungen eines Landes mit seinen Handelspartnern. Solange ein wirtschaftlich schwaches Land eine eigene Währung besitzt, verfügt es über ein griffiges Instrumentarium, um, bis zu einem gewissen Grad, Gegensteuer zu geben: Es kann die Währung real abwerten und so seine internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern. Ohne eigene Währung entfällt diese Möglichkeit. …
Die Stabilitätskriterien
Zum jetzigen Zeitpunkt sagt natürlich jeder, dass die Kriterien nicht aufgeweicht werden. Das Problem besteht aber weiter: Wenn gewisse Länder zu einem bestimmten Zeitpunkt die Kriterien erfüllen, dann aber wieder zu einer liederlichen Finanz- und Wirtschaftspolitik zurückkehren, werden unweigerlich die Zinssätze wieder steigen und Deutschland wird am meisten darunter zu leiden haben. Je höher die Zinsen steigen, desto grösser werden die Vermögensverluste bei den Aktien, bei den Obligationen, bei den Immobilien. Mit anderen Worten: Es kommt zu einem gewaltigen Vermögenstransfer aus Deutschland in andere Länder. Ich finde es absolut unverantwortlich, dass eine Regierung solch enorme Vermögenswerte ihrer Bürger aufs Spiel setzen kann.Einer der wichtigsten Gründe für die Kapitalanlage in einem bestimmten Land ist die Voraussehbarkeit der politischen Entwicklung. Für viele Investoren ist die Berechenbarkeit viel wichtiger als ein halbes Prozentpünktchen mehr Zins.
Bei der Europäischen Währungsunion ist es nun aber extrem schwierig abzuschätzen, in welche Richtung das Ganze gehen wird. Umgekehrt kann die Schweiz als unabhängiger Staat weiterhin eine eigenständige Fiskal- und Währungspolitik betreiben. Damit bleibt die zukünftige Entwicklung einigermassen voraussehbar. In welchem Ausmass Gelder aus Deutschland in die Schweiz fliessen werden, ist schwer voraussehbar. Das kann in kurzer Zeit sehr viel sein. …
Geldpolitik
Eine zentrale EU-Geldpolitik müsste sich am Durchschnitt der europäischen Wirtschaft ausrichten und könnte auf die Entwicklung in den einzelnen Regionen keine Rücksicht nehmen. Solange die Schweiz nicht den Entscheiden einer Europäischen Zentralbank unterliegt, können wir weiterhin eine auf die Bedürfnisse unserer Volkswirtschaft abgestimmte Geldpolitik betreiben.In dem Moment, da die Finanzmärkte zur Überzeugung gelangen, dass die Schweiz in Richtung EU-Beitritt tendiert, wird die Bewegung zur Annäherung ans höhere EU-Zinsniveau einsetzen, nicht erst am Stichtag einer allfälligen Abstimmung. Es käme also relativ früh zu einem Kapitalabfluss aus der Schweiz. Dann kommt die Frage, ob die Schweiz im Europäischen Währungssystem oder bei der Eurowährung mitmachen will. Je stärker sich die Schweiz Europa und der Eurowährung annähert, desto mehr werden sich auch unsere Zinssätze nach obern verschieben.
Die Vermögensverluste in der Schweiz wären unvorstellbar. Ein Beispiel: Die Kapitalisierung aller Schweizer Aktien liegt heute bei rund 400 Milliarden Franken. Ich schätze, dass schon nur ein Anstieg der Realzinsen um 2 ½ Prozent zu einem Kurseinbruch von 30 Prozent führen würde, ein Verlust also allein schon im Aktienbereich von 120 Milliarden Franken. Gleichzeitig würden höhere Zinsen zu einer dramatischen Verteuerung des Kapitals führen, so dass unsere Unternehmen weniger investieren können und gezwungen wären, weniger kapitalintensiv zu produzieren. Die Folge wäre ein katastrophaler Konjunktureinbruch.
Ich bin überzeugt, dass die Leute immer deutlicher erkennen werden, dass man in Brüssel wirtschaftspolitisch auf dem falschen Weg ist. Der Schweiz wird es in den nächsten Jahren besser gehen als der EU, und solange dies so sein wird, besteht trotz der ständigen Beeinflussung durch Politiker und Medien wenig Gefahr, dass Herr und Frau Schweizer zu einem EU-Beitritt Ja sagen könnten.
Kurt Schiltknecht
(Dezember 1995 in «Wirtschafts-Kurier»)><Osnabrück - Der deutsche Wirtschaftsforscher Thomas Straubhaar hat eine "brutale Entmachtung" von Rating-Agenturen gefordert. Der Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) sagte in einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung", jetzt sei der "historische richtige Moment", sich aus der Allmacht dieser privaten Einrichtungen zu lösen. Die mit quasi hoheitsrechtlichen Kompetenzen ausgestatteten Rating-Agenturen seien "ein Fehler aus den 1990er Jahren". Regulierungsbehörden in den USA hätten diese Form der Bewertung von Zahlungsfähigkeit bei Staaten und Unternehmen den Europäern "aufgedrängt und übergestülpt".
Straubhaar appellierte an die deutsche Bundesregierung, schnellstmöglich die Dominanz der US-Rating-Agenturen zu beenden und dazu in der EU-Kommission einen Vorstoß zu starten. "Hier werden einzelne private Akteure in den Rang von Göttern in Nadelstreifen erhoben. Das ist verhängnisvoll", warnte Straubhaar. Nach US-Grundsätzen tickende Rating-Agenturen seien für Europa völlig ungeeignet. Sie könnten Probleme nicht lösen, sondern verursachten neue.
Standard & Poor's hatte zuletzt griechische Anleihen um drei Bonitätsstufen auf den Ramschstatus "CCC" gesenkt und damit weitere Pleite-Gerüchte provoziert. "Diese Privatunternehmen treiben die Politik vor sich her und erzeugen dadurch nicht mehr, sondern weniger Stabilität", erklärte Straubhaar. "Das muss ein Ende haben."
Der Wirtschaftswissenschaftler forderte stattdessen einen Wettbewerb vieler gleichgestellter Agenturen. Dies werde dazu führen, dass Urteile einzelner Rating-Agenturen nur noch zu einer Meinungsäußerung von mehreren würden. Auf die könne dann hören, wer wolle. Straubhaar unterstützte den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der sich an der Griechenland-Hilfe private Gläubiger deutlich beteiligen will. "Ich stehe ganz auf seiner Seite. Wir müssen die Haftung der deutschen Steuerzahler minimieren." Es könne nicht sein, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber den Steuerzahlern aufgebürdet würden, sagte er und plädierte für "mehr oder weniger sanften Druck" auf private Gläubiger. (APA)>
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Die weiterhin ungelöste Schuldenkrise Griechenlands hat den Euro zum Schweizer Franken am Pfingstmontag auf ein Rekordtief gedrückt. Die Gemeinschaftswährung verlor bis zu 0,6 Prozent auf 1,2004 Franken und notierte damit so niedrig wie nie zuvor. Der Abwärtstrend hatte an Fahrt gewonnen, nachdem der Euro den bisherigen Tiefststand 1,2049 Franken unterschritten hatte, wodurch Händlern zufolge Anschlussverkäufe ausgelöst wurden.
Zum Dollar legte der Euro dagegen zeitweise auf 1,44 Dollar zu. "Was der Euro braucht, ist eine Lösung für die griechische Krise", sagte Währungsstratege Kit Juckes von der Société Générale. "Es sieht nicht so aus, als stünden Politiker und Zentralbanker kurz davor." Diese Unsicherheit laste auf der Devise. Er gehe davon aus, dass er zunächst in einer Spanne zwischen 1,40 bis 1,47 Dollar feststecken werde, sagte Juckes.
Zugleich verteuerten sich CDS-Ausfallversicherungen griechische Staatsanleihen weiter. Sie stiegen Angaben des Datenanbieters Markit um 32 Basispunkte auf ein Allzeithoch von 1575 Basispunkten. Das bedeutet, dass Versicherung eines 10 Mio. Euro schweren Bond-Paketes für ein Jahr inzwischen 1,58 Mio. Euro kostet. Auch die Versicherungskosten für portugiesische und irische Papiere stiegen auf neue Rekordstände. Im Gegenzug setzten Anleger auf die als sichere Anlage geltenden Bundesanleihen. Der Bund-Future präsentierte sich nach seinem Kurssprung vom Freitag stabil bei 125,93 Zählern.
Seit Wochen ringen Politiker und Finanzexperten aus der Euro-Zone und vom IWF um eine Lösung für die prekäre Haushaltslage Griechenlands. Investoren stellen sich zunehmend auf eine Umschuldung ein und versuchen, sich für dieses Szenario abzusichern. Nach den Worten von Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker führt kein Weg an einer sanften Umschuldung Griechenlands vorbei. Wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) plädierte er erneut für eine Beteiligung privater Gläubiger.
EZB-Ratsmitglied und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zeigte sich für eine Beteiligung privater Gläubiger grundsätzlich offen. Er warnte aber vor einer erzwungenen Laufzeitverlängerung von Staatsanleihen, weil das mehr Risiken als Chancen berge.>
<Die Ratingagentur Standard & Poor's hat Griechenlands Kreditwürdigkeit um drei Stufen von "B" auf "CCC" gesenkt. Athen wehrt sich gegen den Ramsch-Status.
Die Kreditwürdigkeit Griechenlands ist drastisch herabgestuft worden. Die Ratingagentur Standard & Poor's senkte sie gleich um drei Stufen von "B" auf "CCC".
Das Misstrauen an den internationalen Finanzmärkten dürfte beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel am Dienstag die Diskussionen über ein neues milliardenschweres Hilfspaket für Griechenland weiter anheizen.
S&P begründete die neuerliche Herabstufung mit der weiter gestiegenen Wahrscheinlichkeit einer Umschuldung Griechenlands, bei der Gläubiger womöglich auf einen Teil ihres Geldes verzichten müssen. Die langfristige Perspektive sei negativ, erklärte die Agentur. Athen werde sich 2012 und „wahrscheinlich“ auch später nicht wieder selbst Geld an den Finanzmärkten leihen können.>
<"CCC" lautet die verheerende Note der Ratingagentur Standard & Poor's. Damit ist Griechenland der Staat mit der schlechtesten Bonitätsnote weltweit. Nur wenige Länder stehen ähnlich schlecht da wie die Hellenen. FTD.de zeigt sie.Das Drama um Griechenland nimmt kein Ende. Die Ratinagentur S&P hat die Note für die Verbindlichkeiten des Landes noch einmal auf "CCC" heruntergestuft, mit einem ähnlichen Schritt von Fitch und Moody's ist in den kommenden Tagen zu rechnen. Inzwischen gibt es auf der Welt keinen benoteten Staat, der in den Augen der Bonitätswächter von S&P schlechter dasteht als die hellenische Republik. Lediglich fünf Staaten sind noch in Reichweite der Griechen, haben aber mit "B-" immer noch einen um zwei Stufen bessere Bewertung als der Euroland-Peripheriestaat.
FTD.de zeigt, wer ein ähnlich schlechter Schuldner ist wie die Hellenen.<Die beiden Kontrahenten im Streit um die Art der Griechen-Rettung haben eine Lösung gefunden. Nun wollen sowohl Angela Merkel als auch Nicolas Sarkozy die Banken mitbluten lassen.Da hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wohl viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Noch am Donnerstag hatte sich Frankreichs Staatspräsident dagegen gewehrt, private Investoren am neuen Rettungspaket für die Griechen zu beteiligen.
Sarkozy fürchtet um die eigene Finanzindustrie, da die Institute der Grande Nation stark in Griechenland engagiert sind. Frankreichs Banken hatten Ende 2010 Forderungen gegenüber Athen von 56,7 Milliarden US-Dollar in den Büchern. Allein Crédit Agricole hat 30 Milliarden ausstehend.
Über Nacht – so scheint es wenigstens – hat Frankreichs Präsident seine Befürchtungen abgebaut. Wie nach dem Treffen der beiden Spitzenpolitiker in Berlin verlautete, haben sich Merkel und Sarkozy darauf geeinigt, den Privatsektor ebenfalls in die Griechen-Rettung einzuspannen. Es handele sich um einen «grossen Durchbruch», erklärte Sarkozy.
EZB tatsächlich im Boot?
Die Lösung beruht laut dem französischen Präsidenten auf vier Prinzipien: Freiwilligkeit, Schnelligkeit, kein Zahlungsausfall und dem Einverständnis der Europäischen Zentralbank (EZB).
Die EZB um ihren Chef Jean-Claude Trichet hatte zuletzt vor dem Einbezug der Banken gewarnt, da die Ratingagenturen dies als teilweisen Kreditausfall werten könnten. Trichets Furcht war der Flächenbrand: Die Pleite von griechischen Banken könnte auch Portugal, Spanien und Irland in den Strudel reissen.
Der EZB-Chef selbst ist in der Eurokrise längst zum wichtigen Akteur geworden. Er hat die klammen Länder mit Geld versorgt und Staatsanleihen aufgekauft, die der Markt nicht mehr wollte. Deswegen musste sich Trichet Kritik anhören: Er stemme sich gegen eine Umschuldung Athens, weil er dann Abschreibungen auf den Beständen der griechischen Anleihen der EZB machen müsste.
Hilfspaket rasch verabschieden
Merkel betonte nach dem Treffen mit Sarkozy, dass sie hinter dem griechischen Premier Giorgos Papandreou und seinen Sparbemühungen stehe. Sie habe sich am Vortag vergewissert, wie sehr Papandreou für sein Sparpaket eintrete. Merkel gab sich davon überzeugt, dass Griechenland «den richtigen Weg» gehe.
Zudem will sich die Bundeskanzlerin dafür einsetzen, das Hilfspaket an die Adresse Athens so schnell wie möglich zu verabschieden. «Wir brauchen jetzt ein neues Programm für Griechenland», sagte die Kanzlerin. Deutschland habe profitiert von einem starken Euro. Seine Wirtschaftsstärke hänge mit einer starken Währung zusammen. In typischer Politiker-Manier betonte Merkel: Deutschland und Frankreich seien gemeinsam entschlossen, den Euro zu stärken.
Ungeordnete Pleite
Wenn sich die einzelnen Eurostaaten und die Europäische Zentralbank nicht auf einen gemeinsamen Plan für Griechenlands Umschuldung einigen können, droht Athens ungeordnete Pleite. Womöglich mit Konsequenzen wie nach dem Kollaps der US-Investementbank Lehman Brothers.
(sas/dapd)>
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Spanien 17.6.2011: <Arbeitslosenquote über 20 Prozent - Spaniens Defizit wächst>
aus: n-tv online; 17.6.2011;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Spaniens-Defizit-waechst-article3605491.html
<José Luis Rodríguez Zapatero verordnet den Spaniern eine Rosskur.
Spaniens Weg aus der Krise ist sehr steinig. Mit der Staatsverschuldung geht es im ersten Quartal dieses Jahres weiter hoch. Die Wirtschaft kommt nur sehr schwer in Fahrt. Jeder fünfte erwerbsfähige Spanier ist derzeit ohne Arbeit.-----Die Verschuldung des spanischen Staates ist in den ersten drei Monaten dieses Jahres auf ein 13-Jahres-Hoch gestiegen. Ende März betrug die Schuldenlast der öffentlichen Haushalte knapp 680 Milliarden Euro und damit 63,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), wie die spanische Zentralbank mitteilte. Das sei der höchste Stand seit 1998.
Noch im vergangenen Frühjahr hatte die Schuldenquote 55 Prozent betragen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU sieht vor, dass der Stand der öffentlichen Verschuldung insgesamt nicht mehr als 60 Prozent des BIP überschreiten darf.
Die spanische Wirtschaft erholt sich nur langsam von der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Arbeitslosigkeit lag im ersten Quartal bei rund 21 Prozent, das ist zurzeit die höchste Arbeitslosenquote in einem Industrieland. Die Folge sind sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben des Staates. Bis Ende des Jahres wird die Schuldenquote daher noch weiter ansteigen. Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero rechnet mit knapp 69 Prozent.
Wochenlang protestierten die Spanier auf dem Madrider Platz Puerta del Sol gegen die steigende Arbeitslosigkeit, die Wirtschaftskrise und die Korruption. Enttäuscht sind viele Spanier auch vom Sparprogramm der Regierung, durch das Millionen Jobs verloren gingen und Einkommen gekürzt wurden.
AFP>
17.6.2011: Deutsche Konzernbosse werben für Solidarität mit dem Euro - und sehen den drohenden Untergang nicht
aus: Spiegel online: Anzeigenkampagne: Konzernbosse trommeln für den Euro; 17.6.2011;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,768975,00.html
Düsseldorf - Die Euro-Rettung gehört zu den unpopulären Vorhaben der Bundesregierung - ein großer Teil der Wähler lehnt die Milliardenhilfen für Griechenland, Irland und Portugal laut Umfragen ab. Nun versuchen rund 70 deutsche und französische Konzernbosse, die Stimmung mit einer Kampagne zu kippen: Kommende Woche wollen sie in großformatigen Zeitungsanzeigen die Vorzüge des Euro preisen und für die Finanzspritzen werben, berichtet das "Handelsblatt".
Die Unterzeichnerliste liest sich wie ein Who's who der deutschen und französischen Wirtschaftselite: Ob Daimler-Chef Dieter Zetsche, Peter Löscher von Siemens, Telekom-Lenker René Obermann oder E.on-Vorstandschef Johannes Teyssen - so ziemlich alle deutschen Konzernriesen sind vertreten. Auch BMW-Chef Norbert Reithofer und Post-Chef Frank Appel haben der Zeitung zufolge ihre Unterschrift bestätigt.Auf französischer Seite sind dem Bericht zufolge unter anderem die Chefs von EADS, Total, Renault oder EdF dabei. Die an der Erklärung beteiligten Manager tragen Verantwortung für mehr als fünf Millionen Beschäftigte und insgesamt 1,5 Billionen Euro Umsatz.
Die Aktion erinnert an den energiepolitischen Appell. Mit diesem hatten Industriekonzerne im vergangenen Jahr für eine Verlängerung der Atomlaufzeiten geworben. Auch dieser Appell wurde in Zeitungen abgedruckt.
Merkel soll die Aktion initiiert haben
Diesmal wollen die Wirtschaftsbosse eindringlich für den Erhalt der Währungsunion werben: "Ein Scheitern des Euro wäre ein fataler Rückschritt für Europa", heißt es darin. Seit der Euro-Einführung sei die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen deutlich gestiegen, und es seien fast neun Millionen neue Arbeitsplätze in der Euro-Zone entstanden.
Die Konzernlenker verteidigen die Milliardenhilfen für die notleidenden Euro-Mitglieder: Nicht der Euro, sondern die Schuldenkrise gefährde das Erreichte. Den von der Schuldenkrise betroffenen Ländern müsse kurzfristig geholfen werden, damit deren Bevölkerung eine Zukunftsperspektive sehe. Zudem müssten die Stabilitätsregeln gestärkt werden.Forderungen nach einem Ausschluss einzelner Euro-Mitglieder oder die Teilung Europas in einen nördlichen und einen südlichen Teil seien ein Irrweg, zitiert die Zeitung weiter aus dem Brief. Auch wenn die Euro-Rettung viele Milliarden kosten werde, seien Europa und seine Währung die Anstrengung wert.
Unklar ist, wer den Anstoß für die PR-Aktion gegeben hat. Laut "Handelsblatt" ist der Inhalt des aktuellen Briefs mit dem Kanzleramt abgestimmt worden - dort versicherte man jedoch, die Konzernlenker seien von selbst auf die Idee gekommen. Aus den Unternehmen habe es hingegen geheißen, die Initialzündung sei von Angela Merkel persönlich ausgegangen, schreibt die Zeitung.
ssu/fdi/Reuters/dapd/dpa>
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Pleite-Griechenland 17.6.2011: <Schuldenkrise: Banken bleiben auf Griechenland-Anleihen sitzen> - die EZB hat lange genug den Mülleimer Europas gespielt
aus: Spiegel online; 17.6.2011;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,768788,00.html
<Von Stefan Kaiser
Hamburg - Wo ein Verkäufer ist, da muss es auch einen Käufer geben. Sollte man zumindest meinen. Und an Verkäufern griechischer Staatsanleihen scheint es angesichts all der schlechten Nachrichten derzeit nicht zu fehlen. So haben sich deutsche Banken zwischen Mai 2010 und Ende Februar 2011 von rund einem Drittel ihrer Griechen-Papiere getrennt. Und sogar die größte Privatbank Griechenlands, die National Bank of Greece, hat bis Ende März dieses Jahres griechische Bonds im Wert von 4,8 Milliarden Euro verkauft.
Es scheinen also sehr viele Anleihen auf dem Markt zu sein. Doch wer kauft eigentlich all die Problempapiere? Die Antwort ist kurz - und sie gibt wenig Anlass zu Optimismus: Es gibt so gut wie keine Käufer mehr. "Finger weg" heißt das Motto von Banken und Versicherungen.Die Finanzbranche gehört traditionell zu den wichtigsten Besitzern von Staatsanleihen. Doch die Institute haben schon länger kein Interesse mehr, sich mit frischen Papieren einzudecken. Vielmehr haben sie ja das Gegenteil gemacht: so viel verkauft wie möglich.
Dass es den Eigentümern der Griechen-Anleihen überhaupt gelungen ist, sich noch bis zum Frühjahr von ihren Beständen zu trennen oder diese zumindest zu reduzieren, lässt sich trotz der geringen Nachfrage erklären. Die Europäische Zentralbank ( EZB) kaufte seit Mai 2010 über Monate Staatsbonds europäischer Krisenländer auf - unter anderem auch griechische.
Schätzungen gehen davon aus, dass die EZB zwischen 40 und 50 Milliarden Euro an griechischen Papieren im Portfolio hat. Doch seit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet wieder verstärkt die Unabhängigkeit der Notenbank gegenüber der Politik betont, hält die EZB sich vornehm zurück. Fast drei Monate hat sie nun schon keine Staatsanleihen mehr gekauft.
Wer es sich leisten konnte, hat verkauft
Seitdem trocknet der Markt immer mehr aus. In den vergangenen Tagen hat die Stimmung unter den Händlern einen neuen Tiefpunkt erreicht. "Die Lage ist düster", sagt ein Insider einer deutschen Bank. "Im Moment kauft niemand mehr in nennenswertem Umfang griechische Anleihen. Es verkauft aber auch keiner mehr." Ein bisschen Bewegung gebe es allenfalls noch bei Papieren mit kurzen Laufzeiten, also für drei bis sechs Monate.
Dass die Bestände der Banken an griechischen Staatsanleihen zurückgehen, hat noch einen anderen Grund. Staatsanleihen haben stets eine bestimmte Laufzeit. Läuft diese ab, gibt der Eigentümer die Anleihe zurück und bekommt sein Geld. Weil Griechenland die alten Schulden durch neue ablösen muss, und es auf dem Kapitalmarkt - wenn überhaupt - nur Käufer gibt, die horrende Zinsen verlangen, springt das Hilfspaket von Euro-Ländern und Internationalem Währungsfonds (IWF) ein. So übernehmen die staatlichen Gläubiger einen immer größeren Teil an den Schulden Griechenlands.
Was die Lage derzeit zusätzlich verschärft, ist die Tatsache, dass auch auf dem Sekundärmarkt, also im Handel mit bereits im Umlauf befindlichen Anleihen, so gut wie nichts mehr geht. "Angebot und Nachfrage kommen auch hier im Moment nur noch sehr selten zusammen", sagt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim. "Die Banken, die es sich leisten konnten, griechische Anleihen mit Verlust zu verkaufen, haben dies längst getan. Wer jetzt noch welche hält, kann es sich wahrscheinlich nicht leisten, sie zu den aktuellen Kursen abzugeben."Das liegt vor allem daran, dass Banken die Wertverluste der Anleihen nach derzeitigen Bilanzregeln erst dann in ihren Geschäftsbüchern abschreiben müssen, wenn sie die Papiere tatsächlich verkaufen. Die Institute können die Anleihen also nur dann losschlagen, wenn sie die daraus resultierenden Verluste auch verkraften können.
Genau hier liegt auch das Problem einer möglichen Umschuldung Griechenlands, also eines Verzichts der Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen: Der Schritt würde wohl vor allem die Institute treffen, denen es ohnehin schon miesgeht.>
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17.06.2011: Die Finanz will eine"richtige" Pleite Griechenlands, damit die Kreditversicherungen ausgelöst werden
aus: Financial Times Deutschland online: Kreditversicherungen: Finanzmarkt gibt Griechenland auf; 17.6.2011;
http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/:kreditversicherungen-finanzmarkt-gibt-griechenland-auf/60066382.html
<Die Kosten zur Absicherung von Staatsanleihen der Hellenen übersteigen zeitweise deren Nennwert. Experten fordern eine "richtige" Pleite des Landes, so dass die Kreditversicherungen ausgelöst werden. Das will die EZB verhindern.
Nach Berichten über eine mögliche Annäherung zwischen den Helferstaaten Frankreich und Deutschland über neues Geld für Griechenland gingen die Credit Default Swaps (CDS) wieder bis 1975 BP zurück. Die Risikoaufschläge (Spreads) für zehnjährige griechische Staatsanleihen im Vergleich zu den entsprechenden Bundespapieren gingen vom Rekordwert 15,96 Prozent auf 15,2 Prozent zurück.
Es sei unwahrscheinlich, dass sich die Lage für den hoch verschuldeten Mittelmeer-Anrainer bald entspannen werde, sagte Analyst Gavan Nolan vom Datenanbieter Markit. "Es ist entscheidend für Griechenland, die politische Stabilität wiederherzustellen, wenn es die nächste Tranche an IWF-Hilfen erhalten will."
Das erklärte Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) ist es, die griechische Staatsschuldenkrise zu lösen, ohne dass eine Umschuldung als sogenanntes Kreditereignis gewertet wird. Tritt ein Kreditereignis ein, dann haben die Käufer von CDS Anspruch auf Kompensation durch die Verkäufer der Kreditausfall-Swaps.
Unterstützung von Ackermann Einige Bankchefs wie Josef Ackermann unterstützen diese Haltung. Griechenland sollte seinen Worten nach "auf keinen Fall einen Zahlungsausfall" erleben. Notfalls müsse die Europäische Union weitere Hilfen zur Verfügung stellen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Wir müssen ihnen helfen", sagte Ackermann. "Wenn sie weitere Gelder benötigen, müssen wir sie zur Verfügung stellen."
Von anderer Seite wird inzwischen jedoch Kritik laut. Nach Einschätzung von Analysten bei JPMorgan Chase und Bank of America Merrill Lynch entstünde dem Markt durch eine Umschuldung, die keine Swaps auslöst, ein viel größerer Schaden. Denn in diesem Fall säßen die Banken auf nicht abgesicherten Positionen und wären gezwungen, Anleihen zu verkaufen. Das würde die Finanzierungskosten der Staaten zwangsläufig in die Höhe treiben.
"Die EZB hat Angst davor, einen kolossalen Fehler einzugestehen. Den hat sie nämlich begangen, als sie erklärte, es sei ausgeschlossen, dass in der Euro-Zone ein Staat zahlungsunfähig werden kann", urteilte Georg Grodzki, Leiter Kredit-Analyse bei Legal & General Investment Management in London. "Die EZB will ihre Bilanz und ihr Ansehen schützen.">
Teil 2:
http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/:kreditversicherungen-finanzmarkt-gibt-griechenland-auf/60066382.html?page=2
<Die Entscheidung, ob Ausfall-Swaps ausgelöst werden, liegt bei den Vertretern von 15 Händlern und Investoren der International Swaps & Derivatives Association (ISDA). Zuerst muss ein Marktteilnehmer einen Antrag stellen, dass entscheidet der ISDA-Ausschuss, dem die Deutsche Bank und Blackrock, der größte Vermögensverwalter, angehören, ob ein Kreditereignis eingetreten ist.
"Tritt ein Kreditereignis ein, das nicht als solches bezeichnet wird, und die Ausfallswaps reagieren nicht, bedeutet das, die Banken sind ‘nackt'", sagt Christian Dinesen, Leiter Kreditanalyse International bei Bank of America Merrill Lynch. "Noch mehr nackte Banken will niemand", fügt er hinzu. Gesucht werde eine Methode, die privaten Gläubiger einzubeziehen, ohne dass dies als Zahlungsausfall gewertet werde, sagt Harpreet Parhar, Stratege bei Crédit Agricole: "Ich sehe nicht, wie das möglich sein soll."
Zahlungen aus CDS auf westeuropäische Staaten können durch ein Kreditereignis ausgelöst werden, wenn der Schuldendienst nicht geleistet wird, bei einer Umschuldung oder einem Zahlungsmoratorium. Der Fall einer Umschuldung kann nach den ISDA-Kriterien eintreten, wenn eine Herabsetzung des Nominalwerts oder der Zinsen erfolgt, durch eine Verzögerung oder Verschiebung von Zahlungen, oder durch eine Änderung der Währung oder des Rangs des Papiers. Jede dieser Änderungen muss aus einer Verschlechterung der Bonität hervorgehen, viele Investoren betreffen und verpflichtend für alle Anleiheinhaber sein.Eine freiwillige "Reprofilierung", wie EU-Vertreter eine mögliche Laufzeitenverlängerung oder den Umtausch von griechischen Staatsanleihen bezeichnen, wäre nach Angaben der ISDA kein Kreditereignis. Solche Vereinbarungen würden regelmäßig mit den Gläubigern von US-Unternehmensanleihen getroffen, ohne Swaps auszulösen, sagt ein ISDA-Sprecher Bloomberg. "Ein Zahlungsausfall unter einer anderen Bezeichnung, der keine Swaps auslöst, bedeutet, dass die Banken nicht abgesichert sind", sagt Dinesen. "Das bringt die Banken in eine außerordentlich prekäre Lage", fügte er an.
Hohe Ausfallwahrscheinlichkeit
Die Abneigung der EU, durch eine Umschuldung Ausfallswaps auszulösen, steht im Gegensatz zu der Haltung von Unternehmen. Sie sind zunehmend bereit, die Zahlung von Derivaten auf ihre Verbindlichkeiten zu erleichtern. Grund dafür ist, dass viele Investoren in Unternehmensanleihen zugleich Kreditausfallversicherungen auf ihre Positionen kaufen und eher einer Umschuldung zustimmen, wenn sie ihre Verluste über Swaps kompensieren können.
Wenn Ausfallswaps nicht ausgelöst werden, macht das die Kontrakte nicht notwendigerweise wertlos. Die Preise können zunächst sinken, um dann aufgrund von Spekulationen, dass der Staat in einiger Zeit doch zahlungsunfähig wird, wieder steigen. Im Falle Griechenlands signalisieren die Swap-Preise eine Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent, dass das Land innerhalb von fünf Jahren zahlungsunfähig wird. "Nur weil ein Kreditereignis nicht ausgelöst wird, heißt das nicht, dass das Risiko verschwindet", sagt Andrew Sheets, Leiter Kreditstrategie Europa bei Morgan Stanley in London. Im Segment der Hochzinsanleihen gebe es Umschuldungen, auf die "harte" Kreditereignisse folgten.>
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17.6.2011: Die "Welt" besänftigt die deutschen Aktionäre in Sachen Griechenland
aus: Welt online: Ersparnisse: So schützen sich Anleger in der Griechenland-Krise; 17.6.2011;
http://www.welt.de/finanzen/article13435918/So-schuetzen-sich-Anleger-in-der-Griechenland-Krise.html
<ADie Politik scheint in der Griechenland-Krise keine Lösung zu finden. "Welt Online" zeigt, wie sie Ihre Ersparnisse rechtzeitig absichern.
Deutschland und Frankreich haben sich im Streit über die Rettung Griechenlands angenähert und dringen nun gemeinsam auf ein rasches Ende der Hängepartie. „Je schneller wir die Probleme lösen, desto besser“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Berlin.
Dafür wollen sich beide auf dem EU-Gipfel Ende nächster Woche starkmachen. „Es ist keine Zeit zu verlieren“, mahnte Sarkozy. Das grundsätzliche Ja zu einer freiwilligen Beteiligung privater Gläubiger soll den Weg für ein zweites Rettungspaket für Griechenland ebnen. Die Märkte reagierten mit Erleichterung, da ohne eine rasche Lösung eine Zitterpartie um Griechenland drohen würde.
Den Weg aus der Krise soll nun ein Modell weisen, in dem die Gläubiger ein freiwilliges Festhalten an griechischen Anleihen signalisieren. Vorbild ist die so genannte „Wiener Initiative“. Dabei hatten sich 2009 mehrere westeuropäische Banken bereit erklärt, ihr Engagement in einigen von der Finanzkrise schwer getroffenen osteuropäischen Ländern beizubehalten.
Merkel betonte, zur Lösung der Griechenlandkrise sei die „Wiener Initiative“ eine gute Grundlage. „Ich glaube, dass man auf dieser Basis etwas voranbringen kann.“ Laut Sarkozy wird eine Lösung „im Geiste von Wien“ angestrebt. Bereits in wenigen Tagen beraten erneut die Euro-Finanzminister über die Krise, beim kommenden EU-Gipfel steht Griechenland ganz oben auf der Agenda.
Es wäre nicht die erste Rettungsaktion, die fehlschlägt. Über ein Jahr versuchen Politiker die Schuldenkrise zu lösen – mit minderem Erfolg. Viele Sparer haben Angst um ihre Guthaben. „Welt Online“ nennt die Gefahren und erklärt, wie sich Anleger jetzt verhalten sollten.
Eine Pleite Griechenlands scheint abgewendet. Wer zahlt die Zeche?
Noch sind die Gelder aus dem 110 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm nicht aufgebraucht. Die Anfang Mai 2010 bereitgestellten Mittel werden letztlich von den Steuerzahlern finanziert. Kleiner Trost: Durch die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) sind auch nichteuropäische Staaten mit im Boot.
Für das Gros kommen jedoch Europas Bürger auf. Und das nächste Paket ist schon in Arbeit: Denn auch 2012 wird sich Griechenland kaum Geld an den Kapitalmärkten besorgen können. Bisher handelt es sich um Kredite, doch wenn diese platzen, sind die Steuerzahler dran. Je mehr Darlehen geschnürt werden, desto höher ist das Risiko. Anleger sind nicht direkt betroffen, sofern sie nicht in Griechenland investiert sind.
Was bedeutet das für den Euro?
Eine Einigung wie jetzt zwischen Merkel und Sarkozy wird von den Märkten als Bekenntnis zum Euro interpretiert. Folglich ist der Kurs kräftig gestiegen, und zwar vorübergehend auf über 1,43 Dollar. Diese kurzfristige Erleichterungsrallye bedeutet jedoch nicht, dass die europäische Währung als langfristig konsolidiert wäre. Denkbar ist zum Beispiel, dass die strukturellen Probleme mit jedem Rettungspaket nur verschlimmert werden – und am Ende der große Knall kommt.
Daher kann es sinnvoll sein, einen Teil seines Vermögens in einer anderen Währung anzulegen, am besten einer Devise, die politisch weniger manipuliert ist. Dazu zählt tendenziell die Währung von Staaten mit solider Haushaltspolitik oder mit umfassenden Vorkommen an Bodenschätzen. Rohstoffe fungieren als eine Art Wertanker.
Eignet sich Gold als Absicherung?
Das Edelmetall ist die ultimative Währung. Das gelbe Metall lässt sich anders als Papiergeld nicht beliebig vermehren. In den vergangenen zehn Jahren hat der Unzenpreis allerdings schon stark zugelegt. Jahr für Jahr hat das Metall verteuert. Manche Experten warnen daher vor einer Spekulationsblase.
Solange die Notenbanken jedoch das System mit Liquidität fluten, spricht weiter viel für Gold. Außerdem ist das gelbe Metall in den Depots der Anleger noch unterrepräsentiert. Strategen der Deutschen Bank halten Notierungen von 2000 Dollar je Feinunze für realistisch, die der britischen Standard Charternd sehen sogar Kurse weit jenseits davon.
Ziehen die Rettungspakete einen Inflationsschub nach sich?
Die Gefahr besteht. Denn in einem wackeligen Finanzmarkt kann die Europäische Zentralbank (EZB) nicht allein auf die Geldwertstabilität achten. Bei der derzeit starken Konjunktur in Deutschland hätte die Bundesbank längst den Leitzins hochgeschraubt.
Würde das die EZB tun, könnte sie den schwachen Ökonomien der Peripherie einen letzten Stoß versetzen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Zinsen länger niedrig bleiben. Dadurch steigen die Inflationsgefahren.
Mit welchen Anlagen komme ich am besten durch die Krise?
Am besten vor Inflation schützen Sachwerte. Dazu zählen unter anderem auch Aktien, allerdings nicht von Versicherungen oder Banken, denn deren Geschäft basiert auf Geldwerten. Neben den Edelmetallen kommen auch Immobilien in Frage, allerdings mit den bekannten Einschränkungen.
Was passiert, wenn das Vertrauen weiter schwindet und es in Griechenland zu einem Sturm auf die Banken kommt?
Schon in den vergangenen Monaten haben griechische Anleger viel Geld ins Ausland transferiert. Die Spareinlagen sind dort seit Jahresanfang von 250 auf 212 Milliarden Euro zurückgegangen. Viel von dem Geld ist offenbar in der Schweiz gelandet. Aber auch unsere Kreditinstitute haben profitiert. Daher besteht keine akute Gefahr für die Einlagen der hiesigen Sparer. Erst eine europaweite Bankenkrise wie 2008 nach der Pleite von Lehman Brothers könnte die Situation gefährlich zuspitzen.>
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18.6.2011: <Schuldenkrise: Droht auch Belgien und Italien die Pleite?>
aus: 20 minuten online; 18.6.2011;
http://www.20min.ch/finance/dossier/eurokrise/story/24539646
<Noch immer ist die Rettung Griechenlands nicht über den Tisch. Und schon warnt Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker vor einer Ausweitung der Krise auf weitere Staaten.Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker hat vor einer weiteren Ausweitung der Schuldenkrise auch auf Belgien und Italien gewarnt. Die Beteiligung privater Gläubiger an den Finanzhilfen für Griechenland könnte dazu führen, dass die Ratingagenturen das Land als «zahlungsunfähig» einstufen.
Dies sagte der luxemburgische Premier der «Süddeutschen Zeitung» (Wochenendausgabe). Das könnte extreme Folgen für andere Euro- Staaten haben. «Die Pleite kann Portugal anstecken und Irland und dann wegen der hohen Schulden auch Belgien und Italien, noch vor Spanien», warnte Juncker.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten am Freitag in Berlin ihre Differenzen beigelegt und sich gemeinsam für eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger an der Rettung des von der Pleite bedrohten Eurolandes ausgesprochen.
Mit der Europäischen Zentralbank (EZB) sollen nun Einzelheiten festgeschrieben werden. Merkel und Sarkozy riefen die Europäer zu raschen Entscheiden über ein neues milliardenschweres Hilfsprogramm für Griechenland auf.
Möglicherweise braucht Athen neben dem aktuellen Hilfspaket im Umfang von 110 Milliarden weitere 120 Milliarden Euro. Als Gegenleistung müsste das Land sich zu einem noch strikteren Sparprogramm verpflichten. Die Euro-Finanzminister dürften am Sonntag in Luxemburg erstmals über Einzelheiten reden.
Erwartet wird dabei auch der neue griechische Finanzminister Evangelos Venizelos. «Morgen ist die erste Kraftprobe», titelte die Athener Zeitung «Ta Nea» am Samstag. Am Donnerstag und Freitag kommen dann die EU-Staats- und Regierungschef in Brüssel zu einem Gipfel zusammen.
Kaum Druck auf Privatinvestoren
Juncker warnte auch in einem Interview mit dem «Luxemburger Wort» vom Samstag vor Auswirkungen einer Beteiligung der privaten Gläubiger. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, «dass die Regierungen massiv Druck auf die Griechenland-Investoren machen und nur nach aussen hin den Anschein wahren würden, es handle sich um eine freiwillige Aktion.»
Ansätze, die sich unterhalb des Risikoniveaus einer Kreditausfallsbewertung durch Ratingagenturen bewegten, müssten vorgezogen werden. «Das sehen auch Berlin und Paris so», sagte Junker. Auch die EZB steht eine Beteiligung privater Geldgeber skeptisch gegenüber und verlangt absolute Freiwilligkeit.
Sollten die Ratingagenturen in dem Vorgehen einen Kreditausfall sehen, dürfte die Notenbank griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren. Das könnte zu einem Kollaps griechischer Banken führen, die am Tropf der Notenbank hängen.
Gefahr für die Weltwirtschaft
Athen muss rasch ein Spar- und Reformprogramm im Umfang von 78 Milliarden Euro auf den Weg bringen. Bis Ende 2011 müssen 6,4 Milliarden eingespart werden, bis 2015 dann weitere 22 Milliarden. Zusätzlich muss die Regierung versuchen, 50 Milliarden Euro durch den Verkauf von Staatsbetrieben und Immobilien zu erlösen.
Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) stellt die griechische Krise über Europa hinaus eine Gefahr für die Weltwirtschaft dar. In seiner jüngsten Finanzprognose erklärt der IWF, Investoren seien zunehmend darüber in Sorge, dass die griechische Regierung den Staatsbankrott nicht abwenden könne.
Die Weltwirtschaft werde in diesem Jahr voraussichtlich 4,3 Prozent wachsen. Das ist 0,1 Prozent weniger als der IWF im April geschätzt hatte. Das Wachstum könne wegen der gewaltigen Staatsdefizite in den USA und Japan noch geringer ausfallen, warnt der IWF.
(sda)><Die EU ringt um neue Sofortgelder für Griechenland. Dabei dürfen die Staats- und Regierungschefs keinen Druck auf private Gläubiger ausüben, sagt Euro-Gruppen-Chef Juncker. Sonst drohe eine dramatische Ausweitung der Krise - auch auf Italien und Belgien.
Luxemburg - Nicolas Sarkozy und Angela Merkel haben sich geeinigt: Sie wünschen sich die Beteiligung privater Gläubiger bei der Rettung Griechenlands, allerdings nur "auf freiwilliger Grundlage". Damit ist die Kanzlerin ihren Kritikern entgegengekommen - unter anderem Euro-Gruppen-Präsident Jean-Claude Juncker. Der hat nun noch einmal gewarnt: Die Beteiligung privater Gläubiger könne dazu führen, dass die Rating-Agenturen Griechenland als "zahlungsunfähig" einstufen.
Das könnte extreme Folgen für andere Staaten in der Währungsgemeinschaft haben: "Die Pleite kann Portugal anstecken und Irland und dann wegen der hohen Schulden auch Belgien und Italien, noch vor Spanien", sagte der luxemburgische Premierminister der "Süddeutschen Zeitung".Dem "Luxemburger Wort" sagte Juncker, es habe sich gezeigt, "dass Rating-Agenturen und andere Marktteilnehmer potentiellen Verlängerungseffekten einer falschen Behandlung der griechischen Schuldenkrise eine enorme Aufmerksamkeit widmen". Jede Beteiligung privater Gläubiger müsse deshalb freiwilliger Natur sein, so Juncker. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Regierungen massiv Druck auf die Griechenland-Investoren machen und nur nach außen hin den Anschein wahren würden, es handele sich um eine freiwillige Aktion."
Wie zum Beweis seiner Warnung drohte die Rating-Agentur Moody's Italien am Freitagabend mit einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit. Die derzeitige Bonitätsnote von "Aa2", die drittbeste Note bei Moody's sei in Gefahr. Die Rating-Agentur begründete ihr Vorgehen mit der strukturellen Schwäche der italienischen Wirtschaft, die das Wirtschaftswachstum belaste. Zudem dürften steigende Zinsen die Konjunktur in Italien dämpfen. Italien leidet seit vielen Jahren unter einer ausgeprägten Wachstumsschwäche.
Für die Konsolidierungspläne der italienischen Regierung gebe es Umsetzungsrisiken, schreibt Moody's. Die Konsolidierung des Haushaltes sei aber notwendig, um den Schuldenstand auf einem erträglichen Niveau zu halten. Italien hat mit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand in der Euro-Zone. Erlaubt sind in der Euro-Zone eigentlich nur 60 Prozent. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone. Eine Schuldenkrise des Landes wäre daher für die EU kaum zu bewältigen.
IFW sieht Griechenland als Gefahr für Weltwirtschaft
Ab Sonntag beraten die Euro-Finanzminister in Luxemburg über die Hilfen für Griechenland, Ende kommender Woche treffen sich die Staats- und Regierungschefs zum EU-Gipfel.Wie sehr eine Entscheidung drängt, zeigt eine Einschätzung des Internationalen Währungsfonds ( IWF): Demnach stellt die griechische Schuldenkrise über Europa hinaus eine Gefahr für die Weltwirtschaft dar. In seiner am Freitag in Washington vorgestellten Finanzprognose erklärte der IWF, Investoren seien zunehmend darüber in Sorge, dass die griechische Regierung die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung eines Staatsbankrotts nicht durchsetzen könne.
Die Weltwirtschaft wird laut IWF in diesem Jahr mit voraussichtlich 4,3 Prozent etwas weniger als noch im April geschätzt wachsen. Damals war noch ein Wachstum von 4,4 Prozent erwartet worden. Das Wachstum könne wegen der gewaltigen Staatsdefizite in den USA und Japan und den damit verbundenen Problemen noch geringer ausfallen. Für die USA prognostizierte der IWF ein Wachstum von 2,5 Prozent in diesem Jahr, das sind 0,3 Prozent weniger als im April geschätzt.
hut/dpa/dapd>
Von Sven Böll
Griechenland pleite, Irland pleite - und bald auch Portugal? Auf den ersten Blick scheint es für die Bundesrepublik verlockend, die Euro-Union zu verlassen. Doch dieser Schritt wäre ökonomischer Selbstmord. Denn die D-Mark würde massiv aufgewertet, die deutsche Wirtschaft implodieren.
Ob Freundschaft oder Handyvertrag - die meisten Dinge, auf die man sich einlässt, sind endlich. Da liegt es nahe, dass auch eine Währungsunion kein Bund für die Ewigkeit ist. In der Theorie stimmt das sogar. Und selbst in der Praxis gibt es Vorbilder - etwa in Jugoslawien oder in der Tschechoslowakei.
Was einfach klingt, ist in Wahrheit aber kompliziert: Meist ging dem Ende des gemeinsamen Geldes ein Bruch des politischen Bundes oder sogar ein Krieg voraus. Denn eine Währungsunion lässt sich nicht so leicht auflösen wie gründen.Das gleiche gilt auch für den Euro. Er ist eine Schicksalsgemeinschaft: Entweder halten alle zusammen. Oder alle gehen gemeinsam unter. Dennoch wird die Debatte - vor allem in Boulevardmedien - immer wieder geführt. Dabei wäre das Ende der Währungsunion ein Horrorszenario.
Stellen wir uns den Prozess einmal vor: Schon allein die Ankündigung einer Rückkehr zu D-Mark, Franc, Lira und Peseta führt zum Chaos auf dem europäischen Kontinent und zu Verwerfungen auf den globalen Finanzmärkten. Die Auswirkungen sind schlimmer als die Konsequenzen der Pleite von Lehman Brothers. Es droht die "Mutter aller Finanzkrisen", warnt etwa der Ökonom Barry Eichengreen.
Die Bundesrepublik ist in einem Europa des renationalisierten Geldes die einzige echte Trutzburg der Stabilität. Dieser schwarz-rot-goldenen Schweiz in groß stehen Länder gegenüber, die aus purem Eigennutz zu Weichwährungen zurückkehren. So können etwa Griechenland und Spanien Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen.
Geldflucht und geschlossene Grenzen
Es spricht aber nichts dafür, dass die Bevölkerungen in diesen Staaten auch nur annähernd Lust verspüren, beim Abwertungswettlauf mitzuspielen. Ihnen droht der Verlust eines Großteils ihrer Ersparnisse. Von den Iren bis zu den Portugiesen - alle bringen in dem Moment, in dem sie vom Ende des Euro erfahren, ihr Geld in Sicherheit.
Bestenfalls lassen sich die Bürger ihre Guthaben in Euro oder Dollar auszahlen. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie versuchen, ihre Ersparnisse nach Deutschland zu schaffen. Die betroffenen Staaten müssen diese Geldflucht bremsen, verhängen Kapitalsperren und machen die Grenzen dicht.
Es ist ein Rückfall in die Nachkriegszeit.
Allein diese absehbare Reaktion hat unabsehbare Folgen. Viel gravierendere Probleme ergeben sich jedoch ab dem Tag, an dem die nationalen Währungen tatsächlich wieder da sind. Unabhängig davon, welche Wechselkurse die Regierungen zuvor festlegen, ziehen die Finanzmärkte die Konsequenzen aus den wirtschaftlichen Unterschieden zwischen den Ländern. Die meisten nationalen Währungen werten gegenüber der D-Mark massiv ab.
Die negativen Folgen überwiegen
Es gibt sogar Schätzungen, wonach die griechische Drachme 80 Prozent an Wert verliert, das irische Pfund, der portugiesische Escudo und die spanische Peseta jeweils rund die Hälfte. Die italienische Lira rauscht um 25 Prozent in den Keller - und selbst der französische Franc gibt um 15 Prozent nach.
Na und, mag manch einer denken. Dann ist die D-Mark doch wieder stahlhart wie früher. Einige positive Folgen gibt es: Konsumgüter aus dem Ausland werden billiger. Genauso wie Rohstoffe. Auch ihre Reisefreude können die Deutschen noch besser ausleben. Große Teile Europas werden zum Billigparadies. Alles positive Nebeneffekte, keine Frage. Aber sie sind zu schön, um wahr zu werden.
Die negativen Folgen einer Rückkehr zur D-Mark sind viel größer. Wertet die Mark massiv auf, verliert die Bundesrepublik an Wettbewerbsfähigkeit.
Dies hat dramatische Folgen: Mehr als zwei Drittel der deutschen Exporte gehen in die EU-Staaten. Ein anderer wichtiger Absatzmarkt ist die größte Volkswirtschaft der Welt, die USA. Auch gegenüber dem Dollar legt die D-Mark wohl zu.
So sehr das Qualitätssiegel "Made in Germany" weltweit anerkannt ist, Preissteigerungen von 20 oder gar 50 Prozent kann kein Exporteur durchsetzen. Schon gar nicht binnen kurzer Zeit. Also versuchen die deutschen Firmen, ihre Preise im Ausland halbwegs stabil zu halten. Sie verlagern ihre Produktion oder reduzieren ihre Kosten im Inland.
Beides bedeutet den Wegfall Hunderttausender, vielleicht sogar von Millionen Jobs. Anders als im Zuge der Finanzkrise sind die Arbeitsplätze langfristig weg. Es gibt ja ein dauerhaftes, strukturelles Problem und nicht ein vorübergehendes, konjunkturelles.
Kommt die Drachme, bleiben die Euro-Schulden
Steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Einkommen - die Deutschen zahlen einen hohen Preis. Hinzu kommt: Viele haben große Vermögen im europäischen Ausland. Nicht auf Nummerkonten, sondern oft, ohne es zu wissen. Versicherungen, Banken, Investmentfonds haben gigantische Beträge dort investiert.
Wertet die D-Mark auf, verlieren diese Anlagen an Wert. Es existieren Berechnungen, wonach ein D-Mark-Plus von 20 Prozent zu einem Vermögensverlust der Deutschen von 160 Milliarden Euro führt.
Die heißgeliebte alte Währung tut also genau das Gegenteil von dem, wofür sie verehrt wird: Sie enteignet ihre Besitzer.
Die Bundesregierung erhöht im Zweifel noch die Steuern. Nicht, um den griechischen Staat zu retten, sondern deutsche Banken. Es ist - vorsichtig formuliert - leichtsinnig, zu glauben, nach der Rückkehr der D-Mark müsse sich niemand mehr Gedanken über die Finanzen anderer Staaten machen. Die Länder, die jetzt unrühmlich PIIGS genannt werden - also Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien - haben weiterhin gigantische Schulden.
Beispiel Griechenland:
- Der Staat steht mit mehr als 300 Milliarden Euro in der Kreide. Diese Euro-Schulden bleiben, auch wenn die Drachme zurückkehrt.
- Der alte Wechselkurs Euro-Drachme lag bei 1:340. Wird zum alten Kurs zurückgetauscht, muss die Regierung rund 100 Billionen Drachmen aufwenden, um diese Miese zahlen zu können. Allerdings nur am Anfang.
- Angenommen, die Drachme verliert 50 Prozent ihres Wertes: Dann steigt die Staatsverschuldung de facto auf 200 Billionen Drachmen.
- Die Regierung kapituliert und handelt mit ihren Gläubigern eine radikale Umschuldung aus. Verzichten diese auf die Hälfte ihrer Forderungen, bekommen die Kreditgeber statt ursprünglich 300 Milliarden Euro nur noch 150 Milliarden zurück.
Alle Fonds und Banken, die Griechenland Geld geliehen haben, schreiben nun die Hälfte ihrer Forderungen ab. Privatanleger weltweit erleiden Verluste. Und unzählige Banken kommen in die Bredouille. Die Geldhäuser haben nicht nur dem griechischen Staat Geld geliehen, sondern auch Banken und Firmen. Und diese leiden unter den gleichen Problemen wie der Staat.
Allein deutsche Finanzinstitute haben in Griechenland Kredite in Höhe von 28 Milliarden Euro vergeben, bei einer Umschuldung von 50 Prozent müssen sie 14 Milliarden Euro abschreiben. Was dann passiert, ist absehbar: nichts anderes als in der Finanzkrise.
Globalisierung kann so trivial sein
Erinnern Sie sich noch an das Wort "systemrelevant"? Genau: Die Regierung verabschiedet ein Gesetz zur Bankenrettung, und der Steuerzahler springt ein.
Und es gibt ja nicht nur Griechenland. Egal, ob Spanien, Portugal, Italien oder Irland, alle erleiden ein ähnliches Schicksal. Nur um diese Zahl mal zu nennen: Deutsche Banken haben an die Regierungen, Finanzinstitute und Unternehmen allein in den genannten vier Ländern Kredite in Höhe von 420 Milliarden Euro vergeben. Schon ein 25-prozentiger Abschlag auf die Schulden hat Abschreibungen von mehr als hundert Milliarden Euro zur Folge.Den Banken in anderen Staaten geht es nicht besser, es hängt ja heute einfach alles mit allem zusammen. So trivial kann Globalisierung sein. Entsprechend bedeutet das Aus für den Euro wohl die Kernschmelze des globalen Finanzsystems.
Ein Ende der Währungsunion nach dem Prinzip "Der Euro heißt jetzt D-Mark, und sonst ändert sich nichts", wird nicht funktionieren.
Lesen Sie im fünften Teil, warum ein Auseinanderbrechen der Währungsunion auch zur Implosion der EU führt.>
Die Krise treibt immer mehr Griechen in die Landwirtschaft. Rund 40.000 neue Bauern gibt es schon. In Athen verwaisen inzwischen ganze Straßen.
Vorsichtig führt Olga Palavidou einen schmalen Löffel in eine Wabenzelle. Die darin liegende Bienenlarve muss in eine so genannte Weiselzelle umgebettet werden, damit sie dort von Ammenbienen zu einer Königin herangezogen werden kann. Eine Geduldsarbeit, die der drahtigen Enddreissigerin schon ganz leicht von der Hand geht.
Noch vor einem halben Jahr saß die Einzelhandelskauffrau an einem Schreibtisch in einem Athener Büro. Die Wochenenden verbrachte sie mit Freunden in Tavernas und Bars, den Jahresurlaub auf einer Kykladeninsel. So wie Hundertausende andere Athener. Doch dann erwischte die Krise auch sie. Von einem Tag auf dem anderen war Palavidou ihren Job los. „Die Arbeitssuche in Athen war hoffnungslos,“ berichtet sie. Da gab mir jemand den Tipp mit der Imkerei. Das sei ein guter Einstieg in die Landwirtschaft.“
Nun sitzt sie mit einem Insektennetz über dem rot getönten Haar auf einer Waldlichtung auf dem Peleponnes und „impft“ Bienenwaben. Was so leicht aussieht, ist in Wahrheit harte Arbeit. Anfangs gab es zahlreiche Rückschläge für Palavidou, ihre erste Bienenzucht ging sogar vollständig ein. Doch nun hat sie sich auf „Gelée Royale“ spezialisiert, jenen proteinhaltigen Futtersaft, den die Ammenbienen für die Königinnen produzieren. Eine Marktlücke, so hofft sie.
Die Eltern zogen einst in die Stadt
Olga Palavidou ist eine von landesweit rund 40.000 neuen Landwirten, die der griechische Bauernverband in den vergangenen zwei Jahren gezählt hat. In Hellas hat eine Stadtflucht eingesetzt – während in der Hauptstadt ganze Geschäftsstraßen verwaisen, suchen immer mehr Athener und Thessaloniker ihr Glück als Bauern oder Fischer. Ihre Eltern waren einst auf der Suche nach Arbeit und besseren Bildungschancen in die Ballungsräume gezogen – jetzt, in der Krise, erinnern sich viele daran, dass ihnen im Dorf noch ein Haus oder gleich ein Stück Land gehört.
Auch Konstantina Papanastasiou entschloss sich, in das Heimatdorf ihrer Eltern zurückzukehren, nachdem sie in Athen ihren Job als staatliche Angestellte verloren hatte. Im 900-Seelen-Dorf Levidi auf der Peleponnes stand das großväterliche Haus jahrelang leer. Papanastasiou hat es zu einer schmucken kleinen Pension umbauen lassen, mit Bruchsteinmauern und Holzbalkonen. Aus einem EU-Fonds für junge Unternehmensgründer erhielt die 27-Jährige dafür einen kräftigen Zuschuss.
Die Übernachtungszahlen sind noch bescheiden, vielen Landsleuten fehlt das Geld und die Ausländer fahren lieber ans Meer. Dennoch hat sie ihre Rückkehr ins Dorf nicht bereut. „Viel zu verdienen gibt es hier auch nicht, die Wirtschaftskrise ist auch hier auf dem Land angekommen,“ berichtet sie bei einer Tasse griechischem Kaffee. „Aber die Stimmung ist hier besser als in Athen. Man kann sich leichter über Wasser halten und die Unterstützung unter den Dorfbewohnern ist riesengroß.“
Dorfbewohner freuen sich
Im Dorf freut man sich über die Rückkehrer: dass die Bäckerstochter wieder da ist und nun im elterlichen Betrieb arbeitet, und dass Konstantinas Ehemann die Dorftaverna übernommen hat. Dort dreht sich ein kleinerer Souvlaki-Spieß als vor ein paar Jahren, und der Ouzo fliesst auch nicht mehr so reichlich. Zum Glück kommen am Wochenende immer noch die Hochzeitsgesellschaften hierher – an solchen hohen Tagen sparen die Griechen ungern.
Die gemeinsame Tochter von Konstantina und Konstantinos wurde hier geboren. In Athen, sagen sie, hätten sie sich nicht getraut, ein Kind in die Welt zu setzen. „Ich bin sicher, es werden immer mehr junge Leute aufs Land ziehen – dann könnte es hier wieder so lebendig werden wie vor der Landflucht in den 50-er-Jahren.“
Kurs des Bauernverbands ist ausgebucht
Der griechische Bauernverband kann sich vor Anfragen kaum retten: Was kann ich wo Erfolg versprechend anbauen, wo gibt es gebrauchte Traktoren, wie muss ich mit Dünger umgehen? Die Neuen seien motiviert und lernfähig, heißt es beim Berufsverband zufrieden. Mit Laptop und E-Mail brächten sie außerdem moderne Zeiten in die Provinz.
Schätzungsweise jeder Zweite der vier Millionen Bewohner Athens ist nicht dort geboren, sondern vom Land zugewandert. Der Wirtschaftsexperte Theodoros Pelagidis bezweifelt, dass es die Rettung für sein Land ist, wenn alle diese Menschen in ihre Dörfer zurückkehren: „Kurzfristig könnten wir unser Sozialprodukt über Einnahmen aus derLandwirtschaft ein wenig steigern – wenn wir Nischen etwa im Bioanbau finden“, meint er. „Aber unsere Kredite können wir damit bestimmt nicht zurückzahlen. Dazu brauchen wir Griechen endlich ein größeres volkswirtschaftliches Projekt.“
Aber von den großen Ankündigungen der Politiker hat Olga Palavidou die Nase gestrichen voll. Die Streiks und Demonstrationen in Athen sind drei Autostunden von der schiefen Bauernkate ihrer Großmutter entfernt. Abends sitzen sie und ihr Freund auf dem Balkon, essen wilden Spargel und genießen die Aussicht auf den tiefrot blühenden Mohn und die Berge.
Der Erlös aus Honig, Pollen und Gelée Royale deckt so gerade den Lebensunterhalt des jungen Paares. Aber dafür ist die Luft auf dem Land sauber und die Menschen auf dem Land sind freundlich, sagen sie und lächeln glücklich. „Gerade die Jungen sollten Athen schnell verlassen,“ winkt Olga Palavidou ab. „Die Geschäfte sterben wie die Fliegen, da ist nichts mehr zu holen. Aber hier in den Dörfern, in der Landwirtschaft gibt es immer Arbeit. Und es gibt so viele verlassene Häuser. Wenn die alle wieder bewohnt werden, dann könnten vom Land noch mehr Impulse für ganz Griechenland kommen!“
Die junge Bienenzüchterin hat ihren persönlichen Ausweg aus der desperaten Lage ihres Landes gefunden. Ständig kommen Freunde aus Athen hinaus zu ihr aufs Land, staunen und erkundigen sich vorsichtig nach Jobs. Schneckenzucht gilt als Geheimtipp in Athen. Ein entsprechender Kurs des Bauernverbandes ist seit Monaten ausgebucht.>
Bei der Euro-Rettung verheddert sich die Kanzlerin zwischen dem Druck der Finanzmärkte und den Sorgen der Steuerzahler. Hat sich die Regierung bei der Krise verhoben?
"Freiwillig" solle der Beitrag privater Gläubiger an den neuen Hilfen sein, sagte die Kanzlerin am Freitag, als sie neben Sarkozy stand. "Freiwillig - ich betone das ausdrücklich." Der Franzose lächelte selig. Vor ihren CDU-Leuten sagte Merkel, auf freiwilliger Basis werde ein "substanzieller Beitrag" der privaten Gläubiger zusammenkommen. "Dafür werde ich in Gesprächen werben", versprach sie, "aber nicht öffentlich und nicht auf Pressekonferenzen."
Banken hoffen, dass der Staat sie erneut raushaut
Freiwillig oder substanziell - zwischen diesen unscheinbaren Begriffen verbirgt sich ein Sprengstoff, der nicht weniger als Merkels Regierung und die Stabilität der Euro-Zone bedroht. "Substanziell" - das war nicht nur, was die wackeren Christdemokraten von ihrer Parteichefin hören wollten. Ein substanzieller Beitrag der Gläubiger bedeutet nämlich, dass diesmal nicht wieder nur der Steuerzahler bluten müsste. Genau das haben die Fraktionen von Union und FDP zur Bedingung dafür gemacht, einer neuen Griechen-Rettung überhaupt zuzustimmen.
"Freiwillig" ist hingegen Musik in den Ohren der Finanzmärkte: Viele Banken - vor allem solche aus Frankreich und Deutschland - haben die Bücher voll mit griechischen Schrottanleihen. Sie hoffen, dass der Staat sie erneut raushaut und sie mit einer symbolischen Beteiligung davonkommen.
Merkel tanzt zurzeit immer auf zwei Hochzeiten. Freuen sich die Märkte, stöhnen die Abgeordneten. Atmen die Volksvertreter auf, zittern die Banken. Und nicht nur die: 70 Topmanager aus Deutschland und Frankreich starten in der kommenden Woche eine Anzeigenkampagne für die Euro-Rettung. In den Regierungsfraktionen löst das bittere Erinnerungen aus. Die letzte Kampagne der Wirtschaftsführer sei für die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke gewesen - die nach Fukushima als historischer Fehler gilt.
Griechenland am Rande der Unregierbarkeit
Als wäre Merkels Seiltanz zwischen Markt und Parlament nicht anspruchsvoll genug, gibt es noch eine dritte Baustelle: Griechenland selbst. An den Rand der Unregierbarkeit hat die Durchsetzung des neuen Sparpaketes die Wiege der Demokratie gebracht. Auch hier ist die Kanzlerin versucht, Einfluss zu nehmen: Am Freitag lobte sie den sozialistischen Premier Giorgos Papandreou und ermahnte die konservative Opposition, die das Sparpaket nicht mittragen will.
Christdemokratische Europapolitiker gehen die griechischen Parteifreunde noch schärfer an: "Solch ein Verhalten darf nicht folgenlos bleiben", schimpft auch Manfred Weber, der stellvertretende Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch die Union gehört: "Wenn die Nea Dimokratia nicht verantwortungsvoll handelt, muss man auch in der EVP darüber sprechen." Und der Vorsitzende der CDU/CSU-Landesgruppe im EU-Parlament, Markus Ferber, ätzt: "Es kann nicht sein, dass die ND und die Gewerkschaften permanent zum Streik aufrufen und das Land weiter destabilisieren."
Europa brennt - und die Deutschen stehen an allen Fronten. Hat sich die Regierung bei dieser Krise verhoben? Die Opposition stichelt schon: "Die Europa- und Finanzpolitik ist die Sollbruchstelle dieser Koalition. Hier steuert die Kanzlerin auf eine unauflösbare Situation zu", prophezeit der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, gegenüber "Spiegel Online": "Wenn die Kanzlerin bei der Abstimmung über neue Griechenland-Hilfen im Bundestag keine eigene Mehrheit mehr hat, ist Merkel gescheitert. Dann ist die einzige Antwort darauf: Wir brauchen Neuwahlen."
Die Sozialdemokraten haben freilich gut reden: Sie wären noch schneller bereit, neue Schecks auszustellen - müssen aber momentan den Volkszorn nicht fürchten.
Man redet nicht öffentlich über heikle Operationen
Problematisch ist allerdings das schwarz-gelbe Stimmengewirr. So trauten die mit Franzosen, Griechen und Bankern ringenden deutschen Verhandler ihren Ohren nicht, als kein Geringerer als der Fraktionsvorsitzende der FDP, Rainer Brüderle, am Donnerstagabend all ihre Bemühungen für obsolet erklärte. Im Fernsehen, bei Maybrit Illner, prophezeite der Liberale einen Schuldenerlass von "40 bis 50 Prozent". "Dies", so Brüderle, "würde die Banken und andere bei uns mit betreffen, aber das ist dann eine Basis."
Worüber Merkels ehemaliger Wirtschaftsminister freimütig plauderte, so denken viele - in Deutschland. Die meisten Partner - und die selbst mit schlechten Griechenpapieren vollgestopfte Europäische Zentralbank (EZB) - sind freilich strikt dagegen.
Ohnehin gilt für alles, was die nervösen Investoren tangiert, eine eiserne Regel: Man redet nicht öffentlich über die heiklen Operationen - man zieht sie schnell durch. Doch die Griechenland-Krise zeigt immer deutlicher: Den Politikern fehlt das Verständnis für die Finanzmärkte. Es wird munter drauflosgeplappert in Europa.
Als Paradebeispiel gilt dafür Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Lange lehnte er eine Gläubigerbeteiligung ab. Als sich die Bundesregierung dann immer weiter vorwagte, schwenkte der Luxemburger um. Auf freiwilliger Basis konnte er sich einen solchen Schritt vorstellen. Nun, nach dem Kompromiss von Merkel und Sarkozy, warnt er plötzlich wieder: Die Operation könne dazu führen, dass die Ratingagenturen griechische Anleihen auf "default" (Ausfall) einstufen. Das habe möglicherweise Verwerfungen auch in anderen Ländern zur Folge. Und Juncker geht weiter, er nennt Namen: Portugal, Irland und auch Belgien, Italien und Spanien.
Experten sind entsetzt
Was immer solche Aussagen bezwecken sollen, eines schaffen sie nicht: Ruhe an den Finanzmärkten. Experten sind entsetzt, wie hilflos die europäischen Entscheidungsträger in der Euro-Krise agieren. Über ein Jahr dauern die Turbulenzen nun an - und noch immer fehlt ein Plan. Über ein "völlig unnötiges Politikversagen" schimpft der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower. Auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger geißelt die Kakofonie in Europa: "Wenn alle Kämpfe öffentlich ausgetragen werden und die EZB mit Untergangsszenarien droht, braucht sich niemand zu wundern, wenn die Märkte aufgescheucht sind."
Woher rührt das Unvermögen? Viele Akteure haben Angst vor ihrem Wahlvolk - bei Weitem nicht nur Merkel. Der Erfolg der Euro-skeptischen "Wahren Finnen" hat die Regierungen in vielen europäischen Hauptstädten aufgeschreckt.
Seit Beginn der Griechenland-Krise versuchen die Regierungen, ihren Steuerzahlern etwas vorzumachen. Das Problem soll hinausgezögert werden. Der Zahltag scheint noch in weiter Ferne. "Jetzt stehen wir über ein Jahr später wieder vor dem gleichen Problem und die Politik hat die Zeit nicht genutzt, um es zu lösen", sagt Kösters.
Stattdessen wird nun die Idee der Gläubigerbeteiligung promotet, vor allem von Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). An sich ein vernünftiger Vorschlag. Schließlich muss es eine "faire Verteilung der Lasten zwischen Steuerzahlern und Investoren" geben, wie Schäuble in einem Brief an seine europäischen Kollegen mahnte.
Sanfte Reform würde wenig bringen
Doch ist die überhaupt möglich? Zweifel sind angebracht. Sollte es bei der ganz sanften Form bleiben, von der Sarkozy sprach, würde wohl nur wenig Geld zusammenkommen. Das wäre ein einstelliger Milliardenbetrag, heißt es im Umfeld einer Notenbank. Ein Klacks: Das zweite Rettungspaket soll immerhin ein Volumen zwischen 60 und 120 Milliarden Euro haben.
Also doch eine härtere Form der Gläubigerbeteiligung? Gar der Schnitt, von dem Brüderle sprach? RWI-Professor Kösters macht den Steuerzahlern wenig Hoffnung auf eine große Entlastung. "Wen wird es treffen? Banken in staatlicher Hand oder mit hoher staatlicher Beteiligung", sagt er. Allen voran die Hypo Real Estate oder die Landesbanken. "So wird es letztlich wieder den Steuerzahler treffen und nicht die privaten Banken."
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Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde und Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Die Euro-Länder haben ihre Instrumente zur Abwehr von Schuldenkrisen in der Währungsunion auf den Weg gebracht. Der Vertrag zur Gründung des dauerhaften Krisenabwehrfonds ESM sei nun unterschriftsreif, erklärte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker in Luxemburg.Der Fonds ESM soll eine Kapitalbasis von 700 Mrd. Euro haben und 2013 dauerhaft eingerichtet werden. 80 Mrd. Euro werden bar eingezahlt. Im Grundsatz war der Fonds schon auf einem EU-Gipfel im März beschlossen worden. Zugleich entschieden die Finanzminister, wie geplant den derzeit laufenden Euro-Rettungsschirm EFSF auf 440 Mrd. Euro aufzustocken.
"Die Einigung zeigt, dass die Eurozonen-Mitgliedsländer entschlossen sind, die Stabilität der Eurozone zu gewährleisten", sagte der Vorsitzende der Gruppe der Euro-Länder, Jean-Claude Juncker, in Luxemburg. Der Fonds löst den derzeitigen Euro-Rettungsfonds ab und soll in Not geratenen Staaten mit Krediten Hilfe leisten.
Nachdem die Euro-Länder in den vergangenen Wochen heftig über ein neues Hilfspaket für Griechenland gestritten hatten, kam ihre Entschlussfähigkeit an den Finanzmärkten gut an. Der Dax verringerte sein Minus auf 0,2 Prozent. Der Euro zog an und notierte mit 1,4302 Dollar ebenfalls auf einem Tageshoch. "Alles, was nach den Negativ-Nachrichten vom Wochenende auf Fortschritte bei der Lösung der Griechenland-Krise hindeutet, wird als positiv aufgenommen", sagte ein Devisenhändler. Anleihen, Aktien und Euro waren zuvor auf Talfahrt, da die Eurogruppe nicht wie erwartet am Sonntagabend den nächsten Kredit für Griechenland bewilligt hatte.
Bürgen reicht nicht mehr
Die Euro-Länder geben für den ESM genannten Fonds Garantien über 620 Mrd. und zahlen 80 Mrd. Euro in bar ein. Deutschland muss knapp 22 Mrd. Euro in bar überweisen - bei und rund 168 Mrd. Euro an Garantien. Bei dem neuen Fonds, der den bisher laufenden Euro-Rettungsschirm EFSF ablöst, springt Deutschland also nicht mehr nur als Bürge ein, sondern muss richtig Geld einzahlen.
Das Geld wird ab 2013 in fünf Jahresraten zu je rund 4,3 Mrd. Euro überwiesen. Die Bareinlage ist notwendig, da der Fonds sich für Hilfskredite selber Geld leiht und dafür möglichst geringe Zinsen zahlen soll. Von den 700 Mrd. kann der Fonds wegen nötiger Sicherheitsrücklagen 500 Mrd. Euro einsetzen. Der Fonds darf dabei auch direkt Staatsanleihen von Euro-Ländern kaufen.
Die Kredite für Schuldensünder sind an strikte Auflagen geknüpft und sollen nur im Notfall fließen, wenn die Stabilität der Euro-Zone insgesamt gefährdet ist. Zudem sollen private Gläubiger wie Banken und Versicherungen an den Kosten der Rettung beteiligt werden.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, kritisierte das Krisenmanagent. "Es kann doch nicht angehen, dass EZB und andere sich wie die Kesselflicker kloppen in der Öffentlichkeit, damit die Märkte zusätzlich verunsichern und die Situation nicht verbessern, sondern verschlechtern", sagte er bei n-tv. "Das Hauptproblem ist ja, dass man gewisse Dinge tun muss und nicht zu lange darüber reden darf. Im Moment findet genau das Gegenteil statt."
Der EFSF war im Mai vergangenen Jahres aus dem Boden gestampft worden, nachdem Griechenland als erster Euro-Staat vor der Pleite durch Kreditgarantien seiner Partnerländer gerettet worden war. Irland und Portugal waren dann die ersten Kunden des in Luxemburg ansässigen Rettungsschirms unter Leitung des Deutschen Klaus Regling. Die Euro-Länder hatten für Kredite an notleidende Länder 440 Mrd. Euro an Garantien gestellt, doch waren daraus nur rund 250 Milliarden Euro auszahlbar, da nicht alle Staaten wie Deutschland über das beste Rating verfügen und eine Übersicherung notwendig war. Die Garantiesumme wird nun auf 780 Mrd. Euro fast verdoppelt. Der deutsche Anteil liegt bei 211 Mrd. Euro. Der EFSF kann - wie auch die Nachfolgelösung ESM - künftig außerdem Staatsanleihen kriselnder Staaten zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe aufkaufen und die Länder damit flexibler unterstützen.
Druck auf Athen wächst
Unterdessen erhöhen die Euroländer den Druck auf Griechenland, den vereinbarten Sparkurs gegen den massiven Widerstand aus der Bevölkerung durchzuziehen. Erst wenn Griechenland zu seinen Verpflichtungen stehe und sie erfülle, sei die Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche geschaffen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Montag in Luxemburg vor dem Eurogruppen-Treffen. Die Freigabe des nächsten Kredits sei jetzt noch nicht möglich gewesen, weil die griechische Regierung das erst kürzlich vereinbarte Sparpaket wieder ändern wolle, erklärte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter. Die Euro-Staaten müssten die anstehenden Beschlüsse der griechischen Regierung dann neu bewerten, um über die Auszahlung weiterer Finanzhilfen zu entscheiden.
Die Euro-Finanzminister hatten nach stundenlangen Krisengesprächen in der Nacht zum Montag beschlossen, dass zuerst die vereinbarten zusätzlichen Sparmaßnahmen im Parlament in Athen besiegelt sein müssen, ehe mehr Geld fließt. Es war eigentlich erwartet worden, dass die Minister schon bei diesem Treffen grünes Licht geben für die nächste Tranche über zwölf Milliarden Euro.
dpa/AFP/rts>
<Die Euro-Finanzminister haben sich geeinigt, den europäischen Rettungsfond EFSF aufzustocken - damit gehen die deutschen Steuerzahler noch tiefer ins Risiko. Ihr Anteil an den Garantien für strauchelnde Euro-Staaten steigt von 123 auf 211 Milliarden Euro. Und ab 2013 wird erneut frisches Geld fällig.
Luxemburg - Die Zahlen werden immer gigantischer: Statt 440 Milliarden Euro wollen die Euro-Staaten künftig 780 Milliarden Euro bereithalten um kriselnde Euro-Staaten wie Griechenland, Portugal oder Irland aufzufangen. Und auch Deutschlands Anteil wird deutlich steigen. Auf 211 Milliarden Euro bezifferte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag den neuen deutschen Garantierahmen für den Rettungsfonds EFSF. Bisher lag er bei 123 Milliarden Euro. Schäuble betonte, dass diese Summe nicht automatisch die Kassen des Bundes belaste. "Das ist ein Garantierahmen - und nicht in Anspruch genommene Haushaltsmittel."
Beschlossen wurde beim Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg auch die Einrichtung des dauerhaften Krisenfonds ESM, der Mitte 2013 den EFSF ablösen soll. Der neue Fonds soll für potentielle Pleitestaaten bis zu 500 Milliarden Euro bereitstellen. Gefüllt wird er mit 80 Milliarden Euro Barkapital und 620 Milliarden Euro an abrufbarem Garantien. Deutschland trägt auch hier den größten Anteil: knapp 22 Milliarden Euro Barkapital und 168 Milliarden Euro an Bürgschaften.Ungeachtet der Einigung von Luxemburg hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Länder der Euro-Zone zu einem entschlosseneren gemeinsamen Vorgehen gegen die Schuldenkrise aufgefordert. Die Gruppe müsse ein "dringend erforderliches Signal" setzen, dass sie alles tun wolle, was nötig sei, um die Stabilität der Währungsunion zu sichern. Für die Krisenstaaten bedeute das, "sofortige und weitreichende Strukturreformen" vorzunehmen, heißt es in einem Bericht der UN-Sonderorganisation, der am Montag veröffentlicht wurde. Demnach sollen die Kernländer der Euro-Zone die "unproduktive Debatte" über Umschuldungen oder ähnliche Maßnahmen beenden, die als Bedingungen für Hilfszahlungen verstanden werden könnten.
stk/dpa/dpad>
=====Nicht alle Maßnahmen der spanischen Regierung zur Budgetsanierung zeitigen die gewünschte Wirkung. So schrumpften die Nettosteuereinnahmen in den ersten vier Monaten des Jahres um 32 Prozent auf 16 Milliarden Euro, wie aus dem aktuellen Staatshaushaltsbericht, dem Boletín Parlamentario de Economía y Presupuestos, hervorgeht.
Starke Rückläufe wurden bei Lohn- und Sozialversicherungsabgaben, aber auch aus den "Sondersteuern" - etwa auf Tabak, Alkohol, Mineralöl - verbucht. Durch Letztere wurden demnach 346 Millionen Euro, 76 Prozent weniger im Vorjahresvergleich, lukriert. Dass einer Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent zum Trotz nur 6,8 Milliarden Euro am Binnenmarkt eingenommen wurden, rund 48 Prozent weniger als im Vorjahr, belegt die zaghafte Konsumlaune der Iberer. Positiv wirkte sich indes die Erhöhung der Vermögensbesteuerung von Aktiva aus.
Oppositionschef Mariano Rajoy kündigte an, am Mittwoch von Premier José Luis Rodríguez Zapatero im Parlament "eine Klarstellung einzufordern, warum Regierungsprognosen nicht eingehalten werden". Die Volkspartei, der Rajoy vorsteht, will unisono mit der spanischen Nationalbank - die auch auf Steuererhöhungen pocht -, eine Obergrenze für die Regionendefizite fixieren. Jene Haushaltslöcher, allen voran das Kataloniens, waren ins Visier führender Ratingagenturen geraten, die auch die wachsenden Proteste in Spanien mit Argusaugen verfolgen.
Massenproteste gegen Misere
Der aufgestaute Frust über den politisch-wirtschaftlichen Status quo führte am Sonntag zur Mobilisierung von geschätzten 200.000 Demonstranten landesweit. "Ich habe es satt, dass Gewerkschaften, Arbeitgeberbund und Politiker auf uns herumtrampeln", echauffierte sich Josemi Sainiero (43), Spitalsaufseher aus Madrid, der zugleich die Sparmaßnahmen Zapateros "gegen die Bürger" kritisierte.
Sainiero war einer von knapp 40.000 "Indignados" ("Empörten"), die der brütenden Hitze in der spanischen Hauptstadt trotzten, wie das auf Teilnehmerschätzung spezialisierte Unternehmen Lynce errechnete. Das mag gering erscheinen, doch Lynce hatte eine Anti-Abtreibungs-Kundgebung im Herbst 2009, an der laut Organisatoren fast zwei Millionen Menschen teilgenommen hätten, auf 55.000 hinunterkorrigiert.
Während der Ruf nach einem Generalstreik seitens der Organisatoren der Protestbewegung des "15. Mai - Wahre Demokratie, jetzt", die wochenlang Plätze im ganzen Land besetzt gehalten hatte, immer lauter wird, startete aus Valencia ein erster von mehreren Protestmärschen aus den Regionen, die per pedes nach Madrid wollen. (Jan Marot aus Granada, DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2011)
Protestzug in Madrid: Die "Kugel" dient nicht zum Durchbrechen von Absprerrungen, sondern soll eine Finanzblase symbolisieren. F.: EPA>
Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft seit Mai 2010 Staatsanleihen hoch verschuldeter Länder. Insgesamt hat sie derzeit Papiere im Wert von 75 Mrd. Euro in ihrer Bilanz. Offizielle Angaben über den Anteil griechischer Staatsanleihen an diesem Portfolio gibt es nicht, Schätzungen zufolge beläuft er sich aber auf rund 50 Mrd. Euro.
Die EZB kauft die Staatsanleihen nicht direkt bei den Regierungen der betroffenen Länder, sondern auf dem sogenannten Sekundärmarkt. Sie nimmt die Papiere also Anlegern ab, die den Peripherie-Staaten Geld geliehen haben und diese Forderungen loswerden möchten. Ziel dieser Stützungskäufe war eigentlich, die Anleger zu beruhigen. Denn der Kursverfall bei Staatsanleihen verstärkte die Panik auf den Märkten und trieb gleichzeitig die Zinsen in die Höhe, die die Krisenländer zahlen mussten, um an frisches Geld zu kommen.
Diese Entwicklung hat EZB-Chef Jean-Claude Trichet aber nicht stoppen können. Seit Ende März hat die Zentralbank keine Staatsanleihen mehr gekauft. Das Programm ist heftig umstritten. Schärfster Kritiker ist der frühere Bundesbankchef Axel Weber - nicht ohne Grund: Als Anteilseignerin der EZB musste die deutsche Notenbank im Dezember eine Kapitalerhöhung mittragen, mit der sich Trichets Haus gegen die mit den Anleihekäufen verbundenen Risiken absichert.
Griechische Banken
Die Banken in Griechenland haben ihrer Regierung laut Barclays insgesamt rund 48 Mrd. Euro geliehen. Allein das größte Geldhaus National Bank of Greece hält griechische Staatsanleihen im Wert von mehr als 13 Mrd. Euro in seinen Büchern. Allerdings bemüht sich das Institut offenbar, die Papiere loszuwerden: Medienberichten zufolge wurden die Bestände im vergangenen Quartal bereits um 4,5 Mrd. Euro reduziert.
Laut einer Analyse der Bank of America-Merrill Lynch zu den vier größten griechischen Banken sind deren Forderungen an den griechischen Staat deutlich höher als das Eigenkapital. Sollten die Institute gezwungen sein, wegen eines Zahlungsausfalls einen Großteil ihrer Staatsanleihen abzuschreiben, "wäre das griechische Bankensystem erheblich unterkapitalisiert", warnten die Analysten.Die Banken in Griechenland haben ihrer Regierung laut Barclays insgesamt rund 48 Mrd. Euro geliehen. Allein das größte Geldhaus National Bank of Greece hält griechische Staatsanleihen im Wert von mehr als 13 Mrd. Euro in seinen Büchern. Allerdings bemüht sich das Institut offenbar, die Papiere loszuwerden: Medienberichten zufolge wurden die Bestände im vergangenen Quartal bereits um 4,5 Mrd. Euro reduziert.
Laut einer Analyse der Bank of America-Merrill Lynch zu den vier größten griechischen Banken sind deren Forderungen an den griechischen Staat deutlich höher als das Eigenkapital. Sollten die Institute gezwungen sein, wegen eines Zahlungsausfalls einen Großteil ihrer Staatsanleihen abzuschreiben, "wäre das griechische Bankensystem erheblich unterkapitalisiert", warnten die Analysten.Öffentliche Einrichtungen in Griechenland sitzen nach Schätzung von Barclays auf rund 30 Mrd. Euro an griechischen Staatsanleihen. Ein Großteil davon sei von den gesetzlichen Renten- und Sozialkassen gekauft worden, sagte der Autor der Studie, Laurent Fransolet, FTD.de. Sollten sie mit dieser vermeintlich sicheren Anlage Verluste machen, wäre das ein harter Schlag.
Die sozialen Systeme ächzen schon jetzt unter erheblichen Belastungen. Erst kürzlich wurde bekannt, dass Sozialbetrüger die Rentenkasse jährlich um rund 16 Mio. Euro erleichtern. Es habe sich herausgestellt, dass mindestens 4500 vermeintliche Empfänger längst verstorben seien, sagte Arbeitsministerin Louka Katseli der Tageszeitung "Ta Nea".Die Institute der Grande Nation sind die größten privaten Auslandsgläubiger der Griechen. Insgesamt halten BNP Paribas , Groupama, Société Générale , CNP, Axa , BPCE, Crédit Agricole und Dexia Griechenbonds im Volumen von 19,1 Mrd. Euro.
BNP alleine ist mit 5 Mrd. Euro involviert. Das hohe Exposure der Institute ist einer der Gründe, warum der französische Präsident Nicolas Sarkozy eine Beteiligung privater Gläubiger am nächsten Griechen-Rettungspaket nur auf freiwilliger Basis zulassen will.Die Notenbanken der Euro-Zone, etwa die Bank of Greece oder die Banque de France, halten ebenfalls in großem Volumen griechische Anleihen. Nach Schätzungen von Barclays beläuft sich die Summe insgesamt auf 13,1 Mrd. Euro. Die nationalen Währungshüter schauen deshalb mit besonders kritischem Auge auf die Situation in dem Ägäisstaat. Denn sollte es zu einem Ausfall der Anleihen kommen, müssten auch sie dies bilanzwirksam zur Kenntnis nehmen. Der Wertberichtigungsbedarf dürfte aber bei so mancher Bank das Eigenkapital übersteigen - weswegen nicht nur Privatbanken sondern auch Notenbanken rekapitalisiert werden müssten.
Die griechische Notenbank ist zudem über Altkredite im Volumen von 6 Mrd. Euro involviert. Doch neben dem rein finanziellen Aspekt des Engagements lastet ein weiteres Problem auf der Bank of Greece: Die Lage im Finanzsektor des Landes ist extrem angespannt und kritisch. Die Troika, also die Griechenbeobachter von IWF, Europäischer Zentralbank und EU, hat erst kürzlich gesagt, dass die griechische Zentralbank zusätzliche Kapitalspritzen benötigt, um sich gegen Verschlechterungen der Rahmenbedingungen zu wappnen.Der IWF finanziert gemeinsam mit der Euro-Gruppe das laufende Hilfsprogramm für Griechenland. Seit Mai vergangenen Jahres hat der Fonds den Griechen Notkredite in Höhe von 15 Mrd. Euro überwiesen. Insgesamt beläuft sich sein Anteil am 110 Mrd. Euro schweren Rettungspaket auf 30 Mrd. Euro.
Auch an einem zweiten Rettungspaket würde sich der IWF voraussichtlich beteiligen. Bedingung für weitere Kredite ist aber, dass die Griechen die Sparauflagen des Fonds erfüllen und dass die Aussicht besteht, dass sich das Land auf absehbare Zeit wieder selbst refinanzieren kann.Deutsche Finanzinstitute haben ebenfalls Milliardenforderungen an Hellas. In den vergangenen Monaten haben sie ihre Bestände an griechischen Staatsanleihen allerdings kräftig abgebaut - obwohl sie noch vor einem Jahr Solidarität mit Athen zugesagt hatten.
Größter Einzelgläubiger ist die Commerzbank , hauptsächlich über ihre Tochter Eurohypo mit 2,9 Mrd. Euro. Ebenfalls Anleihen im Feuer haben Deutsche Bank , LBBW, Allianz , DZ Bank, und Munich Re . Laut Zahlen der Bundesbank beliefen sich die Forderungen aller deutschen Geschäftsbanken an den griechischen Staat Ende März auf rund 10 Mrd. Euro. Die Anlagen deutscher Versicherungen in griechischen Staatsanleihen belaufen sich laut einem Papier aus dem Bundesfinanzministerium auf insgesamt 2,8 Mrd. Euro.
FMS Wertpapiermanagement
Die staatliche FMS Wertmanagement beziffert ihr Griechenland-Risiko in ihrem Geschäftsbericht auf 9,1 Mrd. Euro. Die Zahl bezieht sich auf Ende 2010, enthalten sind darin 7,4 Mrd. Euro an Staatsanleihen. Bei den übrigen 1,7 Mrd. Euro handelt es sich um Kredite unter anderem für Infrastrukturprojekte, für die der griechische Staat garantiert. Die FMS ist die Bad Bank der Hypo Real Estate und ihrer Tochergesellschaft Depfa .
Die Griechenland-Anleihen und -Kredite sind Teil eines 173 Mrd. Euro schweren Portfolios aus Risikopositionen und Geschäftsbereichen der HRE, die im Herbst 2010 in die FMS Wertmanagement ausgealgert wurden. Alle Bestandteile dieses Portfolios sollen bis zum Jahr 2020 möglichst ohne Verluste wieder an den Kapitalmarkt gebracht werden. Dazu kamen auch die an die HRE gewährten Liquiditätsgarantien in Höhe von 124 Mrd. Euro. Letztere sind inzwischen durch eigene Emissionen vollständig abgelöst.
Ein gutes Geschäft ist die FMS für den Staat bislang trotzdem nicht: In ihrem ersten Jahr machte sie einen Verlust von 3 Mrd. Euro, was den Großteil des Eigenkapitals von 3,8 Mrd. aufzehrte: Sollten nun weitere Verluste anfallen, gleicht diese der Bankenrettungsfonds Soffin aus - und damit der Steuerzahler.<Seit 2005 sitzt Frank Schäffler für die FDP im Bundestag.
Die Bundesregierung befürwortet neue Hilfsgelder für Griechenland und wird dafür auch aus den eigenen Reihen kritisiert. Der FDP-Finanzexperte Schäffler fordert im Gespräch mit n-tv.de einen "harten Schuldenschnitt" und den griechischen Austritt aus der Eurozone. Nur so könne das Land wieder wettbewerbsfähig werden. Das derzeitige Vorgehen nennt er einen "kollektiven Rechtsbruch von EZB, EU-Kommission und europäischen Staats- und Regierungschefs". Kanzlerin Merkel wirft er Versagen vor.n-tv.de: Sie gehören zu den scharfen Kritikern weiterer Finanzhilfen für Griechenland. Wie sieht Ihr alternativer Vorschlag für einen Weg aus der Krise aus?
Frank Schäffler: Griechenland braucht einen harten Schuldenschnitt. Das ist die notwendige Bedingung für eine Gesundung. Aber das reicht nicht. Zusätzlich braucht Griechenland eine Ausstiegsmöglichkeit aus dem Euro, bis das Land seine Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig gemacht hat. Dann kann es der Eurozone wieder beitreten. Mit dem Euro hat Griechenland keine Chance, die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen.
Auch der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück von der SPD fordert einen klaren Schuldenschnitt für Griechenland, ergänzt durch ein Konjunkturprogramm. Gibt es Unterschiede zu Ihren Forderungen?
Ich fordere kein Konjunkturprogramm. Letztlich war die griechische Mitgliedschaft in Eurozone und Europäischer Union ja bereits ein Konjunkturprogramm. Das hat nichts gebracht. Der Bau von Straßen, Häfen und Bahnhöfen macht eine Wirtschaft nicht wettbewerbsfähig. Das sind Subventionen, die sehr schnell in den Wind geschossen sind. Griechenland muss stattdessen durch innere Reformen dafür sorgen, dass seine Wirtschaft wettbewerbsfähig wird.
Hätten ein Schuldenschnitt und der griechische Austritt aus der Eurozone nicht unabsehbare Folgen für das Land, aber auch für Europa und damit Deutschland?
Da ist meine Gegenfrage: Hat das, was wir jetzt machen, nicht unabsehbare Folgen? Man löst das Problem nicht, indem man auf alte Schulden neue draufpackt. Man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen: Diese Krise ist eine fast schon weltweite Überschuldungskrise von Banken und Staaten. Wir müssen die Schuldenkrise jetzt eingrenzen, damit sie nicht irgendwann auch uns erreicht.
Wenn sowohl weitere Finanzhilfen als auch Ihr Vorschlag eines Schuldenschnitts unabsehbare Folgen haben: Worin liegt dann der Vorteil Ihres Weges?
Mein Vorschlag bringt die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft zur Geltung: Verantwortung und Haftung für das eigene Handeln. Derzeit pervertieren wir diese Prinzipien. Anleger, die Risiken eingegangen sind, die für 28 Prozent Rendite in griechische Anleihen investiert haben und sich mit 1,25 Prozent bei der EZB refinanzieren - diese Anleger boxen wir derzeit heraus und laden die Verluste beim Steuerzahler ab. Wir machen derzeit das, was uns die Sozialisten immer vorwerfen - dass die Gewinne privatisiert und die Verluste sozialisiert werden. Doch das zerstört eine Gesellschaft mittelbar.
Neben dieser finanzpolitischen Argumentation: Wie wichtig ist denn die Argumentation mit dem Ideal der europäischen Einigung?
Das ist die entscheidende Argumentation. Als begeisterter Europäer glaube ich aber, dass man ein gemeinsames Europa nur schaffen kann, wenn man sich an Regeln hält und Verstöße bestraft. Dass derzeit die von allen 27 EU-Ländern ratifizierte No-Bail-out-Klausel verletzt wird, ist ein kollektiver Rechtsbruch von EZB, EU-Kommission und europäischen Staats- und Regierungschefs. Sie schaffen jetzt neue Regeln mit dem Euro-Rettungsschirm, mit dem neuen Rettungsfonds, mit einer Vertragsänderung, haben aber kein Instrumentarium, wie diese neuen Regeln durchgesetzt werden sollen. Hier geht es um eine zutiefst rechtsstaatliche Frage: Wie wird das politische Europa zukunftsfähig?
Wieso opponieren so wenige Politiker öffentlich gegen die Griechenlandhilfen, auch in Ihrer Partei, der FDP?
Immerhin hat auf dem Bundesparteitag in Rostock ein Drittel der Delegierten meine Position gestützt. Die FDP ist außerdem die Partei, die dieses Thema sehr kontrovers diskutiert. Das spricht durchaus für die Diskussionskultur in meiner Partei.
Private Gläubiger sollen sich nun nur freiwillig an den Griechenlandhilfen beteiligen. Hier hat sich Frankreich gegen Deutschland und auch gegen den Willen des Bundestages durchgesetzt. Hat Kanzlerin Angela Merkel in dieser Frage versagt?
Ja, das ist sehr enttäuschend. Was Finanzminister Wolfgang Schäuble nun präsentiert, widerspricht dem klaren Auftrag des Deutschen Bundestages. Es ist ein ganz kleines Mäuslein. Dass Banken ihr Engagement nur freiwillig aufrecht erhalten sollen, geht über eine symbolische Beteiligung nicht hinaus.
Sie sprechen angesichts der Griechenland-Krise von einer "pathologischen Überschuldung von Staaten und Banken" und fordern eine neue Geldordnung. Wie sollte diese aussehen?
Wir müssen uns intensiver über die Ursache dieser Krise unterhalten. Sie hat mit unserem monopolistischen Geldsystem zu tun, das aus ungedeckten Zahlungsverpflichtungen besteht. Die durch die Zinspolitik der Notenbanken angeheizten Konjunkturzyklen haben zu Vermögensblasen an den weltweiten Märkten geführt. Diese Luft will jetzt entweichen. Statt die Luft entweichen zu lassen, pumpen wir aber immer mehr Luft ins System und schaffen damit ein viel größeres Problem.
Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor?
Man muss die Zentralbanken im Kern entmachten. Meine Vorstellung ist eine wettbewerbliche Geldordnung, damit durch Wettbewerb "gutes" Geld entsteht und sich gegen "schlechtes" Geld durchsetzt. Das ist zwar eine sehr langfristige Perspektive, aber wenn wir nicht über diese Fragen der Geldordnung diskutieren, dann reden wir nur über die Symptome. Wo die nächsten Blasen entstehen, kann man nicht voraussagen. Deshalb ist es schlauer, die Notenbanken als Verursacher der Krise zu entmachten.
Mit Frank Schäffler sprach Markus Lippold>
In Gesprächen mit den Experten will Venizelos noch einige Zugeständnisse herausholen, bevor das Parlament in der kommenden Woche über das Programm abstimmt. Die Zustimmung ist wahrscheinlich, nachdem beim Votum über die Regierung alle 155 Pasok-Abgeordneten auf Linie blieben.
Doch mit dem Programm allein ist es nicht getan. Bis zur nächsten Woche, so Venizelos selbst im Parlament, muss er mindestens zwei Ausführungsgesetze fertig stellen und sie spätestens am 30. Juni vom Parlament beschließen lassen.
Erst dann können die Experten aus Brüssel und Washington ihren politischen Vorgesetzen formell melden, dass Griechenland bei seinen Sanierungsbemühungen im Plan ist; nur dann dürfen die Euro-Finanzminister bei einem Krisentreffen am 3. Juli neue Hilfen – die Rede ist von weiteren 60 Milliarden Euro neuer Kredite bis 2014 – freigeben.
Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der IWF dran, Venizelos zufolge am 8. Juli. Dann können die IWF-Direktoren beschließen, ihren Anteil der fünften Rate einer insgesamt 110 Milliarden Euro ausmachenden Kreditlinie zu überweisen, die Euroländer und IWF den Griechen im Mai 2010 in einem bis Mitte 2013 laufenden Programm gewährten. Spätestens am 15. Juli muss das Geld – acht Milliarden Euro der Euroländer, vier Milliarden Euro vom IWF – auf Konten in Athen sein, damit Athen nicht in die Pleite rutscht.
Die Eckpunkte und Details des Sparprogramms sind in einem am 23. Mai vom Finanzministerium veröffentlichten Papier und in einem Bericht der Experten des IWF, der EZB und der EU vom 8. Juni festgelegt.
Bis 2015 muss Griechenland mehr als 78 Milliarden beschaffen
Demnach soll Griechenland, über bereits beschlossene Sparmaßnahmen hinaus, bis Ende 2015 weitere 78,26 Milliarden Euro heranschaffen – eine Summe, die knapp 35 Prozent der heutigen Jahreswirtschaftsleistung Griechenlands entspricht.
50 Milliarden Euro sollen durch den Verkauf von Staatseigentum in die Kasse kommen, 28,26 Milliarden Euro durch Kürzungen, höhere Steuern und die Verkleinerung des Beamtenapparates. Auf Deutschland umgelegt würde dies bedeuten, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rund 875 Milliarden Euro einsparen müsste.
Vergleichsweise einfach in die Tat umzusetzen ist die gut 28 Milliarden Euro umfassende Liste von Kürzungen und Steuererhöhungen. Eine Auswahl: Alle griechischen Angestellten, Beamten und Selbständigen zahlen in diesem, teils auch im nächsten Jahr einen „Solidaritätsbeitrag“.
Das steuerfreie Grundeinkommen wird gesenkt, Steuerbefreiungen gestrichen, Sozialleistungen gekürzt. Rentner bekommen beim Ausscheiden aus dem Berufsleben eine kleinere Sonderzahlung als bisher; Rentner mit mindestens 1700 Euro monatlich zahlen künftig einen erhöhten Solidaritätsbeitrag und, sollten sie jünger als 60 Jahre sein, eine weitere Sondersteuer von acht Prozent.
Autobesitzer zahlen höhere Kfz-Steuer, Haus- und Wohnungsbesitzer höhere Grundsteuer. Nach alkoholischen Getränken ist bald auch auf Limonaden aller Art eine Sondersteuer fällig. Für Restaurants und Cafes wird die Mehrwertsteuer von 13 auf 23 Prozent erhöht.
Griechenlands Beamte, deren Gehalt bereits 2010 durchschnittlich um ein Fünftel gekürzt wurde, müssen künftig statt 37,5 wieder 40 Stunden arbeiten und mit weniger oder keinen Zuschlägen auskommen. Ihr Gehalt wird auf fünf Jahre eingefroren.
Nur jeder fünfte in Rente gehende oder freiwillig ausscheidende Beamte wird ersetzt. Die Zahl der Staatsdiener soll so von heute 727.000 auf 577.000 sinken – eine Verringerung von 20 Prozent. Bisher allerdings soll kein Beamter aktiv entlassen werden – damit kommen die Staatsdiener deutlich glimpflicher davon als Arbeiter und Angestellte. Die haben oft nicht nur bereits den Job verloren, oder ihr Gehalt wurde um 20, 30 oder gar 50 Prozent gekürzt.
Verkauf von Staatseigentum soll das meiste Geld bringen - [ist aber unwahrscheinlich!]
Dass Griechenland das Sparpaket trotzdem insgesamt kaum umsetzen können wird, liegt vor allem daran, dass fast zwei Drittel der 78,23 Milliarden aus dem Verkauf von Staatseigentum kommen sollen.
Auf dem Papier sieht dies eindrucksvoll aus: Mehr als 50 Staatsbetriebe stehen auf der Verkaufsliste für die kommenden viereinhalb Jahre, von Häfen und Flughäfen, Eisenbahnen und Banken über kommunale Wasserbetriebe und Autobahnen bis zu Spielcasinos und Pferderennbahnen. Freilich: Seit Januar 2010 wurde der Verkauf von Staatseigentum oft versprochen und schon im Mai 2010 zwischen den Euroländern, dem IWF und Athen vereinbart.
Passiert ist bisher nichts. Bisher gibt es nicht einmal die Behörde, die unabhängig von der Regierung das staatliche Tafelsilber registrieren und zum Verkauf vorbereiten soll. Oft fehlen gültige Grundbucheinträge – oder Interessenten für die oft Verlust bringenden Unternehmen.
Im jüngsten, Ende Februar abgeschlossenen Forschrittsbericht zu Griechenland hielt IWF-Delegationsleiter Poul Thomsen statt der plakativen 50 Milliarden Euro bis Ende 2015 nur Erlöse von 12,5 Milliarden Euro für realistisch – also gerade mal ein Viertel. Käme es so, würde auch im Fall eines weiteren, milliardenschweren Kreditpaketes für Griechenland schon bald wieder ein riesiges Loch im griechischen Haushalt klaffen.
Und selbst wenn alle Sparmaßnahmen umgesetzt werden, wenn tatsächlich alles staatliche Tafelsilber wie geplant verkauft würde, hätte Griechenland 2011 immer noch ein Haushaltsdefizit von 7,5 Prozent.
Wie soll die griechische Wirtschaft wachsen? - [Schon jetzt stimmen die Rahmendaten nicht mehr]
2014 soll es aber, so der Traum, mit 2,6 Prozent erstmals unter der vom Maastricht-Vertrag erlaubten Schuldengrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Dafür müssten – neben hohen Erlösen aus der Privatisierung – weitere, ebenfalls überaus optimistische Annahmen eintreffen.
Griechenlands Wirtschaft müsste schon im kommenden Jahr wieder wachsen, die Arbeitslosigkeit ab 2013 wieder sinken. Doch seit sich die Experten der Euroländer und des IWF mit den Griechen auf die Eckpunkte des nun zur Abstimmung stehenden Sparplans einigten, hat sie die Wirklichkeit bereits wieder überholt.
So nimmt der Sparplan für 2011 eine Arbeitslosenrate von 14,5 Prozent an – tatsächlich lag sie schon Ende April bei 16,2 Prozent. Auch die Prognose, die Wirtschaft werde in diesem Jahr um 3,5 Prozent schrumpfen, scheint Makulatur. Kürzlich gab der staatliche Statistikdienst bekannt, Griechenlands Wirtschaft sei von Januar bis März mit 5,5 Prozent viel stärker eingebrochen als vorausgesagt.
Woher das dringend benötigte Wachstum kommen soll, ist unklar. Export macht nur einen kleinen Teil der griechischen Wirtschaft aus; Tourismus steht nur für 19 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zudem war Griechenland bisher vielerorts überteuert, mussten griechische Tourismusbetriebe ihre Preise teils stark senken, um wieder ins Geschäft zu kommen. Angesichts fallender Preise bei wichtigen Konkurrenten wie Spanien dürfte sich dieser Prozess auch in Griechenland noch verstärken.
Zwar schlug EU-Kommissionspräsident Barroso eine unorthodoxe Konjunkturhilfe für Griechenland vor. Brüssel könne Athen schnell eine Milliarde Euro überweisen, die ungenutzt im Etat der EU zur Förderung strukturschwacher Regionen bereitliegen. Doch eine Milliarde Euro entspricht selbst im kleinen Griechenland nicht einmal einem halben Prozent der Wirtschaftsleistung – eine wirkliche Konjunkturstütze sieht anders aus.
Insgesamt hat Griechenland im Rahmen eines von 2007 bis 2013 laufenden Strukturhilfeprogramms der EU Anrecht auf 20 Milliarden Euro – nur fünf Milliarden davon sind bisher abgerufen. Das ist kein Wunder: Für jeden Euro, der in Brüssel für ein Konjunkturförderungsprojekt abgerufen wird, muss das jeweilige Land selbst einen Euro bereitstellen – Geld, das Athen nicht hat.
Vor dem Hintergrund der tiefen Rezession und dem wachsenden Schuldenberg Griechenlands halten Kritiker wenig davon, Athen noch mehr Geld zu leihen. „Man kann ein Land, das sich schon zu viel geliehen hat, nicht dadurch sanieren, dass man ihm noch mehr Geld leiht“, urteilt Carl Weinberg vom Fachdienst High Frequency Economics.
„Man kann bestenfalls Zeit gewinnen, um endlich das richtige zu tun – die Schuldenlast zu restrukturieren.“ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bestätigte auf dem Krisentreffen der Euro-Finanzminister, dass etwa mit Banken, Versicherungen und Rentenfonds, die griechische Staatsanleihen halten, darüber verhandelt wird, die Laufzeit „freiwillig“ zu verlängern. Über Ergebnisse freilich ist bisher nichts bekannt.>
<Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat vorgeschlagen, die griechische Wirtschaft mithilfe der Solarenergie aus der Krise zu holen. Griechenland brauche "neue Wachstumsperspektiven", sagte Schäuble der Wochenzeitung "Zeit". "Griechenland hat eine viel höhere Anzahl von Sonnenstunden im Jahr als wir in Deutschland und könnte Strom zu uns exportieren. Die griechische Wirtschaft hätte damit ein wettbewerbsfähiges Exportgut und ein begehrtes dazu."
Das hochverschuldete Griechenland wird durch ein internationales Notkredit-Programm vor der Staatspleite bewahrt, die Wirtschaft des Landes liegt am Boden. Die griechische Wirtschaft brauche eine Aussicht für die Zukunft, damit weitere Hilfen zu rechtfertigen seien, sagte Schäuble. "Ohne solche und andere Wachstumsperspektiven würde ich mich sehr schwertun, dem deutschen Steuerzahler das erhebliche Risiko eines neuen Programms aufzubürden", sagte der CDU-Politiker der Wochenzeitung.
Schäuble forderte in diesem Zusammenhang außerdem, EU-Gelder effizienter einzusetzen. "Wir müssen uns in der europäischen Förderpolitik stärker auf Schwerpunkte konzentrieren und so weit wie möglich vom Gießkannenprinzip wegkommen."
(AFP)><Aus Athen berichtet David Böcking
Weil Jannis Papagrigorakis ein Mann von Welt ist, nennt er sich nicht Jannis. Auf der Visitenkarte steht die englische Übersetzung seines Vornamens: John. Kein ausländischer Geschäftspartner soll durch ungewohnte Worte verunsichert werden.
Wer Papagrigorakis in seinem Büro im Athener Diplomatenviertel Kolonaki besucht, betritt eine Welt gepflegten Wohlstands: An den Wänden Marmorplatten, hinter dem Schreibtisch eine riesige Karte des Balkan, ein historisches Original. Vor der Tür wachsen säuberlich gestutzte Orangenbäume.Der 56-Jährige ist Gründer und Chef von Jepa, einem Ingenieursbüro, das die Elektronik von Großprojekten entwirft. Die Liste vollendeter Projekte liest sich beeindruckend, sie reicht vom neuen Akropolis-Museum bis zum Londoner Flughafen Heathrow. Doch die Liste wird kaum noch länger. "In den letzten zwei Jahren hat sich unser Geschäft um 95 Prozent reduziert", erzählt Papagrigorakis. "Wir sind ein Büro mit 43 Leuten - und kein einziges Telefon klingelt!"
Was sie bei Jepa spüren, ist der Kollaps der griechischen Privatwirtschaft. Die machte bis vor drei Jahren 97 Prozent der Aufträge aus. Jepa plante für Banken, Hotels und Restaurants, das Geschäft lief. "Der Privatwirtschaft ging es gut", sagt Papagrigorakis. Dann aber habe der griechische Staat sie ins Unglück gestürzt. Und nun mache die Regierung, wie so oft in den letzten 30 Jahren, schreckliche Fehler. "Statt den öffentlichen Sektor zu reduzieren, erhöht sie die Steuern.
Griechen wie Papagrigorakis ist der eigene Staat ähnlich fremd wie vielen Ausländern. Während manche Staatsbedienstete noch vor der Mittagspause von der Arbeit zurückkehren, arbeiten die meisten Privatunternehmer hart. Bei Jepa sind 15-Stunden-Tage die Regel, ebenso wie Wochenendschichten. Viele Staatsunternehmen hätten dagegen schlicht "keinen Grund zu existieren", schimpft Papagrigorakis. Er verweist auf das berühmte Beispiel eines Amts, das die Trockenlegung eines bereits 1957 verschwundenen Sees überwachen soll.
Die Ausbildung ist eine Stärke
In Griechenland arbeitet jeder Vierte beim Staat. Die Industrie steuert nur knapp zwölf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei - etwa halb so viel wie in Deutschland. Damit macht der Mittelstand, also kleine und mittlere Betriebe, den größten Teil der griechischen Wirtschaft aus. Und dieser Mittelstand hat durchaus Stärken. So gelten griechische Akademiker als gut ausgebildet - gerade Ingenieure wie sie bei Jepa arbeiten.
"Ich war positiv überrascht von der hohen Kompetenz, die ich hier vorgefunden habe", sagt Byron Vargas. Er ist seit einem Jahr technischer Geschäftsführer beim griechischen Ableger von Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH). Das Unternehmen produziert schon seit Ende der siebziger Jahre im Land, in zwei Fabriken entstehen Kühlschränke und Herde.
Während aber Bosch und Siemens deutsche Marken mit gutem Ruf sind, mangelt es in Griechenland an klangvollen Firmennamen. Zwar gab es einst starke Branchen wie die Textilindustrie. Doch die waren nicht länger wettbewerbsfähig, als sich Griechenland innerhalb der EU plötzlich gegen osteuropäische Länder behaupten musste. Neue Investitionen gibt es seitdem kaum noch, auch viele griechische Unternehmer steckten ihr Geld lieber in Balkanländer.
Heute hat die griechische Wirtschaft ein Imageproblem - auch im eigenen Land. "Viele Griechen glauben gar nicht, dass man hier so eine hohe Fertigungsqualität erreichen kann", berichtet Vargas. Manche griechischen Firmen würden inzwischen sogar ihre Herkunft verschleiern, erzählt ein Wirtschaftsvertreter in Athen. So vermarkte ein Pharmaunternehmen seine Produkte bewusst über eine PR-Firma im Ausland.
Es ist freilich nicht nur ihr Ruf, der griechischen Unternehmen zu schaffen macht. Im Inland können sie angesichts des Konsumeinbruchs derzeit kaum noch Geld verdienen. Auch die BSH verzeichnete im vergangenen Jahr in Griechenland einen Umsatzrückgang und musste Mitarbeiter entlassen. Doch die Deutschen können in Griechenland nun verstärkt für andere EU-Länder produzieren. Viele griechische Unternehmen sind dagegen zu klein, um überhaupt international mitzuspielen.
"Wir sollen ins Ausland, aber die Regierung hilft nicht"
Das durchschnittliche griechische Ingenieursbüro habe nur fünf bis sechs Mitarbeiter, erzählt Jepa-Chef Papagrigorakis. Das sei zu wenig, um sich für Großprojekte zu bewerben. "Niemand braucht einen griechischen Ingenieur, um in Katar ein 200-Quadratmeter-Haus zu bauen."
Jepa dagegen ist an Großprojekten in so unterschiedlichen Ländern wie der Ukraine, Nigeria oder dem Irak beteiligt. Dabei treten Papagrigorakis und sein Team neuerdings nicht mehr alleine auf, sondern als Teil einer Interessengemeinschaft namens Sibraxis. Unter ihrem Dach bieten rund 250 Experten vom Ingenieur bis zum Designer gemeinsam ihre Dienste an. Die Gruppe sei wohl die erste ihrer Art, sagt Papagrigorakis - und aus der Not geboren. "Die Regierung sagt immer, dass wir ins Ausland gehen sollen. Aber sie hilft nicht dabei."
Auch bei Investitionen im Inland empfinden Unternehmer den griechischen Staat als wenig hilfreich. "Die Genehmigungsverfahren müssen verbessert werden. Sonst verpasst das Land eine Riesenchance", sagt Byron Vargas. Der BSH-Manager hat zuvor lange in Spanien gearbeitet. Auch dort könne es mit Genehmigungen länger dauern, sagt er. "Aber man weiß, wann die Entscheidung kommt."
Dass er für neue Investitionen mehr tun muss, hat im Angesicht der Krise auch der griechische Staat erkannt. "Hindernisse überwinden" ist der bezeichnende Titel einer Konferenz, welche die griechische Regierungsagentur "Invest in Greece" am Freitag in Athen abhält. Dort wird ein im Februar verabschiedetes Gesetz vorgestellt, das Investitionen erleichtern soll.
Allerdings zielen die neuen Regeln nur auf Großprojekte. Dazu zählt etwa die Privatisierung des früheren Athener Flughafens Hellinikon. Anfang des Jahres schien die griechische Regierung schon fast einen Verkauf an Investoren aus Katar vereinbart zu haben. Doch seitdem sind die Verhandlungen ins Stocken geraten. BSH-Manager Vargas glaubt, dass die Regierung nicht nur auf solche Mega-Deals setzen sollte. "Auch für den Mittelstand müsste es beschleunigte Genehmigungsverfahren geben", sagt er. "Das hat ein Riesenpotential."Für Papagrigorakis und seine Mitarbeiter können neue Aufträge gar nicht früh genug kommen. Nur durch Gehaltskürzungen habe Jepa bislang Entlassungen vermeiden können, sagt der Firmengründer. Die Ingenieure profitieren von ihrem Fleiß: Jepa verbrennt nun Kapital, das in den vergangenen zehn Jahren aufgebaut wurde.
Was die Regierung als nächstes entscheidet, scheint Papagrigorakis fast schon egal zu sein. Solle sie doch die Steuern noch weiter erhöhen , sagt er mit bitterem Lachen. "Mir ist die Besteuerung ziemlich egal, solange wir sowieso keinen Gewinn mehr machen."
Mitarbeit: Ferry Batzoglou>
Einige europäische Banken signalisieren ihre Bereitschaft, der Griechen Zahlungsaufschub zu gewähren. In Deutschland ist das steuerlich absetzbar.
Griechenland kann im Kampf gegen die drohende Staatspleite auf ein Entgegenkommen privater Gläubiger hoffen. Die französisch-belgische Bankengruppe Dexia ist Kreisen zufolge zu einem Zahlungsaufschub bereit, ebenso italienische Geldhäuser und die französische Crédit Agricole. Dexia habe signalisiert, einer freiwilligen Verlängerung der Laufzeit seiner griechischen Staatsanleihen zuzustimmen, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Offiziell wollte Dexia dazu nicht Stellung nehmen.
Deutsche Geldinstitute können verlustreiche Griechenland-Engagements steuerlich geltend machen.
In Deutschland gehen die Verhandlungen mit den Banken über eine Beteiligung an einem Hilfspaket für Griechenland am Freitag weiter, wie „Welt Online“ aus Verhandlungskreisen erfuhr. Schon am Mittwoch gab es in Frankfurt Gespräche, die jedoch bereits nach weniger als zwei Stunden vertagt wurden.
Während einerseits das deutsche Finanzministerium mit den Banken über ihre Beteiligung debattiert, erleichtert es ihnen andererseits bereits jetzt, Wertminderungen aus Griechenland-Engagements besser zu verdauen. Wie „Welt Online“ erfuhr, setzten Kreditinstitute erstmals mit dem Bilanzstichtag zum 31.12.2010 pauschale Wertberichtigungen auf Griechenland-Anleihen steuerlich ab.
Dass diese Möglichkeit besteht, geht aus einer Tabelle des Bundeszentralamts für Steuern und aus dem Entwurf eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums hervor, das „Welt Online“ vorliegt. Demnach können im deutschen Bilanzierungsstandard nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) pauschale Wertberichtigungen auf Länderrisiken gebildet und steuerlich abgesetzt werden.
Die Möglichkeit, Wertminderungen auf griechische Staatsanleihen steuerlich abzusetzen, ist politisch brisant: Schließlich ging das Finanzministerium bisher davon aus, dass eine Pleite Griechenlands auf jeden Fall verhindert werden soll. Eine Wertminderung von griechischen Staatsanleihen wäre damit ausgeschlossen. Dem widerspricht, dass das Bundeszentralamt für Steuern schon Ende 2010 pauschale Wertberichtigungen anerkannt hat.
Das Finanzministerium wies darauf hin, dass der Entwurf des Schreibens nie offiziell geworden sei und man sich deshalb nicht darauf berufen könne. Dass die gängige Praxis jedoch eine andere ist und toleriert wird, wollte das Ministerium nicht kommentieren.
Währenddessen hat die europäische Bankenaufsicht EBA einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ zufolge, einen Ausfall griechischer Staatsanleihen in die Bankenstresstests aufgenommen. Bei den ebenfalls derzeit laufenden Stresstests für Versicherungen wird hingegen dieser Fall nicht durchgespielt. Die Versicherungsaufsicht Eiopa führt jedoch eine Sonderprüfung zu europäischen Staatsanleihen durch, wie die Behörde „Welt Online“ bestätigt.>
<Ökonomen halten die von der Kommission diskutierte Investitionshilfe für Griechenland für zu klein. Denn 1 Mrd. Euro entspricht nicht einmal 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Ökonomen haben den Vorschlag der EU-Kommission für ein Investitionsprogramm für Griechenland scharf kritisiert. Der Vorschlag zeige, dass Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Situation in Griechenland einfach nicht verstanden habe, sagte der renommierte Wirtschaftsprofessor Charles Wyplosz vom Graduate Institute in Genf der FTD. Das diskutierte Volumen sei verschwindend gering.
Barroso hatte am Dienstag gesagt, er wolle beim am Donnerstag beginnenden Gipfel vorschlagen, kurzfristig 1 Mrd. Euro für Griechenland aus dem europäischen Strukturfonds zu mobilisieren.
Das wären etwas weniger als 0,5 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung. Verglichen mit Konjunkturpaketen in der Krise nicht viel: Deutschlands Konjunkturhilfe lag laut Dekabank insgesamt bei 3,4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP), in den USA waren es sogar 7,2 Prozent. Dem gegenüber steht in Griechenland derzeit ein Sparprogramm, das allein im vergangenen Jahr bei rund acht Prozent vom BIP lag und die Binnennachfrage massiv belastet."Mit 1 Mrd. kann man nicht viel bewegen"Als "Peanuts" bezeichnete den Vorschlag daher auch Daniel Gros, Direktor des Brüsseler Centre for European Policy Studies. Zumal man sinnvolle Investitionen nicht von heute auf morgen finden und ausführen könne, so Gros. Ähnlich sieht es Kai Carstensen, Konjunkturchef vom Ifo-Institut: Der Vorschlag sei mal wieder Symbolpolitik. "Weder ist die Größenordnung signifikant noch das Instrument das richtige", so Carstensen.
"Jedes bisschen hilft", sagte dagegen Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. "Da Griechenland völlig unterausgelastete Kapazitäten hat, gäbe es kaum einen Verdrängungseffekt." Würde das Geld innerhalb eines Jahres ausgegeben, würde es also die jährliche Wirtschaftsleistung entsprechend anheben, so Schmieding.Eine Reihe von Ökonomen und Politikern fordern jedoch ein deutlich höheres Volumen. So hatte die liberale Fraktion im Europaparlament jüngst einen sogenannten Herkulesplan für Griechenland ins Gespräch gebracht. Danach sollte das Land neben den 20 Mrd. Euro, die Griechenland bis 2013 aus der derzeitigen Finanzplanung zustehen, vorweg 10 Mrd. Euro aus dem nächsten Finanzplanungszeitraum erhalten.
Eine höhere Summe als 1 Mrd. Euro wäre auch nach Ansicht von Benedicta Marzinotto, Forscherin am Brüsseler Thinktank Bruegel, problemlos finanzierbar. Es gebe noch ungenutzte Summen im EU-Strukturfonds, die man umschichten könne, so Marzinotto. Die Ökonomin fordert zudem nichts weniger als eine grundsätzliche Umgestaltung des europäischen Strukturfonds: In Krisenzeiten sollte er dazu dienen, notleidende Staaten aufzupeppeln und gezielt ihre strukturellen Schwächen anzugehen.
Von entscheidender Bedeutung ist dabei, in welchen Bereichen das Geld investiert wird. "Zum Beispiel in die Infrastruktur oder in die Solarenergie: Das hätte sowohl kurzfristige als auch langfristige Wachstumswirkungen", betonte Marzinotto. "Mit 1 Mrd. kann man im Bereich Infrastruktur nicht viel bewegen", sagte jedoch Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. "Bei einem so geringen Volumen sollte man das Geld daher zunächst dazu nutzen, Unternehmensgründungen zu fördern und den Rahmen zu bereiten für einen größeren strategischen Entwicklungsplan für Griechenland."
Wie sehr ein Investitionsprogramm, das der griechischen Nachfrage auf die Beine hilft, auch im Interesse Deutschlands wäre, zeigten am Mittwoch veröffentliche Zahlen zum Außenhandel: Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, sind im vergangenen Jahr die deutschen Exporte nach Griechenland gegenüber dem Vorjahr dramatisch eingebrochen. Sie sanken um 10,2 Prozent, während die Ausfuhren in die EU insgesamt zeitgleich um 15,5 Prozent stiegen.>Der neue Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. (Bild: Reuters)
Der italienische Notenbankchef Mario Draghi wird Präsident der Europäischen Zentralbank. Das beschloss der EU-Gipfel am Freitag, wie EU-Ratspräsident Hermann Van Rompuy mitteilte. Zuvor hatte der italienische EZB-Direktor Lorenzo Bini Smaghi mitgeteilt, er gebe sein Amt zum Jahresende auf, wie aus deutschen Regierungskreisen verlautete. Bini Smaghi war seit Juni 2005 Mitglied des Direktoriums der EZB.
Frankreich hatte die Ablösung Bini Smaghis gefordert, damit ein Franzose in das Gremium einziehen kann, wenn EZB-Chef Jean-Claude Trichet zum Herbst ausscheidet. Die Debatte über das Thema war auf dem Gipfel vom Donnerstag auf den Freitag verschoben worden, damit die Meinungsverschiedenheiten beigelegt werden konnten. Die EU-Kommission hatte auf eine Entscheidung gedrängt, damit nicht eine weitere Unsicherheit zusätzlich zu der kritischen Lage der griechischen Staatsfinanzen hinzukäme.
(dapd)>Anleger brauchen dieser Tage starke Nerven. Gestern kurz vor Börsenschluss stürzten die Finanztitel an den europäischen Börsen ab: UBS verloren 4,5 Prozent, Credit Suisse 3 Prozent, der SMI insgesamt 2 Prozent. Er fiel erstmals seit zwei Jahren wieder unter die 6000-er Marke.
Für Unruhe gesorgt hatte eine Äusserung von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Rande des Euro-Gipfels. Trichet machte deutlich, wie stark Europas Banken mit der Griechenland-Schuldenkrise verstrickt sind. Es gebe eine «ernsthafte Bedrohung» für die Finanzstabilität Europas «aus dem Zusammenhang zwischen der Verletzlichkeit der öffentlichen Finanzen einiger Mitgliedsländer und dem Bankensystem», sagte Trichet. Die Kurse reagierten sofort. Angesichts der seit Monaten andauernden Krise eine «etwas übertriebene» Reaktion, wie ein Händler gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte.
Rund 60 Milliarden Franken investiert
Doch für Europas Banken steht viel auf dem Spiel: Sie haben dem griechischen Staat insgesamt 52 Milliarden Dollar geliehen, griechischen Banken und Unternehmen weitere 85 Milliarden Dollar. Auch Schweizer Institute sind investiert, sie haben umgerechnet 2,8 Milliarden Dollar geliehen. Das ist an sich kein besonders hoher Betrag – doch die gefürchtete Kettenreaktion im Euro-Raum könnte den Banken gefährlich werden: In Portugal, Italien, Irland, Spanien und Griechenland zusammen haben UBS und Credit Suisse Kredite für 60 Milliarden Franken vergeben, wie die Nationalbank letzten Juni mitteilte.
Die Euro-Krise lässt sich ohne ein Engagement der Banken nicht überwinden. Das machte auch EU-Währungskommissar Olli Rehn klar, als er gestern kurz nach Trichet vor die Medien trat: Die EU erwarte, dass sich Banken und weitere private Gläubiger an der Hilfsaktion beteiligten, sagte Rehn – die Finanzminister führten bereits entsprechende Gespräche mit den Instituten. Ziel ist, dass diese Griechenland eine Laufzeitverlängerung auf den Anleihen gewähren.
Hoffnung nach der Erklärung aus Brüssel
Kurz darauf vermochten die EU-Staatschefs die Banken vorübergehend zu beruhigen. Sie veröffentlichten am späten Abend eine Erklärung, dass die Union, EZB und IWF Griechenland nicht im Stich lassen würden. Das Land werde eine weitere Finanzspritze im Umfang von bis zu 110 Milliarden Euro erhalten, falls das Parlament in Athen nächste Woche einem Sparpaket von 28 Milliarden Euro zustimmt. Die Wallstreet zog leicht an. Die europäischen Börsen folgten heute Morgen: Der SMI legte bis zum Mittag um 0,5 Prozent zu, der DAX 1,3 Prozent. UBS gewannen 1,3 Prozent. Die Credit Suisse legte erst leicht zu und verlor dann 0,22 Prozent.
Ein Aufatmen sieht anders aus. Die Probleme, sagte denn auch ein Händler gegenüber Reuters, seien «noch lange nicht gelöst». Am Nachmittag wartet ausserdem die nächste Nervenprobe: In den USA werden die definitiven BIP-Zahlen aus dem ersten Quartal erwartet – sie könnten einen erneuten Dämpfer bringen.
(baz.ch/Newsnetz)>Die griechische Schuldenkrise steht am derzeit laufenden zweitägigen Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel im Mittelpunkt. Diskutiert werden dürfte dabei auch die Idee von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der am Dienstag anregte, eine Milliarde Euro aus dem Kohäsionsfonds für wirtschaftlich weniger entwickelte EU-Länder für Griechenland freizustellen.
Während amtierende Politiker also noch über die Rettung Griechenlands diskutieren, können es sich pensionierte Politiker wie Joschka Fischer leisten, Klartext zu reden: «Entweder kommt es zu einem geordneten Zahlungsausfall oder zu einem ungeordneten», schrieb Fischer diese Woche in der «Süddeutschen Zeitung» zur Griechenlandkrise. Die Beteiligung der Banken am zweiten Rettungspaket erscheint unabdingbar. Denn ohne einen zumindest teilweisen Verzicht der Gläubiger auf die griechischen Schulden ist das Land langfristig nicht zu retten.
Offenbar wird im Hintergrund ein ordentlicher Untergang geplant. Es gebe informelle Gespräche zwischen Grossbanken, dem deutschen Finanzministerium und der Europäischen Zentralbank, hiess es in Bankkreisen. Demnach wird dort eine Risikoabschätzung vorgenommen, wie hoch der Verzicht der Gläubigerbanken auf Staatsschulden in den nächsten Jahren ausfallen kann, ohne die Banken und damit das internationale Finanzsystem zu gefährden. Dies wäre dann ein geordneter Zahlungsausfall, im Gegensatz zu einem plötzlichen Grounding Griechenlands, das zu unkontrollierbaren Kettenreaktionen führen könnte.
Es erscheint logisch, dass Banken spätestens jetzt eine Bilanzplanung vornehmen. Viele dürften ihre Griechenland-Anleihen abgeschrieben haben, oder sie sind durch das erste Hilfspaket gedeckt. Jetzt wird offenbar geklärt, wie viele restliche Anleihen noch in den Bilanzen der Banken stehen – und auf wie viel Schulden die Institute verzichten können, ohne in Bilanzprobleme zu geraten. Die Banken haben aus der Lehman-Pleite gelernt und streben eine vorsorgliche Kontrolle der toxischen Papiere auf ihren Büchern an.
Horrorszenario
Auch die Politiker wollen einem Horrorszenario «Lehman II» entgehen und möchten den Banken Zeit zum Entgiften geben. Dies ist nämlich laut dem Analysten für europäische Wirtschaftspolitik der Deutschen Bank, Nicolaus Heinen, der Sinn ihrer Rede von einer freiwilligen Beteiligung. Dies sei als Weckruf für diejenigen Banker zu verstehen, die sich bis jetzt nicht auf einen Kreditausfall und damit auf den Zwangsfall vorbereitet hätten. Spätestens jetzt sollte auch die letzte Bank alarmiert sein und den Wert ihrer Griechenanleihen geordnet abschreiben.
«Diese freiwillige Umstrukturierung mit Ansage ist hilfreich. Denn je mehr Zeit bis zu einer freiwilligen Beteiligung von Gläubigern ins Land geht, desto besser können diese ihre griechischen Anleihen abschreiben», sagt Heinen. Wenn dann ein Schuldenschnitt komme, bedeute dies für die Banken dann keine Katastrophe mehr.
Praktisch nichts zu verlieren
Mehr noch: Ein teilweiser Schuldenerlass könne in diesem Fall sozusagen freiwillig erfolgen, weil sich dann ohnehin viele Banken beteiligen würden, da sie praktisch nichts zu verlieren haben. «Damit verringert sich gleichzeitig das Risiko einer systemischen Krise», fügt Heinen an. Die Finanzmärkte dürften so nicht wie vor fast drei Jahren bei der Lehman-Pleite lahmgelegt werden, weil Banken sich aus Angst vor dem nahen «Gifttod» der Partnerbank gegenseitig kein Geld mehr liehen. Anscheinend geht es nun darum, welchen Zeitplan das zweite Hilfspaket für Griechenland für eine Beteiligung der Banken vorsehen soll, damit eine Umschuldung ohne Kollaps möglich wird.
Dies wäre auch in anderer Hinsicht hilfreich, wie der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, sagt: «Ein ungeordneter Staatsbankrott Griechenlands würde im Moment wohl die anderen Wackelkandidaten in der Euro-Zone anstecken und könnte eine weltweite Kettenreaktion auslösen.»
Er geht jedoch nicht von einem freiwilligen Schuldenschnitt aus, sondern rechnet mit Zwang beziehungsweise einem Default: In vielleicht einem oder zwei Jahren könnten sich nämlich die anderen Peripherieländer so weit stabilisiert haben, dass sie nicht mehr von einem Zahlungsausfall Athens angesteckt würden. «Dann könnte die Politik die Gläubiger an den Kosten der Griechenland-Rettung beteiligen, was die Ratingagenturen ja dazu zwingen würde, die Bonitätsnote Griechenlands auf Zahlungsausfall zu stellen.»
Symbolisch
Auch ohne Default wären Banken jedoch aus politischen Gründen gezwungen, sich einer Beteiligung an der Rettung Griechenlands anzuschliessen. Nach Lehman und dem Einspringen der Staaten können sie sich schlecht der Staatsrettung verweigern. Das betont Klaus Wellershoff, ehemaliger UBS-Chefökonom und heutiger Unternehmensberater. Anders als noch vor drei Jahren sieht er die Staaten nun am längeren Hebel: «Geschäftsbanken haben ein gewisses Interesse, sich wenigstens symbolisch an der Hilfe für Griechenland zu beteiligen, sie dürften sonst eine schärfere Finanzmarkt- und Bankenaufsicht fürchten.» (Basler Zeitung)>
Griechenland, Demonstration mit einem Transparent gegen Merkel und Sarkozy als Nazis und einer EU-Fahne
mit den EU-Sternen als Hakenkreuz (Foto von AFP aus dem Artikel)
<Aus Athen berichtet Manfred Ertel
REUTERSDie Griechen kämpfen gegen den Staatsbankrott, den persönlichen finanziellen Abstieg - und viele schäumen vor Wut. Sie machen Feinde von außen für die Krise verantwortlich: die EU, den Währungsfonds, vor allem aber die Deutschen. Warum eigentlich?
Es gibt neuerdings Tage in seinem Leben, da sieht Manolis Glezos, 89, die Schatten der griechischen Geschichte wieder vor sich, als wäre es erst gestern gewesen. "Unser Land hat sich von den Nazis befreit, aber wir haben es nicht geschafft, unsere nationale Unabhängigkeit zu erreichen," schimpft er dann. "Jetzt sind die Deutschen wieder da und regeln das Spiel."
Ein Ruck geht durch den kleinen gebeugten Körper des alten Mannes, wenn er von der Schuldenkrise seines Landes, den europäischen Auflagen und der Rolle der Deutschen spricht. Die politisch Verantwortlichen in Athen sind für ihn eine "Schattenregierung" - so wie damals General Georgios Tsolakoglou, der 1941 allzu willfährig die Kapitulation vor den Nazi-Besatzern unterzeichnete und zum ersten Ministerpräsidenten einer Kollaborationsregierung wurde.Die eigentlichen Machthaber in Athen seien heute andere, sagt Glezos: der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die EU: "Alles wird von dieser Troika bestimmt, und das Sagen haben da die Deutschen."
Der Alte spricht von den Ursachen der griechischen Krankheit, vom aufgeblähten Militäretat und von der Kapitalflucht ins Ausland. Bis zu 600 Milliarden Euro sollen da geparkt sein: "Ich kann das nicht fassen." Er spricht aber auch über Schulden und Schuld. "Deutschland schuldet uns 162 Milliarden Euro, ohne Zinsen", sagt Glezos. Er meint die Zwangsanleihe, die Griechenland an seine Besatzer abführen musste, die von ihnen entwendeten oder zerstörten Wirtschaftsgüter und die SS-Massaker in Distomo, Kalavrita oder anderswo: "Das ist eine Ungerechtigkeit, die nie wiedergutgemacht wurde."
Glezos' Wort hat Gewicht, mehr als das der meisten Führer im Land. Denn Glezos ist ein griechischer Nationalheld, der letzte vielleicht, seit die Hürden-Olympiasiegerin Fani Chalkia des Dopings überführt wurde und die Fußballer nichts mehr gewinnen. Zusammen mit seinem Freund Lakis Santas hat er in der Nacht zum 31. Mai 1941 die Hakenkreuzfahne der verhassten Nazi-Besatzer von der Akropolis geholt. Während die deutschen Bewacher die Einnahme Kretas feierten, waren die Jugendlichen den Felsen hochgeklettert, hatten die Fahne abgeschnitten, in Stücke zerfetzt und in einen leeren Brunnen geworfen.
Der Coup, der ihn zum Helden machte, konnte nur gelingen, weil an dem Tag die Schlacht um Kreta endete. "Die Deutschen haben gefeiert, und wir mussten ihnen zeigen, dass jetzt unser Widerstand beginnt."
Zwei Drittel der Griechen reden negativ über die Deutschen
Sich zu wehren gehört zur Lebensphilosophie von Glezos. 1942 verurteilten ihn die Nationalsozialisten zum Tode, 1948 die neuen griechischen Machthaber, sie sahen in ihm einen kommunistischen Aufrührer. Im April 1967 steckte die Militärjunta den Linken ins Gefängnis, im März vorigen Jahres wurde er bei Protesten gegen die Sparmaßnahmen der heutigen Regierung leicht verletzt. Jetzt wehrt sich der Autor, der für die Sozialisten und die Linkspartei Syriza im Parlament saß, gegen die politische Realität. Sie verlangt den Bürgern harte Einsichten und tiefe Einschnitte ab, damit die benötigten Finanzhilfen fließen. Denn de facto ist das Land bankrott, es kann aus eigener Kraft nicht überleben. "Kredite sind ein Merkmal der Unterdrückung", sagt dagegen Glezos, seine Realität ist eine andere: "Die Troika unter Führung der Deutschen macht, was sie will."
Da ist es wieder, das Trauma der Nazi-Zeit, das - gepaart mit der Wut über die angebliche Vormachtstellung Berlins und arroganten Schlagzeilen über Filz und Faulheit eines ganzen Volkes - einen neuen Deutschenhass schürt. Vor der Krise galten die Deutschen bei 78 Prozent der Hellenen als beliebteste Europäer, neuerdings äußern sich zwei Drittel der Griechen negativ über Deutschland. Manche deutsche Repräsentanten in Athen trauen sich schon nicht mehr auf die Straße, wenn Demonstrationen an ihnen vorbeiziehen.Linke wie rechte Oppositionsparteien und erst recht die Gewerkschaften, die versuchen, die Privilegien der Besitzenden vor den Einsparungen zu verteidigen, denunzieren die Sparauflagen gern "als Angriff von außen". Und selbst im Kabinett ist die Legende von der Fremdbestimmung und feindlichen Übernahme bereits angekommen. Auf einer der letzten Sitzungen, auf der vor allem das neue Privatisierungsprogramm über 50 Milliarden Euro durchgepaukt werden sollte, entfuhr einem der Minister das Unwort: "Katochi!". Lauthals schimpfte er: "So geht das nicht weiter."
"Katochi" heißt so viel wie "Besatzung" und wird auch gern als Begriff für eine Art finanzieller Fremdherrschaft benutzt. "Oxi!" riefen andere aus, das bedeutet "nein" und "ich bin dagegen", steht aber auch für "Widerstand". Auch wenn Premier Georgios Papandreou seine Partei wieder geeint hat und nach der Vertrauensabstimmung diese Woche fester im Sattel sitzt als noch vor wenigen Tagen: Der Kabinettsstreit ist symbolisch für einen Stimmungswandel, der das Volk spaltet. Große Teile der Griechen ziehen sich zurück in eine Trutzburg aus Selbstmitleid: Wir gegen die - die in der eigenen Regierung, die in Berlin und in den anderen europäischen Hauptstädten.>
Teil 2:
aus: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,770038-2,00.html
"Wir zahlen nicht, wir haben keine Schulden", schreit diese neue Bürgerbewegung, die seit Tagen jeden Abend den Platz der Verfassung vor dem Parlament besetzt, mal mit 10.000, mal mit 50.000 Menschen. Sie rufen "Diebe" und meinen die eigene politische Klasse. Sie rufen "haut ab" und meinen die europäischen Regierungschefs.
Über so viel Uneinsichtigkeit würde sich Kostas Charitos wohl nur wundern. Der brummige und manchmal etwas altmodische Kommissar sucht die Schuld nicht bei anderen. Seit Jahren zieht er gegen "Spezialkontakte" und "das erforderliche Vitamin B" in seinem Heimatland zu Felde. Er kritisiert die alltägliche Korruption, die Bestechung und den Filz, die wie Mehltau über dem Land liegen. Und er fragt sich immer öfter: "Wieso komme ich mir vor wie der letzte Trottel?"
Charitos ist die Hauptfigur in den Kriminalromanen von Petros Markaris, 71, und er ist sein Alter ego. "Wenn Charitos denkt und die Lage kommentiert, spricht immer Markaris", sagt der Autor. Und der wundert sich: "Griechenland ist ein anderes Land geworden."
Markaris hat Goethes "Faust" übersetzt und Brechts "Mutter Courage". Er gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellern und TV-Autoren seines Landes und wurde 2008 zum Präsidenten des Nationalen Buchzentrums gewählt. Und er ist genau das Gegenteil von Manolis Glezos: das personifizierte schlechte Gewissen. "Die Griechen sind noch nicht aufgewacht," sagt er.
Markaris sitzt in einer Taverne in der Athener Innenstadt und erinnert sich an eine "Kultur der Armut", die seine Landsleute noch vor 50 Jahren auf "ganz hohem Niveau" geeint habe. Dann kam die Europäische Gemeinschaft, mit dem Beitritt kam auf einmal das Geld, "und mit dem Geld ging der Anstand der Armut verloren".
Der Bestsellerautor sucht nach Gründen für diesen Zustand. Ein echtes Bürgertum habe es historisch nie gegeben, sagt er, ebenso wenig wie eine Epoche der Aufklärung, vielleicht ist das eine der Ursachen für fehlenden Gemeinsinn und abhandengekommene Solidarität: "Persönlicher Wohlstand ist das einzige Ziel, das Griechen noch haben."
Der Staat wird von den eigenen Leuten besetzt
Das politische System habe einen Staat aufgebaut, "der von den eigenen Leuten besetzt wird," von einer Elite, die nur noch eigenen Interessen folge, frei nach dem Motto: "Das Land wird untergehen, aber wir nicht, wir behalten unsere Privilegien."
Wen und was er damit meint, wird schnell klar, wenn er über die Situation im Öffentlichen Dienst und in den Staatsbetrieben spricht. "14 Gehälter und drei Prämien dafür, dass sie nicht arbeiten" - Markaris schüttelt den Kopf, er kämpft mit Worten gegen das Virus, das sein Land befallen hat.
Markaris schreibt an einer Trilogie über die Krise, der erste Band "Faule Kredite" wird im Herbst auf Deutsch erscheinen. Kommissar Charitos kämpft darin gegen seinen eigenen finanziellen Notstand und die "großen Verführer" in den Banken, die durch leichtfertige Kredite die Krise erst möglich gemacht haben. Und von denen einige nun, im Krimi, mit dem Leben zahlen müssen. Im zweiten Band wird es um Steuerhinterziehung gehen, ein anderes Hauptsymptom der griechischen Krankheit.
"Die Griechen wollen ein klares Wort hören", sagt Markaris und er spricht es aus, so oft er gefragt wird: "Das Land befindet sich am Scheideweg, wir müssen uns entscheiden, entweder zusammenstehen und kämpfen oder so weitermachen. Aber das kann nicht gutgehen.">
Griechenland, Demonstration mit einem Transparent gegen Merkel und Sarkozy als Nazis und einer EU-Fahne mit den EU-Sternen
als Hakenkreuz, Totalansicht (Foto von AFP aus dem Artikel)
<Der Unionsfraktionschef kritisiert die Ressentiments gegen Deutschland bei den Protesten in Griechenland. Die Griechen sollten ihre Hausaufgaben machen.
Unionsfraktionschef Volker Kauder hat sich irritiert über Ressentiments gegen Deutschland im Rahmen der Proteste in Griechenland geäußert. „Für anti-deutsche Parolen in Griechenland habe ich kein Verständnis“, sagte Kauder zu „Spiegel Online“.
„Deutschland will helfen. Und wenn die beschimpft werden, die helfen wollen, ist das eigenartig. Es nützt Griechenland doch nichts, wenn wir einfach Geld geben und sich an der Situation des Landes nichts ändert.“
Weiterhin "Hausaufgaben" machen
Kauder forderte die Griechen auf, weiterhin ihre „Hausaufgaben“ zu machen. „Der öffentliche Dienst ist überbesetzt, Steuern dürfen nicht nur veranlagt, sie müssen auch eingenommen werden, und die Menschen müssen einsehen, dass Schwarzarbeit niemandem hilft“, zählte der Fraktionschef auf.
„Ich weiß, das ist schmerzlich. Aber die Griechen müssen um ihrer selbst Willen handeln.“ Bei Protesten in Griechenland war besonders Deutschland für das internationale Drängen auf verschärfte Sparauflagen verantwortlich gemacht worden.
Kauder kritisierte zudem die konservative griechische Oppositionspartei Nea Dimokratia und deren Vorsitzenden Antonis Samaras dafür, dass sie sich dem Sparkurs der Regierung weiterhin verweigert.
„Ich habe kein Verständnis, dass die griechische Opposition, die unserer europäischen Parteifamilie angehört, hier nicht mitmacht“, sagte der CDU-Politiker. „Die Opposition in Athen muss einsehen, dass es um eine nationale Aufgabe geht."
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist optimistisch, dass die griechische Schuldenkrise und die Belastungen für den Euro überwunden werden können. "Wir werden aus der Krise die richtigen Lehren ziehen", verkündete sie zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel, der neue Milliardenhilfen für Griechenland angeschoben hat.
Die EU-Staats- und Regierungschefs legten einen konkreten Fahrplan zur Lösung der Schuldenkrise vor, die die Finanzstabilität ganz Europas bedroht. Die Griechen müssen als Vorbedingung aber das neue Spar- und Privatisierungsprogramm von Ministerpräsident Giorgos Papandreou akzeptieren - und in die Tat umsetzen. Dazu sei eine "nationale Einheit" der Griechen notwendig, verlangten die EU-Chefs in ihrer Gipfelerklärung. Merkel zeigte sich zuversichtlich, dass das griechische Parlament in der kommenden Woche diese umfassenden Maßnahmen verabschieden wird. Doch sie blieb Antworten auf die Frage, was passiert, wenn das heiß umstrittene Paket bei den Abgeordneten durchfällt, schuldig. Darüber gebe sie "keine Spekulationen" ab, sagte sie.
Nach dem Fahrplan des Gipfels werden die Euro-Finanzminister in gut einer Woche am 3. Juli über neue Hilfen entscheiden. Es geht dabei um das neue Hilfspaket, das bis zu 120 Milliarden Euro ausmachen könnte. Zudem muss auch die Auszahlung der Juli-Tranche von 12 Milliarden Euro aus dem alten Hilfsprogramm gebilligt werden. Falls diese Kredite nicht fließen, ist Athen direkt pleite. Merkel begrüßte es, dass sich Griechenland nun mit dem IWF und der EU auf die Bedingungen für die Ratenzahlung geeinigt hat.
Keine Zahlen zur möglichen Bankbeteiligung
Die Kanzlerin wiederholte auch ihre Forderung nach Beteiligung privater Gläubiger an der Entlastung Griechenlands. Um die Kosten nicht nur dem Steuerzahler aufzuerlegen, wollen die Euro-Länder auch Banken und Versicherungen daran beteiligen. Darauf drängt besonders Deutschland. Nach den Plänen sollen Banken und Versicherungen freiwillig neue griechische Staatsanleihen kaufen, wenn alte auslaufen. Details wollen die Euro-Finanzminister bei einem Treffen am 3. Juli ausarbeiten. Merkel wollte sich jetzt in Brüssel aber nicht zu Gesprächen mit den Banken äußern. Wie substantiell dieser Beitrag sein könne, werde "sich erweisen". Zahlen könne man noch nicht nennen.
Nach Angaben von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sind französische Banken zu einer freiwilligen Beteiligung an der Rettung Griechenlands bereit. "Die generelle Antwort lautet: Ja", sagte Sarkozy beim EU-Gipfel. "Aber das sind nicht nur die Banken, die auf freiwilliger Basis mitmachen wollen, sondern auch die Versicherungen." Dies sei Teil der Gespräche der Staats- und Regierungschefs gewesen.
Französische Banken sind im hochverschuldeten Griechenland besonders stark engagiert. Falls Banken und Versicherungen bei dem neuen, zweiten Hilfspaket für Griechenland an den Kosten beteiligt würden, träfe dies Frankreichs Banken daher hart.
Alles hängt an Athen
Sarkozy versuchte, alle Zweifel zu zerstreuen: "Ich kann Ihnen versichern, dass es keine Schwierigkeiten oder Ängste gibt." Zugleich betonte er den absoluten Willen der Politik, den Euro zu retten und die Finanzstabilität der Euro-Zone als Ganzes zu bewahren.
Die derzeit wichtigste Entscheidung dafür fällt kommende Woche in Athen. Nur wenn Ministerpräsident Papandreou sein vom IWF und der EU gefordertes Reformpaket durch das Parlament bringen kann, steht die Basis für neue Hilfskredite der internationalen Gemeinschaft - und damit für eine zumindest zeitweilige Beruhigung der Finanzmärkte. Und nur wenn die Opposition wie in Portugal und Irland ihre Zustimmung zu einem radikalen Reformkurs gibt, wird der IWF sein Geld freigeben. Ansonsten droht Chaos in der Euro-Zone.
Deshalb hatten Staats- und Regierungschef in Brüssel schon vor dem eigentlichen Gipfel ihre ganze Überzeugungskraft in die Waagschale geworfen, um den griechischen konservativen Oppositionsführer Antonis Samaras von seiner starren Ablehnung des Reformpakets abzubringen. Vorerst sah es allerdings nicht so aus, als ob die Ermahnungen gefruchtet hätten. "Wir haben drei Stunden auf Samaras eingeredet", berichtete ein Teilnehmer, "ohne Erfolg".
Athen ist nun am Zug: "Griechenland muss sich strukturell, befindlichkeitsmäßig, seriositätsmäßig und ordnungspolitisch sehr verändern, damit es den Sprung in die Zukunft schafft", brachte es der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, in Brüssel auf den Punkt.
Griechen wollen streiken und blockieren
Allerdings hatte die griechische Öffentlichkeit schon bei Bekanntwerden der ersten Details aus Papandreous Sparpaket schockiert reagiert. "Es ist der Gnadenschuss für unsere Einkommen", titelte die linksliberale Zeitung "Eleftherotypia". Das konservative Boulevardblatt "Eleftheros Typos" kommentierte: "Unerträgliche Steuern".
Die wichtigste Abstimmung zum Sparprogramm soll am Dienstagnachmittag im Parlament stattfinden. Die zwei größten Gewerkschaften des privaten und des staatlichen Bereichs (GSEE und ADEDY) haben bereits für diesen und den folgenden Tag einen 48-stündigen Streik angekündigt. Die über das Internet organisierte Bewegung der "Empörten Bürger" will an beiden Tagen versuchen, alle Zufahrtswege zum Parlament in Athen sperren.
Das neue Nothilfe-Paket soll einen Umfang bis zu 120 Milliarden Euro haben. Zur Rettung vor dem Staatsbankrott profitiert Griechenland bereits von einem 110 Milliarden Euro schweren ersten Notpaket mit Krediten von Euro-Ländern und IWF. Griechenland ist das erste Euroland, das 2010 an den Finanztropf von EU und IWF musste. Später kamen Irland (85 Milliarden Euro) und Portugal (78 Milliarden Euro) dazu.
In Deutschland ist die Zustimmung zu den Griechenland-Hilfen hoch - obwohl eine Mehrheit nicht an eine finanzielle Stabilisierung Griechenlands glaubt. Nach dem aktuellen ARD-"Deutschlandtrend" sind 83 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass Griechenland auch langfristig auf das Geld anderer EU-Länder angewiesen sein wird. Nur jeder Zehnte rechnet damit, dass sich das Land aus eigener Kraft sanieren kann.
Schneller als gedacht, könnte der Sündenfall der Notenbank zum Problem werden. Denn ein Schuldenschnitt der Griechen würde die EZB in die Insolvenz zwingen.
Es versteht sich von selbst, dass sich Griechenland seit über einem Jahr faktisch im Staatsbankrott befindet – noch nicht juristisch, aber fiskalisch in jedem Fall. Die Politik versucht also, etwas zu ändern, was nicht mehr zu ändern ist. Ansonsten hätte man den Maastrichter Vertrag nicht so brutal brechen und einen Notfallfonds bilden müssen, euphemistisch „Rettungsschirm“ genannt. Doch „Lehman Brothers“ wird Griechenland nie werden: Dieser politische Schlachtruf dient derzeit nur der Nebelkerzenwerferei, um von Fehlern der politischen Entscheidungsträger vor einem Jahr abzulenken.
Was die deutschen Landes- und Privatbanken angeht, sind die griechischen Außenstände inzwischen relativ klein und überschaubar. Nur die Bad Banks der WestLB und der Hypo Real Estate haben noch Papiere über sechs bis sieben Milliarden Euro in ihren Büchern, alle anderen Banken im Normalfall jeweils unter einer Milliarde Euro. Ausnahmen sind Commerzbank mit knapp drei Milliarden Euro und die Deutsche Bank/Postbank mit 1,6 Milliarden Euro. Und das meiste davon haben die Vorstände in den letzten zwölf Monaten bereits abgeschrieben, ohne dies an die große Glocke zu hängen, weil dies politisch nicht opportun ist.
[Die EZB will keine Umschuldung oder Laufzeitverlängerung, weil sie sonst selbst Pleite geht - 23-fache Anleihen gegenüber dem Eigenkapital]
So, wie es jedoch aussieht, könnte die Europäische Zentralbank (EZB) durch Griechenland recht schnell in die technische Insolvenz schliddern, dadurch ein totales fiskalisches Chaos in den Euro-Ländern auslösen und manchen Staat auch in die Staatskrise reißen. Dies ist der verborgene Hauptgrund, warum die EZB so vehement und aggressiv gegen jede Umschuldung oder Laufzeitverlängerung in Griechenland, Irland oder Portugal wettert.
Die EZB ist momentan mit dem 23-fachen ihres Eigenkapitals nahezu so gehebelt wie Lehman Brothers in den dunkelsten Zeiten (damals das 30-fache). Der Durchschnitt anderer europäischer Notenbanken – Schweiz, Schweden, Norwegen – liegt bei einem Hebel von etwa 5,5. Selbst schlecht geführte Hedgefonds liegen sehr selten höher als das Zehnfache ihres Eigenkapitals. Darauf achten die Aufsicht führenden Gremien extrem genau, etwa die deutsche BaFin, die Schweizer FINMA, die amerikanische SEC oder die britische FSA. Die EZB hat aber nur 82 Mrd. Euro Eigenkapital und knapp 1900 Mrd. Euro Papiere auf ihrer Bilanz. Sie unterliegt keiner Aufsicht führenden Behörde.
Das ist der Hauptgrund, warum Finanzpolitiker wie Wolfgang Schäuble durchweg mit Panik agieren. Sie müssen jetzt erkennen, dass der „Rettungsschirm“ und EZB-Anleihekäufe vom Mai 2010 einen eklatanten Systembruch verursachten und nun die Euro-Staatshaushalte jederzeit in Regress genommen werden könnten – sprich der Steuerzahler. Auch die deutsche Bundesregierung wird es nicht schaffen, mal schnell 100 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt zu leiern, um die EZB zu stützen.
Allein ein Abschreibungsbedarf von 50 Prozent nur bei griechischen Anleihen würde einen Betrag dieser Größenordnung notwendig machen – die Zahl beinhaltet auch die deutschen Garantien, Zahlungen und Bürgschaften für den griechischen Rettungsschirm. So ist es kein Wunder, dass man vordergründig in Deutschland die privaten Gläubiger einspannen möchte. Dies hätte man besser bereits vor einem Jahr durch einen Schuldenschnitt machen sollen und damit die Verluste dort lassen würde, wo sie hingehören: bei den Anteilseignern der Privat- und Landesbanken als lausige Investoren.
Jetzt liegen sie dort, wo sie nicht hingehören: auf den Schultern des Steuerzahlers. Diese Warnung wurde vor einem Jahr ignoriert. Jetzt wird der Politik im wahrsten Sinne des Wortes umgehend die Rechnung für die Fehler präsentiert. Kommt selten so zügig vor, doch trifft es genau die, die es auch zu verantworten hat, nämlich diese Bundesregierung.
<Ab Juli unterstehen Standard & Poor's und andere Agenturen der europäischen Wertpapieraufsicht. Die fährt nun schweres Geschütz auf.
Damit unterstrich Maijoor den Anspruch der Europäer, mit ihren Regulierungsregeln in Abgrenzung zu den USA eigene Standards für die Risikobewertung zu setzen. Ab 7. Juli wird die ESMA alleiniger Aufseher über die Ratingagenturen in Europa. Auch Agenturen aus Drittstaaten wie den USA müssen von ihr dann lizenziert werden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass ihre Ratings in Europa genutzt werden, hieß es in der Zeitung.
Die Ratingagenturen sind mit der großen Finanzkrise selbst massiv in die Kritik geraten. Ihnen wurden Fehlbewertungen vorgeworfen und damit eine Mitschuld an der Krise. Als Bewerter des Risikos nicht nur von Unternehmen, sondern auch Staaten und ihren Kreditpapieren stehen sie zudem aktuell in Verbindung mit der Schuldenkrise in Teilen des Euro-Raumes wieder im Fokus.
<Die Kanzlerin hat in letzter Minute darauf verzichtet, Private für Griechenlands Drama zahlen zu lassen. Gut so. Es gibt subtilere Mittel, Geldinstitute am Schuldenabbau zu beteiligen.
Die Idee ist ja prima. Früher oder später sollten auch die fürs Staatsschuldendrama zahlen, die jahrelang dazu beigetragen haben. Indem sie sorglos griechische Anleihen kauften. Oder so lange mit Geld jongliert haben, bis die Blase platzte und Milliarden Staatshilfen nötig wurden, um Banken zu retten und die Depression zu verhindern. Die Rechnung, bitte.Es spricht nur einiges dafür, sie etwas später zu präsentieren. Das scheint, zumindest im griechischen Fall, auch die Kanzlerin kurz vor dem EU-Gipfel begriffen zu haben. Weil das Herumdrohen mit Gläubigerhaftung in derart labiler Finanz- und Vertrauenslage immer neue Panikschübe ausgelöst hat, die noch mehr Staatsschulden mit sich bringen.
Vorbild KriegsschuldenabbauEs hat etwas Groteskes, mit welchem Eifer EU-Kommission und Bundesregierung noch drängen, dass die Griechen ihre Schulden über noch mehr Steuererhöhungen, noch stärker gekürzte Renten und Ausgaben abbauen sollen. Wenn die Griechenland-Krise etwas gezeigt hat, dann, dass es auch bei einem hoch verschuldeten Land desaströs wirkt, das Defizit mit kurzatmigem Herumkürzen und Steuererhöhen senken zu wollen - weil das zunächst nur die Rezession verschärft und dem Finanzminister dann Einnahmen fehlen. Ein Teufelskreis.
Die beiden US-Ökonominnen Carmen Reinhart und Belen Sbrancia zweifeln ebenfalls daran, dass es unter solchen Bedingungen möglich ist, aus den Schulden herauszuwachsen - durch hohes Wirtschaftswachstum. Lehrreicher sei, was Briten und Amerikanern nach 1945 geholfen hat und von Fachleuten "Financial Repression" genannt wurde.* Fast vergessen.
Nach Kriegsende hatten die Briten Staatsschulden, die mehr als doppelt so hoch waren wie ihr Bruttoinlandsprodukt, viel mehr als heute die Griechen. Die Amerikaner kamen auf fast 120 Prozent. Zehn Jahre später lagen die Raten nur noch etwa halb so hoch - atemberaubend.
Am Wirtschaftswachstum allein könne das nicht gelegen haben, so Reinhart und Sbrancia. So hoch war das damals nicht. Es gab auch keinen Schuldenschnitt, wie ihn Rumpelökonomen gerade für ein häufig zitiertes südeuropäisches Land fordern. Auch keine Hyperinflation, mit der Staatsschulden weginflationiert werden und die ja auch, sagen wir, nicht uneingeschränkt populär ist.><Der Trick lag in der starken Regulierung, die Amerikaner wie Briten nach dem Liberalisierungsdesaster samt Großer Depression in den 30er-Jahren begonnen hatten. Dazu gehörte, dass auf Bankeinlagen Zinsobergrenzen eingeführt wurden, die dazu führten, dass es attraktiver schien, dem Staat mäßig verzinste Staatsanleihen abzukaufen. Oder dass die Leitzinsen niedrig gehalten wurden. Und dass es strikte Auflagen dafür gab, Geld ins Ausland zu schaffen, damit auch keiner vor den niedrigen Zinsen fliehen konnte. Dazu gehörte auch, dass die Regierungen Auflagen erließen, wonach zum Beispiel Pensionsfonds gezwungen wurden, einen bestimmten Teil der Depots mit Staatsanleihen zu bestücken. Was den Schuldendienst ebenso erleichterte.
Wie die US-Expertinnen eindrucksvoll darlegen, lagen die Zinsen in dieser Zeit daraufhin viel niedriger als in (früheren oder späteren) Zeiten stark liberalisierter Finanzmärkte - bei mäßig höherer Inflation. In den USA gab es in jedem vierten Jahr zwischen 1945 und 1980 mehr Inflation als Zinsen, sprich: negative Realzinsen. Bei den Briten war das in fast jedem zweiten Jahr so. Unter einem Prozent lagen die britischen Realzinsen knapp drei von vier Jahren.
Jedes Jahr mit negativen Zinsen reduziert Staatsschulden. Und der Effekt ist enorm. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sparten die USA in dieser Zeit jährlich gut drei Prozent an Zinszahlungen, die Briten sogar 3,6 Prozent, wie Reinhart und Sbrancia unter eher konservativer Annahme schätzen. Schon das hat die Schulden in zehn Jahren um mindestens 30 bis 40 Prozent des BIPs sinken lassen. Wofür die wenigen anderen Länder, denen so was bei normaleren Zinsen gelang, ein paar Jahrzehnte brauchten. Oder einen Dauerboom.
Wie Reinhart und Sbrancia ausrechneten, wären die Staatsschulden in Großbritannien ohne den Liquidierungseffekt niedriger Zinsen 1955 auf fast 250 Prozent gestiegen - statt auf 138 Prozent zu fallen. In den USA hätten sie zehn Jahre nach dem Krieg bei 140 statt bei 66 Prozent gelegen. Eine Frage von Pleite oder Nichtpleite.
Klar: Solch staatlich gedrückte Zinsen sind de facto eine versteckte Steuer auf Ersparnisse und Erträge der Finanzbranche, die der Staat zum Schuldenabbau nutzt. Nicht schön. Die Frage ist nur, was die Alternative ist. Immerhin ist - Obacht, Frau Merkel - damit auch der viel bemühte Privatsektor am Abbau der mitverschuldeten Staatsschulden beteiligt. Nur dass das Modell eher, sagen wir, hinterrücks wirkt. Und sich daher nicht so populär nutzen lässt, wie die Kanzlerin es gern hätte, damit die überforderten Abgeordneten im Bundestag dem nächsten Hilfspaket zustimmen.
Das Rezept würde die Konjunktur nicht so bremsen wie endloses Herumkürzen an Renten und Investitionen. Niedrige Zinsen helfen auch da. Und es trifft eine Branche, in der spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise fraglich ist, welchen gesellschaftlichen Mehrwert ein Großteil der Geschäfte überhaupt hat - ohne dass es potenzielle Käufer griechischer Staatsanleihen abschreckt, weil sie bei einer Pleite ihr Geld verlieren.
Könnte sogar sein, dass die Rückkehr zur Finanzwelt der Nachkriegszeit der einzige Weg ist, auf dem die weltweit hochgeschnellten Staatsschulden überhaupt wieder abgebaut werden - zusammen mit gestärktem Wirtschaftswachstum. Es ist ja nicht so, als seien die Jahre so schlecht gelaufen, in denen die Finanzbranche zwischen 1945 und 1980 am ganz großen Geldmachen gehindert war.<Nach heftigen Kursabschlägen wurden in Mailand mehrere Bankakatien zeitweise vom Handel ausgesetzt. Marktteilnehmer verweisen auf eine Ratingdrohung von Moody's und die schwache Finanzausstattung der Institute. Manche Begründung trägt humoristische Züge.
Unicredit fielen am Freitag Morgen um fast neun Prozent, Intesa Sanpaolo gaben um mehr als sieben Prozent nach, weswegen sie die Börsenaufsicht in Mailand zeitweise aus dem Handel nahm. Zur Mittagszeit wurde wurde das Geschäft mit den Aktien wieder aufgenommen, diese waren jedoch immer noch deutlich im Minus. Auch andere Banken standen auf der Verliererseite: So wertete UBI Banca, das viertgrößte Institut des Landes, mehr als fünf Prozent auf 3,628 Euro ab. Damit liegt der Kurs unter dem Preis einer heute laufenden Bezugsrechteemission.In das Bild der mangelnde Kapitalversorgung der Häuser passte auch das Gerücht, wonach Banca Popolare di Milano vor der Übernahme durch die italienische Zentralbank stünde, was das Haus jedoch dementierte. Die angekündigte Kapitalerhöhung des Versicherers Fondiaria, um die Finanzkraft zu stärken, sorgte zusätzlich für kritische Stimmung gegenüber Finanzunternehmen. Zudem verwiesen Marktteilnehmer auf Äußerungen des Zentralbankers Jose Manuel Gonzalez-Paramo, wonach die Schuldenkrise in absehbarer Zeit nicht überwunden werde. "Ich verstehe es nicht. Wir wundern uns, was hier passiert, alle Bankaktien werden gerade zertrümmert", zitiert Reuters einen italienischen Händler. "Ich glaube, ein paar amerikanische Händler sind ins Büro gekommen und haben den Moody's-Bericht gelesen."
In Paris wurden Finanzwerte verstärkt abgestoßen, nachdem Präsident Nicolas Sarkozy gesagt hatte, dass sich französische Banken und Versicherungen an freiwilligen Hilfen für Griechenland beteiligen werden. "So gut das für Griechenland ist, für die Banken steigt das Risiko", sagte ein Börsianer Reuters. Credit Agricole fielen um 1,5 Prozent, BNP Paribas und Societe Generale um 1,3 Prozent. In Frankfurt waren Commerzbank mit einem Minus von 1,4 Prozent größter Verlierer, Deutsche Bank verloren knapp ein Prozent.>
<Inglaterra no entrará a la Eurozona ni ayudará a Grecia>
Viernes, 24 de Junio de 2011 11:49
England wird der Eurozone nicht beitreten und Griechenland auch nicht helfen
Freitag, 24. Juni 2011, 11:49 Uhr; Übersetzung von Michael Palomino
de / aus: http://www.cronicaviva.com.pe/index.php/mundo/europa/22384-inglaterra-no-entrara-a-la-eurozona-ni-ayudara-a-grecia
<El primer ministro británico, David Cameron, manifestó que la entrada de Reino Unido en la Eurozona “sería una idea terrible,” ya que el hecho de contar con la libra puso a su país en una situación “más ventajosa” para superar la crisis económica internacional.
Cameron respondió así en una rueda de prensa al finalizar la Cumbre Europea en Bruselas al ser preguntado sobre el papel de Londres en la UE y su posible pérdida de influencia en la gobernanza económica dentro de la zona euro.
"Estar fuera del euro es tan ventajoso para nosotros que no tenemos ningún interés en participar en esas conversaciones sobre el futuro del euro,” afirmó el líder británico.
"Entrar en el euro sería una idea terrible para Reino Unido, ya que estamos en una época en la que necesitamos tener una gran flexibilidad económica,” afirmó Cameron, quien añadió que de no tener la libra, este país se encontraría “en una situación mucho peor.”
Cameron destacó asimismo que al Reino Unido “le interesa una zona euro próspera y en crecimiento,” pero recalcó la negativa de su país a contribuir a la ayuda a Grecia a través del Mecanismo Europeo de Estabilidad Financiera (EFSM).
"No participamos en el primer rescate a Grecia y no formamos parte de la zona del euro,” recordó el primer ministro británico.Marco Pérez>
Der britische Premierminister, David Cameron, betonte, dass der Beitritt des Königreichs zur Eurozone "eine schreckliche Idee" sei, denn die Situation mit der eigenen Währung, dem Pfund, sei doch "vorteilhafter", um die internationale Wirtschaftskrise zu überstehen.
Cameron machte diese Aussage an einer Pressekonferenz am Ende des Europagipfels in Brüssel, asl er über das Londoner Papier in der EU und seinen schwindenen Einfluss in wirtschaftlichen Angelegenheiten in der Eurozone befragt wurde.
"Ausserhalb des Euros zu stehen ist so vorteilhaft für uns, denn wir haben keinerlei Interesse, bei diesen vielen Konflikten über die Zukunft des Euros dabeizusein", versicherte der britische Führer.
"Dem Euro beizutreten wäre eine schreckliche Idee für das Vereinigte Königreich, denn wir befinden uns ja auch in einer Epoche, bei der wir eine grosse, wirtschaftliche Flexibilität brauchen", versicherte Cameron, denn wenn das Land das Pfund nicht hätte, dann befände sich das Land "in einer viel schlimmeren Lage".
Cameron betonte gleichzeitig, dass das Vereinigte Königreich "an einer blühenden und wachsenden Eurozone interessiert sei", betonte aber seine negative Haltung bezüglich Hilfen an Griechenland durch den europäisch-financiellen Stabilitätsmechanismus (EFSM).
"Bei der ersten Rettung von Griechenland machen wir nciht mit und wir werden auch nicht Teil der Eurozone sein", mahnte der britische Premierminister.
Marco Pérez
<Bei einem Besuch in Ungarn hat Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao umfangreiche Investitionen angekündigt. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban bezeichnete China als «strategischen Partner».China will massiv ungarische Staatspapiere kaufen und umfangreich in Ungarn investieren. Das kündigte der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao am Samstag nach einem Gespräch mit seinem ungarischen Amtskollegen Viktor Orban in Budapest an.
Orban sprach von einer chinesischen Hilfe in «historischer» Grössenordnung. Nun brauche sich sein Land um die Staatsfinanzen keine Sorgen mehr zu machen. China sei nunmehr Ungarns «strategischer Partner».
Zwölf Wirtschaftsabkommen geschlossen
Beide Staaten schlossen im Beisein der Regierungschefs zwölf Wirtschaftsabkommen. Einzelheiten dazu wurden zunächst nicht bekannt. Die chinesische Entwicklungsbank wolle für gemeinsame Investitionen eine Milliarde Euro Kredit zur Verfügung stellen, sagte Wen.
Auf eine Journalistenfrage, ob er mit seinem Gast aus Peking auch über «ideologische Fragen» gesprochen habe, sagte Orban, beide Länder respektieren die Politik des anderen.
Man schätze sehr, dass China binnen kurzer Zeit einen grossen Wirtschaftsaufschwung geschafft habe, und wünsche dem Land, dass es seine «bisherige fantastisch erfolgreiche Politik» fortsetze. Wen betonte, China habe «Vertrauen zur wirtschaftlichen Entwicklung Europas» und sehe sich als «langfristiger Investor in Staatsschulden» europäischer Staaten.
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US-Finanzminister Timothy Geithner verlangt von den Staaten Europas größere Anstrengungen zur Bewältigung der Schuldenkrise in Griechenland und anderen Ländern. "Sie müssen mehr tun als das, was sie getan haben", sagte Geithner dem US-Fernsehsender CNBC. Die Regierungen in Griechenland, Irland und Portugal hätten harte wirtschaftliche Reformen begonnen. Europa müsse nun für eine größere finanzielle Rückendeckung sorgen, damit diese Schritte ihre Wirkung entfalten.
Zuvor hatten die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel dem Schuldensünder Griechenland ein neues Hilfspaket in Aussicht gestellt. Außerdem will die Europäische Union (EU) dem Wirtschaftswachstum des Landes mit der schnelleren Auszahlung von Mitteln aus den EU-Fördertöpfen auf die Sprünge helfen. Zugleich allerdings machen die EU-Partner Druck auf Regierung und Opposition in Athen, einen strikten Sparkurs einzuschlagen.
Ansteckungsgefahr aus Europa?
Das Thema Griechenland sorgt in Washington auch außerhalb des US-Finanzministeriums für anhaltende Beunruhigung - unabhängig von den eigenen Schuldenproblemen und der mittlerweile ernsthaft drohenden Zahlungsunfähigkeit. Auch die nationale Einlagensicherung blickt mit schweren Bedenken in Richtung Europa. Im Fall einer staatlichen Insolvenz in Europa werden erhebliche Auswirkungen auf den amerikanischen Finanzsektor befürchtet.
Die europäischen Banken drohen nach Einschätzung des US-Einlagensicherungsfonds FDIC die Stabilität des gesamten Finanzsystems in Gefahr zu bringen. Wegen der Kreditqualität einer Reihe von Ländern und des Engagements einiger Geldhäuser dort sei sie tief besorgt, hatte die FDIC-Chefin Sheila Bair Mitte Juni betont. Zudem sei es beunruhigend, dass europäische Geldhäuser weiterhin ihre eigenen Kapitalanforderungen festsetzen, die auf internen Risikoschätzungen basierten. Dadurch fehlten objektive und strenge Beschränkungen. Bair war in ihrer Rolle als FDIC-Chefin in Europa vor allem in Zusammenhang mit dem großen Bankensterben nach der Lehman-Krise bekannt geworden. Ihre fünfjährige Amtszeit an der Spitze der FDIC endet im Juli.
Die meisten Aufsichtsbehörden und Politiker in den USA stimmten darin überein, dass die Banken gezwungen werden sollten, mehr Kapital vorzuhalten, fügte sie hinzu. Auf diese Weise könnten sich die Kreditinstitute vor Verlusten schützen und mögliche Erschütterungen im Finanzsystem überstehen. Insgesamt sei das Risiko hoch, dass Banken weitere Schwierigkeiten bekämen, erklärte Blair.
Risikofaktor Schuldenobergrenze
Neben den Gefahren durch die Schuldenkrisen beiderseits des Atlantiks trüben die konjunkturellen Rahmenbedingungen die Perspektiven weiter ein. Das Wachstum der US-Wirtschaft hat sich nach Ansicht von Finanzminister Geithner im ersten Halbjahr auf eine Rate von etwa 2 Prozent abgeschwächt.
Schuld an dem überraschend schwachen Abschneiden der Konjunktur seien unter anderem die hohen Energiepreise, das Erdbeben in Japan sowie die Sorgen über die Schuldenkrise in Europa, sagte Geithner. Der zugrundeliegende Trend zeige jedoch aufwärts, hob Geithner hervor. Er zeigte sich außerdem davon überzeugt, dass sich die Abgeordneten in dem Streit über die Erhöhung der Schuldengrenze letztendlich zu einer Einigung durchringen werden.
Im ersten Vierteljahr war die US-Wirtschaft mit einer annualisierten Rate von 1,9 Prozent gewachsen. Am Jahresende hatte das Wachstum noch bei rund 3 Prozent gelegen.
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Wirtschaftsvertreter beklagen den Umgang griechischer Finanzämter mit deutschen Unternehmen. Immer häufiger bekämen deutsche Firmen, die in Griechenland tätig seien, von den Finanzämtern ihre Umsatzsteuer nicht erstattet.
"Die Finanzämter in Griechenland haben oft einfach nicht mehr das Geld, um den Unternehmen ihre Steuern zurück zu erstatten", sagte der Geschäftsführer der Außenhandelskammer, Martin Knapp, der "Bild"-Zeitung. "Dazu gehören auch Firmen aus Deutschland, die in Griechenland tätig sind."
Die Praxis der griechischen Behörden beklagt auch der Außenhandelsverband: "Deutsche Unternehmen, die in Griechenland tätig sind, haben große Probleme, die ihnen zustehende Umsatzsteuer zurück erstattet zu bekommen", bestätigte Verbandspräsident Anton Börner der Zeitung.
"Wir halten es als Verband für problematisch, wenn Deutschland durch Milliardenzahlungen Griechenland hilft, aber griechische Finanzämter jetzt die Auszahlungen an deutsche Firmen verweigern", fügte er hinzu.
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Nächste Woche stimmen die Griechen über ihr Sparpaket ab. Sollte das scheitern, stünde die Pleite unmittelbar bevor – ein globales Chaos wäre die Folge.
[Das Chaos ist doch schon lange da - nur kommt dann Drachme und dann ist Ruhe].
Das Land gilt als zahlungsunfähig, auch wenn es noch keinen offiziellen Insolvenzantrag gestellt hat. „Die Folgen eines Staatsbankrotts wären so dramatisch, dass sie sich im Moment niemand vorstellen kann“, sagt Henrik Enderlein, Professor für politische Ökonomie an der Hertie School of Governance. „Eine Insolvenz hätte gewaltigere Folgen als der Zusammenbruch von Lehman Brothers.“
Nach der Niederlage im Parlament steht eine ungeordnete Staatspleite unmittelbar bevor – das Schreckgespenst aller Anleger. Und nur wenige Minuten später öffnet die Börse in Tokio.
Ein Horrortag beginnt. Als die Händler die schlechten Nachrichten aus Athen erhalten, ist das der Beginn für eine beispiellose Flucht aus allem, was mit Griechenland zu tun hat. Innerhalb weniger Minuten brechen die Kurse an den Börsen ein. Banken, Versicherungen, Fonds, jeder, der bis jetzt noch Geschäfte mit griechischen Partnern gemacht hat, wird plötzlich wie ein Paria behandelt.
Binnen Stunden friert die Liquidität an den Märkten ein. Keiner wickelt noch irgendwelche Kontrakte ab, weil keiner weiß, ob die Gegenseite diese Geschäfte überhaupt noch erfüllen kann. Schlimmer noch, plötzlich greift das Misstrauen in rasender Eile weltweit um sich. Die Anleger fürchten, dass Portugal, möglicherweise sogar Spanien in eine ähnliche Lage kommt. Weitere Kreditinstitute auf dem Globus geraten in den Sog der Krise. Ein Teufelskreis beginnt.
Es ist ein Szenario, das nicht eintreten muss, das vielleicht noch nicht einmal wahrscheinlich ist. Ausgeschlossen aber ist es nach den bekannten Äußerungen aller Beteiligten keinesfalls. Wenn Papandreous 155 Sozialisten am Dienstag im Parlament nicht zu ihrem Premier halten und der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras trotz der Schelte durch die Kanzlerin und andere Staatsführer auf dem jüngsten EU-Gipfel in Brüssel nicht einlenkt, droht der GAU. Die „Welt am Sonntag“ zeigt, was Europa und der Welt dann bevorsteht.
Am Mittwochmorgen – lange bevor die Banken öffnen – sammeln sich Hunderttausende in Griechenlands Städten vor den Türen der Kreditinstitute. Nach diesen Nachrichten weiß jeder Taxifahrer in Athen, was jetzt auf seine Heimat zukommt: „Die griechischen Banken halten griechische Anleihen en masse“, erläutert Enderlein. „Wenn die Regierung nicht mehr zahlt, nimmt ihnen niemand mehr die Bonds ab.“ Auch die Europäische Zentralbank nicht, die sie bisher als Sicherheit für die Bereitstellung von Liquidität entgegengenommen hat. „Dann ist das Bankensystem tot“, sagt der Professor. Und Gustav Horn, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, warnt bei diesem Worst-Case-Szenario vor den Folgen im gesamten Euroraum: „Anleger würden dann sofort fragen, ob Portugal, Irland und Spanien ihre Schulden bedienen können.“ Panik würde sich ausbreiten: „Die Anleger wollen dann einfach nur noch raus.“
Selbst die kleinen Sparer versuchen deshalb, so schnell es geht ihr Vermögen von den Konten abzuräumen. In einer Notverordnung verhängt der nur noch übergangsweise regierende Ministerpräsident sogenannte Bankfeiertage. Was nett klingt, heißt einfach nur: Keiner bekommt mehr Geld von seinem Konto. Rentner nicht, Arbeitnehmer nicht – und Unternehmen mit Geldern sowie Krediten bei heimischen Banken auch nicht. „Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit würden in Griechenland erst einmal alle Banken schließen, um einen Run zu verhindern“, sagt Ugo Panizza, Experte der UN-Handelsorganisation Unctad.
Spätestens jetzt schwappt das Chaos aus den Computern der Banken und Handelsräume auf die Straßen des gebeutelten südeuropäischen Staates über. Seit Wochen protestieren schon Zehntausende gegen das Spardiktat von IWF und EU. Plötzlich steigt die Zahl der Demonstranten bedrohlich. Sie liefern sich Straßenschlachten mit der Polizei. Mancherorts schießt die in ihrer Wehrlosigkeit scharf. In vielen Orten gibt es Tote und Schwerverwundete. Auf den öffentlichen Plätzen herrscht die Revolte. Die Staatsmacht versucht mit aller Gewalt, Ordnung zu wahren.
Das aber ist erst der Anfang: Krankenhäuser können plötzlich keine Medikamente mehr kaufen, weil der Zahlungsverkehr im gesamten Land zusammengebrochen ist. Gleichzeitig wird der riesigen Beamtenschaft im Lande klar, dass ihre Bezüge und späteren Pensionen gefährdet sind. Jugendliche Banden rauben Geschäfte aus. Die Fernsehsender und Nachrichtagenturen vor Ort übertragen Bilder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen in alle Welt. Vielerorts ist man entsetzt. Der Euro bringt den Bürgerkrieg, titeln ausländische Zeitungen. Und in Spanien, wo die arbeitslose Jugend seit Monaten ebenfalls gegen die Sparmaßnahmen demonstriert, nimmt man die Ausschreitungen als Signal. Die Spirale dreht sich weiter.
Die Politik ist entsetzt. In aller Eile verabreden sich die Staats- und Regierungschefs für den nächsten Tag zu einem Krisentreffen in Brüssel. Die Notenbanken weltweit versuchen, die Kernschmelze im Finanzsystem einzudämmen, indem sie quer über den Globus wieder einmal irre hohe Milliardenbeträge an Liquidität in die Banken kippen.
Lehman Brothers lässt grüßen. Beim Treffen der Regierungschefs am Tag danach liegt eine Nacht voller Ausschreitungen hinter Griechenland. Die Börsen in Europa und den USA sind eingebrochen. Inzwischen trudeln auch US-Kreditinstitute, die mit Italien Geschäfte gemacht haben. Die Europäer drängen nach den Ereignissen den Papandreou-Nachfolger, die Reißleine zu ziehen.
Auf einer Pressekonferenz verkündet der Grieche die Wiedereinführung der Drachme zum Kurs eins zu eins zum Euro. Außerdem kündigt er an, mit den Gläubigern des Landes über einen Schuldenschnitt verhandeln zu wollen.
Die neue Währung verliert gleich am ersten Tag nach Einführung 70 Prozent ihres Wertes. Dass Griechenland gleichzeitig nur noch die Hälfte seiner Schulden bedienen will, spielt da schon keine Rolle mehr. Denn da die Staatsanleihen auf Euro lauten, ist der Schuldenberg der Griechen größer denn je.
Die verbliebenen Regierungen der Eurozone müssen nun verhindern, dass die Währungsunion zerbricht und die Wirtschaft in die zweite große Rezession binnen drei Jahren stürzt. „Eine Insolvenz Griechenlands würde die europäische und die deutsche Wirtschaft auf Talfahrt schicken“, warnt Ökonom Horn.
Dieser Fall muss nicht eintreten. Nur ausgeschlossen ist er eben auch nicht. Hertie-School-Experte Enderlein geht daher davon aus, dass die Europäer alles tun werden, „um den Bankrott zu verhindern, selbst wenn die griechische Regierung ihr Sparpaket nicht durchsetzen kann“. Das aber bedeutet, dass Griechenlands Eurozonen-Partner in einer denkbar schlechten Verhandlungsposition sind.
Gut vorstellbar ist, dass die Helfer aus Berlin und Paris, Brüssel und Washington den Geldhahn sogar dann noch nicht abdrehen, wenn die Griechen sich einfach weigern, ihren Beitrag zur eigenen Rettung zu leisten. Und es ist genauso wenig ausgeschlossen, dass einige Politiker in Athen in ihrem zynischen Machtpoker genau damit rechnen.>
Kommentar
Der Euro war in Südeuropa nie beliebt, und alles regelt sich von selbst. Nur hätte man die Drachme schon vor einem Jahr einführen müssen, in einer geordneten Art und Weise. Nun spielen sie im griechischen Parlament den letzten Poker - und Merkel merkt es nicht.
Michael Palomino, 25.6.2011
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Karikatur über Bankrott-Griechenland: Akropolis zu verkaufen, 25.6.2011, aus: El Comercio del Perú: Somos, S. 81
Tage der Entscheidung in Athen: Diese Woche berät das griechische Parlament über das entscheidende Sparpaket, wovon die EU weitere Finanzhilfen abhängig macht. Derweil ist durchgesickert, dass Frankreich einen neuen Plan zur Beteiligung der Banken an der Griechenland-Hilfe ausgearbeitet hat, angeblich ist der Ansatz Frankreichs bereits am Freitag auf dem EU-Gipfel diskutiert worden.
Laut «Le Figaro»-Online sollten 50 Prozent der griechischen Schulden eine Laufzeit von 30 Jahren erhalten, mit einem Zins, wie ihn Athen dem europäischen Rettungsschirm zahlen müsste. Hinzu käme ein Zins, der sich an der griechischen Wachstumsrate orientieren könnte. Das Pariser Finanzministerium und französische Finanzinstitutionen wie die Bank BNP Paribas schlagen sogar vor, insgesamt 70 Prozent der auslaufenden griechischen Schulden zu verlängern, berichtet «Le Figaro».
Was wird in Rom beschlossen?
Die zusätzlichen 20 Prozent sollten in einen Fonds mit Papieren von hoher Qualität gesteckt werden, die mit einem Nullcoupon ausgestattet würden, berichtete «Le Figaro» weiter. Sie würden also zunächst keine Zinsen abwerfen, sondern die Zinsen würden wieder in den Fonds gesteckt und auf diese Weise die neuen griechischen Schulden so absichern, wie es die sonst öffentliche Garantien getan hätten.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat den Hilfsplan für Griechenland bestätigt. Die französischen Banken und Versicherungsunternehmen seien bereit, sich freiwillig an der Griechenland-Hilfe zu beteiligen.
(dapd)>
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Hier ist eine Meldung der Realität: Ganze Vermögen wurden schon verlagert:
27.6.2011: Von Januar 2011 bis 27.6.2011 wurden 8% der griechischen Vermögen ins sichere Ausland verfrachtet
aus: n-tv online: Griechen heben ihre Ersparnisse ab - Kein "Plan B" für Athen; 27.6.2011;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Kein-Plan-B-fuer-Athen-article3676211.html
<Die zunehmende Kritik an Ratingagenturen hält die Analysten nicht von ihrer Arbeit ab: Moody's-Experten legen neue Zahlen zu den Mittelabflüssen im griechischen Bankensystem vor und skizzieren ein düsteres Szenario. Die Bundesregierung hofft derweil auf grünes Licht zum griechischen Sparpaket. "Wir werden das schon schaffen", heißt es aus Berlin.
Immer mehr Griechen ziehen Berechnungen von Moody's zufolge ihr Erspartes von den einheimischen Banken ab. Der Abfluss privater Guthaben habe sich wegen der Schuldenkrise in Mai und Juni beschleunigt, teilte die Ratingagentur mit. Der Anteil des abgezogenen Geldes am Gesamtvolumen der Einlagen liege in diesem Jahr damit bei 8 Prozent. Ein kritischer Punkt wird den Experten zufolge erst bei einem Abfluss von 35 Prozent der Guthaben erreicht. Dann allerdings wird es ernst: Ab diesem Schwellenwert werde in Griechenland das Bargeld der Institute knapp, erklärten die Experten.
Zahlreiche Beobachter haben bereits davor gewarnt, dass die griechischen Banken bei einer Pleite des Euro-Landes schwer in Mitleidenschaft gezogen werden. Sie dürften dann vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten werden.
Das griechische Parlament debattiert seit Wochenbeginn über ein verschärftes Sparpaket der Regierung Papandreou. Die Zustimmung der Abgeordneten ist Voraussetzung dafür, dass die dringend benötigten Finanzhilfen ausgezahlt werden. Anders als beim Vertrauensvotum für Ministerpräsident Giorgos Papandreou hängt das Ja am seidenen Faden. Mit einer Entscheidung wird bis spätestens Mittwoch gerechnet.
Berlin setzt voll auf "Ja"
Die Bundesregierung rechnet unterdessen fest mit einer Zustimmung des griechischen Parlaments zum verschärften Sparkurs. Deutschland gehe davon aus, dass Griechenland die Maßnahmen rechtzeitig beschließe, damit die Euro-Finanzminister am 3. Juli den Weg für die Auszahlung der nächsten Kredittranche und ein neues Hilfspaket frei machen könnten, sagte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen. "Wir werden das schon schaffen", betonte er. "Wir erwarten, dass es in dieser Woche im griechischen Parlament eine Mehrheit gibt für das neue Anpassungsprogramm."
Asmussen bekräftigte zugleich, dass die Eurozone sich grundsätzlich auch für eine Staatspleite wappnen müsse. Auch wenn davon auszugehen sei, dass das griechische Parlament den Kurs der Regierung absegne, müsse sich die Währungsgemeinschaft für den Fall der Fälle rüsten. "Man muss dann die Eurozone und die Finanzsektoren der Eurozone auch darauf vorbereiten." Zu den Hauptzielen gehöre, die Ansteckung anderer angeschlagener Staaten zu verhindern.
Angeblich ohne "Plan B"
Nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert verfolgt die Bundesregierung dabei keinen Plan B zum Austritt Griechenlands aus der Eurozone, falls das griechische Sparprogramm im Parlament in Athen keine Mehrheit finden sollte. "Ein Ausstieg aus der Eurozone ist für Griechenland nicht der richtige Weg", sagte Seibert. "Das ist nicht der Weg, den wir verfolgen, auch nicht als Plan B." Ziel sei es, den Griechen zu helfen, wieder ein solides wirtschaftlich erfolgreiches Land zu werden.
Am Wochenende hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble gesagt, die Euro-Staaten träfen Vorsorge auch für den Fall einer Staatspleite Griechenlands. Es liege in der Verantwortung der europäischen Regierungen, auf einen solchen Notfall vorbereitet zu sein.
mmo/rts>
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Und hier folgt wiedernun die Realität: Nun wird Griechenland auch noch unregierbar gemacht - von den Griechen selbst:
28.6.2011: Generalstreik in Griechenland: <Gewerkschaften wollen Griechenland lahmlegen>
aus. gmx-Nachrichten; 28.6.2011;
http://www.gmx.net/themen/finanzen/wirtschaft/527sx5o-griechenland-steht-still
An diesem Tag ist im Parlament die entscheidende Abstimmung über das 78 Milliarden Euro schwere Sparprogramm von Ministerpräsident Giorgios Papandreou. Die Zustimmung der Abgeordneten ist Voraussetzung für weitere internationale Milliardenhilfen, ohne die dem Land in wenigen Wochen die Zahlungsunfähigkeit droht.
Schon am Vormittag erreichten mehr als 10 000 Demonstranten das Parlament und fordeten die Abgeordneten lautstark auf, das Sparprogramm nicht zu billigen. Diese erste Demonstrationswelle bestand Fernsehberichten zufolge hauptsächlich aus Mitgliedern der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) und ihres Gewerkschaftsverbandes PAME.
Um die Mittagszeit wurden auch Demonstranten im Zentrum erwartet, die der beiden Gwerkschaftsverbände des privaten (GSEE) und des staatlichen Bereichs (ADEDY) angehören. Viele Bürger wollten zwei Tage lang vor dem Parlament bleiben und demonstrieren. Unter ihnen auch die hauptsächlich durchs Internet organisierte Bewegung der "Empörten Bürger", die seit mehr einem Monat vor dem Parlament jeden Abend die Politiker des Landes als Diebe beschimpft.
Das Sparpaket soll an diesem Mittwoch zur Abstimmung stehen. Seit Dienstagmorgen wurden Busse und Straßenbahnen in Athen bestreikt. Hafenarbeiter behinderten den Auslauf der Fähren in Piräus, Ministerien und staatliche Unternehmen sowie viele Banken wurden ebenfalls bestreikt. Die Fluglotsen legen zwischenzeitlich ebenfalls die Arbeit nieder. Ärzte behandelten in Krankenhäusern nur Notfälle. Im Radio und Fernsehen gab es zwischen 10.00 und 14.00 Uhr MESZ keine Nachrichten, weil auch die Journalisten die Arbeit niederlegten. Supermärkte oder Hotels sowie Restaurants und Cafes hatten dagegen geöffnet. Auch die Taxis fuhren.>
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28.6.2011: Kriegsähnliche Zustände in Athen vor der Abstimmung über das "Sparpaket"
aus: 20 minuten online: Chaoten in Athen: Proteste in Griechenland eskalieren; 28.6.2011;
http://www.20min.ch/finance/dossier/eurokrise/story/Proteste-in-Griechenland-eskalieren-16968874
<Kurz vor der Abstimmung über das Sparpaket im griechischen Parlament haben die Gewerkschaften zu einem 48-stündigen Generalstreik aufgerufen. Jetzt eskaliert die Situation.
Die griechische Bereitschaftspolizei ist am Dienstag in Athen mit Tränengas gegen Steine werfende, junge Demonstranten vorgegangen. Zuvor waren etwa
20 000 Menschen friedlich durch die Strassen von Athen zum Parlament marschiert, um ihrem Unmut gegen ein neues Sparpaket der Regierung von Giorgos Papandreou im Volumen von 28 Milliarden Euro Luft zu machen.In der nordgriechischen Stadt Thessaloniki, der zweitgrössten des Landes, beteiligten sich 7000 Menschen an den Protesten. Griechische Gewerkschaften hatten kurz vor einer Abstimmung im Athener Parlament über die neue Sparrunde zu einem 48-stündigen Generalstreik aufgerufen, der am Dienstag weite Teile des Landes lahmlegte.
Hunderte Flüge wurden abgesagt oder verschoben, nachdem die Fluglotsen des Landes am Dienstagmorgen für vier Stunden ihre Arbeit niederlegten. Eine weitere vierstündige Arbeitsniederlegung war für den Abend geplant. Auch Bus- und U-Bahn-Fahrer schlossen sich dem Streik an und brachten in Athen den öffentlichen Verkehr zum Erliegen. Demonstranten blockierten den Hafen von Piräus, während sich vor dem Parlament Tausende zu Kundgebungen gegen die neuen Sparpläne der Regierung versammelten.
Mehr als 5000 Bereitschaftspolizisten waren in der Athener Innenstadt im Einsatz. Vermummte Jugendliche warfen nahe des griechischen Finanzministeriums mit Pflastersteinen auf die Beamten und steckten Mülleimer in Brand. Die Polizei setzte Tränengas und Blendgranaten gegen die Krawallmacher ein. Zuvor waren die Demonstrationen in Athen und Thessaloniki friedlich zu Ende gegangen.
«Auf Kriegserklärung mit Krieg antworten»
An dem Generalstreik nahmen auch Ärzte, Krankenwagenfahrer, Journalisten und Schauspieler eines staatlichen Theaters teil. «Die Regierung hat uns den Krieg erklärt und auf diesen Krieg werden wir auch mit Krieg antworten», sagte einer der Demonstranten bei der Blockade des Hafens von Piräus.
Die griechischen Gewerkschaften protestieren gegen das neue 28-Milliarden-Euro-Sparprogramm der Regierung, das unter anderem Steuererhöhungen für Niedriglohnempfänger beinhaltet. Die geplanten Massnahmen sollen zusätzlich zu den bisherigen Einsparungen kommen, die dazu beigetragen haben, die Arbeitslosenquote in Griechenland auf über 16 Prozent zu treiben.
Das Paket muss vom griechischen Parlament abgesegnet werden und Gesetzeskraft erlangen, damit die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds die nächste Tranche aus dem 110 Milliarden schweren Hilfsfonds für das vor dem Zahlungsausfall stehende Griechenland freigeben.
Neben Oppositionellen haben sich auch einige Abgeordnete der sozialistischen Regierungspartei von Papandreou gegen die neuen Sparmassnahmen ausgesprochen. Die Sozialisten verfügen über eine Mehrheit von lediglich fünf Sitzen im 300 Abgeordnete starken griechischen Parlament.
(Video: Keystone) (sda)>
Erneut wütende Proteste in Grechenland.
Griechen in Zürich sind enttäuscht.
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28.6.2011: <Euro: "Das System wird gesprengt"> - <"Ich glaube an die grenzenlose Dummheit der Bundesregierung"> - Ökonom Stefan Homburg bezeichnet Griechenland als unrettbar
aus: Spiegel online; 28.6.2011;
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,770569,00.html
SPIEGEL: Die EU und der IWF planen ein neues Rettungspaket für Griechenland, die Banken sollen sich freiwillig daran beteiligen. Was halten Sie davon?
Homburg: Banken können sich nicht freiwillig beteiligen. Ein Vorstand ist auf das Wohl seines Unternehmens verpflichtet, nicht auf das Gemeinwohl. Verzichtet er zu Lasten seiner Gesellschaft auf Forderungen, ist das Untreue und strafbar.SPIEGEL: Banken können nur arbeiten, wenn die Finanzmärkte funktionieren. Wenn sie dazu einen Beitrag leisten, kann das doch nicht strafbar sein.
Homburg: Eine Bank kann auf eine Teilforderung verzichten mit dem Ziel, den Rest zu retten. Das geschieht in jedem Insolvenzverfahren. Aber hier liegen die Dinge anders, und zwar gerade wegen der Rettungsschirme: Verweigert die Bank nämlich ihren eigenen Beitrag, dann bezahlt der Steuerzahler allein. Genau darauf muss ein Vorstand hinarbeiten, um den Vorwurf der Untreue zu vermeiden.
SPIEGEL: Also bringt die freiwillige Beteiligung privater Gläubiger, auf die sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy verständigt haben, wenig bis nichts?
Homburg: Das Ganze war ein Schauspiel, das vor allem die deutsche Öffentlichkeit beruhigen sollte. Merkel wollte eine verpflichtende Beteiligung, Sarkozy wollte gar keine. De facto hat sich Sarkozy durchgesetzt.
SPIEGEL: Ist Ihnen Merkels ursprünglicher Vorschlag lieber?
Homburg: Auch dieser Vorschlag sprang zu kurz. In der Marktwirtschaft geht es bis hin zum Klempner, dessen Kunde die Rechnung nicht bezahlt, nie um eine Beteiligung der Gläubiger, sondern darum, dass die Gläubiger im Ernstfall ausschließlich und allein auf ihren Forderungen sitzenbleiben. Nur dann haben sie einen Anreiz, ihre Schuldner sorgfältig auszuwählen. Marktwirtschaft kann ohne eigene Haftung nicht funktionieren. Die staatlichen Rettungsmaßnahmen setzen Fehlanreize, die die Finanzmarktprobleme immer weiter verschärfen.
SPIEGEL: Der Klempner ist aber nicht systemrelevant, sein Konkurs würde nicht ganze Banken in den Abgrund reißen. Die EZB hat massiv vor einer neuen Finanzkrise gewarnt, wenn es zu einer zwangsweisen Beteiligung privater Gläubiger oder gar einer Umschuldung Griechenlands kommt.
Homburg: Die angebliche Ansteckungsgefahr ist eine Legende, die der wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhält. Wenn man meine Überzeugung teilt, dass das Gerede, Griechenland sei systemrelevant, dummes Zeug ist, gibt es für Rettungsaktionen keinen Grund ...
SPIEGEL: ... aber eben nur dann.
Homburg: Nein, auch im umgekehrten Fall. Würde eine Insolvenz des kleinen Griechenlands tatsächlich eine weltweite Finanzkrise auslösen, dann könnten neue Rettungsprogramme das Problem nicht lösen. Sie würden es vielmehr intensivieren, denn wenn kein Staat und keine Bank mehr pleite gehen darf, weil sonst eine Finanzkrise droht, sind wir am Ende. Dann schaukelt sich das Problem immer weiter auf und endet in einer noch viel größeren Krise.
SPIEGEL: Europa will sich durch die Rettungspakete Zeit kaufen. In dieser Zeit sollen die Banken gesunden, und Länder wie Portugal, Irland und Spanien sollen sich stabilisieren, so dass die Ansteckungsgefahr nicht mehr so groß ist, wenn dann in ferner Zukunft die unvermeidliche Umschuldung doch noch stattfindet. Das ist die Strategie.
Homburg: Von einer Strategie würde ich nicht sprechen. Erst haben Staaten ihre Banken gerettet, jetzt sind Staaten selbst unterm Rettungsschirm. Aber über dem Rettungsschirm ist nur noch der blaue Himmel. Die Rettungsmaßnahmen haben die Krise bisher immer weiter verschärft. Hätte man sich im vergangenen Jahr an den Lissabonner Vertrag gehalten, der Beistandszahlungen verbietet, dann hätte Griechenland umgeschuldet, genauso wie das Uruguay, Argentinien, Russland und andere Staaten in den letzten 15 Jahren getan haben ...
SPIEGEL: ... die aber alle nicht Teil einer Währungsunion waren.
Homburg: Es gibt kein ökonomisches Argument, warum Staatsinsolvenzen in einer Währungsunion schlimmer sein sollten als sonst. Wichtiger ist die Größe des betroffenen Staates, und da fällt der Vergleich zwischen Griechenland und Russland doch sehr klar aus.
SPIEGEL: Ist nicht in einer Währungsunion die Gefahr viel größer, dass die Krise von einem schwachen Mitgliedsland auf das andere überspringt?
Homburg: Nein. Die Ansteckung läuft sogar genau andersherum, denn etliche Banken und Hedgefonds profitieren von folgendem Geschäftsmodell. Schritt eins: Sie verkaufen die Anleihen des betreffenden Landes. Schritt zwei: Sie bringen das Land ins Gerede. Schritt drei: Nachdem die Kurse der Anleihen gesunken sind, kaufen sie billig zurück. Und zuletzt jagen sie die Regierungen mit dem Unsinn ins Bockshorn, eine Insolvenz werde verheerende Folgen haben. In einem Nullsummenspiel gibt es nicht nur Verlierer wie uns Steuerzahler, sondern auch Gewinner.
SPIEGEL: Und worin besteht jetzt die Ansteckungsgefahr?
Homburg: Nachdem die griechischen Anleihen zum vollen Wert zurückgezahlt wurden, werden sich die Spieler dem nächsten Kandidaten zuwenden, etwa Portugal. Erlitten die Gläubiger bei Griechenland aber Verluste, dann würden sie dieses Geschäftsmodell aufgeben. Auch insofern wirken die Rettungsaktionen problemverschärfend.
SPIEGEL: Wenn es so ein Geschäftsmodell gäbe, müssten doch jetzt viele griechische Staatsanleihen kaufen.
Homburg: In den letzten Tagen habe ich selbst einen namhaften Betrag in griechische Anleihen gesteckt. Sie laufen noch ein Jahr und bringen im Erfolgsfall 25 Prozent Rendite. Damit schlafe ich wunderbar, weil ich an die grenzenlose Dummheit der Bundesregierung glaube. Sie wird zahlen.
SPIEGEL: Moralische Skrupel plagen Sie nicht?
Homburg: Weil ich die Rettungsmaßnahmen unfreiwillig durch meine Steuern mitfinanziere, ist es doch in Ordnung, wenn ich auch von den Gewinnen einen Teil erhalte. Warum sollten denn ausschließlich Banken und Hedgefonds profitieren?
SPIEGEL: Offenbar rechnen Sie fest damit, dass Griechenland auch dann gerettet wird, wenn es das geforderte neue Sparprogramm nicht oder nur unzureichend umsetzt?
Homburg: Auf jeden Fall. Griechenland hat weder ökonomisch noch politisch die Möglichkeit, sich zu sanieren. Es wird niemals in der Lage sein, die bisher aufgenommenen Schulden zurückzuzahlen. Trotzdem wird die Bundesregierung zahlen.SPIEGEL: Und wie geht's dann weiter?
Homburg: Inzwischen ist auch vielen Politikern klar, dass der eingeschlagene Weg letztlich in Staatsbankrott und Währungsreform endet. Dieser Prozess ist schon jetzt unumkehrbar, doch will das niemand laut sagen und als derjenige ins Geschichtsbuch eingehen, der den Knall ausgelöst hat. Daher überlässt man den Offenbarungseid späteren Bundesregierungen und wirft einstweilen gutes Geld schlechtem hinterher. Irgendwann, das ist sicher, wird das System durch politische und ökonomische Faktoren gesprengt. Und leider besteht die große Gefahr, dass dann nicht nur der Euro zerbricht, sondern die EU insgesamt.
Interview: Armin Mahler>
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28.6.2011: Millionäre in Griechenland gehen in Deckung
aus: S`piegel online: Griechen-Millionäre in der Krise: Volle Deckung!; 28.6.2011;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,770650,00.html
<Aus Athen berichten Jörg Diehl und Ferry Batzoglou
Wo sind all die Reichen hin? Im krisengeplagten Griechenland machen sich die Millionäre rar: keine rauschenden Feste mehr, keine Shopping-Orgien. Stattdessen verschanzt sich der Geldadel in exklusiven Clubs. Versuch einer Kontaktaufnahme.
Der Athener Nobelstadtteil Kolonaki ist nicht nur bekannt für seine erlesene Bewohnerschaft, bestehend aus Diplomaten, Ärzten und wohlhabenden Unternehmern, sondern auch für eine erkleckliche Zahl ausgesuchter Luxusboutiquen. Versace, Joop, Armani gehören hier zu den Gütern des täglichen Bedarfs, das Problem ist nur: Zurzeit gibt es keinen Bedarf.
Selbst in Kolonaki, wo Geiz lange Zeit sehr ungeil war, hat die Krise zugeschlagen. Die Läden sind leer, die Cafés nur mäßig besucht und protzige Auftritte mittels Porsche, BMW oder Ferrari inzwischen verpönt. Es kommt sogar vor, dass selbst durchschnittliche Anzugträger in der Athener Innenstadt bedrängt und bepöbelt werden. In Griechenland reich zu sein war schon einmal leichter.Die Fragen, denen nachzugehen sich lohnen könnte, lauten also: Wo sind die Superreichen Athens geblieben? Was treiben sie? Und sorgen sie sich um ihr Land?
Will man die aus der Innenstadt geflüchteten Millionäre besuchen, muss man ins Auto steigen und sich auf den Weg hoch hinauf in die bergigen Vororte der griechischen Hauptstadt machen. Der Politia-Tennisclub etwa, der exklusivste seiner Art im ganzen Land, ist so eine Adresse, die man dann ansteuern sollte, ein Refugium des Geldadels, in dem ein Jahr Schlägerschwingen fast 8000 Euro kosten kann. Gerade 200 Familien leisten sich diesen Luxus.
"Die Herrschaften wollen sich entspannen"
Ein grünes Stahltor, eine sanft geschwungene Auffahrt, die sich um einen Felsen schlängelt, und schon steht der Besucher nach nur einigen hundert Metern, auf denen noch deutsche Luxuskarossen abgeschritten werden müssen, vor einer Kapelle. In dem sakralen Bau, so hat es der Parkwächter Spiros gerade noch erzählt, feierten die Clubmitglieder ihre Hochzeiten und Taufen - und vielleicht bitten sie auch um göttlichen Beistand für das nächste Match gegen den Villenbesitzer von nebenan?
Am Pool, unter einem künstlichen Wasserfall, räkeln sich zur Mittagszeit einige ältere Herren und jüngere Frauen. Sie trinken bunte Drinks mit Schirmchen und starren ins Leere. Auf keinen Fall dürften sie nun belästigt werden, mahnt die Aufpasserin des Vereins. "Die Herrschaften wollen sich entspannen." Und die Krise? "Ist hier kein Thema!" Fertig, aus, und nun, bitte, sie habe viel zu tun. Am Abend solle eine Hochzeit steigen - mit 400 Gästen.
Parkplatzwächter Spiros, der in einem Arbeiterviertel unten in der stickigen Hauptstadt lebt, ist gesprächiger. Er habe nicht den Eindruck, sagt er, dass die wirtschaftliche Lage Einfluss auf den Lebensstil seiner Klienten habe. "Hierher kommt die Crème de la Crème von Athen, denen ist doch egal, ob sie jetzt ein paar Euro mehr für ihren Jeep bezahlen müssen."
Volle Deckung heißt nun die Devise
Wie viele Millionäre es in Griechenland gibt, darüber kann man nur spekulieren. Nicht einmal 5000 Hellenen geben auf ihrer Steuererklärung ein Einkommen von mehr als 100.000 Euro brutto pro Jahr an. Denn der Grieche, sagt ein Analyst, liebe vielleicht seine Nation, betrachte den Staat aber als Macht, die man ausplündern müsse. Europaweit werden zehn Prozent der Mehrwertsteuer hinterzogen, in Griechenland etwa 30 Prozent, 15 Milliarden sind es jedes Jahr.
Doch es scheint sich nun etwas zu verändern.
"Die Reichen sind mit ihren öffentlichen Auftritten vorsichtig geworden", sagt der Politik-Chef der linksliberalen Tageszeitung "Eleftherotypia", Jannis Pantelakis. "Sie haben Angst, dass sie ebenso attackiert werden könnten wie bereits einige Politiker." Früher sei es üblich gewesen, dass die Millionäre die Presse zu ihren Feiern oder Urlauben einbestellte - das ganze Land sollte sehen, wie gut es ihnen ging. "Jetzt verstecken sie sich an gut gesicherten Orten." Volle Deckung ist die Devise.
Für besonderen Unmut in der Bevölkerung sorgen deshalb diejenigen Krösusse, die sich mit ihrem Vermögen ins Ausland absetzen. So unterstellen die Protestler von Syntagma-Platz etwa einem in die Schweiz verzogenen Reeder und einem nach Liechtenstein ausgewanderten Chemie-Unternehmer, auf den Zusammenbruch des griechischen Finanzsystems zu lauern. "Und dann kommen sie zurück und kaufen sich mir ihren unangetasteten Millionen überall ein", sagt ein Wutbürger.
Die aufreißende Kluft zwischen Arm und Reich gerät in Griechenland zur Hauptkampflinie der politischen Auseinandersetzung. Rechts gegen Links - das sind nur noch Scheingefechte.
"Sind Sie Mitglieder?"
Der Ecali-Club vor den Toren Athens bietet dem reichen Griechen die denkbar nobelste Art der Freizeitgestaltung. Am Pool servieren Kellner in weißen Uniformen, der Rasen ist sattgrün und raspelkurz. Hierher kommen die Latsis, Vardinogiannis und Bobolas, wenn es ihnen in ihren gewaltigen Villen in der unmittelbaren Nachbarschaft des Vereins zu eintönig wird.
Am Nachmittag, die Sonne brennt vom Himmel und verwandelt Athen in einen Backofen, ist es hier oben in Ecali angenehm kühl und unglaublich ruhig. Die Bewässerungsanlage zischt, ab und an rollt ein Sportwagen heran und spuckt mit Tennisschlägern bewaffnete Teenager aus. Sie drücken einige Tasten und das mit Kameras bewehrte Tor schwingt lautlos auf.
Doch der Versuch, auch nur eine einzigen Frage loszuwerden, scheitert sogleich an zwei schlechtgelaunten Wachmännern mit Ray-Ban-Brillen. Nein, Journalisten wolle man hier nicht, es sei denn, sie seien Mitglieder, knurrt einer. "Sind Sie Mitglieder?"Eine junge Frau in einem geblümten Sommerkleid schwebt herbei, die Eindringlinge keines Blickes würdigend. Sie gibt dem Wachmann eine Visitenkarte, die dieser nach ihrem Abgang weiterreicht.
Fragen, so sagt der Türsteher nun, würden nur nach Anmeldung zu einem unbestimmten späteren Zeitpunkt beantwortet. Auch Fragen zur Krise? Jetzt lächelt der Hüne zum ersten Mal: "Probieren Sie es einfach aus!">
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Und der Poker der griechischen Regierung geht weiter, zum Beispiel mit dieser Meldung:
28.6.2011: Sie stellen sich arm - und haben Millionenwerte an Edelmetallen im Safe - die Südstaaten der EU, auch Griechenland
aus: Welt online: Euro-Schuldensünder: Griechenland hortet vier Millionen Unzen Gold; 28.6.2011;
http://www.welt.de/finanzen/article13453841/Griechenland-hortet-vier-Millionen-Unzen-Gold.html
Viele Euro-Schuldenstaaten sitzen auf gewaltigen Edelmetallbeständen. Doch anstatt sie zu verkaufen, bitten sie lieber die EU um Finanzhilfe.
Jeder Privatmann, der zahlungsunfähig ist, muss als erstes sein Tafelsilber abgeben. Für Regierungen jedoch scheinen andere Regeln zu gelten. Haben sie auch Jahre oder Jahrzehnte lang über ihre Verhältnisse gelebt – sie klammern sich an ihren Vermögenswerten fest, und lassen andere Staaten für die Schulden aufkommen oder erklären sich schlicht außerstande zu zahlen.
Die Europäische Union (EU) kennt zahlreiche solcher Beispiele. Griechenland etwa verhandelt gerade mit der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) über neues Rettungsgeld. Gleichzeitig sitzt Athen auf einem beachtlichen Goldschatz von vier Millionen Unzen. Das entspricht etwa vier voll geladenen Lkw.
[Griechenlands Nationalbank hat Gold für 4 Milliarden Euro]
Die glänzenden Barren in den Tresoren der griechischen Nationalbank sind rund vier Milliarden Euro wert. Würde Athen sein Gold verkaufen, könnte der griechische Staat – zumindest rechnerisch – einen Teil der demnächst fällig werdenden Schulden ohne fremde Hilfe selber tilgen.
[Portugals Nationalbank hat Gold für 13 Milliarden Euro]
Auch das Krisenland Portugal verfügt über umfassende Edelmetallbestände, die noch aus der Zeit des Diktators Salazar herrühren. Statt ein Hilfsprogramm in Anspruch zu nehmen, hätte Lissabon in den vergangenen Monaten seinen Goldschatz von 13 Milliarden Euro zu Geld machen können."Warum verkaufen die Regierungen nicht einen Teil ihres Goldhorts, fragen unsere Kunden immer wieder", berichtet Nick Moore, Chefstratege Rohstoffe bei der Royal Bank of Scotland (RBS) in London. Schließlich sei Gold ein weltweit anerkannter Vermögenswert, der sich auch in schlechten Zeiten wie diesen veräußern lasse. Alle Euroland-Zentralbanken zusammen verfügen über Goldbestände im Wert von rund 375 Milliarden Euro.
Damit könnten 4,5 Prozent der öffentlichen Verbindlichkeiten von Euroland (die Schulden belaufen sich auf insgesamt 8,3 Billionen Euro) auf einen Schlag getilgt werden. Gemessen an seinen Staatsschulden ist vor allem Portugal reich an Gold. Lissabon könnte 383 Tonnen des gelben Metalls auf den Markt bringen und damit nach aktuellem Kurs immerhin 13,3 Milliarden Euro erlösen.
[80 Milliarden Euro für Portugal]
Brisant wird dies dadurch, dass die Lusitanier die europäische Staatengemeinschaft im Frühjahr um ein Hilfsprogramm von 80 Milliarden Euro angepumpt haben. Begründung damals: Das Land sehe sich außerstande, am Kapitalmarkt Geld zu fairen Bedingungen aufzunehmen, brauche die Mittel aber, um fällige Anleihen zurückzuzahlen. Mit Verkaufserlösen aus dem Gold hätten sie für einen Großteil der in diesem Jahr fälligen Altschulden aufkommen können.
Lissabon hortet im europäischen Vergleich überproportional viel Gold. Die Devisenreserven keines anderen Landes bestehen zu einem so großen Teil aus Edelmetall. In den ersten Jahren der Währungsunion hatte sich die Nationalbank nicht gescheut, größere Teile seines Goldschatzes zu veräußern. Insgesamt schmolz der Hort von knapp 20 auf gut 12 Millionen Unzen dahin. Rund 2,8 Milliarden Euro Liquidität spülten die Verkäufe damals in die Staatskasse.
Doch 2007 hat Portugal seine Verkäufe eingestellt. Ähnliches gilt für Griechenland. Auch die Hellenen haben nur zu Beginn des Jahrhunderts größere Goldverkäufe initiiert. In der Krise haben sie ihr Edelmetall unangetastet gelassen und baten die Europäer um Hilfe. Allerdings muss es nicht allein Unwilligkeit der Regierungen sein, die Goldbestände für die Schuldentilgung einzusetzen.
Auch institutionell steht dem einiges im Wege: Denn die Finanzminister der Staaten haben keinen direkten Zugriff auf das Gold. Die Notenbanken sind unabhängige Institutionen und unterstehen nicht dem Befehl der Regierungen. Genau dies ist sogar in den europäischen Verträgen zur Währungsunion vorgeschrieben. Allerdings finden sich in den Verträgen so manche Passus, an die sich die Europäer nicht gehalten haben, zum Beispiel, dass kein überschuldeter Staat auf ein Bailout, also Hilfen der Partner bauen darf (Artikel 125, auch No-Bailout-Klausel genannt).
Artikel 123 verbietet eine Finanzierung des Staatshaushalts durch die gemeinsame Zentralbank, was über den Umweg der Anleihenkäufe der EZB seit Mai 2010 faktisch dann doch praktiziert wurde.
Hinzu kommt Artikel 126, der Defizitverfahren gegen die Mitgliedsländer regelt. Solche Defizitverfahren wurden zwar pro forma, aber nie effektiv angewendet. Noch vor der Finanzkrise wurden 13 Verfahren eröffnet und wieder eingestellt. Die Gelegenheit, Gold auf den Markt zu bringen, wäre durchaus gut. Die Preise für das gelbe Metall rangieren nur knapp unter ihren Rekordständen. Auch das Washingtoner Abkommen CBGA, bei dem sich mehrere Zentralbanken verpflichtet haben, jährlich nicht mehr als ein bestimmtes Kontingent des gelben Metalles auf den Markt zu bringen, gibt ihnen Spielraum.
Die Banken? Geschlossen und verbarrikadiert. Die Wirtschaft? Am Boden. Die Arbeitslosigkeit? Jeder Vierte hat keinen Job. Das Volk? Auf der Straße am Toben und Plündern. Der Staat? Zahlungsunfähig.
Was wie ein Szenario für Griechenland klingt, wenn die laufende Rettung des Landes scheitert, ist nichts anderes als eine Beschreibung Argentiniens während der Schuldenkrise, die in einem handfesten Staatsbankrott vor knapp zehn Jahren endete.
Doch was kann man von Argentinien lernen? Argentinische Schuldenexperten von damals gehen mit dem europäischen Management der Griechenland-Krise hart ins Gericht. "Politiker in der Euro -Zone betrachten eine Umschuldung als eine von mehreren Optionen und glauben offenbar, dass sich das Problem aussitzen lässt", sagt Guillermo Nielsen im FTD-Interview. Er hat Argentiniens Schuldenschnitt nach der Staatspleite von 2001 als Finanzstaatssekretär ausgehandelt. "Aber die Politiker haben nur die Wahl zwischen geordneter Umschuldung und ungeordnetem Staatsbankrott. Ein Haircut der Schulden ist unvermeidlich.">Die Randalierer warfen Brandflaschen auf eine Poststelle und zwei andere Gebäude. Aus einem Gebäude am Syntagma-Platz in Athen, welcher das Zentrum der Demonstrationen darstellt, stieg im Verlauf des Nachmittags graue Rauchschwaden auf, Randalierer errichteten brennende Barrikaden. Demonstranten hätten ein Feuer in einem Postamt gelegt, berichtet «Welt Online». Im selben Gebäude befindet sich auch das griechische Finanzministerium. Die Feuerwehr konnte in letzter Minute sieben Menschen aus einem brennenden Gebäude retten und das Feuer löschen, wie das griechische Fernsehen berichtete.
Luxushotel evakuiert
Wegen der dramatischen Lage musste zuvor ein Luxushotel in der griechischen Hauptstadt evakuiert werden. «Alle unsere Kunden wurden in Sicherheit in anderen Hotels untergebracht», sagte ein Sprecher des Hotels der Nachrichtenagentur dpa. Es handelt sich laut der Onlineausgabe der Zeitung um das King George Palace Hotel am Syntagma Platz.
Kurz vor und nach der entscheidenden Abstimmung im griechischen Parlament über das Sparpaket der Regierung ist es in Athen zu schweren Zusammenstössen zwischen mehreren hundert Randalierern und Sondereinsatzkräften der Polizei gekommen. Tausende Menschen flohen in Panik vom Platz vor dem Parlament. Tränengasschwaden wurden durch das Stadtzentrum getrieben. Ein Angestellter des Hotels sagte, die Gäste des Hotels hätten die beissende Luft «nicht mehr ertragen» können.
Vor dem Parlament setzte die Polizei Tränengas ein, um die Protestierenden zurückzudrängen. Diese versuchten, Absperrungen umzustürzen und schleuderten Flaschen und Müll auf die Polizisten. Die Demonstranten hatten angekündigt, Abgeordnete am Betreten des Parlamentsgebäudes zu hindern. Sicherheitskräfte sperrten einen grossen Bereich der Innenstadt für den Verkehr.
«Verräter, Verräter!»
Die Demonstranten hätten vor dem Parlament Slogans wie «Verräter, Verräter!» gerufen, während die Polizei mit Tränengas gegen die Menge vorgegangen war, wie die New York Times berichtet.
Ein Generalstreik sorgte den zweiten Tag in Folge an den Flughäfen für Dutzende Flugausfälle oder -verschiebungen. Fähren blieben in den Häfen, in den Krankenhäusern arbeiteten nur Notfallteams. Erst am Dienstag war es in Athen zu schweren Zusammenstössen zwischen den Demonstranten und der Polizei gekommen. Dabei wurden 46 Menschen verletzt.>
<Das griechische Parlament hat das Sparpaket der Regierung angenommen. Damit ist der Weg frei für Finanzhilfen der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF).Bei einer Ablehnung des Sparpakets von Ministerpräsident Giorgos Papandreou hätte dem hoch verschuldeten Land eine Staatspleite gedroht. Das Sparpaket sieht neben Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in Höhe von insgesamt etwa 28 Milliarden Euro auch umfangreiche Privatisierungen im Umfang von rund 50 Milliarden Euro vor.
Die Zustimmung zu den drastischen Sparplänen hatte sich abgezeichnet. Abgeordnete der Opposition und aus den Reihen der Rebellen in der regierenden Sozialistischen Partei hatten vor der Abstimmung angekündigt, mit der Regierung zu stimmen. Begleitet wurde die Debatte im Parlament von schweren Krawallen in Athen.
Politischer Selbstmord
Vor der Abstimmung erhöhte Zentralbankchef Giorgos Provopoulos noch einmal den Druck auf die Abgeordneten: «Es wäre ein Verbrechen, wenn das Parlament dagegen stimmen würde. Das Land würde damit seinen Selbstmord besiegeln», sagte Provopoulos der «Financial Times».
Am Donnerstag müssen die Abgeordneten die Einzelgesetze billigen, die zur Umsetzung der Sparmassnahmen nötig sind. Auch hier sind die Mehrheitsverhältnisse unsicher. Ungeachtet der Entscheidungen im Parlament rechnen viele Experten mittelfristig mit einer Umschuldung Griechenlands.
Streik und Demonstraionen
Auf Athens Syntagma-Platz vor dem Parlament versammelten sich erneut zehntausende Menschen, um gegen die Pläne der sozialistischen Regierung zu protestieren. Mit dem Einsatz von Tränengas verhinderte die Polizei das Vordringen von Steine werfenden Demonstranten auf das Parlamentsgebäude.
Die Gewerkschaften hatten zum Generalstreik aufgerufen, der das öffentliche Leben weitgehend lahmlegte. Für den frühen Abend war die Hauptdemonstration geplant.
Merkel: «Wirklich gute Nachricht»
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit Erleichterung auf die Annahme des griechischen Sparpakets reagiert. «Das ist eine wirklich gute Nachricht», sagte sie am Mittwoch in Berlin auf einem Kongress der Unionsfraktion im Bundestag.
SMI und Franken reagieren kaum auf Votum Athens für SparpaketDer Schweizer Standardwerte-Index SMI notierte gegen 15.30 Uhr um 1,23 Prozent im Plus und stand damit etwa auf demselben Niveau wie bei Beginn der Abstimmung in Athen. Der Franken notierte gegenüber dem Euro bei 1,2002 und zeigte damit ebenfalls kaum eine Veränderung.
(dapd)><Athen (dpa) - Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hat die Verabschiedung des Sparprogramms zur Abwendung einer Staatspleite als eine «patriotische Pflicht» bezeichnet. Vor der entscheidenden Abstimmung über das Vorhaben im Parlament appellierte der sozialistische Minister an die Abgeordneten, das Sparpaket zu billigen. Erneut protestierten Tausende von Griechen gegen das Sparprogramm. Vor dem Parlament versuchten einige Demonstranten, Abgeordneten den Weg zu versperren. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Quelle: n-tv.de / dpa>
Das griechische Parlament entscheidet heute Mittwoch, wie viele Löcher enger der Gürtel geschnallt wird. Es stimmt darüber ab, ob weitere 78 Milliarden Euro bis 2015 eingespart werden sollen. Von einem Ja zu diesen drastischen Massnahmen hängt die Auszahlung einer weiteren Kredittranche von EU und IWF in Höhe von 12 Milliarden Euro ab. Ausserdem ist der strikte Sparkurs Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro, das am kommenden Wochenende von den EU-Finanzministern beschlossen werden soll.
Das griechische Volk ist empört: Für 48 Stunden sollen Züge, die meisten Fähren und die Athener Vorstadtbahn bestreikt werden. Ministerien und staatliche Unternehmen sowie viele Banken sollen ebenfalls vom Streik betroffen sein. Ärzte behandeln in Spitälern nur Notfälle. Auch der Flugverkehr ist teilweise lahmgelegt.
Zu dem Streik haben die beiden grössten Gewerkschaftsverbände aufgerufen. Auch die hauptsächlich über das Internet organisierte Bewegung der «Empörten Bürger» will sich beteiligen. Viele Bürger wollten zwei Tage lang vor dem Parlament bleiben und demonstrieren. Sie planen ausserdem, heute Mittwoch parallel zur Abstimmung im Parlament alle Zufahrtsstrassen zum Gebäude zu sperren.
Strom, Flughafen: alles muss weg
Die Verzweiflung ist verständlich. Oder würden Sie protestlos akzeptieren, dass Ihre Altersrente eingefroren wird? Würden Sie sich widerstandslos den Lohn kürzen lassen? Oder würden Sie zulassen, dass Ihnen teure Medikamente nicht mehr von der Krankenkasse erstattet werden?
Tatsächlich sollen die Griechen bis 2015 weitere 28,4 Milliarden Euro auf dem Buckel ihrer Bürger einsparen. Weitere 50 Milliarden Euro sollten durch eine Privatisierung von Staatsunternehmen in grossem Stil gewonnen werden. Beispielsweise sollen die staatlichen Anteile am Stromversorger PPC von 51 auf 34 Prozent reduziert werden. Weiter sind aber auch Verkäufe von Beteiligungen beim Telecomunternehmen OTE, beim internationalen Flughafen Athen, bei der ATE-Bank und beim Wettbüro Opap geplant.
Bereits massive Lohneinbussen 2010
Bereits im Rahmen des letzten Sparpakets mussten die Griechen auf die 13. und 14. Monatsgehälter verzichten. Staatsbeamte mussten sogar Einkommenskürzungen von 20 Prozent und mehr hinnehmen.
Bei Spediteuren und anderen so genannt geschlossenen Berufsgruppen wurden die Zugangsbeschränkungen aufgehoben. Dadurch entstand mehr Wettbewerb und die Löhne begannen zu bröckeln.
Die Pensionsausgaben wurden gedeckelt. Ohne Reform würden sie von heute 12 auf 24 Prozent des Bruttoinlandprodukts bis 2060 steigen. Mit den Sparmassnahmen sollen die Ausgaben auf maximal 14,9 Prozent im Jahr 2060 beschränkt werden. Gespart wurde ebenfalls im Gesundheitswesen, die Medikamentenpreise sanken durchschnittlich um 20 Prozent. Und eine Vielzahl Arzneimittel wird nicht mehr erstattet.
Enger wird der Gurt zudem bei der Verwaltung geschnallt: Die Zahl der Kommunen fällt von über 5000 auf knapp dreihundert. Die Regionalverwaltungen wurden von dreizehn auf sieben zurückgestutzt. Überdies ist das staatliche Budget für Investitionen 2010 um fast 12 Prozent gefallen.
Auch einnahmeseitig gab es Massnahmen: Die Mehrwertsteuer wurde für viele Produkte auf 23 Prozent angehoben. Zusätzliche Steuern entfallen auf Tabak und Kraftststoffe.
Schauen Sie in der Bildstrecke, was den Griechen nun noch bevorsteht.
1. Griechenland will Teile seiner Infrastrukturbetriebe verkaufen, so etwa Beteiligungen am internationalen Flughafen Athen.
2. Dem Gesundheitswesen stehen dieses Jahr rund 2,1 Milliarden Euro weniger zur Verfügung. Als Folge werden den Griechen teils lebenswichtige Medikamente nicht mehr vergütet.
3. Die Renten sollen eingefroren werden und die Invalidenversicherung reformiert.
4. Der Mehrwertsteuersatz in Restaurants soll von 13 auf 23 Prozent erhöht werden.
5. Im öffentlichen Sektor soll das Verwaltungspersonal um 20 Prozent reduziert werden. Die Wochenarbeitszeit soll im Gegenzug von 37,5 auf 40 Stunden erhöht werden.
6. Steuerbefreiungen werden abgeschafft.><von Sandro Spaeth - Griechenland ist gerettet – vorerst. Das Parlament hat dem Sparpaket zugestimmt. Wirtschaftsprofessor Thomas Straubhaar ist überzeugt: Der Untergang Athens hätte schlimmere Konsequenzen als der Lehman-Crash.Athens mögliche Pleite wird von Ökonomen mit dem Lehman-Crash verglichen: Übertrieben?
Das Problem ist, dass es für die aktuelle Krise kein Beispiel aus der Geschichte gibt. Die bisherigen Staatspleiten betrafen bisher immer währungspolitisch unabhängige Länder. Nun geht es aber um ein Mitglied in der Währungsunion. Gut möglich, dass die Flutwelle noch schlimmer wäre als beim Lehmann-Kollaps.Warum?
Wenn die Griechen untergehen, werden die Märkte antizipieren, dass für andere Staaten der Euro-Zone ein Bankrott ebenfalls möglich ist und genau darauf spekulieren. Zugleich würden die Refinanzierungskosten der anderen EU-Staaten steigen. Dies könnte die Schuldenspirale in einigen Ländern erst richtig in Gang bringen.Die griechischen Abgeordneten haben dem Sparpaket zustimmt. Nun gibt’s wieder Geld von der EU. Waren die Pleite-Szenarien nur Panikmache?
Mit der drastischen Schilderung des Problems wollte man auch die Bevölkerung in den Geberländern beruhigen und die privaten Gläubiger von den Vorteilen der Mitarbeit überzeugen. Die EU hat das Ziel, Athen bis Mitte Juli wieder mit Liquidität zu versorgen. Es war also auch eine taktische Panikmache, wobei ich betone, dass die Folgen eines Bankrotts in der Tat dramatisch wären.Überweist die EU den Griechen Anfang Juli wieder Geld, werden alte Schulden einfach von neuen Schulden abgelöst. Kann das gut kommen?
Ja, es besteht immerhin die Hoffnung, dass der Schuldner in der Zwischenzeit gesundet. Geht Athen pleite, müssen die gesamten Schulden abgeschrieben werden. Bekommt die Regierung mehr Zeit, kann sie womöglich einen Teil der Schulden zurückzahlen. Folglich gilt: Lieber den Spatz in der Hand als gar nichts mehr; die Taube auf dem Dach ist in diesem Fall ohnehin längst davongeflogen.Glauben Sie denn daran, dass Griechenland seine Schulden abstottert?
Die Kredite vollumfänglich zurückzuzahlen ist unrealistisch. Ich gehe aber davon aus, dass Griechenland in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren etwa die Hälfte, wenn es besonders gut gehen sollte sogar noch mehr von seinen Schulden wird begleichen können.Athen sitzt in der Falle: Die Sparpläne führen zu einer Rezession, womit wichtige Steuereinnahmen fehlen und der Schuldenberg weiterhin wächst. Kann man diese Spirale durchbrechen?
Wenn eine Brücke derart ins Ungleichgewicht geraten ist, bricht sie zusammen. Will heissen: Aus eigener Kraft kommt Athen aus einem solchen Teufelskreis nie mehr heraus. Das weiss man auch aus den letzten Tagen der DDR. Es braucht also zwingend die Hilfe von aussen, um in Griechenland die wirtschaftliche und gesellschaftliche Implosion zu verhindern.Um wieder zu Geld zu kommen, will Athen seine Staatsbetriebe verkaufen. Ist das eine gute Idee? Die Einnahmen sind ja nur einmalig…
Wenn die vielleicht zehn Milliarden Erlös helfen, die Zahlungsfähigkeit abzuwenden, ist ein Verkauf sinnvoll. Athen hat keine Wahl. Es ist wie bei Privaten, die ihr Ferienhaus verkaufen müssen, um wieder liquide zu werden und einen Kredit zurückbezahlen zu können.Wer ist eigentlich schuld am Griechen-Desaster? Das Land selbst oder auch Deutschland, wie immer wieder von Ökonomen behauptet wird?
Deutschland zu beschuldigen ist eine grobe Verdrehung von Ursache und Wirkung. In Griechenland hat man zu lange und zu massiv über die Verhältnisse gelebt. Klar braucht es für den Tango immer zwei Personen und deutsche Gläubiger haben zu unvorsichtig Kredite vergeben. Das war aber nur ein Fehler, von Schuld kann man nicht sprechen.Das Magazin «Spiegel» hat bereits den Nachruf auf den Euro geschrieben. Wo sehen Sie ihn? Beim Arzt, auf der Intensivstation oder auf dem Totenbett?
Der Euro beim Arzt ist ein guter Vergleich. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die Mediziner auch einen komplizierten Fall lösen können.>Die Commerzbank ist bereit, sich an der Griechenland-Hilfe zu beteiligen. Das sagte der Vorstandsvorsitzende Martin Blessing heute auf einem Kongress der Unionsfraktion in Berlin. Dabei sei auch das französische Modell der Schuldenverlängerung «eine gute Basis» für Diskussionen. Es klemme aber noch an Details. «Als Commerzbank unterstützen wir die Bemühungen der Politik.»
Entscheidend sei, einen Zahlungsausfall Griechenlands zu vermeiden, sagte Blessing. Das hätte unübersehbare Folgen und hohe Ansteckungsgefahr für andere Länder. «Aber auch wir müssen einen Beitrag leisten, um eine solche Kettenreaktion zu vermeiden.»
Erleichterung bei der Politik
Es sollte auch keinen Abschreibungsbedarf bei Banken oder Versicherungen geben, weder nach internationalen Regeln noch nach dem Handelsgesetzbuch, fügte Blessing hinzu. Das hätte sonst vor allem für griechische Banken Auswirkungen. Daher müssten auch die Auswirkungen auf die Bewertungen durch Agenturen geprüft werden.
Die Politik hat mit Erleichterung auf den Sparbeschluss des griechischen Parlaments reagiert. «Das ist eine wirklich gute Nachricht», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch in Berlin. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte, Griechenland müsse nun «einen konsequenten Wachstumspfad einschlagen», um seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, das griechische Parlament habe bewiesen, dass es sich seiner Verantwortung für das Land und die Eurozone bewusst ist. «Jetzt gilt es, am Donnerstag auch einen Konsens über die einzelnen Massnahmen zu finden und diese dann in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren entschlossen umzusetzen.»
Der Weg ist frei
Aussenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einer «ebenso richtigen wie unvermeidlichen» Entscheidung des griechischen Parlaments. «Damit ist nun der Weg frei für die Auszahlung der nächsten Tranche der internationalen Finanzhilfen und die Verabschiedung eines neuen Hilfspakets.»
Grünen-Fraktionsvorsitzender Jürgen Trittin sagte: «Die Mehrheit der griechischen Politik hat gezeigt, dass sie bereit ist, diese anzunehmen.» Die grösste Aufgabe sei es jetzt, die Menschen zu überzeugen.
Weidmann: «Prozess noch nicht zu Ende»
Die Finanzmärkte reagierten indes mit Zurückhaltung auf das Ja aus Athen. Der DAX entfernte sich in den ersten Minuten nach der Entscheidung immer weiter von seinem Tageshoch bei 7320 Zählern und notierte am späten Nachmittag bei 7262 Punkten. Auch der Euro reagierte mit Abschlägen und fiel deutlich unter 1,44 Dollar.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann erklärte, dass mit der Abstimmung das griechische Schuldenproblem noch lange nicht gelöst sei. «Das ist ein wichtiger Schritt, aber der Prozess ist noch nicht zu Ende», sagte er in Berlin. Bundesbank-Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele sagte: «Die Probleme sind durch Griechenland gekommen. Griechenland ist in der Pflicht, die Probleme zu lösen und hat heute einen wichtigen Schritt gemacht.»
Der frühere Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprach von einem «Gefühl der Erleichterung». Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Klaus-Peter Flosbach (CDU), sagte: «Es ist wichtig, dass dieser Schritt getan ist. Ohne die Zustimmung wäre es schwierig geworden, im Bundestag noch eine Zustimmung für weitere Hilfen zu finden.»
Einsparungen und Steuererhöhungen von 28 Milliarden Euro
Zuvor hatte das Sparpaket der griechischen Regierung die entscheidende Hürde im Parlament genommen. Damit ist der Weg frei für Finanzhilfen der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Das Paket sieht Einsparungen und Steuererhöhungen über 28 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren vor.
(mrs/dapd)>Mit dem Sparpaket gewinnt Athen lediglich Zeit – seine Probleme bleiben ungelöst, denn die Schuldenlast der Griechen wächst weiter.
Gewiss hat Finanzminister Evangelos Venizelos sein Ziel erreicht, „Zeit für das Land zu gewinnen“ und einen schnellen Bankrott zu verhindern. Zwar muss das Parlament am heutigen Donnerstag nach dem Paket noch ein Ausführungsgesetz billigen. Aber das dürfte nach dem grundsätzlichen Ja Formsache sein.
Dann können Inspektoren der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) im seit Wochen überfälligen vierten Fortschrittsbericht formell feststellen, dass Griechenland seine Spar- und Reformverpflichtungen erfüllt.
Bis September ist Griechenlands Funktionsfähigkeit gesichert
Auf dieser Grundlage können die Finanzminister der Euro-Länder dann zweierlei beschließen. Erstens: den europäischen Anteil an einer fälligen Zahlung aus dem im Mai 2010 beschlossenen 110-Milliarden-Euro-Kreditpaket an Athen freigeben.
Zweitens: den Griechen bei immer noch unzureichenden eigenen Einnahmen bis 2014 weitere Kredite, voraussichtlich nochmals mindestens 60 Milliarden Euro, gewähren. Sind diese Beschlüsse getroffen, können auch die Direktoren des IWF – wahrscheinlich am 8. Juli – Geld für Athen freigeben.
Insgesamt bekommt Griechenlands Finanzminister bei der zunächst anstehenden Auszahlung zwölf Milliarden Euro (acht Milliarden der Euro-Länder, vier Milliarden des IWF). Zusammen mit Steuereinnahmen kann Venizelos zumindest im Juli und August fällige Staatsanleihen und Zinszahlungen von 17 Milliarden Euro bedienen und damit die Funktionsfähigkeit des Staatsapparates sichern – jedenfalls bis September. Dann müssen die nächsten Milliarden aus Europa und Washington eintreffen.
Griechenlands Schuldenberg wächst ins Unermessliche
Die Kreditmilliarden ändern freilich nichts an der mit 350 Milliarden Euro mittlerweile bei rund 150 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung angekommenen Staatsverschuldung Griechenlands. Im Gegenteil: Die neuen Kredittranchen erhöhen den griechischen Schuldenberg weiter; Analysten und Ökonomen sehen denn auch keine realistische Perspektive, dass die Griechen diesen Berg wieder abbauen könnten – selbst dann nicht, wenn sie alle geforderten Reformen umsetzen.
Das am Mittwoch beschlossene, gut 78 Milliarden Euro umfassende Paket mit einer Laufzeit bis Ende 2015 besteht zu zwei Dritteln aus dem geplanten Verkauf von Staatseigentum, zu einem Drittel aus Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen.
Fraglich ist vor allem der Posten Privatisierung: Er soll der Planung zufolge 50 Milliarden Euro bringen – doch selbst die Inspektoren der Euro-Länder und des IWF hielten noch Ende Februar höchstens ein Viertel davon, also Erlöse von 12,5 Milliarden Euro, für realistisch. Lückenhaft sind viele Dokumente, umstritten viele Grundbuchtitel, spärlich die Interessenten für viele Verkaufsobjekte in einem mit einer scharfen Rezession kämpfenden Land.
Abgabenerhöhung trifft Konsum – doch daran hängt die Wirtschaft
Auf den ersten Blick einfacher ist da die mit dem Paket verschärfte Politik von Kürzungen und Abgabenerhöhungen. Gehaltsempfänger, Beamte und Selbstständige zahlen nun eine Soli?daritäts-Sondersteuer. Das steuerfreie Grundeinkommen wird gesenkt, Steuerbefreiungen werden gestrichen, Sozial-, Renten- und Gesundheitsleistungen gekürzt.
Autobesitzer zahlen eine höhere Kfz-Steuer, Haus- und Wohnungsbesitzer höhere Grundsteuer. Auf Limonaden aller Art wird eine Sondersteuer fällig, in Restaurants und Cafés die Mehrwertsteuer von 13 auf 23 Prozent erhöht. Und so weiter.
All diese Maßnahmen werden den Konsum in Griechenland weiter treffen – an diesem aber hängt die sonst wenig konkurrenzfähige Wirtschaft. Die Rezession – von Januar bis März schrumpfte die Wirtschaft um 5,5 Prozent – dürfte noch zunehmen, die schon im April bei 16,2 Prozent liegende Arbeitslosenrate weiter steigen.
Analysten prophezeien Griechen weitere Kreditunfähigkeit
Unberührt bleibt zunächst noch der viel zu große griechische Beamtenapparat: Entlassungen von Staatsdienern bleiben weiter tabu. Auch die Staatsausgaben sind immer noch viel zu hoch, kritisierte vor der Abstimmung Griechenlands Notenbankchef Giorgos Provopoulos.
Würde die Regierung Papandreou tatsächlich ihre eigenen Ausgaben noch schneller zurückfahren und Beamte entlassen, könnte dies zwar einerseits das immer noch viel zu hohe Haushaltsdefizit schneller senken, andererseits aber mangels florierender Privatwirtschaft die Rezession verstärken.
Auch nach dem Sparpaket und einem wahrscheinlichen zweiten Milliarden-Kreditpaket „bleibt die griechische Staatsschuld hoch, wird die Regierung nach dem Ende aller Bail-out-Pakete immer noch nicht in der Lage sein, sich Geld auf dem Kapitalmarkt zu leihen“, kommentiert der Fachdienst Capital Economics die Abstimmung in Athen.
Viele Fachleute glauben, dass rund die Hälfte der griechischen Staatsschulden schlicht gestrichen werden muss, soll Griechenland wieder wirtschaftlich auf die Beine kommen. Von einem solchen Schritt aber ist etwa ein Vorschlag französischer Banken weit entfernt.
Deutsche Banken legen Donnerstag Ideen zur Entschärfung vor
Frankreichs Banken – vor deutschen Geldhäusern die Hauptinvestoren in griechischen Staatsanleihen – schlagen vor, bis zum Sommer 2014 fällige griechische Staatsanleihen zur Hälfte in neue 30-Jahres-Anleihen umzuwandeln und weitere griechische Verbindlichkeiten in einen speziellen Fonds (Special Purpose Vehicle) auszugliedern. Der soll mit Regierungsgarantien aus Paris, Berlin oder des neuen EU-Krisenfonds EFSF gesichert sein.
Die Banken würden so die Risikopapiere aus ihren Bilanzen entfernen und sich gleichzeitig hohe Zinsen bis zu acht Prozent jährlich sichern, analysiert der Athener Wirtschaftsprofessor Yanis Varoufakis. Der Vorschlag, gaben selbst Analysten der mit mehreren Milliarden in griechischen Staatsanleihen engagierten englischen Barclays-Bank zu, schlage „klar fehl beim Ziel einer substanziellen Schuldenerleichterung“.
Stattdessen bedeute er eine „bevorzugte Behandlung von Privatinvestoren auf Kosten der griechischen Regierung und offizieller Kreditgeber“ Athens – sprich der Euro-Länder und damit auch ihrer Steuerzahler.
Das erstaunlich offene Fazit der Barclays-Experten: „Finanzielle Konstruktionen dieser Art reichen nicht aus, um Griechenlands Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen.“ Deutsche Geldhäuser stellen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zufolge am Donnerstag weitere Ideen zur Entschärfung der Krise vor. Man darf gespannt sein.
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29.6.2011: Klartext aus der Deutschen Bank: Eine eventuelle Griechen-Pleite wäre für das Bankensystem wie eine "Kernschmelze"
aus: Welt online: Deutsche-Bank-Chef: Ackermann nennt Griechen-Pleite "Kernschmelze"; 29.6.2011;
http://www.welt.de/wirtschaft/article13458214/Ackermann-nennt-Griechen-Pleite-Kernschmelze.html
Das "Ja" zum griechischen Sparpaket beruhigt die Finanzbranche nicht. Die Banken zögern bei den dringend benötigten Geldspritzen für Athen.
Es war ein punktgenauer Auftritt. Gerade als der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, dazu ansetzte, sich zur Beteiligung der Banken am griechischen Hilfspaket zu äußern, betrat die Kanzlerin den Sitzungssaal der CDU-Fraktion. „Sagen Sie es doch einfach kurz und präzise“, forderte Angela Merkel den aus dem Konzept geratenen Ackermann auf. „Das klingt alles so leicht, einfach ein bisschen freiwillig zu verlängern“, konterte Ackermann. „Aber das Thema ist leider viel komplexer.“
Das Thema der Tagung in der CDU/CSU-Fraktion, „Finanzmarktregulierung“, stand schon seit Monaten fest. Aufsicht, Politik und die Chefs der bedeutendsten deutschen Banken saßen auf dem Podium. Dass dabei das Thema Griechenland in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückte, war angesichts der parallel laufenden Verhandlungen mit den Banken zur Beteiligung an einem Hilfspaket für Griechenland nicht verwunderlich. Seit Tagen sprechen Regierungen in ganz Europa mit den jeweiligen Finanzhäusern, um eine Beteiligung der privaten Gläubiger zu erreichen.
Während es in Frankreich bereits eine Einigung zwischen Regierung und Banken gibt, verhandelt das Bundesfinanzministerium noch mit Finanzinstituten über einen freiwilligen, substanziellen Beitrag zur Griechenland-Rettung. Die Gespräche laufen auf Hochtouren, wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Commerzbank-Chef Martin Blessing bei der Tagung im Berliner Reichstag bestätigten.
Am Donnerstag wollen sich Finanzminister Wolfgang Schäuble und die Vorstände der größten Banken in Berlin treffen, um eine Vereinbarung abzuschließen. Sowohl Ackermann als auch Blessing kündigten Zugeständnisse an. Ackermann warnte zugleich vor überstürzten Schritten. Zu Merkel gewandt, sagte er: „Wir reichen Ihnen die Hand, aber wir machen es nicht, weil wir es gern tun. Wir müssen verhindern, dass wir morgen eine Kernschmelze bekommen.“
Eine ungeordnete Pleite Griechenlands würde größere Verwerfungen nach sich ziehen, als es 2008 die Pleite der US-Investmentbank Lehman getan hatte – und die hatte schon die Weltwirtschaft in die schwerste Finanzkrise seit Jahrzehnten gestürzt.
Banken befürchten Ansteckungsrisiken
Dabei seien die paar Millionen Euro, um die es bei deutschen Banken gehe, nicht das Problem, warnte Ackermann: Wenn Griechenland von den Ratingagenturen als zahlungsunfähig eingestuft werde, so könne das „ganz andere Größenordnungen“ erreichen.
Auch Jochen Sanio, Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) warnte, dass gerade durch Kreditausfallsversicherungen niemand genau sagen könne, wo welche Risiken lägen und ob sie an manchen Stellen geballt auftreten könnten. Das hätte man auch 2008 schon unterschätzt, pflichtete ihm Ackermann bei. Sobald Griechenland als zahlungsunfähig eingestuft wird, können diese Versicherungen gezogen werden. „Wir arbeiten hart an einer Lösung, es darf nur keine sein, die einen Kollaps nach sich zieht“, so Ackermann.
Besondere Sorge bereitet den Banken die Folgen auf die Rechnungslegung und mögliche Ansteckungsrisiken für andere europäische Länder. „Wir unterstützen die Bemühungen der Politik, die Probleme in Griechenland zu lösen“, sagte Commerzbank-Chef Blessing. Um Kettenreaktionen zu vermeiden, müsse jedoch zuerst geklärt werden, welcher Abschreibungsbedarf auf die Banken zukomme und wie die Ratingagenturen reagieren. „Entscheidend ist, dass ein Zahlungsausfall vermieden wird.“
Blessing zeigte sich offen gegenüber dem französischen Vorschlag einer teilweisen Verlängerung der Laufzeiten kombiniert mit einem Sonderfonds. Das sei eine solide Basis, der Vorschlag „klemme“ aber noch an einigen Stellen, so Blessing. In welchem Umfang und unter welchen Bedingungen die deutschen Institute einen Beitrag leisten werden, dazu äußerten sich die beiden Bankenmanager vorerst nicht. Nach dem französischen Vorschlag allerdings sollen die Finanzhäuser in Europa den Griechen bis zum Jahr 2014 netto 30 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.
Kanzlerin Angela Merkel ermahnte die deutschen Banken, einen substanziellen Beitrag zu leisten: „Wenn Sie ein Interesse daran haben, in einem stabilen System zu leben, dann sollten sie uns die Hand reichen.“ Und zu Ackermann gewandt: „Und das sollten Sie auch ein bisschen gern tun.“>
<Athen (dpa) - Das griechische Parlament hat die Umsetzung des Sparprogramms der Regierung definitiv verabschiedet. Von den insgesamt 300 Abgeordneten billigten 155 Parlamentarier die Ausführungsbestimmungen des Vorhabens. Damit machten sie den Weg zu weiteren internationalen Milliardenhilfen frei. Das Parlament hatte die Sparmaßnahmen gestern bereits als Gesamtpaket verabschiedet.
Quelle: n-tv.de / dpa>
<Berlin (dpa) - Das Bundesfinanzministerium und deutsche Banken haben sich auf eine freiwillige Gläubigerbeteiligung an einem zweiten Hilfspaket für Griechenland verständigt. Der Beitrag belaufe sich auf insgesamt 3,2 Milliarden Euro, teilte Finanzminister Wolfgang Schäuble mit. Deutsche Banken seien mit zehn Milliarden Euro in griechischen Anleihen engagiert. Eine komplett freiwillige Einbindung der Privatgläubiger ist wichtig, damit Rating-Agenturen diese Maßnahme nicht als Zahlungsausfall bewerten. Dies würde die Schuldenkrise in der Euro-Zone dramatisch verschärfen.
Quelle: n-tv.de / dpa>
<Aus Athen berichtet Jörg Diehl
Der Morgen danach ist heiß und laut und hektisch. Nach zwei Tagen Generalstreik dröhnt die griechische Hauptstadt wie ehedem. Aber über dem Syntagma-Platz, Epizentrum der nächtlichen Straßenschlachten, treiben noch immer beißende Tränengasschwaden. Man sieht: eingeschlagene Schaufenster, junge Kerle mit Kopfverletzungen und einen hageren Mann in einem blauen T-Shirt, der unablässig brüllt: "Volksaufstand!"
Dimitris Meletis, 59, ist Regisseur und lebt seit vielen Jahren in Stockholm, mit Frau und Kindern, doch man müsse eben Prioritäten setzen, sagt er, gerade jetzt: erst die Revolution, dann die Familie. Es gelte, das "korrupte politische System" seiner Heimat hinwegzufegen, wahre Patrioten müssten die Macht in Griechenland übernehmen, Menschen, denen es nicht in erster Linie um sich selbst gehe, sondern die zum Wohle aller handelten. "Wir brauchen einen Volksaufstand!"Aber ist es dafür nicht zu spät? Das Sparpaket ist doch verabschiedet, die Gesetze hat das Parlament gebilligt, müssen die Griechen sich nicht abfinden mit dem Unvermeidlichen?
"Pah, Gesetze", sagt Meletis und lässt die Hand abfällig durch die Luft sausen, "die akzeptieren wir nicht, weil sie uns die Luft zum Atmen nehmen. So einfach ist das." Die Parlamentarier hätten kein Recht, für das Volk zu entscheiden, sie seien keine echten Patrioten und deswegen nicht legitimiert. Und dann spaziert er weiter, erhobenen Hauptes und staksigen Schrittes, und brüllt: "Volksaufstand!"
Meletis mag vielleicht ein Sonderling sein, aber alleine steht er nicht. Drei Viertel der Griechen lehnen aktuellen Umfragen zufolge die Sparmaßnahmen der Regierung ab. Auch prominente Vertreter des öffentlichen Lebens wie der Gouverneur der Zentralbank, Georgios Provopoulos, üben heftige Kritik: Die neuen Gesetze bürdeten den Bürgern zu viele Lasten auf. Statt zahlreicher Steuererhöhungen müsse es vor allem um die Reduzierung von Ausgaben gehen.
Selbst Finanzminister Evangelos Venizelos räumt ein, die Maßnahmen seien "hart und sogar unfair", doch in der Kürze der Zeit gebe es keine Alternative. "Wir müssen dem Fass einen Boden einsetzen."
Das Schwerste steht noch bevor
Deswegen wird nun die Vermögensteuer ebenso angehoben wie die Mehrwertsteuern für Restaurants und Bars sowie für alkoholfreie Getränke und Erdgas. Auch die Luxusabgaben für Yachten, Schwimmbecken und Autos sollen steigen. Zudem führt der Staat eine Solidaritätssteuer ein, die je nach Einkommen zwischen ein und vier Prozent des Jahreseinkommens beträgt. Gleichzeitig werden die Gehälter von Beamten weiter beschnitten. So senkte man das Einkommen eines Majors der Bereitschaftspolizei, der mehr als 120 Männer befehligt, bereits von 1500 auf 1200 Euro netto. Auch sollen in den kommenden vier Jahren 150.000 Menschen weniger im Öffentlichen Dienst arbeiten.
Besonders ambitionierte Pläne hat Griechenland bei der Privatisierung von Staatsbesitz, die 50 Milliarden Euro bringen soll: Von den Wasserversorgern in Athen und Thessaloniki über die börsennotierte Glücksspielgesellschaft bis hin zur Telefongesellschaft - überall sollen Anteile verkauft werden. Allerdings ist umstritten, ob man in der derzeitigen Lage angemessene Preise am Markt erzielen kann.
Außerdem werden die traditionell streikfreudigen Gewerkschaften derart tiefe Einschnitte kaum klaglos hinnehmen. Die Arbeitnehmervertreter des staatlichen Energieunternehmens kündigten bereits juristische Schritte gegen die geplanten Verkäufe an. Und der Generalsekretär der Hafenarbeitergewerkschaft von Piräus, Georgios Gogos, sagte auf Anfrage: "Unser Kampf geht weiter." Sie würden nicht aufgeben und "vielfältigen Widerstand" leisten.
"Es wäre jetzt total falsch, zu sagen: Ende gut, alles gut", schreibt die Zeitung "Ta Nea". Das Gegenteil sei der Fall: "Das Sparprogramm ist nicht gut und nicht das Ende." Den Griechen stehe das Schwerste noch bevor.
Wann kommt die große Ernüchterung?
Eigentlich, und das ist die bittere Erkenntnis dieser Tage, benötigt Griechenland eine schmerzhafte Radikalkur, die über die übliche Verbalakrobatik hinausgeht: integre Politiker, verantwortungsbewusste Unternehmer und ein engagiertes Bürgertum, das seine schizophrene Haltung zum Staat endlich überwindet. Denn auf der einen Seite soll der Staat für jegliches Leid verantwortlich sein, auf der anderen Seite aber auch alles regeln.
Doch wo sollen diese Neo-Hellenen herkommen?
Der Ministerpräsident Georgios Papandreou spricht zwar von einem "neuen Griechenland", das seine Probleme erkannt und aus ihnen gelernt habe. Doch in Wirklichkeit sind die handelnden Personen seit vielen Jahren weitestgehend dieselben - und manche aktuelle Weichenstellung mutet schon jetzt obskur an.So garantiert die Treuhandgesellschaft, in der die 50 Milliarden Euro schweren Privatisierungen der staatlichen Unternehmen koordiniert werden sollen, zum Beispiel jedem Vorstandsmitglied vertraglich vollkommene Straffreiheit. Manche unken deshalb, eine bessere Einladung zur Selbstbedienung könne es nicht geben. Der Staat sagt, angesichts der zu erwarteten Klageflut finde er sonst keine Manager.
Europa hat dieser Tage mit allgemeiner Erleichterung auf die Verabschiedung des griechischen Sparpakets reagiert, doch es könnte sein, dass sehr bald schon große Ernüchterung folgen wird. Wie lange dauert es, bis Griechenland wieder am Abgrund steht? "Ich gebe uns", sagt Regisseur Dimitris Meletis, "ein paar Monate, vielleicht ein Jahr, aber höchstens."
Mitarbeit: Ferry Batzoglou>
<Aus Palia Fokea berichten Jörg Diehl und Ferry Batzoglou
Es begann mit einer Flasche Jack Daniels. Er war 28 und noch nicht sehr lange Arzt. Er sah einen Mann, den seine Kollegen eigentlich schon gestorben glaubten, doch er zog eine Spritze auf und jagte ihm ein Medikament ins Blut, da schlug sein Herz wieder. Später fiel ihm der Patient um den Hals, küsste ihn, sagte, er sei ein Gott, sein Heiland, und gab ihm die Flasche Schnaps. Jannis Varvarigos war glücklich.
30 Jahre liegt das nun zurück, aber der Mediziner aus Palia Fokea bei Athen, inzwischen hochangesehener Chefarzt an der größten Geburtsklinik Südosteuropas, lächelt noch immer ganz selig, wenn er an den Anfang zurückdenkt.Varvarigos, 58, ist ein kleiner, runder Mann mit wuscheligem Haar und warmen, braunen Augen. Ein Idealist, der aus kleinen Verhältnissen stammt. Der sich als Kind vor nichts so sehr fürchtete wie vor Krankheiten und dem Tod und deshalb voller Enthusiasmus Ende der Achtziger als verbeamteter Arzt ins staatliche Gesundheitssystem eintrat. "Aber jetzt", seufzt Varvarigos, "liegt das System selbst im Sterben."
Die Frage ist: Woran krankt es?
Ein mutiger Mann
Doktor Varvarigos ist ein mutiger Mann, der sich bereiterklärt hat, über etwas zu sprechen, über das sonst keiner seiner Kollegen sprechen will: Bestechung. Die Korruption im griechischen Gesundheitswesen - Fakelaki, also "kleiner Umschlag" genannt - ist in Deutschland zum Synonym geworden für einen maroden Staat und eine verkommene Gesellschaft. Doch so einfach ist das nicht.
Varvarigos hat seine Kontoauszüge und seine Steuererklärung mitgebracht zu dem Gespräch, er will den Journalisten aus Deutschland erläutern, wie es mit seiner Branche so weit kommen konnte, und dazu ist es nötig, wie er sagt, endlich offen und ehrlich zu sein. "Keine Geheimnisse mehr."
[Hungerlöhne für algemeine Angestellte - und kein Anreiz für mehr Leistung]
37.948,27 Euro hat der Chefarzt und Leiter einer Geburtsklinik im vergangenen Jahr verdient, brutto. Davon blieben ihm, dessen Ausbildung unter anderem in London und New York insgesamt 14 Jahre gedauert hat, nach Abzügen etwa 31.000 Euro. "Ein Busfahrer in Athen bekommt mehr", sagt Varvarigos, der vier Kinder hat. Zum Vergleich: Die jährlichen Bezüge der etwa 200 Direktoren an den Unikliniken Baden-Württembergs werden jeweils auf etwa 150.000 Euro geschätzt. Netto.
Dennoch zähle er zu den Privilegierten seines Landes, sagt Varvarigos, das wisse er wohl, und es gehe ihm auch nicht nur ums Geld. Ein weiteres Problem des griechischen Gesundheitswesens sei der Umstand, dass jegliche Leistungsanreize fehlten. "Ob ich 200 Kinder im Jahr zur Welt bringe oder nur 20, ändert an meinem Verdienst gar nichts", sagt der Gynäkologe. Und da liege es nahe, dass die besonders gefragten Ärzte die Geschenke ihrer Patienten annähmen.
"Wir waren schon immer eine Gefälligkeitsgesellschaft"
Denn der Impuls einer Zuwendung an den Arzt, so behauptet jedenfalls der Mediziner, gehe von den Behandelten oder deren Angehörigen aus. "Die Griechen haben noch immer Angst vor Krankheit und Tod, unser Gesundheitswesen ist eine Katastrophe." Und dann sei da eben der Doktor, an den sich die Menschen klammerten in der irrationalen Hoffnung, die Nähe zu ihm könnte die Fehler im System ausgleichen. Varvarigos hebt entschuldigend die Hände.
[Griechenland ist auf Platz 78 der 180 korruptesten Länder der Welt - Hinterziehung der Mehrwertsteuer: ca. 30% - Bestechungstarife]
"Wir waren schon immer eine Gefälligkeitsgesellschaft", sagt Kostas Bakouris, Präsident der griechischen Abteilung von Transparency International, der Anti-Korruptions-Organisation. Sie hat Griechenland in diesem Jahr auf Platz 78 der 180 korruptesten Länder der Welt gesetzt, schlimmer als Ghana und Ruanda. Die griechische Durchschnittsfamilie zahle jährlich 1700 Euro Schmiergeld.Denn der Grieche, weiß der Analyst Babis Papadimitriou, liebe vielleicht seine Nation, betrachte den Staat aber als Institution, die man ausplündern müsse. Europaweit werden zehn Prozent der Mehrwertsteuer hinterzogen, in Griechenland etwa 30 Prozent. Ein Drittel der gesamten Wirtschaft läuft am Finanzamt vorbei. Es gibt sogar Bestechungstarife: Für die Abgasprüfung eines Autos muss man 300 Euro in einen Umschlag stecken.
"Ikonen, Wein, Fisch"
Und Gynäkologe Varvarigos, was bekommt er von seinen Patienten?
"Diese Uhr zum Beispiel", sagt er und streckt seine linke Hand über den Tisch.
Ist die wertvoll?
"Ich weiß nicht. 150 Euro vielleicht?"
Und sonst?
"Dieses Kreuz", sagt er, greift sich in den Kragen und zieht eine Goldkette mit Anhänger hervor.
Und sonst?
"Ikonen, Wein, Fisch."
Auch Geld?
"Ja."
Wie viel?
"Nicht mehr als 5000 Euro im Jahr."
Warum lehnen Sie die Geschenke nicht ab?
"Meine Patienten wären empört. Sie dächten, ich wollte wertvollere Dinge."
Wer also ist Täter, wer ist Opfer?
"Beide sind beides."
100.000 Euro verdienen, für 700 Euro Steuern zahlen
Wobei in anderen Fällen die Verhältnisse deutlicher zu sein scheinen: Mancher Kollege im Athener Nobelstadtteil Kolonaki, erzählt Varvarigos, verdiene bis zu 100.000 Euro im Monat, aber er gebe davon vielleicht gerade einmal 700 Euro bei der Steuer an. Konsequenzen habe das keine. Auch in anderen Ämtern werde kassiert, bis zu 5000 Euro machten gewisse Staatsdiener nebenher, schwarz.Ein US-Politikwissenschaftler beschrieb Korruption einmal als Verletzung eines allgemeinen Interesses zugunsten eines speziellen Vorteils. Und natürlich sieht auch Mediziner Varvarigos, dass es besser wäre, wenn die Zuwendungen nicht ihm, sondern allen zugutekämen - und das System dann für eine gerechte Verteilung der Gelder nach Ausbildung, Leistung und Engagement des Arztes sorgte.
Er hofft deswegen, dass der internationale Druck auf Griechenland auch zu einem Umbau des medizinischen Systems führen wird. Ansonsten werde Gesundheit in seiner Heimat schon sehr bald wieder zu einem Vorrecht derjenigen, die sich private Behandlungen oder hohe Schmiergelder dauerhaft leisten könnten. Man müsse es so deutlich sagen: "Es ist unsere allerletzte Chance vor dem Exitus.">
Italien kämpft gegen seinen gigantischen Schuldenberg: Das Kabinett des angeschlagenen Ministerpräsidenten Berlusconi hat Einsparungen von knapp 50 Milliarden Euro beschlossen - 2014 soll das Land fast ohne neue Kredite auskommen.
Rom - Einen Tag nach der Zustimmung des griechischen Parlaments zum Sparpaket hat sich auch die italienische Regierung auf ein umfangreiches Kürzungsprogramm geeinigt: Ministerpräsident Silvio Berlusconi legte am Donnerstag einen neuen Sparplan zum Schuldenabbau vor. Bis 2014 will das Kabinett einen nahezu ausgeglichenen Haushalt erreichen. Das Paket muss innerhalb von 60 Tagen vom Parlament in Rom abgesegnet werden.
In den kommenden dreieinhalb Jahren will das hochverschuldete Italien rund 47 Milliarden Euro einsparen, wie ein Regierungsvertreter Nachrichtenagentur Reuters mitteilte. Berlusconi und Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti äußerte sich auf einer Pressekonferenz am Donnerstagabend nicht zum genauen Umfang des Sparpakets.Ein großer Teil der Einsparungen trifft die Bürger und Arbeitnehmer: Im Gesundheitswesen werde man durch Gebührenerhöhungen Einsparungen erreichen, erklärte Tremonti. Eine Anpassung des Rentenalters an die längere Lebenserwartung bei Frauen soll schrittweise in Kraft treten, allerdings erst ab 2020. Teil der Sparpläne ist zudem eine Steuerreform, die laut Tremonti keine Senkungen, sondern eine Umverteilung der Abgaben vorsehe.
Richtig gespart wird erst nach der nächsten Wahl
Zudem plant die Regierung Einsparungen im Öffentlichen Dienst und bei den eigenen Kollegen: Politikergehälter würden demnach ab der nächsten Legislaturperiode 2013 auf den europäischen Durchschnitt gesenkt. Wahltermine sollen zusammengelegt werden, um Verwaltungskosten zu senken.
"Unser gemeinsames Ziel muss ein ausgeglichener Etat sein", sagte Berlusconi. Der Großteil der Sparmaßnahmen - jeweils 20 Milliarden Euro - betrifft die Jahre 2013 und 2014. Für 2011 und 2012 waren bereits vergangenes Jahr Einsparungen in Höhe von 25 Milliarden Euro beschlossen worden. So will die Regierung das Haushaltsdefizit bis zum Jahr 2014 auf 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückführen - 2010 hatte es noch bei 4,6 Prozent gelegen.Die Entscheidung fällt inmitten einer Regierungskrise in Italien: Die Koalition verlor jüngst Kommunalwahlen sowie mehrere Referenden unter anderem über die Nutzung der Atomkraft - und zeigte sich im Vorfeld zerstritten: Die Lega Nord hatte bis zuletzt auf Steuersenkungen gepocht, stimmte den Plänen nun aber doch zu.
Die Opposition kritisierte die angekündigten Maßnahmen als "sozialen Kahlschlag mit Fragezeichen". Hintergrund: Im Frühjahr 2013, also noch vor dem Hauptteil der Einsparungen, stehen die nächsten Wahlen an. Die Regierung weicht laut der Opposition damit dem "Tal der Tränen" der großen Einsparungen aus. Berlusconi rief die Opposition zur Zusammenarbeit auf. Der Plan habe "nicht zum Ziel, die Regierung im Amt zu halten".
fdi/AFP/dpa/Reuters>
Das krisengeschüttelte Griechenland hat die Europäische Union um Hilfen bei der Ankurbelung der Wirtschaft gebeten. Ministerpräsident Giorgos Papandreou ersuchte den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso darum, die für griechische Bauprojekte vorgesehenen Gelder aus den EU-Kohäsionsfonds beschleunigt freizugeben.
Diese Mittel sollten unter anderem für den Ausbau von Häfen, Autobahnen und anderen Infrastruktur-Einrichtungen verwendet werden, schrieb Papandreou in einem Brief an Barroso, der in der Nacht zum Freitag in Athen veröffentlicht wurde. Das griechische Parlament hatte am Donnerstag ein ehrgeiziges Sparprogramm verabschiedet und damit den Weg für internationale Milliardenhilfen freigemacht.
Ohne Selbstbeteiligung keine Projekte
Mit den Geldern aus den EU-Fonds fördert die EU Projekte, an denen die jeweiligen Mitgliedsstaaten sich mit eigenen Mitteln selbst beteiligen müssen. In Griechenland hat diese Regelung zur Folge, dass von der EU geförderte Bauvorhaben auf Eis liegen, weil Athen aufgrund der Sparpolitik kein Geld für die Selbstbeteiligung hat.
Papandreou bat die EU darum, Athen vorübergehend von der Pflicht zu einer Selbstbeteiligung zu befreien und damit eine beschleunigte Freigabe von Geldern aus den EU-Fonds zu ermöglichen. Die griechische Wirtschaftskraft war 2010 um 4,5 Prozent geschrumpft. Für dieses Jahr wird ein weiterer Rückgang um 3,0 bis 3,5 Prozent erwartet.
Sparen ist gut, wachsen ist besser
Das Anliegen der Regierung wird auch von Experten unterstützt. Der Athener Wirtschaftsprofessor Dimitris Katzikas sagte, die jüngsten Sparbeschlüsse seien gut, reichten aber nicht aus. Griechenland benötige auch eine Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums. "Von der EU geförderte Projekte in Griechenland sollten zu 100 Prozent von Brüssel finanziert werden", sagte der Wissenschaftler.
Bereits am Samstag wird die Eurogruppe über die Auszahlung einer neuen Hilfstranche an Griechenland entscheiden. "Das Treffen ist nicht abgesagt, sondern in eine Telefonkonferenz am Samstagabend geändert worden", sagte der Sprecher des Eurogruppen-Chefs Jean-Claude Juncker, Guy Schuller. Es sei noch nicht klar, ob es nach dem Gespräch eine offizielle Mitteilung geben werde. Ursprünglich wollte sich die Eurogruppe am Sonntag treffen.
sla/dpa/rts>
<Die Angst geht um in Europa. Zumindest im Europa der Funktionsträger. Die Bürger hätten dem Einigungsprojekt Liebe und Vertrauen entzogen, beschwert man sich in Brüssel. Europa fehle es an einer Vision und an Führungspersönlichkeiten, die den Laden zusammenhalten, schallt es von den medialen Deutungshügeln zurück. Die Berufseuropäer ziehen sich derweil in den Schmollwinkel zurück, lecken sich die Wunden und erzählen sich die Mär vom undankbaren Bürger, der gar nicht mehr wisse, was er an Europa habe und zu sprunghaften Stimmungsumschwüngen neige. All das geht an den wirklichen Ursachen der Europa-Entfremdung vorbei.
Und wenn Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Besserung ist, dann ist es höchste Zeit, dass die Europa-Mandarine von ihrer Weinerlichkeit Abschied nehmen und einer Realität ins Auge sehen: Die Bürger haben Europa nicht willkürlich das Vertrauen entzogen, sondern das offizielle Europa hat sich seinen schlechten Ruf redlich verdient.
Wer sich die Entstehung der griechischen Finanzkrise anschaut, wird politisches Versagen auf allen Ebenen Europas finden, auf Ebene der nationalen Regierungen genauso wie auf der der Gemeinschaftsinstitutionen. Denn zur Geschichte der Quasi-Pleite gehört ja nicht nur, dass Athen über Jahre schamlos betrogen hat, sondern dass man auf europäischer Seite auch betrogen werden wollte. Das fing an mit dem Beitritt Griechenlands zur Euro-Zone. Im Nachhinein hört man von damaligen Protagonisten, man habe eigentlich gewusst, dass die griechischen Zahlen nicht stimmten. Damals sind Europas Bürger also schon von ihren Politikern betrogen worden. Wichtiger als Zahlen war denen, das Land mit an Bord zu haben, in dem einst die Wiege der europäischen Zivilisation stand.
Dann ging es weiter mit der Aufweichung des Euro-Stabilitätspaktes, betrieben von Frankreich und Deutschland, die damals selbst erhebliche Haushaltsprobleme hatten. Das sendete das Signal an Hauptstädte mit dem Hang zur Überschuldung: Wir sehen das alles nicht so eng.
Man kann sich auch kaum vorstellen, warum etwa die Statistik-Behörde Eurostat so lange mitgemacht hat. Sicher, gerade Franzosen und Deutsche haben sich immer dagegen gewehrt, den EU-Statistikern besseren Einblick in nationale Zahlen und Durchgriffsrechte zu geben. Dennoch müssen sich die EU-Beamten fragen lassen, ob ihre Pflichten gegenüber den europäischen Bürgern nicht verlangt hätten, die eigenen Zweifel deutlicher zu machen und möglicherweise einen Eklat mit einzelnen Regierungen zu riskieren.
Auch die EU-Kommission ist solchen Konflikten zu oft ausgewichen. Ähnliches gilt für die europäische Zentralbank. Man habe gewusst, dass in Griechenland manches im Argen liege und habe diese Dinge seit 2006 mit Athen diskutiert, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark gerade auf der Welt-Währungskonferenz in Berlin. Man fragt sich, ob diese Zweifel nicht ebenfalls offensiver an die Öffentlichkeit hätten gebracht werden müssen.
Die Geschichte der Griechenland-Krise ist also auch eine des gesamteuropäischen Versagens und der fehlenden „checks and balances”. Und sie bestätigt Vorbehalte, die manche Bürger gegenüber europäischer Politik haben. Viele Europäer sehen die EU als eine Art Elitenverschwörung und glauben, dass man ihnen oft nicht die Wahrheit sagt. Und dass dieses Europa allzuoft aus politischen Opportunitätsgründen gegen die selbstgesetzten Regeln verstößt. Das ist auch der Grund, warum so viele Bürger dem Beitritt weiterer Länder skeptisch gegenüberstehen. Sie glauben, dass die Politiker am Ende lieber Fünfe gerade sein lassen, um übergeordneten Überlegungen – etwa geopolitischer Art – zu entsprechen. Auch dieser Verdacht ist keineswegs aus der Luft gegriffen. Heute besteht weitgehend Konsens darüber, dass Bulgarien und Rumänien die Kriterien eines Beitritts nicht wirklich erfüllten. Aber wenn diese Länder einmal dazugehören ist es viel schwieriger, dort EU-Standards durchzusetzen.
Nun können Fehler immer passieren, gerade bei so gewagten Projekten wie der EU und dem Euro, die in vielerlei Hinsicht Neuland betreten haben. Die Frage ist jedoch, ob die Versäumnisse aufgeklärt, Schuldige zur Verantwortung gezogen und aus Fehlern gelernt wird. Auch hier muss man der EU schlechte Noten ausstellen. Abermals wird ein Vorurteil des Bürgers bestätigt: In dem vielschichtigen bürokratischen Konstrukt bleibt das Prinzip Verantwortung auf der Strecke. Niemand wird zur Rechenschaft gezogen, niemand musste bisher seinen Hut nehmen. Hätte das Europaparlament ähnliche Kompetenzen und einen vergleichbaren Ehrgeiz wie der amerikanische Kongress, dann würden nun Beamte der EU-Kommission und von Eurostat genauso von Parlamentariern „gegrillt” wie mehrere griechische Finanz- und Premierminister und ihre europäischen Kollegen, die halfen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen. Tatsächlich gibt es nicht einmal den Ansatz einer solchen Aufklärung. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus: Weil irgendwie alle versagt haben, will man besser nicht daran rühren. Es ist genau dieses Selbstverständnis der Berufseuropäer – Missstände nicht zu laut anzusprechen, damit es dem Ansehen Europas nicht schadet – das den Ruf Brüssels am meisten beschädigt. Europa erweist sich so als Projekt, in dem die Verantwortung zwischen den Hauptstädten und Brüssel und in den vielschichtigen Apparaten evaporiert.
In den momentanen Protesten in Griechenland und im dortigen Streit um das Sparprogramm wird ein weiteres Defizit des europäischen Projektes sichtbar: Das Fehlen einer gesamtgesellschaftlichen Öffentlichkeit. Es ist ja nicht zu übersehen, dass sich die Griechen in einer innergriechischen Debattenschleife befinden. Viele fühlen sich als Opfer von EU und IWF, die Perspektive der nichtgriechischen Steuerzahler, die tief in die Tasche greifen für die griechischen Verfehlungen und die sich dafür auch noch anfeinden lassen müssen, kommt praktisch nicht vor. Dieses Defizit wird besonders deutlich, wenn man es etwa mit deutschen Debatten über den Länderfinanzausgleich vergleicht. Man erinnere sich etwa an Berlins Klage im Jahr 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht, um einen “bail out” vom Bund zu bekommen. Der Hohn und Spott, der sich danach in den Medien der Republik über Berlin ergoss, hatte nicht nur erzieherische Wirkung auf den Berliner Senat, die Berliner Bürger mussten sich auch vorrechnen lassen, was sie sich alles für vielgeliebte soziale Wohltaten leisten im Vergleich zu anderen Ländern, die seit Jahrzehnten brav in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Im Falle Griechenlands kommt diese als Korrektiv wirkende Außenperspektive nur in sehr gedämpfter Form an und kann seine normative Kraft deshalb kaum entfalten.
Letztlich hat es aber wenig Sinn, nun wie so oft nach neuen Utopien für Europa zu rufen. Die Entzauberung des europäischen Projektes jedenfalls hat wenig damit zu tun, dass es angeblich an einer “Vision” fehle. Das ganze ist weit einfacher zu erklären: Auch die EU hat im Vorfeld der Griechenlandkrise versagt und die Bürger sind zurecht verärgert, wenn sie nun die Rechnung dafür begleichen dürfen. Es ist Zeit, dass Europa – gemeint als Konzert nationaler Regierungen und der Brüsseler Gemeinschaftsinstitutionen – die Gründe des Versagens aufklärt, Verantwortliche benennt und aus den Fehlern lernt. Man wundert sich jedenfalls über die Chutzpe der EU-Kommission, die in Zeiten knappen Vertrauens und knapper Kassen nun auch noch eine EU-Steuer vorschlägt.
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