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April 2012 (01): Euro - Teuro - Desaster (Teil 40)
PleiMeldungen
präsentiert von Michael Palomino
Video über die Wahrheit bei Dollar und Euro: "Dollar und Euro werden vergehen, wenn keine Volksabstimmung stattfindet"; Link des Videos: http://www.youtube.com/watch?v=qns3smEoQz0 Video with the truth about Dollar and Euro: "Dollar and Euro will go by when there is no popular vote"; Link of the video: http://www.youtube.com/watch?v=1-73ia6_Kn8
Weltkarte der weltweiten Verschuldung im Zuge der Globalisierung (April 2010): http://www.spiegel.de/flash/flash-26720.html
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Rette sich wer kann vor dem Pleite-Euro.
Michael Palomino, 7.7.2011
Wir sagen alle "Vielen Dank" an Herrn Christoph Blocher, der mit seinem logischen Denken die Schweiz vor dem Pleite-Euro bewahrt hat. Denn - wie man sieht: Es liegt nicht am Bankgeheimnis, dass der Euro nun Pleite geht.
Michael Palomino, 15.7.2011
In der Krise erkennst du, wie deine "Freunde" wirklich sind. Nur Frau Merkel will es noch nicht merken, was Pleite-Griechenland mit Europa vorhat...
Michael Palomino, 19.7.2011
Im Jahre 2012 kommt die Apokalypse: "US"-Dollar weg, Euro weg, und Japan mit Strahlenbabys aus Fukushima.
Michael Palomino, 29.7.2011
Die Euro-Apokalypse ist im Anmarsch. Die ersten Grossbetriebe entlassen 1000 von Leuten. Nichts wie weg hier!
Michael Palomino, 23.11.2011
Pläne und Beschlüsse nützen nichts, wenn sie nicht umgesetzt werden. Der Euro ist schon jetzt so gut wie tot.
Michael Palomino, 17.12.2011
Euro-Land - einig Pleite-Land:
Michael Palomino, 20.12.2011
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1.4.2012: Pleite-Ungarn: Jetzt geht der Rektor, um den "Frieden an der Universität" zu sichern
aus: Der Standard online: Plagiatsaffäre: Unirektor tritt zurück; 1.4.2012;
http://derstandard.at/1333184986363/Plagiatsaffaere-Unirektor-tritt-zurueck
<Tivadar Tulassay will "Friede" sichern
Budapest - Im Zuge des Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit des ungarischen Staatspräsidenten Pal Schmitt hat der Rektor der beteiligten Budapester Semmelweis-Universität seinen Rücktritt angekündigt. Damit solle der "Friede an der Universität" gesichert werden, erklärte Tivadar Tulassay am Sonntag in einer auf der Website der Universität veröffentlichten Mitteilung. Er werde das für Bildung zuständige Ministerium für Nationale Ressourcen am Montag über seinen Rücktritt informieren.
Dies bedeute aber nicht, dass er die Entscheidung, Schmitt seinen 1992 erworbenen Doktortitel abzuerkennen, nicht weiter unterstützen würde, so Tulassay. Die Semmelweis-Universität hatte dem Staatsoberhaupt am Donnerstag seinen Titel aufgrund eines Vorschlages des Doktoratsrates der Hochschule entzogen. Eine Untersuchungskommission hatte festgestellt, dass der damalige Präsident des Ungarischen Olympischen Komitees (MOB) den Großteil seiner Arbeit - rund 200 der 215 Seiten - von anderen Autoren übernommen hatte.
Schmitt selbst hatte die Hochschule daraufhin kritisiert, weil sie ihm den Titel aberkannte, "ohne ihn angehört zu haben". Einen Rücktritt lehnte der Präsident ab. (APA, 1.4.2012)>
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1.4.2012: Schäubles Prognose: Deutschland bleibt bei über 80% Defizit zum BIP - bei 0,9% Neuverschuldung
aus: Der Standard online: Nach Brüssel: Deutschland meldet Defizit von 0,9 Prozent; 1.4.2012;
http://derstandard.at/1333184981045/Nach-Bruessel-Deutschland-meldet-Defizit-von-09-Prozent
<Regierung: Schuldenstand steigt auf 82,1 Prozent des BIP
Berlin - Das deutsche Finanzministerium rechnet in diesem Jahr mit einer Neuverschuldung in Höhe von 0,9 Prozent der Wirtschaftsleistung. Diese Zahl sei am Freitag im Rahmen der turnusmäßigen Maastricht-Meldung nach Brüssel übermittelt worden, sagte eine Sprecherin am Sonntag und bestätigte damit einen Bericht von "Focus Online". Deutschland werde damit nach den EU-Kriterien schon in diesem Jahr sein mittelfristiges Ziel eines strukturell in etwa ausgeglichenen Staatshaushaltes erreichen, teilte das Ministerium weiter mit. Diese Vorgabe beträgt eigentlich 0,5 Prozent.
Der gesamte Schuldenstand Deutschlands sank dem Ministerium zufolge im vergangenen Jahr auf 81,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. In diesem Jahr werde die Schuldenquote voraussichtlich auf 82,1 Prozent steigen, was jedoch allein auf die Maßnahmen gegen die Schuldenkrise zurückzuführen sei, erklärte die Sprecherin weiter. Deutschland zahlt in diesem Jahr 8,7 Milliarden in den dauerhaften Rettungsfonds ESM ein. Nach dem Vertrag von Maastricht dürfen die Eurostaaten nur eine Verschuldung von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung aufweisen. Diese Regel wird jedoch von den meisten Mitgliedern verletzt. (APA, 1.4.2012)>
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2.4.2012: Pleite-Ungarns Fälscher-Präsident tritt ab - und der Nachfolger "soll noch weiter rechts stehen"
aus: 20 minuten online: Plagiats-Affäre: Ungarns Guttenberg tritt zurück; 2.4.2012;
http://www.20min.ch/ausland/news/story/10464185
<Jetzt also doch: Nach der Aberkennung seines Doktortitels muss Ungarns Präsident Pal Schmitt seinen Stuhl räumen.
Ungarns Staatspräsident Pal Schmitt ist nach einer Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit zurückgetreten. «In der gegenwärtigen Situation fühle ich mich verpflichtet, das Mandat des Präsidenten zurückzugeben», erklärte der rechts- konservative Politiker am Montag im Budapester Parlament.
Zugleich verwahrte sich Schmitt gegen den Vorwurf des Plagiats im Zusammenhang mit seiner 1992 verfassten Dissertation. Die Arbeit habe den damals geltenden Bestimmungen entsprochen. Er sehe aber ein, dass seine Person derzeit das Land spalte. Da das Staatsoberhaupt die Einheit der Nation verkörpere, sehe er sich genötigt, das Amt niederzulegen.
Das Parlament billigte noch am Montagnachmittag die Rücktrittserklärung Schmitts mit überwältigender Mehrheit: 33 Abgeordnete stimmten der Demission zu, fünf sprachen sich dagegen aus, sechs enthielten sich der Stimme. Die Amtsgeschäfte des Staatsoberhauptes gingen kommissarisch auf den Parlamentspräsidenten Laszlo Köver über.
Tagelanges Tauziehen
Dem Rücktritt Schmitts war ein tagelanges Tauziehen vorausgegangen. Vor knapp einer Woche hatte eine Expertenkommission der Budapester Semmelweis-Universität (SOTE) festgestellt, dass Schmitt mindestens 197 Seiten der 215 Seiten starken Dissertation von anderen Autoren abgeschrieben hatte. Der Senat der SOTE erkannte am Donnerstag Schmitt den Doktortitel ab. Daraufhin zeigte der Präsident noch immer keine Einsicht.
In einem Fernseh-Interview am Freitagabend erklärte Schmitt, er habe seine Dissertation «nach bestem Wissen und Gewissen» verfertigt. Selbst wenn er Fehler beim Zitieren der Quellen begangen hätte, hätten ihn die Doktorväter darauf aufmerksam machen müssen.
Zugleich genoss Schmitt zu diesem Zeitpunkt noch die Unterstützung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der zugleich auch Vorsitzender der Regierungspartei Fidesz (Bund Junger Demokraten) ist.
Erfüllungsgehilfe Orbans
Orban hatte Schmitt schon im Jahr 2010 gegen Widerstände in Teilen des Fidesz zum höchsten Staatsamt verholfen. In den fast zwei Jahren, die er es ausfüllte, erwies sich Schmitt als treuer Erfüllungsgehilfe der Politik Orbans.
Ohne Widerrede signierte der ehemalige Olympia-Fechter und langjährige Sportfunktionär mehr als 360 Gesetze, die zum Teil der von Orban betriebenen Schwächung der demokratischen Institutionen dienten. Darunter war auch das international umstrittene, repressive Mediengesetz, das im Vorjahr in Kraft trat.
Orban hatte deshalb nach der Bestätigung der Plagiatsvorwürfe durch die SOTE-Kommission und selbst nach dem Entzug des Doktortitels zunächst versucht, Schmitt im Amt zu halten. «Der Staatspräsident ist unantastbar», hatte der Regierungschef Ende vergangener Woche erklärt. Doch im Fidesz kam in den vergangenen Tagen erheblicher Widerstand gegen den Verbleib Schmitts im Amt auf.
Der Neue soll noch weiter rechts stehen
Den neuen Staatspräsidenten wird Orban als Vorsitzender des Fidesz bestimmen. Über einen möglichen Nachfolger kursieren bislang nur Gerüchte. In einer Fidesz-Fraktionssitzung am Montagvormittag soll Orban gesagt haben, dass er jemanden suchen werde, der «politisch rechts von ihm» stehe, berichtete das Internet-Portal «index.hu».
(sda/dapd)>
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2.4.2012: Korruptes Deutschland: Von 20 Empfehlungen wurden in 3 Jahren nur deren 4 umgesetzt
aus: Spiegel online: Rüffel des Europarats: Deutschland verhindert Kampf gegen Korruption; 2.4.2012;
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,825344,00.html
<Von Sven Becker und Sven Röbel
Die Bundesregierung kämpft nur unzureichend gegen Bestechlichkeit - das monieren die Korruptionswächter des Europarats. In einem Bericht klagen sie, dass seit 2009 fast nichts unternommen wurde. Damals hatten die Experten 20 Missstände aufgelistet, nur in vier Punkten hat sich etwas geändert.
Berlin - Die Mängelliste aus Straßburg umfasst 17 Seiten und lässt kaum ein gutes Haar an der Bundesregierung: In Sachen Korruptionsbekämpfung und Parteienfinanzierung hinkt Deutschland seinen Partnern in Europa hinterher, lediglich vier von 20 Empfehlungen der letzten Evaluierungsrunde seien "umgesetzt" oder wenigstens "zufriedenstellend abgearbeitet" worden. So steht es in einem "Umsetzungsbericht" der "Staatengruppe gegen Korruption" (Greco) des Europarats. 1999 wurde die Greco von europäischen Ländern, darunter Deutschland, ins Leben gerufen. Sie soll 49 Mitgliedstaaten bei ihrem Kampf gegen Bestechung und Misswirtschaft unterstützen.
Im ersten Teil des Berichts bemängelt die Greco erneut die mangelnde Bereitschaft Deutschlands, das Strafrechtsübereinkommen über Korruption zu ratifizieren. Es sieht eine strenge Bestrafung von Abgeordnetenbestechung vor. Deutschland hat das Übereinkommen bereits im Jahr 1999 und das Zusatzprotokoll im Jahr 2003 unterzeichnet, seitdem drücken sich jedoch alle Regierungskoalitionen beharrlich um eine Ratifikation.
Nach der vorigen Evaluierungsrunde im Dezember 2009 war die Greco zu dem Schluss gekommen, dass Abgeordnete und andere Amtsträger den deutschen Regelungen zur Korruptionsbekämpfung nur in "eingeschränkter Form unterliegen". Weiter hieß es damals: "Dies könnte in der breiten Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, dass für Teilbereiche der deutschen Gesellschaft nicht dieselben Regeln gelten wie für den Rest der Bevölkerung."
Zwei Jahre lang hatte die Bundesregierung Zeit, eine Liste von zehn Punkten abzuarbeiten. Die Empfehlungen sahen unter anderem vor, den Paragrafen 108e des Strafgesetzbuchs ("Abgeordnetenbestechung") schärfer zu fassen. Doch geschehen ist seitdem fast nichts. Im Sommer befasste sich der Innenausschuss des Bundestags mit dem Thema, nahm die Vorwürfe von Greco allerdings nur zur Kenntnis.
Greco stellt der Bundesregierung kein gutes Zeugnis aus
Auf die Empfehlungen zur Problematik der Bestechung von Abgeordneten und Amtsträgern hat die Bundesrepublik nun gar nicht reagiert. Im aktuellen Bericht erklären die deutschen Behörden, die Übereinkunft befinde sich noch in der "Vorbereitungsphase", zuerst müssten die nötigen Bestimmungen im Strafgesetzbuch geändert werden.
Dafür hatte Deutschland allerdings seit der Unterzeichnung des Abkommens im Jahr 1999 Zeit. Greco "bedauert sehr", dass Deutschland als Greco-Gründungsmitglied nun "eines der wenigen Greco-Mitglieder" sei, das noch nicht ratifiziert hätte. Insgesamt 43 Länder haben das Strafrechtsübereinkommen bereits ratifiziert, außer Deutschland weigern sich von den Mitgliedstaaten des Europarats nur noch San Marino, Österreich, Liechtenstein und Italien.
Auch zum zweiten Teil des Evaluierungsberichts, der sich mit dem heiklen Thema Parteienfinanzierung befasst, stellt die Greco der Bundesrepublik kein gutes Zeugnis aus. Zwar seien Ansätze für eine Besserung erkennbar geworden, doch stehe es mit der Transparenz noch längst nicht zum Besten: So äußert der Europarat "große Bedenken", dass in Deutschland noch immer kein System eingeführt wurde, dass eine "frühzeitige Veröffentlichung von Rechenschaftsberichten zu Wahlkämpfen" oder mehr Transparenz bei "direkten Spenden an Abgeordnete und Wahlkandidaten" von Parteien gewährleistet.
Ebenso schlecht sieht es bei dem Thema Polit-Sponsoring aus. Greco hatte Deutschland im Dezember 2009 aufgefordert, die finanzielle Unterstützung für Parteien oder Regierungen etwa bei Sommerfesten transparenter zu gestalten. In dem aktuellen Bericht verweist die Bundesrepublik nun lediglich auf eine Experten-Anhörung im Innenausschuss des Bundestages im Juni 2010. Bei der Sitzung sei der Vorschlag diskutiert worden, die Einnahmen durch Sponsoring getrennt auszuweisen. Am Ende kamen die deutschen Parlamentarier jedoch zu dem Ergebnis, dass das "Steuerrecht und das Parteiengesetz bereits einen ausreichend eindeutigen rechtlichen Rahmen bilden".
Der Innenausschuss des Bundestages sieht auch keinen Anlass, die Schwelle für die unverzügliche Anzeige von Großspenden zu senken. Bislang müssen Parteien erst Spenden ab 50.000 Euro unverzüglich der Bundestagsverwaltung melden. Greco hat die Bundesrepublik im Dezember 2009 aufgefordert, diesen Grenzwert zu senken. Das sieht man im Innenausschuss des Bundestages anders. In einer Stellungnahme teilten die Parlamentarier der Greco mit, die Grenze dürfe nicht so niedrig sein, "dass sie zu einem übermäßigen Datenaufkommen" führe.
Wegen der Nachlässigkeit Deutschlands hat die Greco nun beschlossen, "Regel 32" der Geschäftsordnung anzuwenden. Sie betrifft Mitglieder, "bei denen die Nichtumsetzung der im Evaluierungsbericht enthaltenen Empfehlungen festgestellt wird". Nun muss die Bundesregierung bis spätestens zum 30. Juni 2012 einen Bericht vorlegen. "Es ist blamabel, dass Deutschland die Gelbe Karte gezeigt werden muss. Es wird fast unmöglich sein, bis Ende Juni die ausstehenden Empfehlungen noch umzusetzen", sagt Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency International Deutschland. Sollte sich Deutschland auch in den kommenden Jahren weigern, die Empfehlungen umzusetzen, wird der Fall irgendwann vor den Satzungausschuss der Greco gebracht.>
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2.4.2012: Südeuropa hat keinen flexiblen Arbeitsmarkt - und so bleiben Investoren aus
aus: Welt online: Arbeitslosigkeit: Süd-Europa muss seinen Arbeitsmarkt entfesseln; 2.4.2012;
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article106147951/Sued-Europa-muss-seinen-Arbeitsmarkt-entfesseln.html
<Nicht Sparmaßnahmen sondern starre Arbeitsmarktsgesetze blockieren Berufsanfänger in Süd-Europa. Der gesamte Kontinent braucht mehr Flexibilität, damit Investoren für neue Arbeitsplätze sorgen.
Von Florian Eder
In Deutschland fordern sie Transfergesellschaften für Schlecker-Beschäftigte, die bei der Konkurrenz ohnehin recht gute Chancen haben. In Europa wollen sie Konjunkturprogramme für Länder, die schon mit dem Geld ihrer eigenen Bürger nicht umgehen können. Diejenigen, die den Kümmererstaat fordern und dass er seine Bürger schützen müsse vor den Unbilden des Lebens wie der Arbeitslosigkeit, sie haben wieder Argumentationshilfe bekommen.
Die Arbeitslosenquote in der EU ist hoch wie seit 15 Jahren nicht, auf Rekordstand vor allem in den Krisenländern der Peripherie, um die sich längst alles dreht in Europa. Warum ist es wohl so? Wegen der Sparmaßnahmen, so tönt es aus dem Süden und von links, wegen der Sparmaßnahmen, welche die EU in Griechenland, Spanien und auch Italien erzwungen hat. Das ist grundfalsch. Die Krise hat das Problem zwar verschärft, aber nicht verursacht.
Der starre Arbeitsmarkt schützt die, die drin sind
Die bittere Wahrheit ist: Es gibt zu wenig Arbeit, weil es zu wenige Unternehmen gibt, die in Südeuropa die Chance sehen, dass sich Investitionen auszahlen könnten. Weil die Lohnzusatzkosten zu hoch sind, weil Genehmigungen jahrelang auf sich warten lassen, weil Korruption die Lust am Wettbewerb nimmt.
Und weil der starre Arbeitsmarkt die schützt, die einmal drin sind. Und diejenigen draußen hält, die jung sind und ehrgeizig. Wenn sich an alldem etwas ändern soll, braucht es Reformen – und recht verstandenen Föderalismus.
Premierminister Mario Monti riskiert viel
Wer es an der Zeit findet, europäisch finanzierte Wohltaten zu verteilen wie der Osterhase bunte Eier, der verkennt eines: Den heute Arbeitslosen und vor allem denen, die heute lernen oder studieren und sich bald bewerben müssen, ist am besten damit geholfen, dass einmal eingegangene Arbeitsverhältnisse nicht mehr quasi unkündbar sind, wie das heute etwa in Italien der Fall ist.
Premierminister Mario Monti riskiert viel dafür, das zu ändern. Am Gelingen der Reform wird sich entscheiden, ob seine Amtszeit als Zwischenspiel oder Aufbruch in Erinnerung bleiben wird.
Ein europäischer Arbeitsmarkt als Normalität
Ebenso wichtig ist es, einzusehen, dass es keine Aufgabe der EU ist, auf dem ganzen Kontinent für dieselben Lebensverhältnisse zu sorgen, als ob jeder einen Anspruch auf einen industriellen Arbeitsplatz im eigenen Landkreis hätte. Vielmehr kann Europa nur gewinnen, wenn seine Bürger merken: Es gibt für fast alles, was sie können, einen Markt.
Nur findet der nicht zwingend vor der Haustür statt. Junge Griechen, Spanier und Italiener beginnen das zu begreifen. Wird ein europäischer Arbeitsmarkt einmal für viele zur Normalität, so wird das die Union und ihre Zukunft ebenso prägen, wie es die Abschaffung der Grenzkontrollen und die gemeinsame Währung vermochten und vermögen.>
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2.4.2012: Rassistisches Frankreich: Wer aus einem Vorort kommt, hat keine Aufstiegschancen
aus. Der Standard online: Reportage: In der Rue Mozart, bei den "Barbaren"; 2.4.2012;
http://derstandard.at/1333185057325/Reportage-In-der-Rue-Mozart-bei-den-Barbaren
<Stefan Brändle aus Bagneux
Die Stadtplanung der Zukunft: Stararchitekt Antoine Grumbach will die Banlieues entlasten und Paris entlang der Seine bis zum Ärmelkanal reichen lassen.
Vor sechs Jahren wurde in der Pariser Vorstadt Bagneux ein junger Mann jüdischer Herkunft zu Tode gefoltert. Nach den Morden von Toulouse blickt man wieder auf die Banlieues.
Aha, ein Neuer, ein Unbekannter im Viertel - das sagen die Blicke der afrikanischen Kassierinnen und der Kopftuch tragenden Kundinnen, wenn man als Auswärtiger den Supermarkt Simply in Bagneux, südlich von Paris, betritt. Die Blicke sagen auch: bitte keine Fragen. Zum Beispiel, wo der Prokofiev-Wohnblock ist. Wenn sich ein Fremder, zumal ein Weißer, danach erkundigt, kann er nur ein Polizist oder ein Journalist sein.
Die triste Prokofiev-Anlage, benannt nach dem russischen Komponisten, erlangte vor sechs Jahren traurige Berühmtheit. In diesem 60 Meter langen Gebäuderiegel war 2006 Ilan Halimi, ein junger jüdischer Verkäufer, zwecks Lösegelderpressung gefangen gehalten und tagelang gefoltert worden. Von Brand- und Stichwunden übersät, wurde sein sterbender Körper an einem Bahngleis gefunden. Sein grausamer Tod schockierte ganz Frankreich. Bagneux trägt seither das Stigma, Schauplatz dieser Entführung gewesen zu sein.
Und hier herrscht auch heute noch eine fühlbare Spannung. Sechs Jahre sind vergangen, der Täter Youssouf Fofana und die Mitglieder seiner "gang des barbares" sitzen längst in Haft, aber die Passanten gehen mit schnellem Schritt und gesenktem Blick vorüber. Ein Bursche, der vor der Garage sein Triumph-Motorrad putzt, erwidert den Gruß nicht.
Vielleicht hat die Affäre von Toulouse die alten Narben von Bagneux neu aufgerissen. Fofana und Mohammed Merah hatten einen ähnlichen Werdegang: Beide hatten Probleme in der Schule, mit der Arbeit, mit dem Vater, beide waren Kleinkriminelle, suchten ihr Heil im Koran und knöpften sich Juden vor.
"Das ist tabu"
Erst ein paar Straßenzüge weiter, in der Rue Frédéric Chopin, die Wohntürme sind hier ebenso hoch, ist ein Paar bereit zum Reden. Der aus Senegal stammende Mann meint, man sollte "diese Affären" nicht aufbauschen. "Fofana hing einfach herum wie Merah, mehr nicht. Die reichten nicht einmal an die Chefs der Drogenbanden heran. Die sind um einiges gefährlicher." Immerhin haben beide Menschenleben auf dem Gewissen. "Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist", antwortet der junge Mann schulterzuckend. "Bei denen stimmte etwas im Kopf nicht. An ihrem Viertel lag es jedenfalls nicht." Mehr ist nicht zu erfahren; die stumme Begleiterin, eine "Gallierin", wie die weißen Französinnen hier genannt werden, drängt zum Weitergehen.
Zurück zu Prokofiev in der Rue Mozart. Drei Burschen mit Kapuzenshirts kommen auf der ganzen Gehsteigbreite entgegen. Ein noch minderjähriger Maghrebiner reagiert auf den Gruß und nimmt seinen iPod-Kopfhörer ab. Merah? "Damit haben wir nichts zu tun. Bist du Journalist? Ich kenne die Journalisten, ihr wollt uns ständig was anhängen." Und Fofana? Sein Blick verdunkelt sich noch mehr. "Das ist tabu", sagt er und hastet seinen zwei Freunden nach. "Das geht uns wirklich nichts an, verstehst du?", ruft er noch zurück.
Im Schatten des Wohnblocks putzt eine ältere Frau mit Papiertüchern die Scheiben ihres Toyota. Hat sie keine Angst vor solchen Kids? "Warum denn, hier ist doch alles friedlich", meint sie. Für weitere Auskünfte sei die Polizei zuständig, informiert sie. Und wie denkt sie über Fofana? "Der war nicht einmal von hier. Das ist wie ein Blitz über uns gekommen", meint die vor fünfzig Jahren aus Madagaskar eingereiste Großmutter. "Aber darüber wollen wir nicht mehr reden."
Und Toulouse - stammte Merah nicht aus einem ähnlichen Viertel? "Der war doch noch ein Kind. Man hätte ihn nicht so alleinlassen sollen", meint sie, um unwirsch anzufügen: "Sie werden sehen, jetzt beginnt alles wieder von vorn; schon heißt es wieder, in der Banlieue wohnen nur Terroristen. Das wiederholt sich hier alle paar Jahre. Nein, reden wir nicht davon. Haben Sie zufällig noch ein Papiertaschentuch?" (DER STANDARD, 3.4.2012)
Mit dem Kärcher durch die Banlieue
Längst haben Großstädte ihre klaren Grenzen verloren. Zu ihrem Verdichtungsgebiet zählen oft früher unabhängige Dörfer und Städte.
Vor allem in Nordamerika gilt "Suburbia" als Wohlstandstraum der Mittel- und Oberklasse, oft nach stereotypischem Muster: Einfamilienhaus, grüner Rasen, Doppelgarage, glückliche Familie.
In Frankreich sind die Vorstädte der Metropolen hingegen oft Auffangbecken gesellschaftlicher Randgruppen. Die Banlieues - der Begriff leitet sich von der "Bannmeile" vor der Stadt ab, die noch unter ihrer Jurisdiktion stand - galten spätestens seit den 1970er-Jahren als Brennpunkte sozialer Probleme. In regelmäßigen Abständen eskaliert die Gewalt, vor allem nach Polizeiaktionen, und äußert sich in Krawallen und in Brand gesteckten Autos.
Einen politischen Eklat gab es 2005, als Nicolas Sarkozy, damals noch Innenminister, ankündigte, die Vorstädte "mit dem Kärcher vom Gesindel säubern" zu wollen. (gian)>
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6.4.2012: Die Reich-Griechen ziehen ihr Geld aus der Schweiz ab
aus: 20 minuten online: Nervöse Reiche: Griechen ziehen Geld aus der Schweiz ab; 6.4.2012;
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/25747183
<Nach dem Steuerabkommen mit Deutschland verhandelt die Schweiz jetzt mit Griechenland. Reiche Griechen bereiten sich bereits darauf vor: Sie bringen ihr Geld an sicherere Orte.
Nach den vorläufig abgeschlossenen Verhandlungen über das Steuerabkommen mit Deutschland verhandelt die Schweiz nun auch mit Österreich und Griechenland über entsprechende Abkommen. Doch wohlhabende Griechen, die ihr Geld bislang auf Schweizer Konten lagerten, suchen offenbar sicherere Steuerparadiese.
Wie das griechische Finanzministerium am Freitag mitteilte, erhielt Griechenland 2010 rund sechs Millionen Euro an Steuern auf Zinsgewinne aus der Schweiz. Im Jahr zuvor sei es noch ein doppelt so hoher Betrag gewesen. «Das zeigt eine Tendenz auf, die Depots in Ländern oder Territorien anzulegen, die sich der Anwendung des Gemeinschaftsrechts entziehen», erklärte das Ministerium.
Ähnliche Abkommen für Athen
Das Abkommen mit Athen soll denjenigen mit Deutschland und Grossbritannien ähneln. Finanzminister Philippos Sachinidis hatte erst kürzlich bekräftigt, die Bemühungen seiner Vorgänger fortsetzen zu wollen, in der Schweiz angelegtes Geld griechischer Staatsbürger besser zu besteuern.
Im Februar hatte Sachinidis' Vorgänger Evangelos Venizelos gesagt, seit 2009 hätten Griechen 16 Milliarden Euro im Ausland angelegt, zehn Prozent davon in der Schweiz.
(sda)>
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6.4.2012: Pleite-Griechen beginnen sich, gegen Schmiergelder im Gesundheitswesen zu wehren
aus: Welt online: Korruption: OP in Griechenland kostet bis zu 30.000 Euro Schmiergeld; 6.4.2012;
http://www.welt.de/wirtschaft/article106161343/OP-in-Griechenland-kostet-bis-zu-30-000-Euro-Schmiergeld.html
< Extrazahlungen für einen Termin in der Klinik oder für eine Operation. Im griechischen Gesundheitswesen ist Korruption allgegenwärtig. Doch die Bürger wehren sich zunehmend gegen diese Praxis.
Von Florian Eder
Ausrotten hat sich das griechische Übel der alltäglichen Korruption nicht lassen. Aber im vergangenen Jahr, dem bislang schwersten Jahr der Wirtschaftskrise, ist die Summe des Schmiergelds geschrumpft, die Beamte, Ärzte, Anwälte und Architekten von den Griechen verlangten.
Aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Public Issue geht hervor: Die Menschen haben es zunehmend satt, für Leistungen, Behandlungen, Termine zwei Mal zu bezahlen, einmal auf Rechnung, einmal schwarz.
Zusammengerechnet 78 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor kassierten bestechliche Beamte und Freiberufler. Auch jeder einzelne der Briefumschläge, die auf Ämtern und in Kanzleien den Besitzer wechselten, "Fakelaki" heißen sie in Griechenland, enthielt weniger Geld.
Die Ergebnisse der Umfrage, die Public Issue im Auftrag von der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) seit 2007 jährlich durchführt, sind alles andere als schmeichelhaft für den griechischen Staat, zeugen aber vom gesunden Menschenverstand seiner Bürger.
Mehr als eine halbe Milliarde Schmiergeld
Zwar zahlten die Griechen immer noch 554 Millionen Euro Schmiergeld für eigentlich alltägliche Leistungen – wie dafür, bald einen Arzttermin oder eine Prüfplakette fürs Auto zu bekommen. Dennoch ist das die niedrigste Summe seit Beginn der Erhebungsreihe.
Und ein Viertel der Griechen verweigert sich bereits dieser gesetzeswidrigen, aber seit Jahrzehnten von allen Regierungen geduldeten Verwaltungspraxis: 25 Prozent widersetzten sich der Aufforderung zur Bestechung auf Ämtern, ein etwas geringerer Anteil auch dem Fakelaki in der Privatwirtschaft.
Die Mehrheit der Griechen stützt die Reformen der Regierung – und ein größer werdender Bevölkerungsanteil erwartet im Gegenzug das Ende des Byzantinismus auf Ämtern, Behörden und im täglichen Leben.
Ein Anzeichen dafür ist neben der Zahl der Schmiergeld-Verweigerer auch ein anderes Ergebnis der Umfrage: So zeigen die Bemühungen der Regierung um eine saubere Steuererhebung Wirkung. Eine Mehrheit der Griechen ist erstmals geneigt, es schon als korrupten Akt anzusehen, wenn sie im Laden oder vom Handwerker keine Quittung bekommen.
Erfolg stellt sich noch nicht ein
Das ist zu wenig für die Anti-Korruptions-Organisation TI, um von einem durchschlagenden Erfolg zu sprechen. Aber wenn ein Viertel der Griechen kein Schmiergeld mehr zahlt, dann sind das weit mehr als diejenigen, die in Fundamentalopposition gegen Sparen und Reformen hartleibig und hartnäckig auf die Straßen und Plätze Athens ziehen.
Und so hofft der Chef von TI in Griechenland, Kostas Bakouris, auf den Bürgersinn und sucht ihn zu kanalisieren: Er will es hoffähig und gängig machen, dass Bürger bestechliche Beamte verpfeifen, und dazu ein System des sogenannten Whistle-Blowing einrichten, der Möglichkeit zur anonymen Anzeige also. "Nur so können sich Bürger tatsächlich und effektiv am Kampf gegen Korruption beteiligen."
Dass noch viel zu tun ist, belegen die Ergebnisse der Umfrage unter 12.000 Griechen. Sie führen ein System der Bereicherung an Menschen vor, die auf Dienstleistungen angewiesen sind – für die sie offiziell Gebühren an Träger bezahlen, die überdies aus Steuergeld finanziert werden.
Dass die Experten der EU-Kommission, die als "Task Force" die Verwaltung des Landes kontrollieren und arbeitsfähig machen sollen, dem Apparat ein beschämend schlechtes Zeugnis ausstellen, kommt dazu: Die teuren, da zweimal bezahlten Leistungen sind auch noch unterdurchschnittlich.
Termin im Krankenhaus wird teuer
Allein, um schneller einen Termin in Krankenhäusern der öffentlichen Hand zu erhalten, waren Summen zwischen 30 Euro und 20.000 Euro fällig, für eine Operation bis zu 30.000 Euro, schwarz und zusätzlich. Auf Baubehörden forderten Beamte auf eigene Rechnung zwischen 200 Euro und 8000 Euro für eine Genehmigung. Ansätze funktionierenden Wettbewerbs zeigt der Privatsektor: Seine Kliniken forderten nur bis zu 7000 Euro Bestechungsgeld für einen Eingriff.
Auch ihr Anteil am Gesamtaufkommen sank, Freiberufler und Privatunternehmen nahmen nur noch 28 Prozent des Schmiergelds ein. Noch 2007 stellten sie fast die Hälfte der korrupten Griechen.
Umgekehrt heißt das: 72 Prozent der Bestechungssumme des Jahres 2011 wurden über Schreibtische in staatlichen Einrichtungen geschoben. Im Durchschnitt musste jeder griechische Haushalt im vergangenen Jahr 1400 Euro Schmiergeld zahlen, das sind gut 200.Euro weniger als im Jahr zuvor.
TI-Griechenland-Chef Bakouris sieht darin auch eine Folge der Schwierigkeiten, in der sich griechische Familien befinden. Das Land steckt in der schwersten Rezession der Nachkriegszeit. Jeder fünfte Grieche hat heute keinen Arbeitsplatz.
Und einer Umfrage des Forschungsinstituts IOBE zufolge gehen 92 Prozent der Verbraucher davon aus, dass sie in den kommenden zwölf Monaten nichts sparen könnten. Mit Blick darauf sagt Bakouris, die Krise habe zu "Discount-Tarifen" beim Fakelaki geführt. Immerhin: In Zeiten, da die Gehälter der Staatsdiener arg gekürzt wurden, wären auch Versuche einer Tariferhöhung beim illegalen Nebenerwerb denkbar.>
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6.4.2012: "Dicke Bertha" hat nur kurze Wirkung: Die Billion Euro verpufft bereits
aus: Welt online: Geldspritzen: Italiener haben von der EZB 255 Milliarden kassiert; 6.4.2012;
http://www.welt.de/finanzen/article106161584/Italiener-haben-von-der-EZB-255-Milliarden-kassiert.html
< Ein Viertel der Billionen-Geldspritze der Zentralbank ging an italienische Banken. Das viele Geld hat die Lage für einige Wochen beruhigt. Doch die Wirkung der "dicken Bertha" verpufft bereits.
Rund 25 Prozent des EZB-Geldregens von Dezember und Februar ging an italienische Banken. Dies gab die italienische Zentralbank am Freitag bekannt. Bei der Dezember-Auktion der Europäischen Zentralbank (EZB) hätten die italienischen Institute 116 Milliarden Euro abgerufen, im Februar dann 139 Milliarden Euro, in der Summe 255 Milliarden Euro.
Die EZB hatte den Banken der Euro-Zone kurz vor Weihnachten und Ende Februar insgesamt mehr als eine Billion Euro zu niedrigen Zinsen für den ungewöhnlich langen Zeitraum von drei Jahren zur Verfügung gestellt.
Mit der Öffnung der Geldschleusen will sie den Banken über die Schuldenkrise hinweghelfen und dafür sorgen, dass der Kreditstrom in die Realwirtschaft auch bei schwächeren Banken nicht abreißt. Die europäischen Banken hatten sich im Februar insgesamt mit 530 Milliarden Euro bei der EZB bedient, im Dezember bereits mit 489 Milliarden Euro. Das waren insgesamt 1019 Milliarden Euro.
Wirkung der "dicken Bertha" lässt nach
Die Billionen-Geldspritze – von EZB-Chef Mario Draghi auch "dicke Bertha" genannt – verschaffte den Ländern und Investoren nur eine Atempause. Denn inzwischen ist nicht nur der Trend rückläufiger Renditen bei spanischen und italienischen Anleihen zum Stillstand gekommen. Auch die Börsen in der dritt- und viertgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone geraten wieder verstärkt unter Druck.
Die Billioneninfusion durch die Zentralbank habe die Märkte nur oberflächlich entspannt, sagt Thu Lan Ngyuen, Analystin bei der Commerzbank. Für ihren Kollegen Christian Schmidt von der Helaba ist ebenfalls klar: „Die eigentlich Problematik - die hohe Verschuldung und die schwache Konjunktur in den südeuropäischen Ländern - ist uns erhalten geblieben.“
In der Tat sind die jüngsten Konjunkturdaten aus dem Euro-Raum nicht besonders erbaulich. Die Schuldenkrise hat die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand seit fast 15 Jahren getrieben. Und nach der Industrie meldeten auch die Dienstleister im März schrumpfende Geschäfte - was auf eine Rezession in der Euro-Zone hindeutet.
Aktienmärkte in Italien und Spanien auf Talfahrt
Aus Sicht des Münchner Ifo-Instituts kann die krisengeplagte Währungsunion erst ab dem dritten Quartal wieder mit Wachstum rechnen. Zu spüren sind die neu entfachten Sorgen um den wirtschaftlichen Zustand Europas vor allem an den Aktienmärkten der Euro-Sorgenkinder Spanien und Italien.
Der Madrider Leitindex rutschte am Donnerstag auf dem tiefsten Stand seit fast sieben Monaten, der Mailänder Index notierte so schwach wie seit Mitte Januar nicht mehr. Seit Jahresbeginn fällt die Bilanz ebenfalls eher mager aus: Während der Dax mit einem Plus von mehr als 17 Prozent das beste Quartal seit zwölf Jahren hinlegte, kommt der italienische Leitindex gerade einmal auf ein Plus von knapp sechs Prozent.
Der spanische Markt ist sogar um 6,5 Prozent gefallen. „Hier hat auch das billige Geld der EZB nicht viel geholfen“, sagte ein Händler.
Reuters/dma>
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7.4.2012: Schäuble will nichts mehr geben - dem Euro ist genug geholfen
aus: Welt online: Schäuble – Kein weiteres Geld gegen die Euro-Krise; 7.4.2012;
http://www.welt.de/politik/deutschland/article106162136/Schaeuble-Kein-weiteres-Geld-gegen-die-Euro-Krise.html
<Der Bundesfinanzminister betrachtet die finanzielle Bekämpfung der Euro-Krise als abgeschlossen. Jetzt müssten alle aufhören, mit neuen Forderungen das "aufkeimende Pflänzchen Vertrauen zu ersticken".
Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist die finanzielle Bekämpfung der Euro-Krise abgeschlossen. "Wir haben jetzt alles getan, was erforderlich ist", sagte der CDU-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Staaten setzten die notwendigen Reformen um, man sei auf dem Weg zu einer Fiskalunion und es gebe einen starken Rettungsschirm als Rückfalloption.
Jetzt müssten "alle ihre Hausaufgaben machen" und aufhören, mit immer neuen Forderungen, Gerüchte und Fragen "das gerade aufkeimende Pflänzchen Vertrauen zu ersticken", verlangte Schäuble.
Der deutsche Anteil am neuen Rettungsschirm ESM wird laut dem Minister früher eingezahlt als zunächst geplant. "Deutschland zahlt in diesem und dem nächsten Jahr je zwei Tranchen, also knapp unter 8,7 Milliarden Euro pro Jahr ein. Die letzte Tranche von 4,3 Milliarden Euro würde dann 2014 folgen", sagte Schäuble. Zuvor war die letzte Zahlung erst für 2015 erwartet worden.
"Kein Anlass für Hochnäsigkeit"
Schäuble warnte in dem Interview mit Blick auf das Steuerabkommen mit der Schweiz vor deutscher Hochnäsigkeit. "Ich bin froh, dass die Schweiz trotz ihrer Rechtslage und trotz ihrer Traditionen so weit gegangen ist. Es gibt wirklich keinen Anlass für Hochnäsigkeit von deutscher Seite", sagte er. Die Schweiz bewege sich in der Steuerfrage "in bisher nicht vorstellbarem Maße".
Der SPD warf Schäuble vor, mit ihrer Kritik an dem Abkommen das Erbe Willy Brandts zu verraten. "Wenn Willy Brandt noch leben würde, hätte er gesagt, genau so dürfen wir nicht in Europa auftreten." Die Sozialdemokraten sollten aufhören, so zu tun, als sei Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ein Monopol der SPD. Die Schweiz sei ein "urdemokratisches Land", sagte Schäuble.
SPD und Grüne sehen auch in dem verschärften Steuerabkommen zu viele Schlupflöcher für Steuerhinterzieher und wollen im Bundesrat nicht zustimmen.
dapd/smb>
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7.4.2012: Pleite-Spanien will keine Hilfe
aus: n-tv online: Trotz Milliarden-Defizit: Spanien will keine Hilfe; 7.4.2012;
http://www.n-tv.de/politik/Spanien-will-keine-Hilfe-article5973001.html
<Hohe Schulden, Minuswachstum und steigende Arbeitslosigkeit: Spanien hat derzeit große Probleme. Doch eine EU-Finanzspritze steht nicht zur Debatte. "Wir brauchen keine Hilfen", betont Wirtschaftminister de Guindos. Retten soll das Land allein ein drastischer Sparkurs.
Sieht Spanien vor einem harten Jahr: Wirtschaftsminister de Guindos.
Spanien wird nach den Worten von Wirtschaftsminister Luis de Guindos seine Finanzkrise "aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe" überwinden. Am Ende einer schwarzen Woche für die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone mit Börsenverlusten von 4,3 Prozent und einem kräftigen Anstieg des Risikoaufschlags für Staatsanleihen warb de Guindos in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" um Vertrauen für die Spar- und Reformpolitik der konservativen Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy.
Er gab zu, dass Spanien inmitten einer neuen Rezession noch ein "sehr hartes Jahr" mit Minuswachstum und einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit bevorstehe. Der gerade vorlegte Konsolidierungshaushalt werde jedoch zusammen mit der Reform des Arbeitsmarktes "das Fundament für eine Erholung" im Jahr 2013 legen.
Verärgerung über Sarkozy
De Guindos versicherte, dass Spanien sich den von der EU vorgegebenen Defizitzielen von 5,3 Prozent in diesem und 3 Prozent im nächsten Jahr "voll verpflichtet" fühle. Auch die von der Immobilienkrise gebeutelten Banken und Sparkassen, die von der Regierung zu Rückstellungen von rund 50 Milliarden Euro für Wertberichtigungen gezwungen wurden, würden nach den noch laufenden Fusionen gestärkt sein und ohne einen Griff in den Rettungsfonds auskommen.
In den nächsten beiden Jahren muss Spanien rund 60 Milliarden Euro einsparen. Allein 2012 sollen durch Steuererhöhungen, Gehaltskürzungen und Einschnitte beim öffentlichen Dienst mindestens 35 Mrd. Euro zusammenkommen.
Für beträchtliche Verärgerung hatten in Spanien Äußerungen des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gesorgt. Der Staatschef hatte im Wahlkampf Spanien und Griechenland als abschreckende Beispiele für eine verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik dargestellt. "Schauen Sie, wo Spanien nach sieben Jahren sozialistischer Regierung steht", hatte Sarkozy ausgerufen. "Wir möchten nicht, dass es uns so ergeht wie unseren spanischen Freunden."
Quelle: n-tv.de, dpa>
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8.4.2012: Die junge Generation in Pleite-Portugal ist verzweifelt - die Krise wird schärfer statt besser
aus: Welt online: Krise in Portugal: Die Wut der Jugend, zum Prekariat zu gehören; 8.4.2012;
http://www.welt.de/politik/ausland/article106162853/Die-Wut-der-Jugend-zum-Prekariat-zu-gehoeren.html
<Portugal steht vor dem Kollaps. Wegen der immer schärferen Krise wird mittlerweile auch das deutsche Spardiktat infrage gestellt. Die am besten ausgebildete Generation findet keine Jobs in der Heimat.
Von Stefanie Bolzen
Schon am frühen Vormittag ist der neu eröffnete Laden an der Praça do Chile rappelvoll. Digitalkameras für knapp zwanzig Euro, Staubsauger, Taucheranzüge, sogar eine Querflöte füllen die Glasvitrinen. "Die Geschäfte laufen wirklich gut", sagt Gustav, der hier seit ein paar Monaten Kunden bedient, und hievt eine Nähmaschine auf ein Regal. "Das ist die Krise, die Leute brauchen Bares. Und sie können hier fast Neues billig kaufen."
Fünf Läden hat die australische Kette Cash Converters mittlerweile allein in Lissabon. Einen noch größeren Boom erleben nur Lissabons ungezählte Ramschläden für Gold und Schmuck, in denen die verzweifelten Portugiesen Großmutters silberne Armbanduhr zu Euro machen.
"Wir brauchen ein zweites Hilfspaket"
Fast auf den Tag genau, am Abend des 6. April 2011, schlug für das Land die Stunde der Schmach. Lange hatte sich der damalige Regierungschef José Socrates gegen Hilfe von außen gewehrt. Aber Lissabon konnte sich nicht mehr finanzieren, "es ist notwendig, diesen Schritt zu tun", sagte der Sozialist in einer eilig einberufenen Fernsehansprache.
Einen guten Monat später gab die Troika grünes Licht für 78 Milliarden Euro, mit denen das Land über drei Jahre durch die Talsohle kommen soll. Am Tropf von Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank – als drittes Euro-Land, im Bunde mit Griechenland und Irland.
Abhängig vom unbarmherzigen Urteil fremder Finanzexperten, die regelmäßig an den Tejo kommen und jede Sparvorlage dreimal umdrehen. Und die Portugals amtierendem Premierminister, dem Konservativen Pedro Passos Coelho, bisher ein herausragendes Zeugnis ausstellen. Ein Musterschüler, der dem Troika-Diktat gern die Streichung des 13. und 14. Monatsgehalts im öffentlichen Dienst noch oben draufsetzt.
Nur: Es nützt nichts. "Wir brauchen ein zweites Hilfspaket, das ist klar. Die Troika-Gelder reichen nicht aus", prophezeit der Wirtschaftsexperte Eduardo Paz Ferreira. Die Regierung hob die Mehrwertsteuer auf 23 Prozent an – und nahm weniger ein als im Jahr zuvor. Die Banken bekamen eine Zwölf-Milliarden-Spritze – aber Portugals Unternehmen kriegen keine Kredite, die Finanzhäuser kaufen lieber lukrative Staatsanleihen.
Die Portugiesen müssen für weniger Geld mehr arbeiten und können leichter auf die Straße gesetzt werden – trotzdem ist die Arbeitslosenquote auf den traurigen Rekordwert von 15 Prozent geklettert. Und die Wirtschaft schrumpft dieses Jahr drastisch um 3,3 Prozent.
Kann das Spardiktat funktionieren?
Doch ob in Brüssel oder Berlin, man wird nicht müde, die Anstrengungen der Regierung über den grünen Klee zu loben. "Das Programm ist auf Kurs, und das sollte Portugal 2013 wieder Zugang zu den Finanzmärkten verschaffen", verkündete die EU-Kommission vergangenen Dienstag. 110 von 120 Anpassungsmaßnahmen seien umgesetzt worden.
Und trotzdem: "Wir haben Interpretationsschwierigkeiten", verklausulierte der vortragende EU-Beamte Brüssels Irritation über die anhaltend schlechten Zahlen aus dem Südwesten. Der IWF warnte jetzt sogar ausdrücklich: Verschlechtere sich die Wirtschaftslage, könne der Sparkurs nach hinten losgehen.
"Wenn Portugal die Rückkehr an die Märkte 2013 nicht schafft, aber alle Vorgaben umsetzt, dann bekommen wir mit Sicherheit für unser gutes Benehmen eine Verlängerung", sagt Vítor Bento, Berater von Premier Passos Coelho. "Denn dann ist das auch Europas Fehler – und nicht zuletzt ein Fehler Deutschlands, das uns diesen Weg aufgezwungen hat."
Portugal ist weit mehr als eines von drei offiziell genährten Euro-Sorgenkindern – es ist ein Lackmustest für die Bundesregierung, ob das deutsche Spardiktat am Ende wirklich funktionieren kann. Finanzminister Wolfgang Schäuble, EU-Währungskommissar Olli Rehn und Premier Passos Coelho selbst bauen seit Wochen vor.
Man spricht von "Brücken", "Exit-Plänen" oder einfach nur "weiteren Hilfen", den heiklen Begriff "zweites Rettungspaket" nimmt niemand in den Mund. Noch nicht. Die Finanzexperten tun das schon lange, sie rechnen möglicherweise schon im Sommer mit diesem Schritt. Aber die Politik sitzt das Bekenntnis erwartungsgemäß aus.
"Die am besten ausgebildete Generation"
Paula Gil ist über all das nur noch wütend. "Wenn mir nach Witze machen zumute wäre, dann würde ich sagen: Der Osterhase hat Ostern kaputt gemacht", sagt die 28-Jährige und zieht die Mundwinkel nach unten.
Coelho, der zweite Nachname des Premierministers, bedeutet Kaninchen, "o coelho da páscoa", ist der Osterhase. Der ehrgeizige Regierungschef aber hat dieses Jahr den freien Gründonnerstagnachmittag gestrichen, was viele Portugiesen erbost, die traditionell am Mittag zu ihren Familien aufbrechen, um die Ostertage dort zu verbringen. Vier weitere Feiertage kamen auf Passos' Liste.
Aber daran stören sich die Portugiesen nicht einmal. "Das Drama ist, dass wir die am besten ausgebildete Generation sind, die Portugal je hatte. Aber es gibt hier keine Jobs. Dass ich nicht weiß, ob ich mir jemals ein Kind, eine Familie leisten kann", sagt Paula.
"Man kommt sich wertlos vor"
35,4 Prozent heißt die jüngste Horrorzahl von Eurostat: Mehr als jeder dritte Portugiese unter 25 Jahren ist ohne Arbeit; vor einem Jahr war es noch knapp jeder vierte. Paula hat in Portugal und England einen Master in Internationaler Politik gemacht, Praktika in Luxemburg absolviert, drei Jahre war sie im Ausland. Jetzt arbeitet sie in einem Büro, oft bis spät in die Nacht, für 100 Euro im Monat mit einem "grünen Schein". Der bedeutet den Nachweis auf Selbstständigkeit, mehr nicht. Keine Sozialabgaben, keine Krankenkasse, keinen Kündigungsschutz.
Paula gehört zur Facebook-Generation, Anfang vergangenen Jahres saß sie mit Freunden zusammen, ebenfalls arbeitslos: "Wir hatten es alle so satt, Prekariat zu sein, nicht nur wir, auch unsere Familien, die uns unterstützen müssen. Man kommt sich wertlos vor."
Über Facebook starteten sie die "Movimento 12 de Março", und so gingen am 12. März 2011 eine halbe Million junger Portugiesen auf die Straße. Andere Bewegungen wie die "prekären Inflexiblen" schossen aus dem Boden, taten sich mit den Gewerkschaften zusammen. Manifeste, Proteste, Portugal schien aus einem politischen Dornröschenschlaf zu erwachen.
Generalstreik war eine Riesenenttäuschung
Es müsste eigentlich die Stunde des Armenio Carlos sein. "Die Regierung hat den Mindestlohn auf 432 Euro gedrückt. Die offizielle Armutsgrenze liegt bei 434 Euro. 400.000 Portugiesen leben jetzt offiziell in Armut", sagt der Chef der CGPT, der größten Gewerkschaft des Landes. Carlos sitzt auch im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei.
"Portugal ist von einer Kolonialmacht zu einem kolonisierten Land geworden. Wenn die Troika wirklich helfen wollte, würde sie nicht solche Bedingungen stellen. Ist das Freundschaft, solche Zinsen zu nehmen?" Am 22. März rief die CGPT zum Generalstreik auf, allein weil die andere große Arbeitervertretung UGT den Kurs der Regierung unterstützt.
Der Streik war eine Riesenenttäuschung. Es wird viel geredet in Portugal. Aber wirklichen Widerstand gibt es bisher nicht. Nicht mal die katholische Kirche protestiert, dass Fronleichnam und Mariä Empfängnis gestrichen wurden.
Passos Coelhos Umfragewerte sind fast auf dem gleichen Niveau wie im Juni 2011, als seine konservative "Partido Social Democrata" mit absoluter Mehrheit an die Macht kam. Die vier heikelsten Ministerposten besetzte er mit Technokraten, unter ihnen den aus Brüssel geholten Beamten Vítor Gaspar als Finanzminister, um auf diese Weise die Angriffsfläche zu reduzieren.
Duldsam bis resigniert
"Die Portugiesen haben eine sehr homogene Identität. Das Land war nie besetzt, nationalistische Mobilisierung funktioniert nicht. Und der Europäisierungsprozess war ein voller Erfolg", erklärt der Soziologe Antonio Costa Pinto die duldsame bis resignierte Haltung seiner Landsleute.
Die Frage bleibt, wie lange sie anhält. "Es gibt immer mehr Fälle von alten Leuten, die erst Tage später tot gefunden werden. Soziale Betreuung und Krankentransporte auf dem Land werden gestrichen, bei Behandlungen muss man zuzahlen. Aber die Leute wissen, dass wir in der Krise sind, weil wir in der Vergangenheit Chancen verpasst haben", sagt die Politologin Marina Costa Lobo.
Zu lange haben Portugals Regierende nichts gemacht. Mit dem Euro kamen die günstigen Kredite, die Privatverschuldung explodierte, nur der Binnenkonsum zählte, die traditionelle Industrie und der Export rutschten aus Lissabons Blickfeld.
Manche Unternehmen ziehen die Konsequenz
In José de Oliveiras Textilfabrik im Norden Portos stehen auf 110.000 Quadratmetern fast nur deutsche Textilmaschinen: Thies, Montforts, Trützschler. "Die Deutschen war so klug, weiter auf ihre Industrie zu setzen", sagt der Firmenchef. 4.500 Mitarbeiter hatte das Familienunternehmen Riopele Anfang der 80er, jetzt sind es noch 800. 56 Millionen Euro Umsatz machte die Firma 2011, aber Oliveira kämpft ständig am Limit.
Und die Angst ist groß, dass die Krise in Italien und Spanien, wo Kunden wie Zara oder Armani sitzen, ihren Kollateralschaden fordert. "Wir haben nur eine Chance: Qualität. Mit der Massenproduktion in Asien können wir schon lange nicht mehr mithalten", klagt de Oliveira. Qualität aber braucht Finanzierung. "Vor vier Jahren warfen die Banken einem das Geld hinterher. Statt drei Millionen Euro investiere ich jetzt noch die Hälfte. Ein Land, das nicht investiert, ist tot."
Manche Unternehmen ziehen bereits die Konsequenz, so wie die Supermarkt-Holding Jerónimo Martins. Sie verlegte ihren Sitz Ende 2011 teilweise in die Niederlande. Dort stimmt das Umfeld für Investoren, von den portugiesischen Banken gab es kein Geld mehr.
150.000 Portugiesen wanderten 2011 aus
Aber es sind nicht nur die Unternehmen, die weggehen. 150.000 Portugiesen wanderten 2011 aus, vor allem in die ehemaligen Kolonien Angola und Brasilien, aber auch nach Deutschland. Sofia Coelho ist im Herbst mit ihrem Architekturstudium fertig, ein Jahr hat sie in Aachen mit einem Erasmus-Stipendium gelebt, jetzt lernt die 22-Jährige weiter Deutsch am Goethe-Institut. "Ich bewerbe mich gar nicht erst in Portugal, sondern gleich in Deutschland."
Sofias ehemalige Kommilitonen sind fast alle arbeitslos. Wer die Heimat bereits verlassen hat, sieht kaum Chancen auf Rückkehr. "Seit fast einem Jahr suche ich einen Job. Erfolglos", sagt Carla Rodrigues, 35, die in der Schweiz bei Nestlé eine gut bezahlte Stelle hat. "Dabei möchte ich meinem Land so gern helfen. Aber wie nur?">
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9.4.2012: Pleite-Spanien spart sich noch mehr in die Pleite, nun auch bei Bildung und Gesundheit
aus: Spiegel online: Schuldenkrise: Spanien stockt Sparprogramm auf; 9.4.2012;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,826445,00.html
<Premier Rajoy: Sparen bei Bildung und Gesundheit
Die spanische Regierung will noch mehr kürzen: Weitere zehn Milliarden Euro sollen pro Jahr eingespart werden, bei der Bildung und im Gesundheitswesen. Dabei sollen auch die Besserverdienenden ihren Beitrag leisten.
Madrid - Spanien steht trotz seiner Sparpolitik weiter im Visier der Finanzmärkte. Das hochverschuldete Land hat nun zusätzliche Einsparungen in Milliardenhöhe angekündigt. Wie die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy am Montag mitteilte, will Madrid durch eine Reform des Bildungs- und Gesundheitssystems die Ausgaben in diesen Bereichen um mehr als zehn Milliarden Euro senken.
Die Einsparungen sollten dadurch erreicht werden, dass doppelte Zuständigkeiten verschiedener staatlicher Instanzen beseitigt, die vorhandenen Mittel rationeller eingesetzt und die Effektivität der Verwaltung im Bildungs- und Gesundheitswesen erhöht werden. Nähere Einzelheiten gab die Regierung zunächst nicht bekannt.
Das Kabinett erwägt aber offenbar eine höhere Belastung der Reichen bei der Reform des überschuldeten Gesundheitssystems. Es müsse darüber diskutiert werden, ob Gesundheitsleistungen für jemanden kostenlos sein müssen, der 100.000 Euro verdient, sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Montag dem Radiosender SER. "Wir müssen unnötige Kosten senken und schlecht laufende Bereiche rationalisieren - andernfalls ist die Zukunftsfähigkeit des Systems gefährdet", fügte er hinzu. Die meisten gut verdienenden Spanier haben zwar eine private Krankenversicherung, nutzen für teure Behandlungen etwa von Krebs aber häufig das öffentliche Gesundheitssystem.
Premier Rajoy hatte im Haushaltsentwurf für 2012 bereits die Schließung einer Finanzlücke in Höhe von 27 Milliarden Euro vorgesehen. Dies soll durch Einsparungen in Rekordhöhe und zusätzliche Steuereinnahmen erreicht werden. Das Sparprogramm reichte aber nicht aus, um Spanien vom Druck der Finanzmärkte zu befreien.
In der vorigen Woche stiegen die Renditen für langfristige Anleihen des spanischen Staates drastisch an und näherten sich dem Höchststand von November 2011. Dies hatte zur Folge, dass die Finanzierung der Madrider Staatsschulden sich erheblich verteuert.
Rajoy plant ein Stabilitätsprogramm für 2012 bis 2015, das noch in diesem Monat der EU-Kommission vorgelegt werden soll. Darin will Madrid seine Entschlossenheit bekräftigen, bis 2013 seine Neuverschuldung so weit zu reduzieren, dass Spanien dann wieder die zulässige Obergrenze von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einhält. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die einzelnen Regionen die Vorgaben zur Erreichung des Defizitziels einhalten. Madrid kündigte ferner an, den Prozess zur Sanierung des spanischen Bankensektors zu beschleunigen.
fab/dpa/Reuters>
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9.4.2012: Pleite-Portugals Banken: Alles auf Pump
aus: Der Standard online: EZB-Tropf: Portugals Banken leihen Rekordsummen; 9.4.2012;
http://derstandard.at/1333528686658/EZB-Tropf-Portugals-Banken-leihen-Rekordsummen
<Portugals Banken hängen schon länger am EZB-Tropf.
Insgesamt holten sich die Banken des in der Krise steckenden Euro-Landes bei zwei Tendern rund eine Billion Euro ab.
Lissabon - Portugiesische Banken haben sich von der Europäischen Zentralbank so viel Geld geliehen wie noch nie. Im März borgten sie sich 56,3 Mrd. Euro, wie die Notenbank des hoch verschuldeten Landes am Montag bekanntgab. Das sind 18 Prozent mehr als im Februar und 15 Prozent mehr als die frühere Höchstsumme aus dem August 2010 von 49,1 Mrd. Euro. Eine Erklärung für den Anstieg gab die portugiesische Zentralbank nicht, zumal die EZB erst Ende Februar den Banken der Euro-Zone erneut eine riesige Summe billigen Geldes zur Verfügung stellte. Insgesamt holten sich die Banken bei zwei Tendern rund eine Billion Euro.
Kein Vertrauen
In der Schuldenkrise trauen sich Banken kaum noch untereinander, weshalb sie sich auch gegenseitig kaum noch Geld leihen. Portugal wird zudem von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds mit einem Rettungspaket von insgesamt 78 Mrd. Euro gestützt. Die Banken des Landes können sich bereits seit über einem Jahr nicht mehr am Interbanken-Markt mit Geld versorgen und hängen komplett am Tropf der EZB. Bei der jüngsten Mega-Geldspritze der EZB im Februar deckten sich die portugiesischen Banken einem Zeitungsbericht zufolge mit 19 Mrd. Euro ein. (APA, 9.4.2012)>
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http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,826657,00.html
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10.4.2012: Araber und Russen kaufen in Pleite-Griechenland ein - und die türkische Wirtschaft boomt
aus: Financial Times Deutschland online: Schuldenkrise: Araber greifen nach griechischen Bank-Töchtern; 10.4.2012;
http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:schuldenkrise-araber-greifen-nach-griechischen-bank-toechtern/70020522.html
<Die EFG Eurobank verkauft eine Tochtergesellschaft in der Türkei nach Kuwait. Auch für den ägyptischen Zweig der Piräus-Bank gibt es offenbar Interessenten im Nahen Osten. Russland will sich Teile der griechischen Energieversorgung sichern.
Lichtblick für den gebeutelten griechischen Bankensektor: Das zweitgrößte Geldhaus EFG Eurobank bessert mit dem Verkauf seiner türkischen Tochter Tekfen die eigene Kasse auf. Die Burgan-Bank aus Kuwait erwirbt Tekfen für 355 Mio. Dollar. Der Aktienkurs von EFG Eurobank schoss am Dienstag um 30 Prozent in die Höhe. Auch die Titel der Konkurrenten Piraeus und Alpha Bank stiegen um 30 Prozent.
Die griechischen Banken benötigen dringend frisches Kapital. Die Institute gehörten bislang zu den größten Gläubigern der Regierung in Athen und wurden deshalb von dem Schuldenschnitt Anfang März besonders hart getroffen. Durch den Tausch ihrer Staatsanleihen in neue Papiere mit geringerem Nennwert und längeren Laufzeiten mussten sie rund 20 Mrd. Euro abschreiben. Allerdings haben EU und Internationaler Währungsfonds vorgesorgt: Das Rettungspaket für Griechenland umfasst bis zu 48 Mrd. Euro für die Rekapitalisierung der Banken. Am 20. April will die Regierung einen Sanierungsplan für die Branche vorlegen.
Der Verkauf der Eurobank-Tochter Tekfen nährt die Hoffnung, dass auch andere Institute ihren Kapitalbedarf durch Beteiligungsverkäufe verringern können. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters interessieren sich für das Ägypten-Geschäft der Piraeus-Bank gleich fünf Investoren aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Erwartet wird außerdem, dass der Branchenprimus National Bank of Greece die türkische Tochter Finansbank veräußert.
Türkische Wirtschaft boomt
Die Tochtergesellschaften griechischer Banken in der Türkei gelten als attraktiv, weil die Wirtschaft im Nachbarland boomt: Im vergangenen Jahr wuchs sie um mehr als sechs Prozent. Die von der Eurobank verkaufte Tekfen erzielte in den ersten neun Monaten 2011 einen Gewinn von 20 Mio. Lire, eine Steigerung um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Für die Banken in Griechenland selbst sind derzeit keine neuen Investoren in Sicht. Dafür äußerte der russische Energieversorger Gazprom Interesse am staatlichen griechischen Gasversorger Depa. "Wir sind bereit, einen realistischen Preis anzubieten - keinen übertriebenen", sagte Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew am Wochenende. Laut russischen Medienberichten will die Tochtergesellschaft Gazprom Neft außerdem für den Mineralölkonzern Hellenic Petroleum bieten.
Griechenland will mit dem Verkauf von Staatsunternehmen seinen Schuldenberg abbauen. Zum Verkauf steht neben den Energieunternehmen Depa und Hellenic Petroleum unter anderem die staatliche Lotteriegesellschaft Opap. In diesem Jahr strebt Athen Einnahmen von 3 Mrd. Euro an, insgesamt soll die Privatisierung bis 2015 19 Mrd. Euro in die Staatskasse spülen. Ursprünglich hatte die Regierung einen Erlös von 50 Mrd. Euro angepeilt, dieses Ziel wurde mittlerweile aber aufgegeben.>
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10.4.2012: Es wird wieder düster um Pleite-Italien und Pleite-Portugal
aus: Financial Times Deutschland online: Eurokrise: Die Ansteckungsgefahr kehrt zurück; 10.4.2012;
http://www.ftd.de/politik/konjunktur/:eurokrise-die-ansteckungsgefahr-kehrt-zurueck/70020392.html
<Nach Wochen der Ruhe greift die Nervosität von Spanien auf andere Euro-Länder über. Auch die Renditen für Anleihen aus Italien und Portugal steigen wieder. Schon warnen Experten vor Panik. von Mathias Ohanian und Sebastian Förstl, Berlin
Nach dem Renditeanstieg spanischer Anleihen auf den höchsten Stand seit November haben Fachleute vor einer neuen Eskalation der Euro-Krise gewarnt. "Erstmals ist die Gefahr von Ansteckungseffekten wieder ernst", sagt Christian Schulz, Ökonom bei der Berenberg Bank. Monatelang hätten Negativnachrichten einzelner Krisenstaaten nicht zu steigenden Renditen andernorts geführt. Nun aber sei die Gefahr groß, dass Irrationalität und Panik zurückkehrten, so Schulz. "Die Märkte bleiben nervös", sagt Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank.
Zwei große Tests hatte die Euro-Zone in den vergangenen Wochen erfolgreich bestanden. Nach dem Schuldenschnitt Griechenlands vor einem Monat waren die Renditen von Italien, Spanien und Portugal weiter gesunken. Ansteckung: Fehlanzeige. Auch als Portugal im Januar von der letzten der drei großen Ratingagenturen auf Ramsch gestuft wurde, hatte das keine negativen Effekte auf die Renditen anderer Krisenländer.
Ein anderes Bild in der vergangenen Woche: Nach dem Anstieg der Renditen in Spanien kletterten erstmals auch wieder die Risikoaufschläge für Italien und Portugal. Die Entwicklung setzte sich am heutigen Dienstag fort. "Dabei hat sich die Lage dort fundamental nicht verschlechtert", so Schulz. Bedrohlich sei, dass mit Spanien nun erstmals wieder ein großes Euro-Land in den Fokus der Märkte gerate.
Madrid erreichte 2011 nicht das Haushaltsziel: Anstatt eines Etatdefizits von 6,0 Prozent der Wirtschaftsleistung wurden kürzlich 8,5 Prozent ausgewiesen. Seit die Regierung das meldete, haben sich die Anleger wieder auf das Land eingeschossen. So sehen viele Fachleute Spanien als den derzeit größten Krisenherd in Europa an. "Das Konsolidierungsprogramm ist ambitioniert - und muss in der zweiten Jahreshälfte wohl aufgeweicht werden", erwartet Stefan Bielmeier, Chefökonom bei der DZ Bank. Er befürchtet, dass das Land im weiteren Jahresverlauf noch Rettungshilfen von der EU beantragen könnte. Das könnte die Akteure auf den Finanzmärkten wieder aufschrecken lassen. "Die Gefahr ist real, dass dann auch die Euro-Krise wieder auflebt", so Bielmeier.
Dabei gehört er noch zu den Optimisten. "Dank der großen Liquiditätsspritzen der EZB sind die Insolvenzrisiken im Finanzsektor stark zurückgegangen", sagt der Experte. Die deutsche Wirtschaft könnte seiner Prognose zufolge in diesem Jahr um 1,4 Prozent wachsen. Seine Kollegen rechnen im Schnitt nur mit der Hälfte.
Tatsächlich lauern in den kommenden Wochen jedoch noch diverse Risiken, "die in normalen Zeiten eigentlich keine Probleme bereiten sollten", sagt Berenberg-Ökonom Schulz. Das Problem ist bloß: Die Zeiten sind nicht normal.>
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11.4.2012: Euro-Deutschland diskriminiert ausländische Unternehmen
aus: Financial Times Deutschland online: Recht + Steuern: Und es sind doch nicht alle Firmen gleich; 11.4.2012;
http://www.ftd.de/karriere-management/recht-steuern/:recht-steuern-und-es-sind-doch-nicht-alle-firmen-gleich/70020991.html
<Die EU-Kommission verklagt die Bundesrepublik. Der Vorwurf: Diskriminierung ausländischer Unternehmen.
Dann eben mit Gewalt. Die Europäische Kommission fährt nun härtere Geschütze gegen die Bundesrepublik auf. Seit Jahren versuchen die Kommissare, eine deutsche Regelung im Körperschaftsteuergesetz zu kippen: die Regeln zur sogenannten Organschaft. Brüssel meint, Deutschland diskriminiere damit ausländische Unternehmen. Doch die Bundesregierung legt nicht so viel Änderungseifer an den Tag, wie ihn sich die Kommission wünscht. Und deswegen hat Brüssel jetzt angekündigt, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen.Eine Organschaft ist eine Gruppe gemeinsam besteuerter Tochterunternehmen eines Konzerns. Die strittige Regelung besagt, dass nur solche Firmen Teil einer Organschaft sein können, die sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung in Deutschland haben - sie müssen den sogenannten doppelten Inlandsbezug vorweisen können. Wer das Kriterium erfüllt, hat enorme Vorteile: Die Konzerneinheit muss nur einmal Steuern zahlen. Und Verluste der Töchterunternehmen schmälern den Gewinn der Mutterfirma, wodurch die Steuerlast sinkt.
Für die Konzerne ist das natürlich eine angenehme Sache. Für den deutschen Fiskus eher nicht. Vor allem wenn es um Tochterunternehmen geht, die im EU-Ausland sitzen. "Die deutsche Bundesregierung befürchtet dramatische Aufkommensverluste, wenn ausländische Töchter Verluste bei der deutschen Mutter geltend machen dürfen", sagt Thomas Wagner, Steuerberater bei Deloitte.Sind Sie Steuerexperte?Als Dschungel wird das deutsche Steuerrecht häufig bezeichnet - zu recht. Es ist (seit jeher) voller Ausnahmen und Kuriositäten. Kennen Sie sich aus mit Schaumwein- und Umsatzsteuer? Bei FTD.de können Sie ihr Wissen über das Steuersystem testen.
Um solche Verlustimporte zu verhindern, sind die Anforderungen hoch, unter denen die Finanzämter eine Organschaft anerkennen. Zum einen gibt es den doppelten Inlandsbezug, der nun aus Brüssel angegriffen wird. Die EU-Kommission verlangt, dass Deutschland davon abrückt. Zukünftig soll es nicht mehr darauf ankommen, ob eine Tochtergesellschaft ihren Sitz und die Geschäftsleitung im Inland hat. Der Sitz soll im Ausland bleiben dürfen, nur die Geschäftsleitung muss in Deutschland sein.
Die Bundesregierung reagierte auf die Forderung zwar halbherzig im März 2011. Sie erließ ein Verwaltungsrundschreiben, mit dem die Finanzämter angewiesen wurden, den doppelten Inlandsbezug nicht mehr zu berücksichtigen. Brüssel ist das jedoch zu wenig - die Kommissare wollen eine Gesetzesänderung.
Arne von Freeden, Rechtsanwalt und Steuerberater bei Flick Gocke Schaumburg vermutet, dass die Bundesregierung den doppelten Inlandsbezug gesetzlich gar nicht regeln wolle: "Man arbeitet in Berlin am großen Ganzen, nicht an einzelnen Punkten."
Das große Ganze ist das gesamte System der Konzernbesteuerung, bei dem es für den deutschen Fiskus um Milliarden geht. Schon seit Jahren diskutieren Politik und Wirtschaft darüber, die Regeln zu Organschaften insgesamt umzustellen. Im Februar ist nun Dynamik in das Thema gekommen: Die Koalition hat beschlossen, das System bis 2016 zu ändern.
Denn nicht nur der Inlandsbezug steht unter Beschuss. Die Finanzämter erkennen eine Organschaft zudem nur an, wenn Mutter und Tochter einen sogenannten Gewinnabführungsvertrag (GAV) schließen. Der wird vor allem vonseiten der Wirtschaft wegen seiner strengen Formalia kritisiert. "In Betriebsprüfungen sind diese Verträge immer ein Thema, weil die Firmen ganz genaue Formulierungen benutzen müssen", sagt Roland Speidel, Rechtsanwalt und Steuerberater bei BDO. Zudem lassen sich Gewinnabführungsverträge mit ausländischen Gesellschaften häufig gar nicht abschließen. "Das englische Recht kann der Abführung des Gewinns zur deutschen Muttergesellschaft entgegenstehen", sagt Deloitte-Berater Wagner. Er hält es nur für eine Frage der Zeit, bis Fälle zum Gewinnabführungsvertrag vor dem EuGH landen: "Selbst wenn die Bundesregierung beim doppelten Inlandsbezug nachbessert, könnten zugezogene Tochtergesellschaften oftmals weiterhin nicht in die Organschaft einbezogen werden, weil mit ihnen kein Gewinnabführungsvertrag im Sinne des deutschen Aktienrechts abgeschlossen werden kann."
In ihrer großen Systemreform will die Bundesregierung auch darauf reagieren. Sie hat angekündigt, nicht mehr auf den GAV als Bollwerk gegen den Import ausländischer Verluste abstellen zu wollen. Sie plant, eine Gruppenbesteuerung einzuführen. Diese soll ermöglichen, dass Mutterunternehmen die Gewinne und Verluste von Töchtern mitberücksichtigen dürfen, wenn die mit mindestens 75 Prozent an ihnen beteiligt sind.
Wagner sieht in einer Gruppenbesteuerung, die zu mehr Verlustimporten führen könnte, durchaus auch Vorteile für den deutschen Fiskus: "Der deutsche Gesetzgeber könnte auch den derzeit möglichen Gewinnexport von einer deutschen Tochter zu einer ausländischen Mutter regeln. Damit könnte er eine große offene Flanke für Steuermindereinnahmen schließen.">
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<Mit Rekordeinsparungen will Spanien das Vertrauen der Finanzmärkte in das von Schulden geplagte Land zurückgewinnen. Doch dieser Weg könnte sich als falsch erweisen: Die Talfahrt der Industrie beschleunigt sich, während der Druck der Finanzmärkte steigt.
11.4.2012: Pleite-Spanien im Rückwärtsgang
aus: Hiobsbotschaften ohne Ende: Spaniens Industrie schrumpft; 11.4.2012;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Spaniens-Industrie-schrumpft-article5994441.html
Die Krise in Spanien sorgt weiter für schlechte Nachrichten: Im Februar fiel die Industrieproduktion den sechsten Monat in Folge. Im Jahresvergleich sei arbeitstäglich bereinigt um 5,1 Prozent gesunken, wie die spanische Statistikbehörde INE mitteilte. Im Februar war die Industrieproduktion um 4,3 Prozent geschrumpft, im Januar um 2,5 Prozent.
Gründe für die Talfahrt seien ein schwaches Baugewerbe und eine nachlassende Kfz-Herstellung, hieß es zur Begründung. Die spanische Industrieproduktion ist damit sechs Monate hintereinander geschrumpft und seit Februar 2011 nicht mehr gewachsen. Besserung ist nicht in Sicht: Der Sparkurs der Regierung dürfte die Produktion auch weiterhin dämpfen.
Die Wirtschaft des Landes steht in diesem Jahr vor einer drastischen Rezession, die Arbeitslosenquote ist mit fast 23 Prozent die höchste in der EU. Die Hälfte der Jugendlichen unter 25 Jahren hat keinen Job.
Düstere Aussichten
Eine rasche Trendwende ist Experten zufolge nicht in Sicht. "Um Jobs zu schaffen, ist ein Wirtschaftswachstum von mindestens 1,4 oder 1,5 Prozent notwendig", sagte Citi-Ökonom Guillaume Menuet. "Das wird bis 2014 nicht zu schaffen sein." Die Regierung geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 1,7 Prozent schrumpft. Citi erwartet 2013 einen Rückgang um 1,2 Prozent.
Spanien fährt angesichts der hohen Renditen auf den Anleihemärkten einen drastischen Sparkurs, um das Haushaltsdefizit zu senken. Mit dem Etat 2012 wird ein Sparpaket in Höhe von mehr als 27 Mrd. Euro geschnürt.
Das Land hatte im vorigen Jahr sein Defizitziel von 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts weit verfehlt. Auch die für 2012 ursprünglich angestrebte Marke von 4,4 Prozent kann es nicht erreichen, so dass Madrid mit der EU einen neuen Wert von 5,3 Prozent aushandeln musste.
Doch die Sparmaßnahmen lasten auf der ohnehin schon schwachen Konjunktur. Auch deshalb steigen nach Wochen relativer Ruhe die Renditen an den Anleihemärkten: Derzeit liegen sie für Papiere mit einer Laufzeit von zehn Jahren knapp unter der Marke von 6 Prozent. Geht dieser Trend weiter, drohen erhebliche Gefahren: Je mehr die Zinsen steigen, desto mehr muss Spanien für den Schuldendienst ausgeben. Schon jetzt kosten die Zinsen den Staat mehr Geld als beispielsweise die Beamten oder die Unterstützung der Arbeitslosen.
Stiglitz warnt
US-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz warnte die Regierungschefs in Europa davor, die Krisenstaaten zu noch größeren Sparbemühungen zu drängen. Der harte Sparkurs in vielen Ländern verstärke den Abschwung, Europa drohe deshalb die zweite Rezession in kurzer Zeit, sagte der frühere Chefökonom der Weltbank der "Süddeutschen Zeitung" und fügte hinzu: "Eine Überdosis Sparen macht alles nur schlimmer." Weltweit gebe es kein Beispiel dafür, dass Kürzungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen ein krankes Land genesen ließen.
Der Euroraum brauche stattdessen eine gemeinsame Haushaltsbehörde, die regionale Unterschiede in der Wirtschaftskraft ausgleichen könne. Die Behörde solle etwa Staaten, in denen hohe Arbeitslosigkeit herrscht, zusätzliche Finanzmittel bereitstellen.
Quelle: n-tv.de, jga/rts/dpa/DJ>
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11.4.2012: Pleite-Spanien versucht es kommunistisch: Barzahlungen von über 2500 Euro Lohn wird verboten
aus: Welt online: Anti-Steuerbetrug: Spanien will Barzahlung über 2500 Euro verbieten; 11.4.2012;
http://www.welt.de/wirtschaft/article106172628/Spanien-will-Barzahlung-ueber-2500-Euro-verbieten.html
<Um gegen Steuerbetrüger vorzugehen, will Spanien künftig Barzahlungen von über 2500 Euro in der Geschäftswelt nicht mehr erlauben. Wer gegen das Gesetz verstößt, muss hohe Bußgelder bezahlen.
Spanien will im Kampf gegen Steuerhinterziehungen Zahlungen mit Bargeld einschränken. Ministerpräsident Mariano Rajoy kündigte an, dass in der Geschäftswelt Barzahlungen von über 2500 Euro künftig verboten werden sollen.
Dies sehe ein Plan zur Bekämpfung des Steuerbetrugs vor, der an diesem Freitag vom Kabinett verabschiedet werden soll. Das Verbot solle für Zahlungen gelten, an denen wenigstens ein Unternehmer beteiligt sei.
Madrid hofft auf Einnahmen in Milliarden-Höhe
Bei Verstößen werde ein Bußgeld erhoben, das 25 Prozent des gezahlten Betrags ausmachen werde. Rajoy rechtfertigte im Parlament seine geplante Steueramnestie, die er für den Staatshaushalt 2012 vorgesehen hat und mit der er auf viel Kritik gestoßen war.
Der Parteichef der Vereinten Linken (IU), Cayo Lara, sagte, die Amnestie sei verfassungswidrig und ein Anreiz zur Steuerhinterziehung.
Die Regelung sieht vor, dass Steuerhinterzieher ihre nicht deklarierten Einnahmen und Vermögen gegen Zahlung eines Bußgelds von acht bis zehn Prozent legalisieren können. Madrid erhofft sich davon Einnahmen für die Staatskasse in Höhe von 2,5 Milliarden Euro.
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11.4.2012: Pleite-Griechenland nimmt Schmiergeld-Politiker in Luxus-Villa fest
aus: Welt online: Korruptionsvorwürfe: Griechischer Ex-Politiker aus Luxusvilla abgeführt; 11.4.2012;
http://www.welt.de/politik/ausland/article106174210/Griechischer-Ex-Politiker-aus-Luxusvilla-abgefuehrt.html
<Kann man sich als Politiker eine Luxusvilla am Fuße der Akropolis leisten? Bei Akis Tsohatzopoulos wurden die Griechen misstrauisch. Er soll Schmiergelder beim Kauf deutscher U-Boote kassiert haben. Von Silke Mülherr
Polizisten in Zivil führten Akis Tsohatzopoulos aus seiner prunkvollen Villa am Fuß der Akropolis. Letztlich war es genau die Pracht der Behausung, die die griechischen Ermittler Verdacht schöpfen ließ.
Denn obwohl Tsohatzopoulos (72) einst hochrangiger Politiker war, dürfte er in diesem Job nicht das Geld für den Kauf der luxuriösen Villa im neoklassizistischen Stil verdient haben.
Die griechische Staatsanwaltschaft in Athen hat ihre eigenen Vermutungen, was die Geldquelle anbelangt: Sie erließ Haftbefehl gegen Tsohatzopoulos in seiner Eigenschaft als früherer Verteidigungsminister, er soll Schmiergelder beim Kauf deutscher U-Boote kassiert haben.
Innerhalb der nächsten fünf Tage muss ein Gericht entscheiden, ob er in Haft bleibt oder wieder auf freien Fuß kommt. Die Verhaftung von Tsohatzopoulos muss als Zeitenwende in Griechenland gelten: Der einstige Vizepremier ist der erste prominente Politiker, der im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen festgenommen wurde.
Obwohl Korruption und Vetternwirtschaft in Griechenland pandemisch sind, scheuten sich die Ermittlungsbehörden bislang davor, gegen Mitglieder der Eliten vorzugehen.
Angesichts des wachsenden Volkszorns gegen die immer drastischeren Sparmaßnahmen aber gibt die Staatsanwaltschaft ihre bislang geübte Zurückhaltung offenbar auf. Tsohatzopoulos selbst erklärte, er sei sich keiner Schuld bewusst.>
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11.4.2012: Meisterspekulant Soros gibt dem Euro keine Chance: <Soros hält Euro-Krise für "potenziell tödlich">
aus: Welt online: Börsenguru: Soros hält Euro-Krise für "potenziell tödlich"; 11.4.2012;
http://www.welt.de/finanzen/article106174025/Soros-haelt-Euro-Krise-fuer-potenziell-toedlich.html
<Meisterspekulant George Soros hält den Zerfall des Euro für möglich. Sein Meisterstück war eine Wette gegen das Pfund, bei der er Milliarden einstrich. Der Bundesbank macht er schwere Vorwürfe.
Von D. Eckert und H. ZschäpitzDie Euro-Krise wird immer bedrohlicher. Erstmals ist ein Auseinanderbrechen der Währungsunion ein realistisches Szenario. Davor warnt der US-Investor George Soros im Gespräch mit „Welt Online“.
Die Richtung, die die Krise des Euro nehme, sei „potenziell tödlich“. „Die Schuldenkrise ist nicht vorbei, davon sind wir weit entfernt“, sagte der 81-Jährige in Berlin.
Sein Wort hat Gewicht. Soros zählt zu den erfolgreichsten Börsenspekulanten aller Zeiten. Immer wieder spürte er ökonomische Ungleichgewichte auf und machte mit Wetten darauf ein Vermögen. Mit seinem Quantum Hedgefonds spekulierte er 1992 zum Beispiel auf ein Ausscheiden des Britischen Pfundes aus dem Europäischen Währungssystem. Als die Bank of England schließlich unter hohen Verlusten nachgeben musste, verdiente Soros Milliarden. Auch beim Einbruch der asiatischen Währungen in der Krise von 1997 hat er mitgemischt.
Kurzfristig habe die Flutung des Finanzsektors mit Zentralbankgeld eine Erleichterung gebracht. Doch auf mittlere Sicht wird die Krise nach Ansicht von Soros dadurch sogar noch verschärft. „Die Schulden der Staaten werden immer mehr von den Banken ihres jeweiligen Landes gehalten. Das heißt, die Institute werden renationalisiert.“ Damit werde aber ein Auseinanderbrechen der Währungsunion ohne finanzielle Kernschmelze möglich.
Schwere Vorwürfe gegen die Bundesbank
Der Bundesbank macht Soros schwere Vorwürfe. Indem sie versuche, sich gegen ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone zu wappnen, beschleunige sie in Wahrheit den Prozess: „Es ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung“ Als wichtigste Zentralbank in der Währungsunion habe die Bundesbank besondere Verantwortung, der sie aktuell nicht gerecht werde. „Wenn sich die Bundesbank absichert, werden andere dazu neigen, das gleiche zu tun.“
Nach eigener Aussage wird sich Soros schon bald mit Bundesbank-Präsident Jens Weidmann treffen, um ihn von seinem Standpunkt zu überzeugen. Weidmann habe einem Treffen zugestimmt, aber es gebe noch keinen Termin. Die Institution hänge einer überkommenen Doktrin an und sei für die Verschlechterung der Lage des Euro mitverantwortlich.
Merkels Fiskalpakt lässt die Euro-Krise eskalieren
Doch nicht nur die Bundesbank verschlimmert die Krise, sondern auch die deutsche Politik. Insbesondere der von Bundeskanzlerin Merkel durchgesetzte Fiskalpakt sei schädlich: „In der jetzigen Form treibt er die Euro-Zone in ein Deflationsspirale, die die Krise eskalieren lässt.“
Am Ende könne der eingeschlagene Kurs sogar die gesamte Europäische Union sprengen, sagte er. Spanien zum Beispiel habe in letzter Zeit alles richtig gemacht, gleichwohl seien die Risikozuschläge auf seine Staatsanleihen wieder gestiegen.
Deutsche müssen sich auf Transferleistungen einstellen
„Deutschland muss sich damit abfinden, dass es in einer Union, sei es eine politische oder eine monetäre, immer Transferzahlungen gibt“, sagt er. Im Vereinigten Königreich zahle die Metropole London zum Beispiel für die strukturschwache Industriestadt Newcastle, in Italien der reiche Norden für den armen Süden. „Deutschland muss sich entscheiden, ob es den Euro haben will oder nicht“, erklärte Soros. Je schneller das geschehe, desto besser für die ganze EU.
Soros deutete einen eigenen Plan an, mit dem die Euro-Zone gerettet werden könne. Darin spielt die Europäische Zentralbank eine entscheidende Rolle: Statt die Banken mit frischem Geld zu versorgen oder einfach nur Staatsanleihen der Problemstaaten aufzukaufen, soll eine von der EZB finanzierte Zweckgesellschaft alle Schulden, die über der 60-Prozent-Grenze liegen, aufnehmen.
Ordentlich wirtschaftenden Ländern soll sie die Zinszahlungen erlassen. „Es geht darum, ein Anreizsystem zu schaffen, in dem es anders als im Fiskalpakt vorgesehen nicht nur Strafen, sondern auch Belohnungen gibt.“ Nach der französischen Präsidentschaftswahl solle der Pakt daher umgeschrieben werden.>
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13.4.2012: Pleite-Spaniens Banken nehmen bei der EZB hohe Kredite auf - das Signal heisst: Pleite
aus: n-tv online: Madrid starrt auf die Banken: Spanien droht Gefahr; 13.4.2012;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Spanien-droht-Gefahr-article6019866.html
<Freitag, der 13. in Madrid: Die Börse fällt, die Risikoaufschläge steigen.
Die Glutnester der Schuldenkrise sorgen an den Märkten weiter für nervöse Gesichter: An verschiedenen Stellen drohen neue Brandherde aufzuflackern. Jüngstes Alarmsignal: Banken in Spanien borgen sich riesige Mengen Kapital bei der EZB.
Neue Hiobsbotschaften aus Spanien haben kurz vor dem Wochenende neue Nervosität an den Finanzmärkten ausgelöst: Die angeschlagenen Bankhäuser der viertgrößten Volkswirtschaft im Euroraum saugen sich weiter mit Zentralbankgeld voll, während die Risikoprämien an den Anleihemärkten steigen. An den europäischen Börsen zogen die Sorgen um Spanien die Finanzwerte nach unten, am Devisenmarkt brach der Euro-Kurs ein. Anleger wurden auch durch weitere typische Krisenanzeichen alarmiert: So stiegen die Prämien für Versicherungen gegen einen spanischen Zahlungsausfall deutlich an.
Spaniens kriselnder Bankensektor ist trotz der massiven Liquiditätsversorgung im Euroraum weiter in Geldnöten. Die Ausleihungen der spanischen Institute bei der Europäischen Zentralbank (EZB) stiegen im März um fast 50 Prozent und erreichten damit einen Rekord, wie aus Angaben der spanischen Nationalbank hervorging. Danach sind die Netto-Ausleihungen der spanischen Geldhäuser beim Eurosystem aus EZB und den anderen nationalen Notenbanken im Vergleich zum Vormonat von 152,4 Mrd. Euro auf 227,6 Mrd. Euro geklettert. Die spanischen Banken machen damit den Löwenanteil der im März von der EZB verliehenen Netto-Summe von 361,7 Mrd. Euro aus.
Diese Entwicklung löste einen Anstieg der Renditen spanischer Anleihen aus. Richtungsweisende Staatspapiere mit zehnjähriger Laufzeit bewegten sich wieder auf die kritische Marke von 6,0 Prozent zu - auch die italienischen Pendants wurden im Fahrwasser mitgezogen. Die leichte Entspannung, die Aussagen von EZB-Vertretern zum derzeit ruhenden Anleihekaufprogramm seit Wochenmitte auslösten, ist damit vorerst gestoppt. Auch der Euro geriet im Zuge der neuen Nervosität unter Druck.
Beachtliche Zweifel an Madrid
Weitere Krisensignale sendete auch der Markt für die umstrittenen Kreditausfallversicherungen (CDS) aus: Die Prämien für spanische Staatsanleihen stiegen auf den höchsten Stand seit November vergangenen Jahres, also noch bevor die EZB die Lage mit ihren beiden riesigen Geldspritzen beruhigen konnte. Am Freitag legte die Prämie für eine Versicherung auf spanische Anleihen mit fünfjähriger Laufzeit auf rund 490 Basispunkte zu. Bei einem Staatstitel über beispielsweise 10.000 Euro entspricht dies einer jährlichen CDS-Zahlung von 490 Euro.
An den europäischen Aktienmärkten litten besonders die Finanzwerte unter den Problemen Spaniens. Papiere der spanischen Großbank Santander sackten um rund vier Prozent ab. Anteilsscheine der italienischen Banken Unicredit und Intesa SanPaolo verbilligten sich jeweils um knapp drei Prozent. Wie ein Börsianer kommentierte, haben Banken einen "besonders schweren Stand, seit Spanien wieder in den Mittelpunkt gerückt ist". Es gebe beachtliche Zweifel, dass die Iberer ihr Haushaltsdefizit unter Kontrolle bringen können. Ein weiterer Marktteilnehmer zielte auf die hohen Ausleihungen der EZB an spanische Banken ab. Das sei kein gutes Zeichen und trübe die Stimmung, sagte er.
Soros attackiert die Bundesbank
In der Diskussion um die wieder aufflammende Schuldenkrise hat sich US-Investor George Soros erneut mit harten Vorwürfen gegen das deutsche Vorgehen zu Wort gemeldet. "Die Bürokraten bei der Bundesbank und anderswo sind gerade dabei, den Euro zu zerstören", sagte Soros der "Süddeutschen Zeitung". Die Eurozone steuere "mit den ganzen Sparpaketen" auf eine Weltwirtschaftskrise wie in den 1930er Jahren zu. "Europa spart sich kaputt, statt auch etwas fürs Wachstum zu tun", kritisierte er mit Blick auf das europäische Krisenmanagement. Die EZB habe mit ihrer Geldspritze von einer Billion Euro zwar für Beruhigung gesorgt. "Damit förderte sie aber die Nationalisierung der Finanzsysteme."
Tags zuvor hatte er seine Kritik bei n-tv noch in etwas weniger plakative Worte gekleidet: Mit dem Beharren auf weitere Sparmaßnahmen heize Deutschland die Schuldenkrise in Europa weiter an. "Wenn alle Länder zur gleichen Zeit versuchen, das zu tun, was Deutschland schon vor einigen Jahren getan hat - dann klappt das so nicht. Als Deutschland Sparmaßnahmen durchgesetzt hat, boomte der Rest von Europa! Und deutsche Exporte fanden guten Absatz. Wenn aber alle Länder zur selben Zeit sparen, dann bewegt sich Europa auf eine deflationäre Schuldenfalle zu!"
Soros schlägt unter anderem vor, dass die Euro-Staaten gemeinsam ihre Schulden reduzieren, also Deutschland stärker für angeschlagene Länder haftet. Der Aufstieg und Fall Europas "wird ablaufen wie bei einer Finanzblase, wenn wir nicht die Politik verändern", meinte Soros. "Ich denke wir brauchen ein System, dass die belohnt, die sich an die Regeln halten und jene bestraft, die die Regeln brechen", sagte er bei n-tv. "Aber die Regeln selbst müssen gerecht sein."
Portugal billigt Fiskalpakt
Unterdessen gab das portugiesische Parlament mit großer Mehrheit grünes Licht für den EU-Fiskalpakt, der eine zentrale Rolle bei der Überwindung der Schuldenkrise spielen soll. Die Abstimmung in Lissabon ging mit 204 Stimmen zu 24 aus bei zwei Enthaltungen. Am Vortag hatten sich auch die Sozialisten als größte Oppositionspartei hinter den Pakt gestellt.
Portugal gilt neben Griechenland, Italien und Spanien als Sorgenkind der Eurozone. Das Land durchlebt derzeit die schwerste Rezession seit den 70er Jahren und hat Hilfe der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen müssen. Der IWF hatte dem Land vor etwa einer Woche Fortschritte bei Reformen bescheinigt.
Mit dem Fiskalpakt wollen die EU-Staaten die Zügel bei der Kontrolle der Staatshaushalte und beim Schuldenabbau anziehen. Ziel ist es, das Vertrauen der Anleger in die Staatsfinanzen wiederzugewinnen und die Schuldenkrise zu überwinden. Nicht nur die Euro-Staaten, sondern auch fast alle übrigen EU-Staaten haben den Pakt unterzeichnet.
Quelle: n-tv.de, mmo/dpa/rts>
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13.4.2012: <Kapitallücke: Spaniens Banken steht das Wasser bis zum Hals>
aus: Welt online; 13.4.2012;
http://www.welt.de/wirtschaft/article106182805/Spaniens-Banken-steht-das-Wasser-bis-zum-Hals.html
<Spaniens Banken stehen noch schlechter da als befürchtet: Ohne EZB-Geld könnten sie nicht überleben. Experten schließen nicht aus, dass schon bald der Euro-Rettungsschirm einspringen muss.
Von Andrea Rexer
Spaniens krisengeschüttelte Banken hängen immer stärker von der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Wie die spanische Notenbank in Madrid mitteilte, liehen sich die Institute im März rund 316 Milliarden Euro von der EZB – fast doppelt soviel wie im Februar (170 Milliarden Euro).
Die Zahlen verdeutlichen, wie schlecht es vielen spanischen Banken geht. Nicht nur die Schuldenkrise macht ihnen zu schaffen, sondern auch hauseigene Probleme: Das Platzen der spanischen Immobilienblase hat vielen Instituten millionenschwere Abschreibungen eingebrockt. Vor allem die spanischen Sparkassen gerieten in den Strudel.
In den Notenbankdaten ist allerdings auch bereits der zweite zinsgünstige Dreijahreskredit der Zentralbank für die Banken der Euro-Zone von Ende Februar enthalten. Damals hatten sich die Finanzhäuser rund eine halbe Billion Euro bei der Frankfurter Zentralbank gesichert.
Regierung fordert stärkere Kapitalbasis
Den jetzt veröffentlichten Zahlen zufolge war die Nachfrage aus Spanien bei diesem Refinanzierungsgeschäft zwar wie erwartet sehr hoch. Wie viele Banken sich jedoch Geld bei der EZB besorgt haben, das sie tatsächlich brauchen, und wie viele nur die Gelegenheit des günstigen Zinses nutzten, ist unklar. Die Regierung in Madrid hat die Institute unlängst aufgefordert, ihre Kapitalbasis zu stärken.
Inzwischen schließen Experten nicht mehr aus, dass Spanien demnächst beim Euro-Rettungsfonds EFSF um Unterstützung für seine Problembanken bittet. Das kann nach den Regeln für den EFSF dann geschehen, wenn sich der Staat selbst nicht mehr in der Lage sieht, die Institute am Leben zu erhalten.
Das Misstrauen gegenüber Spanien ist in den vergangenen Wochen enorm gewachsen: Die Renditen für Staatsanleihen stiegen stark an. Als Alarmsignal gilt zudem, dass die Versicherungen gegen einen Ausfall der Staatspapiere derzeit so teuer gehandelt werden wie nie zuvor.
"Fragiles Umfeld" am Anleihemarkt
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sprach in Berlin von einem "fragilen Umfeld" am Anleihemarkt. Trotz einer gewissen Stabilisierung gebe es noch immer das Risiko, dass Turbulenzen an den Anleihemärkten auf die Realwirtschaft überschwappten.
Bankenexperte Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim kritisierte, dass die südeuropäischen Banken von den Staaten als "Dienstleister missbraucht" würden. Mit dem billigen EZB-Geld würden die Banken noch mehr Staatsanleihen aufkaufen – was für noch mehr Misstrauen am Markt sorge.
Banken aus Staaten, die von der Schuldenkrise nicht oder weniger betroffen sind, haben es da leichter. Die Unterschiede wurden besonders deutlich, als die größte Bank der USA, J.P. Morgan, Zahlen für das erste Quartal vorlegte. Vorstandschef Jamie Dimon überraschte die Analysten positiv: Statt den erwarteten 1,18 Dollar Gewinn pro Aktie legte Dimon 1,31 Dollar vor.
Gute Nachrichten aus den USA
Der Nettogewinn lag im ersten Quartal bei 5,4 Milliarden Dollar. Vor allem die Geschäfte im Investmentbanking zogen nach dem schwachen Jahresende 2011 in den vergangenen Monaten wieder an, erklärte Dimon. Prompt zogen nach Bekanntgabe der Daten auch die europäischen Finanzwerte nach oben. Der Markt wertet das Ergebnis als positives Omen für die gesamte Branche.
Verstärkend kam hinzu, dass auch die US-Großbank Wells Fargo an diesem Freitag einen Gewinnsprung meldete: Im ersten Quartal verdiente die Bank 4,25 Milliarden Dollar, im Vorjahr waren es 3,2 Milliarden Dollar gewesen.
Wells Fargo ist vor allem im amerikanischen Privatkundensegment stark, dafür vergleichsweise wenig im Investmentbanking unterwegs. Die Gewinnsteigerung ist vor allem auf neue Hypothekenkredite zurückzuführen. Zudem sank die Ausfallsrate, da in den USA die Arbeitslosigkeit zuletzt zurückgegangen ist.
JP Morgan und Wells Fargo sind die ersten US-Banken, die ihre Zahlen für das erste Quartal vorlegte. Weitere folgen in der kommenden Wochen. Der deutsche Branchenprimus Deutsche Bank will am 26. April über die Geschäftsentwicklung in den ersten drei Monaten berichten, die Commerzbank am 9. Mai.>
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13.4.2012: Pleite-Spaniens konservative Regierung verschärft die Polizeitaktiken - <Jorge Fernández Díaz warnt vor "Guerillatechniken" - Puig: Leute sollen "Angst vor dem System" haben>
aus: Der Standard online; 13.4.2012;
http://derstandard.at/1334132406966/Innenminister-will-zwei-Jahre-Mindeststrafe-fuer-Protestaufrufe
<Innenminister will zwei Jahre Mindeststrafe für Protestaufrufe.
Polizeieinsatz gegen Sitzblockade in Barcelona.
Spaniens konservative Regierung sieht sich angesichts der geplanten Sparmaßnahmen mit wachsenden Protesten konfrontiert. Ende März wurde ein eintägiger Generalstreik ausgerufen, nach Schätzungen der Gewerkschaften gingen mehr als 800.000 Menschen auf die Straße. Allein in der Hauptstadt Madrid demonstrierten 100.000 Menschen, in Kataloniens Hauptstadt Barcelona brannten Barrikaden.
Innenminister Jorge Fernández Díaz will nun weiteren Protesten zuvorkommen: Ein am Mittwoch im Parlament eingebrachter Gesetzesentwurf sieht drastische Strafen für die Organisatoren gewalttätiger Ausschreitungen vor. Mindestens zwei Jahre Gefängnis will der Politiker des rechten Partido Popular (PP) für Anstiftung zur Störung der öffentlichen Ordnung durch Medien oder soziale Netzwerke durchsetzen. Der Minister warnt vor "Gewalt in großem Ausmaß", die mit "Techniken der Stadtguerilla" organisiert werde.
Auch Blockaden verboten
Auch Blockaden öffentlicher Gebäude sollen unter das neue Gesetz fallen, ebenso "aktiver oder passiver Widerstand gegen die Sicherheitskräfte". Somit würde es der Polizei erleichtert werden, gegen Demonstranten vorzugehen, die sich Räumungsanordnungen widersetzen.
Besonders die Jugendbewegung der "Indignados" (Empörten) hatte im Vorjahr zu friedlichen Platzbesetzungen aufgerufen. Von der Madrider Puerta del Sol zogen sich die Demonstranten erst nach knapp einem Monat zurück.
"Angst vor dem System"
Kataloniens umstrittener Innenminister Felip Puig warnte nach den Ausschreitungen beim Generalstreik, dass sich die Demonstranten zunehmend radikalisierten: "Früher waren es dreihundert Gewalttäter, diesmal zwei- bis dreitausend." Er räumte ein, dass durch den Polizeieinsatz auch Unschuldige zu Schaden gekommen seien, weil sie nicht schnell genug zurückgewichen seien.
Puig betonte, dass die Strafrechtsreform nicht erreichen solle, dass mehr Menschen im Gefängnis landen, sondern dass er darauf hoffe, dass "die Leute mehr Angst vor dem System haben und deshalb nicht mehr so wagemutig sind". Puig war im Vorjahr heftig kritisiert worden, als er die Löschung eines Youtube-Videos anordnete, das angebliche Zivilpolizisten zeigt (derStandard.at berichtete). (bed, derStandard.at, 14.2.2012)
Links
Europapress: Convocar concentraciones violentas en Internet será delito de integración en organización criminal
The Telegraph: Spain accused of 'draconian' plans to clamp down on protests>
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15.4.2012: EZB-Beamte geben zu: Pensionen sind in Gefahr
aus: n-tv online: Ungeschützte Pensionen: EZB-Banker fordern Sicherheit; 15.4.2012;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/EZB-Banker-fordern-Sicherheit-article6027686.html
<Es ist nicht gerade ein Signal der Zuversicht: Die Währungshüter der Eurozone sehen sich mit wachsenden Sorgen aus den eigenen Reihen konfrontiert. Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank fürchten um ihre Alterssicherung und drängen auf einen automatischen Schutz vor der Inflation.
Ausgerechnet die Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank (EZB) fordern aus Sorge vor Inflation einen besseren Schutz ihrer Pensionen. "Unglücklicherweise sind die Pensionen der EZB-Beschäftigten nicht gegen Inflation geschützt", sagte Carlos Bowles, ein Sprecher der EZB-Personalvertretung, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Wahrung der Preisstabilität zählt zu den Kernaufgaben der Zentralbank.
"Wir verstehen nicht, warum die Führung der EZB es ablehnt, unsere Pensionen gegen die Inflation zu schützen", sagte Bowles.
Die EZB ist innerhalb der Eurozone für den Schutz vor einem ungezügelten Preisauftrieb zuständig. Ihr selbst gesetztes Ziel ist es, die Teuerung nahe unterhalb der Marke von 2,0 Prozent zu halten. Zuletzt stiegen die Verbraucherpreise allerdings teils deutlich schneller. Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ist laut Bowles sogar ein Verfahren gegen die Zentralbank anhängig.
Ein Pensionär habe mit Unterstützung der Personalvertretung und der Notenbanker-Gewerkschaft IPSO geklagt. Die EZB wollte sich zu der Klage und den Forderungen der Mitarbeiter zunächst nicht äußern.
Quelle: n-tv.de, AFP>
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15.4.2012: Frankreich ist eine tickende Zeitbombe
aus: Die Welt online: Schuldenkrise: Experte hält Frankreich für tickende Euro-Zeitbombe; 15.4.2012;
http://www.welt.de/wirtschaft/article106186132/Experte-haelt-Frankreich-fuer-tickende-Euro-Zeitbombe.html
<Die Finanzmärkte haben sich auf Spanien und Italien eingeschossen, doch laut Experten ist Frankreich das wahre Euro-Sorgenkind. Publizist Baverez fürchtet einen "Crash gegen die Schuldenwand".
Während das Vertrauen der Finanzmärkte gegenüber den Euro-Sorgenkindern Italien und Spanien wieder sinkt, warnen Experten vor Frankreich als eine noch größere Gefahr für die Euro-Zone. Der wichtigste außenpolitische Berater des früheren Kanzlers Helmut Kohl, Joachim Bitterlich, sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus", in Frankreich ticke eine Zeitbombe.
"Spanien kämpft sich voran, Italien ist auf gutem Weg, aber das Sorgenkind ist in Wahrheit Frankreich." Noch drastischer formulierte es der einflussreiche französische Wirtschaftspublizist Nicolas Baverez: "Die Präsidentschaftswahlen am 22. April und 6. Mai sind die letzte Chance, Frankreich auf Basis einer demokratischen Entscheidung zu modernisieren."
Ansonsten machten die Finanzmärkte spätestens im Sommer das Gesetz. "Die Zinsen für französische Anleihen werden dann so ansteigen, wie wir es von Italien kannten." Es drohe der "Crash gegen die Schuldenwand", egal ob Präsident Nicolas Sarkozy oder der favorisierte sozialistische Herausforderer Francois Hollande dann an der Spitze des Staates stehe.
Während das Vertrauen der Finanzmärkte gegenüber den Euro-Sorgenkindern Italien und Spanien wieder sinkt, warnen Experten vor Frankreich als eine noch größere Gefahr für die Euro-Zone. Der wichtigste außenpolitische Berater des früheren Kanzlers Helmut Kohl, Joachim Bitterlich, sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus", in Frankreich ticke eine Zeitbombe.
"Spanien kämpft sich voran, Italien ist auf gutem Weg, aber das Sorgenkind ist in Wahrheit Frankreich." Noch drastischer formulierte es der einflussreiche französische Wirtschaftspublizist Nicolas Baverez: "Die Präsidentschaftswahlen am 22. April und 6. Mai sind die letzte Chance, Frankreich auf Basis einer demokratischen Entscheidung zu modernisieren."
Ansonsten machten die Finanzmärkte spätestens im Sommer das Gesetz. "Die Zinsen für französische Anleihen werden dann so ansteigen, wie wir es von Italien kannten." Es drohe der "Crash gegen die Schuldenwand", egal ob Präsident Nicolas Sarkozy oder der favorisierte sozialistische Herausforderer Francois Hollande dann an der Spitze des Staates stehe.
Zwar liegt der Amtsinhaber für die erste Runde am kommenden Sonntag gleichauf mit dem sozialistischen Kandidaten François Hollande bei rund 27, 5 Prozent. Für die Stichwahl am 6. Mai sehen verschiedene Umfragen den Herausforderer aber mit acht bis zwölf Punkten vorne.
In einer seiner größten Wahlkampfveranstaltungen will Sarkozy am Sonntag vor bis zu 70.000 Anhängern auf der Pariser Place de la Concorde das Ruder noch herumreißen.
Hollande dagegen versucht wenige Kilometer entfernt vor dem Schloss von Vincennes die Zuversicht unter seinen Anhängern zu stärken, dass er am 6. Mai den Elysée-Palast nach drei konservativen Amtsperioden für die Sozialisten zurückerobern kann.
dapd/cat>
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15.4.2012: Armutsmigration wird in der EU normal
aus: Financial Times Deutschland online: James Galbraith im FTD-Gespräch: "Europa droht eine Explosion der Ungleichheit"; 15.4.2012;
http://www.ftd.de/politik/international/:james-galbraith-im-ftd-gespraech-europa-droht-eine-explosion-der-ungleichheit/70022922.html
[Der Denker]:
<Wie der Vater, so der Sohn
Unbequemer Denker James Galbraith ist Professor an der Universität von Texas in Austin. In den USA ist er durch zahlreiche Medienauftritte als unkonventioneller und meinungsstarker Ökonom bekannt. Damit bewegt sich der 60-Jährige auf den Spuren seines berühmten Vaters, John Kenneth Galbraith, der zu den einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts zählt. Wie sein Vater vertritt Galbraith junior dabei eher marktkritische Positionen. Neues Denken Galbraith engagiert sich stark für neue Ansätze in der Wirtschaftslehre. So war er nicht nur einer der frühen Förderer der 2011 neu gegründeten World Economics Association. Er engagiert sich auch beim Institute for New Economic Thinking. Dort trat er bei der Jahreskonferenz des Netzwerks auf, die am vergangenen Wochenende erstmals in Deutschland am Pariser Platz in Berlin stattfand.>
[Der Hauptartikel]:
<Exklusiv Europa steht vor neuen Verwerfungen, befürchtet der US-Ökonom James Galbraith. Er sieht eine wachsende Kluft in der EU und massenhafte Armutsmigration.
von Martin Kaelble und Mathias Ohanian Berlin
Nach Ansicht des US-Ökonomen James Galbraith hat Europa die Krise keineswegs überwunden, sondern steht vor neuen Verwerfungen. "Die Euro-Krise wird zu einer Explosion der Ungleichheit innerhalb Europas führen", sagte der Professor, der an der University of Texas in Austin lehrt. Er warnte, dass die aktuelle Strategie in einem Kollaps der Peripherie münden werde. Galbraith fordert eine stärkere Harmonisierung und mehr Solidarität innerhalb der Währungsunion.
Der 60-Jährige gilt als Querdenker und genießt vor allem in den USA als Sohn des berühmten Ökonomen John Kenneth Galbraith große Bekanntheit. Bei der Konferenz des Institute for New Economic Thinking (Inet) am Wochenende in Berlin zeigte er sich besorgt über die Lage in Europa.
Ein Einwandererkind trägt in Athen warmes Essen aus einer Suppenküche zu ihrer Familie.
"Das europäische Versprechen war immer, dass ein Aufholprozess innerhalb der Euro-Zone stattfindet: Arme Länder sollten mit der Zeit mehr Wohlstand erlangen und zu den reicheren Ländern aufschließen. Die ärmeren sollten dafür über eine gewisse Zeit mehr Wachstum haben als die reicheren", sagte Galbraith.
Das Gegenteil sei nun der Fall. "Die Krise führt zu einem wirklich dramatischen Anstieg der Ungleichheit innerhalb der Euro-Zone einerseits und innerhalb der Mitgliedsländer andererseits", so Galbraith. Einzelne Volkswirtschaften würden geradezu zerstört durch die derzeitige Krisenstrategie, die einzig auf Sparprogramme ausgerichtet sei. "Die Folge wird eine noch dramatischer steigende Arbeitslosigkeit und eine massive Migration innerhalb Europas sein", sagte der Ökonom. Es drohe ein lange anhaltender rapider Verfall und das ökonomische Austrocknen der Peripherieregionen - ähnlich wie es der Süden der USA jahrzehntelang nach dem Bürgerkrieg erlebt habe.
"Wer in den reichen Länder glaubt, man könne den sozialen Konsequenzen entkommen, der irrt sich gewaltig", so Galbraith. "Die Geschichte hat immer wieder gezeigt: Wenn die Peripherie einer Wirtschaftseinheit derartigen Niedergang verzeichnet, hat das soziale und wirtschaftliche Konsequenzen auch für die Kernregion."
Galbraith sieht als Ursache auch einen Mangel an Ausgleichssystemen in Europa. In den USA gebe es eine Reihe von Mechanismen, die ein solches Abdriften einzelner Regionen zumindest abmildern. "Wenn man sich in der EU entscheidet, solche Mechanismen nicht konsequent einzuführen, wird die Lage in Europa noch schlimmer werden."
Galbraith schlägt radikale Maßnahmen vor. "Kurzfristig braucht man vor allem drei Dinge: Gemeinsame europäische Anleihen, eine kraftvolle Investmentinitiative, zum Beispiel über die Europäische Investitionsbank (EIB), sowie eine Europäisierung der Finanzregulierung." Man müsse wegkommen von national unterschiedlichen Bankenregeln. "Diese drei Dinge könnten im Prinzip sehr schnell umgesetzt werden und würden schnell die Lage stabilisieren."
Der Amerikaner schlägt dann weitere Schritte vor: "Eine gemeinsame europäische Pensionsunion wäre eine gute Sache - also angeglichene Rentenstandards in ganz Europa. Damit würde sich Kaufkraft in die Peripherie bewegen, und es würde die regionale Ungleichheit abmildern."
Galbraith befürwortet zudem neue Finanzierungsmodelle für europäische Universitäten. "In den USA ist das Universitätssystem gemessen am Bruttoinlandsprodukt doppelt so groß wie in Europa. Viele junge Leute in den USA, die andernfalls arbeitslos wären, kommen in den Unis unter. Das wäre auch eine guter Weg für Europa", sagte der Ökonom. Schließlich regt er an, den Umbruch zu einer grüneren Wirtschaft als konzertiertes europäisches Investmentprojekt anzugehen. "Der Klimawandel stellt uns vor Veränderungen in der Wirtschaft, die Potenzial für Wachstum bieten."
Um den Weg aus der Euro-Krise zu finden, sei generell ein Wandel im ökonomischen Denken und mehr Offenheit für ganz neue Ansätze nötig - jenseits des Fokus auf Konsolidierung. "Es ist auch das veraltete ökonomische Denken, das zur Vertiefung der Euro-Krise führt." Das gelte für Entscheidungsträger und ihre Berater.
So befürchtet Galbraith auch, dass einige Prognostiker die Krise unterschätzten. "Die Prognosen basieren vor allem auf Daten und Erfahrungen der Nachkriegszeit - wir haben es jetzt aber mit einer völlig neuen Situation zu tun." Es bestehe die Gefahr, dass deswegen die Maßnahmen der Politik nicht drastisch und entschlossen genug ausfallen.
Galbraith hält die Ratschläge mancher seiner Kollegen an die Politik für bedenklich, da sie sich auf "viel zu simple" Modellannahmen stützten. "Einige dieser Modelle sind gefährlich und irreführend", sagte er. "Man sollte die alten Modelle allerdings nicht wegwerfen - sondern sie in ein Museum stellen, wo man sie anschauen kann, als abschreckenden Teil der ökonomischen Ideengeschichte.">
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15.4.2012: Pleite-Italien hat keine Nerven mehr - Selbstmordrate unter italienischen Unternehmern steigt
aus: Der Standard online: Sparpaket: Nerven der Italiener liegen blank; 15.4.2012;
http://derstandard.at/1334368978168/Sparpaket-Nerven-der-Italiener-liegen-blank
<Thesy Kness-Bastaroli
Premier Mario Monti will die Wirtschaftsprognosen nach unten revidieren. Seine Arbeitsministerin droht mit dem Rücktritt der Regierung. Die Zahl der Selbstmorde unter italienischen Unternehmern steigt.
Wellen des Protests gegen die Sparpakete der Regierung rollen durch Italien. Auch viele Wirtschaftstreibende sehen sich dem Schuldenstress nicht mehr gewachsen und sind zahlungsunfähig.
Mailand - In Italien spitzt sich nicht nur die Wirtschafts- und Schuldenkrise zu. Es droht erneut auch eine Politkrise. Arbeitsministerin Elsa Fornero machte am Wochenende unmissverständlich klar, dass das gesamte Expertenkabinett von Regierungschef Mario Monti zurücktrete, sollte ihre Arbeitsmarktreform nicht akzeptiert werden. Das "Drama Italien" zeigt sich auch an der wachsenden Zahl an Selbstmorden kleiner Unternehmer.
Viele Wirtschaftstreibende sehen sich dem Schuldenstress nicht mehr gewachsen. Seit Jahresbeginn haben sich nach Angaben des Verbandes für Kleinunternehmer und Handwerker in Mestre landesweit 23 Unternehmer das Leben genommen. Neun davon stammten aus Venetien, jener Region, die durch die Dynamik ihres Unternehmertums zum Aushängeschild des Landes wurde.
Die Gründe für die hohe Selbstmordrate waren stets die gleichen: Zahlungsunfähigkeit. Laut Cgia-Generalsekretär Giuseppe Bortolussi handle es sich um einen Alarmschrei: "Die Steuern, die Bürokratie, der Kreditengpass und die Zahlungsverzögerungen erschweren das Überleben zahlreicher Betriebe." Fatal sei, dass ein Teil der Zahlungsverzögerungen auch zulasten des Staates geht.
Die Wachstumskrise in Italien hat sich seit Jahresbeginn verschärft. Der Engpass an Krediten bremst Investitionen der Unternehmer. Der durch die rigorose Sparpolitik von Regierungschef Mario Monti auf durchschnittlich 45 Prozent des Einkommens erhöhte Steuerdruck dämpft den Konsum. Alarmsignale kommen vom Stromverbrauch, der im März um fünf Prozent im Jahresvergleich gesunken ist. Die Industrieproduktion fiel im Februar nach Angaben des Statistischen Amtes um sechs Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr.
Buhlen um Investoren
"Wir sind voll in der Rezession", bestätigt Wirtschaftsminister Corrado Passera. Er verspricht, nicht nur die Infrastruktur zu verbessern, sondern auch mehr ausländische Investitionen nach Italien zu holen. Denn diese machen erst ein Prozent der gesamten Investitionen aus. "Hätten wir den gleichen Betrag der ausländischen Direktinvestitionen wie etwa Frankreich, würde sich dies auf das BIP mit einem Prozent Wachstum auswirken", sagt der Minister.
Gründe für das geringe Interesse ausländischer Investoren sind nicht nur die schwerfällige Bürokratie und langwierige Justiz, sondern auch der wachsende Einfluss des organisierten Verbrechens auf die norditalienische Wirtschaft.
Die Regierung wird zu Wochenbeginn ihre Prognose für 2012/13 nach unten korrigieren. Ursprünglich war für heuer ein Rückgang des BIP um 0,5 Prozent vorgesehen. Nun soll diese Prognose auf 1,5 Prozent revidiert werden. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für Italien einen Rückgang von 2,5 Prozent im laufenden und von 0,5 Prozent im kommenden Jahr.
Infolge der Rezession sind die Chancen für den geplanten Haushaltsausgleich 2013 gering. Trotz der Reformpolitik bleibt Italien vorerst noch ein Risikofaktor für den Euroraum. So ist der Spread, die Zinsdiskrepanz zwischen Italiens Staatspapieren und den Bundesanleihen in Deutschland, neuerdings auf 400 Punkte gestiegen. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, 16.4.2012)>
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16.4.2012: <Solarenergieprojekt: Griechen wollen Strom ohne Leitungen exportieren> - Stromschieberei in der EU
aus: Welt online; 16.4.2012;
http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article106186532/Griechen-wollen-Strom-ohne-Leitungen-exportieren.html
<Der Verkauf von Solarstrom könnte dem Schuldenstaat Griechenland Milliarden bescheren. Für den Export fehlen aber die Leitungen. Athens Energieminister will das Problem mit einem Kunstgriff umgehen.
Von Florian Eder
Griechenland nimmt seine industrielle Zukunft selbst in die Hand. Das staatliche Sonnenstromprojekt Helios werde "etwa 60.000 Arbeitsplätze schaffen", sagte der zuständige Energieminister George Papakonstantinou "Welt Online".
Er rechnet damit, dass Athen aus dem Verkauf von Solarstrom "bis zu 15 Milliarden Euro an Staatseinnahmen erlösen kann, die zum Schuldenabbau verwendet werden können". Beides, Arbeitsplätze wie Einnahmen, braucht Griechenland dringend, spielt die Industrie doch bislang kaum eine Rolle in der gebeutelten Wirtschaft des Landes.
Erklärtes Ziel der Geldgeber und der Regierung in Athen ist es, dass das Land nach dem Auslaufen des europäischen Hilfsprogramms 2015 wieder auf eigenen Beinen stehen können soll. Das ehrgeizige Helios-Projekt soll Griechenlands 300 Sonnentage im Jahr zu Geld machen. Die Idee, natürliche Ressourcen dort zu nutzen, wo sie im Überfluss vorhanden sind, liegt nahe.
Allerdings kann Griechenland mit dem produzierten Strom alleine nichts anfangen. Die Pläne gehen von einer Leistung von 10.000 Megawatt aus, wenn alle Paneele installiert sind – das Land will aber nur zehn Prozent der produzierten Energie selbst verbrauchen.
Transportproblem umgehen
Für den Export wären Hochspannungsleitungen über den Balkan und die Alpen nötig. Der Leitungsbau hält aber schon zwischen Nord- nach Süddeutschland nicht mit dem Windstrom-Wachstum Schritt.
Minister Papakonstantinou will das Problem nun teilweise umgehen: Zwar sehen die Pläne vor, dass rund vier Fünftel des Stroms tatsächlich über Hochspannungsnetze in andere europäische Länder exportiert werden. "Etwa zehn Prozent aber werden wir nur statistisch exportieren", sagte der Minister. "Das ist das erste Mal, dass jemand von der Möglichkeit des virtuellen Exports Gebrauch macht."
Dieser Kunstgriff ist in einer EU-Verordnung von 2009 vorgesehen. "Die Energie wird in Griechenland verbraucht, aber in der Energiebilanz der Käuferländer berücksichtigt", sagte der Minister. Das passt in die Strategie der EU-Kommission für Erneuerbare Energien, die vorsieht, einen europäischen Markt für Energie zu schaffen.
Was nach Zahlenschieberei klingen mag, könnte in der Tat anderen europäischen Ländern dabei helfen, ihren Verpflichtungen nachzukommen. So haben Italien und Luxemburg deutlich gemacht, dass sie die ehrgeizigen EU-Klimaziele verfehlen werden. Die EU plant unter anderem, bis 2020 den Anteil Erneuerbarer Energien in jedem Land auf 20 Prozent zu steigern.
"Wir sind in Gesprächen mit Italien und Luxemburg", bestätigte Papakonstantinou. "Und auch mit Deutschland, das seine Ziele zwar erreicht, das aber die Chance sieht, seine Energiekosten durch den Import griechischen Solarstroms zu senken, ob der nun physisch oder statistisch geschieht."
Bundesregierung lehnt Subventionen ab
Die Verhandlungen liefen, zunächst spreche man über 300 bis 500 Megawatt Leistung. In Deutschland sind Solaranlagen mit einer Leistung von etwa 17.000 Megawatt installiert. Die Bundesregierung lehnt Subventionen für den nur auf dem Papier importierten Ökostrom ab.
"Das respektieren wir", sagte Papakonstantinou. "Wir sprechen auch nicht darüber, die deutschen Einspeisvergütungen für Griechenland zu öffnen. Derzeit bereiten wir bilaterale Abkommen vor, bei denen auch der Preis verhandelt wird."
Dieser Strompreis solle zwar "irgendwo nahe der deutschen Einspeisevergütung" liegen, der Aufschlag aber nicht allein vom deutschen Energiekunden finanziert werden. "Die Differenz zwischen Erzeuger- und Endkundenpreis wird von den Empfängerländern und möglicherweise durch EU-Mittel kofinanziert werden müssen."
Der Minister versprach, dass Helios bald ohne Geld der öffentlichen Hand auskommen werde. Unterstützung sei nur für die erste Phase des Projekts vonnöten, für die ersten 2000 Megawatt, die bis 2016 oder 2017 erreicht werden sollen. "Danach wird griechische Sonnenenergie zu Marktpreisen zur Verfügung stehen, kalkuliert auf einen normalen Preisanstieg gegenüber heute."
EU-Kommissar Oettinger unterstützt Projekt
Davon geht auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger aus, ein Unterstützer des Projektes. "Wir brauchen Erneuerbare Energien, aber wir sollten sie dort produzieren, wo die Kosten am niedrigsten sind", sagte Oettinger. Helios sei "eine große Chance", für die Griechen ebenso wie für Länder in Mittel- und Nordeuropa, die Sonnenenergie "zu niedrigen Preisen" importieren könnten.
Noch ist Helios freilich kaum mehr als ein Projekt. Aber Griechenland macht Tempo. Das Parlament hat bereits einem Gesetz zugestimmt, das öffentliches Land für Helios zur Verfügung stellt, auch Baugenehmigungen sollen rasch erteilt werden.
Papakonstantinous Zeitplan sieht die Ausschreibung einzelner Produktions- und damit Exporttranchen für "Anfang 2013" vor, den Bau der ersten Anlagen im Lauf des kommenden Jahres. "Das hieße, die ersten Teile des Systems könnten 2014 die Produktion aufnehmen", sagte er.
Wenn sich Investoren finden. Der Minister lockt: "Das Hauptproblem in Griechenland ist die Projektfinanzierung. Aber mit den Abkommen, die wir schließen, ist das Risiko des Investors kein griechisches, sondern ein deutsches oder italienisches, weil dort die Energie verbraucht wird.">
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17.4.2012: Die EU könnte so verschwinden, wie die "Sowjetunion" verschwunden ist - französischer Diplomat Francois Heisbourguf sagt die Wahrheit
aus: Der Standard online: In der Krise: "EU arbeitet hart daran zu verschwinden"; 17.4.2012;
http://derstandard.at/1334530998693/In-der-Krise-EU-arbeitet-hart-daran-zu-verschwinden
<Interview |
Der französische Diplomat François Heisbourg hat Angst, dass die EU das Schicksal der Sowjetunion erleidet.
Der französische Diplomat François Heisbourg befürchtet, die EU könne das Schicksal der Sowjetunion erleiden. Eine wirtschaftliche und politische Implosion drohe, sagte er zu Christoph Prantner.
STANDARD: Sie haben vor kurzem in "Le Monde" vor der imminenten Gefahr gewarnt, die EU könnte wie die Sowjetunion ökonomisch implodieren. Inzwischen gab es ein paar weitere Gipfel zur Eurorettung, noch immer so skeptisch?
Heisbourg: Skeptisch ist nicht der richtige Begriff, ich habe Befürchtungen. Ich will, dass aus der EU ein Erfolg wird. Aber zuletzt war es nicht leicht, daran zu glauben. In einer tiefen ökonomischen und sozialen Krise muss das Timing der politischen Entscheidungen mit der Dringlichkeit von Notwendigkeiten korrespondieren. In der EU findet das nicht statt, das ist das größte Problem im europäischen Entscheidungsprozess seit Ausbruch der Krise. Hier liegt die Parallele zur Sowjetunion, in deren letzten Jahren gab es ein ähnliches Auseinanderklaffen.
STANDARD: Was dagegen tun?
Heisbourg: Es gibt zwei Wege für Europa: Einerseits die Verbundesstaatlichung und Schaffung einer Transferunion, also jenes Prinzips, das es in jeder Föderation mit Einheitswährung wie etwa den USA gibt - Stichwort: Alaska hilft Alabama. Solange Deutschland aber nicht akzeptiert, dass es diese Transferunion geben muss, bleibt das Risiko einer Explosion der Eurozone und der EU sehr hoch. Das zweite, schreckliche aber eben kohärente Szenario ist, dass der Euro auseinanderbricht und wir zu dem System der nationalen Währungen zurückkehren, das wir schon vor 15 Jahren hatten - mit allen Konsequenzen. Derzeit jedenfalls tun wir genau das, was in den ökonomischen Lehrbüchern als falsch gebrandmarkt wird: nämlich inmitten einer Krise Budgets sanieren. Das ist einfach verrückt! Wenn wir so weitermachen, wird aus Spanien ein zweites Griechenland werden.
STANDARD: Aber Berlin scheint doch verstanden zu haben, dass die Reise Richtung Transferunion geht?
Heisbourg: Ich hoffe, dass sie das zeitgerecht einsehen. Hätten wir schon vor drei Jahren Eurobonds beschlossen, hätten wir Griechenland mit einem Fingerschnippen retten können. Es wäre eine schnelle und kleine Operation gewesen. Wenn die Deutschen die Eurobonds nun irgendwann endlich akzeptieren, wird diese Aktion enorm viel Geld gekostet haben und möglicherweise zu spät kommen. Deswegen habe ich die Sowjet-Alarmglocke geläutet.
STANDARD: Hat diese Krise nicht auch etwas Positives, ist sie nicht ein Hardcore-Integrationspfad?
Heisbourg: Ja, wenn alles glattgeht schon. Aber das ist eine Möglichkeit, die ihre eigenen Probleme in sich trägt: Großbritannien ist aus diesem Prozess ausgeschieden. Das erzeugt ein großes politisch-strategisches Dilemma. Denn jene europäischen Länder, die signifikante militärische, diplomatische und politische Fähigkeiten haben, sind nur Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Wenn London draußen bleibt, mit wem wird Paris kooperieren, wenn Berlin nicht in Libyen intervenieren will? Durch die viel zu späte Bewegung in Richtung Föderation, haben wir das dauerhafte Ausscheren der Briten provoziert. Mit diesem Problem müssen wir umgehen, auch wenn wir in Europa jetzt endlich das Richtige tun.
STANDARD: Die schlimmste Konsequenz der Krise sei, sagen viele, dass sich die EU aus ihrer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) verabschiedet habe.
Heisbourg: Die Mitgliedstaaten haben bekommen, was sie wollten. Sie wollten eine völlig unbekannte Person als Verantwortliche dafür haben, das haben sie bekommen. Und Lady Ashton hat die niedrigsten Erwartungen noch erfolgreich unterboten. Dazu lehnt sie die auch noch Verantwortlichkeit für den Sicherheits- und Verteidigungsbereich ihres Amtes ab. Was aus der GASP wird, hängt heute völlig davon ab, wie die Eurokrise gelöst wird. Solange diese Krise andauert, wird hier nichts passieren. Europa arbeitet in der Tat sehr hart daran, zu verschwinden. Nehmen Sie den Krieg in Libyen, das war eine gute Gelegenheit Fähigkeiten zu zeigen. Einige haben gut mitgemacht, aber wo war der Rest der Nato und der EU? Frankreich wird Kapazitäten behalten, um weltweit militärisch zu operieren. Andere werden Fähigkeiten haben, bei Koalitionen mitzumachen. Aber das ist alles kein europäisches Projekt. (Christoph Prantner, DER STANDARD, 18.04.2012)
François Heisbourg (62) ist französischer Diplomat und Präsident des renommierten Thinktanks International Institute for Strategic Studies in London.>
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17.4.2012: Die EU ist ökonomisch am Selbstmord
aus: Der Standard online: Paul Krugman: Europa begeht ökonomischen Selbstmord; 17.4.2012;
http://derstandard.at/1334530999879/Paul-Krugman-Europa-begeht-oekonomischen-Selbstmord
<Kommentar der anderen.
Apokalyptischer Befund eines keynesianischen US-Ökonomen zur Schuldenkrisenintervention am Beispiel Spanien: warum die rigide Sparpolitik der EU den Kontinent in den Abgrund zu reißen droht.Am Samstag berichtete die New York Times über ein offenkundig wachsendes Phänomen in Europa: "Selbstmord infolge der Wirtschaftskrise"- immer mehr Menschen bringen sich aus Verzweiflung über Jobverlust oder Firmenpleite um. Es war eine herzergreifende Story. Aber ich war sicher nicht der einzige Leser, insbesondere unter den Ökonomen, der sich fragte, ob die Geschichte nicht in einem größeren Kontext zu sehen ist, bei dem es weniger um Einzelschicksale geht als um eine gesamteuropäische politische Tendenz: die offenkundige Entschlossenheit der europäischen Führer, den ganzen Kontinent in den ökonomischen Selbstmord zu treiben.
Noch vor ein paar Monaten hatte ich Hoffnung für Europa. Sie erinnern sich vielleicht, dass die EU im vergangenen Herbst kurz vor dem finanziellen Kollaps stand: aber die Europäische Zentralbank eilte dem Kontinent zu Hilfe. Sie bot den Banken Kredite mit erweiterter Rückzahlungsfrist an, unter der Bedingung, dass die Geldinstitute ihrerseits die Anleihen europäischer Regierungen als Sicherheiten hinterlegen. Das stützte auf direktem Weg die Banken, half indirekt den Regierungen und setzte solcherart der Panikstimmung vorerst ein Ende.
Die Frage war nun, ob diese mutige und wirksame Aktion der Beginn einer grundlegenderen Umorientierung sein würde und ob die europäischen Führer die durch die EZB geschaffene Atempause dazu nützen, die politischen Strategien, die das Schlamassel primär verursacht hatten, zu überdenken.
Aber: Fehlanzeige. Stattdessen beharrten sie auf den fehlgeschlagenen Strategien und Ideen. Und es fällt immer schwerer zu glauben, dass sie irgendwas von ihrem Kurs abbringen könnte.
Man sehe sich nur die aktuelle Lage in Spanien an, dem derzeitigen Epizentrum der Krise: Von Rezession kann da keine Rede mehr sein - Spanien steckt mitten in der Depression: mit einer Arbeitslosenrate von 23,6 Prozent, was in etwa dem Stand in Amerika zur Zeit der Großen Depression entspricht, und mit über 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. So kann das nicht weitergehen - und die Erkenntnis, dass das so ist , treibt die Zinslasten in immer lichtere Höhen.
Einfach hirnrissig
In gewisser Weise ist es eigentlich unerheblich, wie Spanien in diese Lage gekommen ist, entscheidend ist, dass die ökonomische Realität des Landes in keinster Weise den moralischen Botschaften entspricht, die derzeit bei europäischen Politikern so populär sind, vor allem in Deutschland: Spanien war kein "Verschwender" - am Vorabend der Krise waren die Schulden niedrig und das Budget im Plus.
Unglücklicherweise war das Land aber gleichzeitig mit einer Immobilienblase konfrontiert, die vor allem durch hohe Kredite deutscher Banken an ihre spanischen Kollegen ausgelöst worden war. Und als die Blase dann platzte, saß die Wirtschaft am Trockenen. Spaniens Fiskalprobleme sind die Konsequenz der Depression, nicht deren Ursache.
Nichtsdestotrotz lauten die Vorgaben aus Berlin und Frankfurt - erraten! - "noch mehr Sparen". Das ist, ungeschminkt gesagt, einfach hirnrissig. Europa hat bereits einige Jahre harscher Sparpolitik hinter sich und die Ergebnisse belegen exakt das, was geschichtskundige Forscher stets vorhergesagt haben: Solche Programme stürzen darniederliegende Ökonomien noch tiefer in die Depression. Und weil Investoren die Bonität eines Landes nun einmal danach beurteilen, ob es seine Schulden tilgen kann, taugten die Sparprogramme nicht einmal dazu, die Anleihekosten zu senken. Was ist die Alternative? Nun, in den 1930er Jahren - eine Ära, die das gegenwärtige Europa offenbar bis ins Detail nachbilden will - war die zentrale Voraussetzung für eine Genesung die Abkoppelung vom Gold-Standard.
Das heutige Äquivalent dazu wäre der Abschied vom Euro und die Wiedereinführung der nationalen Währungen. Man mag das für unvorstellbar halten und in der Tat hätte so ein Schritt sowohl ökonomisch als auch politisch zerstörerische Folgen. Aber mit dem derzeitigen Kurs fortzufahren und immer schärfere Sparprogramme Ländern zu verordnen, die bereits in der Depression gelandet sind, ist noch weniger vorstellbar.
Kein Kurswechsel in Sicht
Wenn die EU also wirklich den Euro retten will, muss sie nach einer anderen Lösung Ausschau halten. Und wie die aussehen müsste, liegt wohl auf der Hand: Der Kontinent braucht eine expansivere Geldpolitik, in Form einer ernsthaften - d. h. über bloße Willensbekundungen hinausgehenden - Bereitschaft seitens der EZB, eine etwas höhere Inflation in Kauf zu nehmen. Und er braucht eine expansivere Steuerpolitik, in Form von Budgets in Deutschland, die den Sparkurs in Spanien und anderen Peripheriestaaten ausgleichen statt ihn ständig zu verstärken. Selbst mit so einer Politik würden diesen Staaten natürlich harte Jahre bevorstehen. Aber schlussendlich gäbe es immerhin etwas Hoffnung auf Genesung. Was wir dagegen derzeit erleben, ist der Inbegriff von Unflexibilität: Im März unterzeichneten die EU-Regierungen eine Fiskalpakt, der die Sparpolitik als vermeintliches Allheilmittel für alle Probleme einzementiert, während gleichzeitig die EZB-Manager keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit lassen, schon beim leisesten Anzeichen einer Inflation die Zinsen zu erhöhen.
Angesichts dessen bleibt einem tatsächlich fast keine andere Möglichkeit als in Verzweiflung zu verfallen. Statt einzugestehen, dass sie auf dem Holzweg sind, scheinen Europas Führer fest entschlossen, ihre Wirtschaft - und damit die Gesellschaft - in den Abgrund zu stürzen. Und die ganze Welt wird den Preis dafür zahlen. (Paul Krugman, Originalbeitrag: NYT vom 16. 4., Übersetzung: Mischa Jäger, DER STANDARD, 18.4.2012)
PAUL KRUGMAN, Star-Kolumnist der "New York Times", lehrt Wirtschaftswissenschaften in Princeton und wurde 2009 mit dem Ökonomie-Nobelpreis ausgezeichnet.>
Kommentar: Es war einmal
Es war einmal eine Zeit, da regierten die Bevölkerungen noch sich selber. Und dann kamen die Kaiser mit ihren grossen Reichen, die alle zerfielen, und dann kam ein A.H., und das Reich des A.H. zerfiel ebenfalls, und dann kam die EU mit dem Euro-Taler, und auch dieses Reich wird Pleite gehen. Nichts dazugelernt haben die Fantasten. Das Leben war auch gut ohne Euro...
Michael Palomino, 17.4.2012
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17.4.2012: Pleite-Ungarn mit 40% Armutsrate
aus: Der Standard online: ATTAC Ungarn: Beinahe jeder zweite Ungar lebt in Armut; 17.4.2012;
http://derstandard.at/1334531012346/ATTAC-Ungarn-Beinahe-jeder-zweite-Ungar-lebt-in-Armut
<Jugendliga "Szolidaritas": Jobbik unterzieht junge Wähler einer "Gehirnwäsche".
Wien - Beinahe jeder zweite Ungar lebe in Armut, hat Matyas Benyik, Ökonom und Vorsitzender von "ATTAC Hungary", am Dienstag bei einer Veranstaltung in Wien erklärt. Nach seinen Angaben liege die reale Armutsrate in Ungarn bei etwa 40 Prozent, damit seien etwa vier Millionen Ungarn betroffen. Laut EU-Statistiken vom Februar liegt die Armutsgefährdung in Ungarn bei 12,3 Prozent, in Österreich liegt sie im Vergleich dazu laut EU bei 12,1 Prozent.Zur politischen Situation in Ungarn meinte Aron Tanos, Vorsitzender der Jugendliga der neuen gewerkschaftlichen Bewegung "Szolidaritas", die rechtsradikale Partei Jobbik könnte bei Wahlen eines Tages auch die Stimmenmehrheit erlangen. Jobbik habe einen Weg gefunden, junge Menschen etwa im Alter von 18 bis 20 Jahren anzuziehen. Diese "Kinder" würden einer "Gehirnwäsche" unterzogen und seien die Wähler der Partei mit paramilitärischen Verbindungen bei der kommenden Wahl, so Tanos.
"Verlorene Generation"
Generell sprach der Aktivist von der Gefahr einer "verlorenen Generation". Die Universitätsausbildung sei teurer geworden, weshalb weniger Menschen sie finanzieren könnten und es nun Zehntausende Studierende weniger als früher gebe. Positiv hob Tanos hervor, dass sich die Ungarn nach dem Beschluss des neuen Mediengesetzes erstmals über das soziale Online-Netzwerk Facebook organisiert hätten, was zu großen Demonstrationen und neuen Bewegungen geführt habe.
Premier Viktor Orban gelinge es, die EU und internationale Kräfte gegenüber der ungarischen Bevölkerung als "Feinde" darzustellen, viele Leute würden ihm das glauben, sagte Gabor Scheiring, Abgeordneter der Grün-Partei LMP. In Ungarn fehle eine linksgerichtete Gruppierung sowie eine demokratische Bewegung "von unten". Die breite Öffentlichkeit kümmere sich kaum um Menschenrechte
Fidesz "verkalkuliert"
Zugleich meinte der Politiker, die Regierungspartei Fidesz sei zwar im Moment am populärsten, doch habe sie sich "verkalkuliert". Als EU-Mitglied müsse sie sich an bestimmte Vorgaben halten und auch die neue Facebook-Bewegung sei zu beachten. Die Bedingungen des IWF könne Orban ebenfalls nicht missachten.
Der für die Präsidentschaft in Ungarn nominierte Janos Ader, Fidesz-Gründungsmitglied, sei von Orban nominiert worden, weil er die "Mission von Fidesz" kenne, so Scheiring weiter. Nach Brüssel sei er zuvor als Abgeordneter wegen Konflikten mit Orban entsandt worden. Ader werde jedoch nach Meinung des Politikwissenschaftlers ein besserer Präsident sein als Pal Schmitt, der wegen einer Plagiatsaffäre rund um seine Doktorarbeit zurückgetreten war. Die ungarische Opposition will die Wahl des neuen Staatspräsidenten, die voraussichtlich am 2. Mai im Parlament stattfinden soll, großteils boykottieren.
Pensionisten und Kinder besonders betroffen
Vera Zalka, Vorsitzende der "Foundation for the Hungarian Social Forum Movements", sprach zwei soziale Hauptprobleme der ungarischen Gesellschaft an. Demnach sei die Situation der Pensionisten und Kinder im Land sehr schlecht. Zudem stünde in zwei bis drei Jahren die Pensionierung der Baby-Boom-Generation der 1950er Jahre bevor, die Anhebung des Pensionsantrittsalters stehe im Raum.
Weiters seien viele Ungarn gezwungen für Mindestlöhne zu arbeiten. Viele Leute hätten keine Hoffnung in die Wirtschaft mehr und sehen das Ende des Tunnels nicht mehr, so Zalka. Die Veranstaltung wurde von den Wiener Grünen und dem "Austrian Social Forum" organisiert. (APA, 17.4.2012)>
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