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Oktober 2011 (03): Euro - Teuro - Desaster (Teil 19)
Bank Paribas gemäss S&P nur noch AA- - Steuerbetrüger schulden Pleite-Griechenland 37 Milliarden Euro - die EU ist Berlusconis Geisel - Griechenland verstaatlicht Medien zur Ausübung von mehr Zensur - brutale Polizeigewalt in Berlin, gebrochene Finger, Tritte in Frauenbrüste, Diebstahl einer Iso-Matte - Planung eines 50%-Schuldenschnitts für Pleite-Griechenland - mit Ackermann - Ackermann: Ausweitung des Rettungsschirms ist rechtswidrig - angeblich "erste Resultate" in Pleite-Italien gegen weitere Verschuldung - die Welt fordert ein neues Europa mit "Kerneuropäern" - Löhne in Pleite-Italien oft bei nur 600 bis 700 Euro pro Monat - Frankreich droht der AAA-Verlust - Streikwelle in Pleite-Griechenland - EU-Agrarsubventionen: Profiteure sind die Konzerne, kaum dieBauern - Pleitegeier über Frankreich - Protestwelle in Pleite-Griechenland: In Griechenland arbeitet bald keiner mehr - Vorbereitung von Bankenpleiten in Deutschland: Die "Sicherungsgrenze" wird herabgesetzt - Frankreichs Zinsen so hoch wie vor 16 Jahren - deutsche Steuerzahler bezahlen griechische Schulden - Moody's stuft Spanien von AA2 auf A1 - der Hebel des Rettungsschirms von 440 auf 2000 Milliarden Euro - Euro-Exit-Plan-Wettbewerb von Lord Wolfson - Pleite-Griechenland ohne Flugverbindungen wegen Streik - Pleiten in Athen wegen der vielen Streiks - die ersten toten Demonstranten in Athen - Schulden-Zahlen - EU-Binnenmarktkommissar will Maulkorb für Ratingagenturen - Desaster für Frau Merkel: Der Euro ist nicht mehr demokratisch legitimiert - auch die Troika prophezeit Griechenland die Pleite - IWF: Griechen können keine Reformen durchführen - der Hebel beim Rettungsschirm ist ein Blendwerk - neues Sparpaket in Pleite-Griechenland verabschiedet, und das Parlament ist belagert, 1 Toter - Frau Merkel bastelt mit Schulkindern Rettungsschirme - Defizite von Griechenland und Portugal 10,6 resp. 9,8% - Westerwelle phantasiert von einem Europäischen Währungsfond - Vorurteile stimmen zum Teil: "fauler Grieche" und "deutscher Panzer" - sparen und demonstrieren in Pleite-Griechenland - katastrophale Korruption in Pleite-Griechenland mit vererbbaren Taxilizenzen und "garantierten" Arbeitsplätzen - Bundesbank-Präsident warnt vor dem Hebel-Rettungsschirm - Schuldenschnitt für Pleite-Griechenland beschlossen: Banken und Versicherungen sollen 60% der Griechenland-Anleihen abschreiben - aber auch dieser Schuldenschnitt reicht nicht - Warnungen von "USA" und GB an die Euro-Chefs - eventuell kommt ein Pleite-Domino - Bürger müssen sich vor dem Rettungsschirm retten
von Michael Palomino (Meldungen)
Video über die Wahrheit bei Dollar und Euro: "Dollar und Euro werden vergehen, wenn keine Volksabstimmung stattfindet"; Link des Videos: http://www.youtube.com/watch?v=qns3smEoQz0 Video with the truth about Dollar and Euro: "Dollar and Euro will go by when there is no popular vote"; Link of the video: http://www.youtube.com/watch?v=1-73ia6_Kn8
Weltkarte der weltweiten Verschuldung im Zuge der Globalisierung (April 2010): http://www.spiegel.de/flash/flash-26720.html
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Rette sich wer kann vor dem Pleite-Euro.
Michael Palomino, 7.7.2011
Wir sagen alle "Vielen Dank" an Herrn Christoph Blocher, der mit seinem logischen Denken die Schweiz vor dem Pleite-Euro bewahrt hat. Denn - wie man sieht: Es liegt nicht am Bankgeheimnis, dass der Euro nun Pleite geht.
Michael Palomino, 15.7.2011
In der Krise erkennst du, wie deine "Freunde" wirklich sind. Nur Frau Merkel will es noch nicht merken, was Pleite-Griechenland mit Europa vorhat...
Michael Palomino, 19.7.2011
Im Jahre 2012 kommt die Apokalypse: "US"-Dollar weg, Euro weg, und Japan mit Strahlenbabys aus Fukushima.
Michael Palomino, 29.7.2011
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Die Realität klopft an die Tür
Frankreich am 14.10.2011: Bank Paribas ist nur noch "AA-" - so sagt S&P
aus: Basler Zeitung: S&P stuft Paribas herab; 14.10.2011;
http://bazonline.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/SP-stuft-Paribas-herab/story/18667351
Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die französische Grossbank BNP Paribas (BNP 31.05 -3.72%) herabgestuft. Die langfristigen Geschäftsaussichten von BNP wurden von AA auf AA- herabgesetzt, wie die US-Ratingagentur in Paris mitteilte. Die Aussichten würden wegen des schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds schlechter bewertet, hiess es weiter. Dagegen blieb die Bewertung der vier französischen Banken BPCE, Crédit Agricole, Crédit Mutuel und Société Générale unverändert. Seit dem Sommer haben US-Fondgesellschaften hohe Geldbeträge aus französischen Banken abgezogen. BNP Paribas als grösste französische Bank hält in besonders grossem Umfang italienische Staatsanleihen. (miw/AFP)>Ihre E-Mail wurde abgeschickt.
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Und hier ist eine weitere Wahrheit:
14.10.2011: <Griechenland: Steuerbetrüger schulden Athen 37 Milliarden Euro>
aus: Welt online; 14.10.2011;
http://www.welt.de/wirtschaft/article13661461/Steuerbetrueger-schulden-Athen-37-Milliarden-Euro.html
<Finanzminister Venizelos bezeichnet die Steuerhinterziehung als "nationale Plage". 15.000 Griechen will der Fiskus nun zur Kasse bitten.
Durch säumige Steuerzahler sind dem griechischen Staat nach Angaben von Finanzminister Evangelos Venizelos bisher rund 37 Milliarden Euro an Einnahmen entgangen. „Steuerhinterziehung ist ein nationales Verbrechen, eine nationale Plage“, sagte Venizelos in Athen. Er werde in der kommenden Woche die Namen der säumigen Steuerzahler veröffentlichen, um sie so zur Begleichung ihrer Schulden zu zwingen.
Es sei gelungen, diejenigen ausfindig zu machen, die dem griechischen Staat mehr als eine Million Euro schuldeten. Steuerbeamte würden nun in Zusammenarbeit mit privaten Firmen die Gelder eintreiben. Insgesamt schuldeten 15.000 Einzelpersonen und Firmen dem Fiskus 37 Milliarden Euro, sagte Venizelos. Der größte Teil, 32 Milliarden Euro, entfalle dabei auf Firmen.
Griechen verschärfen Proteste
Der Nahverkehr in Athen ist erneut durch Proteste gegen die Sparmaßnahmen der griechischen Regierung lahmgelegt worden. Am zweiten Tag eines 48-stündigen Streiks blieben Busse, Bahnen und Taxis in den Depots.
Auch Zollbeamte und Anwälte legten ihre Arbeit nieder und wollen mindestens bis Mitte kommender Woche im Ausstand bleiben. Für den 19. und 20. Oktober haben die beiden größten Gewerkschaften einen Generalstreik angekündigt. Dann soll im Parlament über die neuen Sparmaßnahmen abgestimmt werden, deren Umsetzung die Auszahlung der kommenden Tranchen des Griechenland-Hilfspakets garantieren soll.
AnzeigeGriechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos kritisierte die anhaltenden Streiks, in deren Verlauf auch Regierungsgebäude besetzt wurden. In den vergangenen Wochen hätte sich ein Bild der Gesetzlosigkeit ergeben, sagte der Minister im Parlament. Es bestehe jedoch ein Unterschied zwischen dem legitimen Kampf für die Rechte der Menschen und Erpressung. Die Regierung sei bereit, die politische Verantwortung für die unpopulären aber unverzichtbaren Sparmaßnahmen zu übernehmen, sagte er.
Ein Ausscheiden aus der Euro-Zone – wie von verschiedenen Seiten ins Spiel gebracht – nannte Venizelos eine zerstörerische Perspektive. „Ein Austritt aus dem Euro führt zu Armut und in die Wildnis“, sagte er im Parlament und rief die Oppositionsparteien zur Unterstützung des Regierungskurses auf. „Wir haben die Verpflichtung, den Menschen die Wahrheit darüber mitzuteilen, wie gefährlich, ungewiss und unübersichtlich die Situation ist“, sagte er und rief zur Einigkeit auf.
AFP/tat>
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Und hier ist noch eine bittere Wahrheit:
14.10.2011: Pleite-Italien mit Pornostar Berlusconi auf dem Weg zum Untergang - und die EU ist seine Geisel
aus: Welt online: Meinung: Berlusconi-Dämmerung: Italien ist ein grösseres Risiko als Griechenland; 14.10.2011;
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13661527/Italien-ist-ein-groesseres-Risiko-als-Griechenland.html
<Autor: Clemens WerginBerlusconi tanzt mit Italien auf der "Titanic", ein Rücktritt des Regierungschefs wäre überfällig. Aber die Probleme Europas löst das auch nicht.
Das italienische Drama geht weiter, auch wenn Silvio Berlusconi eine akute Regierungskrise mit der gewonnenen Vertrauensabstimmung gerade noch einmal abwenden konnte. Berlusconi ist der Rekordhalter der italienischen Politik. Kein Premier der Nachkriegsgeschichte hat länger regiert als er. Und keiner hatte eine größere Machtfülle.
Das Problem: Als er noch der unangefochtene Herrscher im konservativen Lager war, hat er seine Kraft vertändelt und nichts von den Reformen eingelöst, die er versprochen hatte. Jetzt, da die Zukunft Italiens und auch die der Euro-Zone davon abhängt, dass das unter sklerotischer Reformverweigerung leidende Land endlich sein wahres Potenzial entfesselt und die lange nötigen Strukturveränderungen in Angriff nimmt, fehlt diesem Teilzeit-Premier die Glaubwürdigkeit und die Gefolgschaft, um das Nötige zu tun.
Das Staatsschiff sinkt
Neben ihm gibt es aber weder bei der Rechten noch bei der Linken jemanden, der genug Konsens auf sich vereinigen würde, um eine neue Regierung bilden zu können. Und so verfängt sich die italienische Politik weiter in kleinteiligen taktischen Spielchen, während das Staatsschiff langsam, aber sicher untergeht. Hauptsache, auf der „Titanic“ wird weiter getanzt.
Berlusconi ist längst untragbar für sein Land geworden. Aber wer denkt, Berlusconis Rücktritt löse alle Probleme Italiens, der irrt. Bei der Linken gibt es wenig Einsicht, dass nur eine konsequente Liberalisierungspolitik die Wachstumsschwäche Italiens auflösen kann. Und die Rechte ist immer noch so abhängig von Geld und Medien Berlusconis, dass sie sich schwer auf einen Kronprinzen wird einigen können.
Die Berlusconi-Dämmerung wird also weitergehen. Der Premier hat noch genug Kraft, um seinen Laden zusammenzuzwingen, aber nicht mehr genug, um das Land aus der Krise zu führen. Ganz Euro-Europa wird so zur Geisel einer politischen Klasse, die sich vornehmlich um sich selbst dreht, anstatt die wahren Probleme anzugehen. Italien ist inzwischen ein größeres Risiko für Europa als das kleine Griechenland.>
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14.10.2011: Journalisten in Pleite-Griechenland rufen den "Kampf ums Überleben" aus - Verstaatlichung der Medien ist Journalisten-Zensur
aus: Der Standard online: Pressefreiheit: Griechische Agenturjournalisten rufen Kampf ums Überleben aus; 15.10.2011;
http://derstandard.at/1318461326849/Pressefreiheit-Griechische-Agenturjournalisten-rufen-Kampf-ums-Ueberleben-aus
<Agentur und Fernsehsender werden in die öffentliche Verwaltung übergeführt.=====Athen - In dramatischen Worten hat die Belegschaft der staatlichen griechischen Nachrichtenagentur ANA-MPA gegen eine geplante Reorganisation durch die sozialistische Regierung protestiert. Die Zuordnung der Agentur zu anderen öffentlich-rechtlichen Organisationen komme einer "Zerstörung der Pressefreiheit in der Nachrichtenagentur" gleich. "Zum ersten Mal seit Jahrzehnten wird der Journalismus einer strengen Kontrolle des Staates unterstellt", heißt es in einem am Freitag der APA übermittelten Protestschreiben.
Die Belegschaft befinde sich in einem "Kampf um das schiere Überleben der nationalen Nachrichtenagentur". Die Maßnahme habe eine Abschaffung des Kollektivvertrags zur Folge, wobei die Gehälter bereits um 40 Prozent gekürzt worden seien. Eine weitere Kürzung sei geplant, ebenso wie "Massenentlassungen". Betroffen sei nicht nur die Nachrichtenagentur, sondern alle öffentlich-rechtlichen Medien des Landes, darunter der Fernsehsender ERT.
Unterstützung für die Anliegen der griechischen Journalisten kam von der Europäischen Journalistenföderation (EFJ). "Journalisten sind keine Beamten", heißt es pointiert zu den Athener Regierungsplänen. Journalisten hätten vielmehr gerade die Aufgabe, in politischer und wirtschaftlicher Sicht unabhängig von der Regierung zu sein, sagte EFJ-Präsident Arne König. "Es wäre ein sehr schlechtes Signal für die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit von Journalisten, wenn ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union die Journalisten mit dem Rest des öffentlichen Sektors zusammenführt." (APA)>
15.10.2011: Demonstration in Berlin und brutale Polizeigewalt mit Finger brechen und Tritten auch in Frauenbrüste
http://www.youtube.com/watch?v=b-NbB7WMxbk&feature=share
15.10.2011: Polizisten in Berlin klauen die Iso-Matte einer Demonstrantin
http://www.youtube.com/watch?v=Xa1OeYnGH1Q
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Der Euro am 16.10.2011:
16.10.2011: Pleite-EU plant 50%-Schuldenschnitt für Pleite-Griechenland - mit Deutsche-Bank-Chef Ackermann
aus: n-tv online: Griechenlands Schulden halbieren: Ackermann verhandelt mit; 16.10.2011;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Ackermann-verhandelt-mit-article4540376.html
<Ein großer Schuldenschnitt in Athen nimmt immer konkretere Züge an. Als Vertreter der Bankenbranche verhandelt laut einem Zeitungsbericht Deutsche-Bank-Chef Ackermann mit an einem Schuldenerlass von bis zu 50 Prozent. Auch Finanzminister Schäuble bringt das Thema erneut aufs Tablett. Er will Ende der Woche auf dem EU-Gipfel Fakten liefern.
Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, ist laut "Bild" zentral an Verhandlungen über einen Schuldenschnitt für Griechenland beteiligt. Dabei gehe es laut Finanz- und Regierungskreisen um einen Erlass von bis zu 50 Prozent der griechischen Schulden, den die privaten Banken formal freiwillig leisten sollen. Ob dies bis Ende dieser Woche zustande komme, sei sehr fraglich.Ackermann ist Vorsitzender des Internationalen Bankenverbandes (IIF) und damit eine weltweit zentrale Stimme der Branche. Ein Sprecher der Deutschen Bank wollte sich zu dem Bericht nicht äußern.
Schäuble macht Dampf
Die Zeit für eine Lösung drängt: Auf dem G20-Gipfel der Finanzchefs in Paris hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auch auf Druck der Schwellenländer ein umfassendes Paket als Lösung der Schuldenkrise bis zum 23. Oktober in Aussicht gestellt. Dass es dabei wohl auch um einen Schuldenschnitt gehen dürfte, geht aus Äußerungen Schäubles am Sonntagabend in der ARD hervor. Dort machte er sich erneut für einen Schuldenschnitt stark. Eine dauerhafte Lösung für Griechenland werde "ohne eine Reduzierung der griechischen Gesamtverschuldung nicht gehen", sagte er. Diese solle Teil eines Gesamtpaketes sein, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf ihrem Gipfeltreffen in der kommenden Woche verabschieden sollten.
Schon zuvor hatten sich die Hinweise auf eine harte Umschuldung Griechenlands verdichtet. Vor einigen Tagen hieß es aus Finanz- und Verhandlungskreisen, in der Eurogruppe würden Szenarien für einen Schuldenschnitt von bis zu 60 Prozent durchgespielt. Gläubiger Griechenlands müssten dann auf diesen Anteil ihrer Forderungen verzichten. Als problematisch gilt die Auswirkung eines solchen Schritts auf die europäischen Banken.
Ungeliebte Kapitalspritzen
Noch vor wenigen Tagen hatte Ackermann die Debatte um eine Rekapitalisierung von Geldhäusern als kontraproduktiv bezeichnet. Sie sende an die Märkte das Signal, dass ein Schuldenschnitt Griechenlands immer wahrscheinlicher werde.
Einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge sieht der Chef der Deutschen Bank eine mögliche Aufstockung des Euro-Rettungsschirms skeptisch. Ackermann habe auf einem Kongress seiner Bank gesagt: "Rettungsschirme mögen aus Sicht von Investoren ganz richtig sein, aber damit ist das Problem an sich nicht gelöst". Er setzt dagegen auf staatliche Haushaltskonsolidierung.
nne/dpa>
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16.10.2011: Ackermann und "wissenschaftliche Dienste" sagen klar: Die Ausweitung des Rettungsschirms ist rechtswidrig
aus: n-tv online: Bankchef: Ausweitung rechtswidrig: Ackermann misstraut Krisenschirm; 16.10.2011;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Ackermann-misstraut-Krisenschirm-article4537441.html
<Josef Ackermann sieht die Regierungen bei der Euro-Krisenbewältigung auf dem Holzweg. Eine Ausweitung des Rettungsschirmes sei rechtswidrig, erklärt der Chef der Deutschen Bank. Auch die Wissenschaftlichen Dienste äußern juristische Bedenken. Außenminister Westerwelle verwehrt sich unterdessen gegen die Kritik der USA an den Euro-Ländern.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hält eine massive Ausdehnung des Euro-Rettungsschirms für rechtswidrig. Mit Rettungsschirmen sei das Problem der Eurokrise "an sich nicht gelöst", sagte Ackermann einem Bericht der "Bild"-Zeitung zufolge auf einem Kongress der Deutschen Bank. "Wir können uns Rettungsschirme in dieser Größenordnung gar nicht erlauben", sagte er demnach. "Das werden die Gerichte, aber auch die Bevölkerungen an sich nicht zulassen."Ackermann forderte daher von den Ländern der Eurozone eine schrittweise Haushaltskonsolidierung zur Bewältigung der Krise. Zudem sprach er sich für eine Reform der europäischen Verfassung aus. "Ich glaube, wir kommen nicht darum herum, eine wesentlich intensivere politische und wirtschaftlichere Integration zu schaffen", meinte er laut Bericht. Dies erfordere aber auch verfassungsrechtliche Veränderungen. "Wenn wir mehr Kompetenzen nach Brüssel delegieren wollen, müssen wir über Verfassungsänderungen nachdenken", sagte er.
Mit der Vermutung rechtlicher Schwierigkeiten mit dem Rettungsfonds ist Ackermann nicht allein. Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste im Parlament kommt laut "Spiegel" zu dem Ergebnis, dass das von der Koalition geplante Sondergremium des Bundestages zum EFSF die Rechte der Abgeordneten beschneidet und deshalb womöglich gegen das Grundgesetz verstößt. Es sei fraglich, ob die Regelungen bei einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht Bestand hätten, heißt es in der Expertise, die der SPD-Abgeordnete Swen Schulz in Auftrag gegeben hat. Schulz erwägt nun den Gang nach Karlsruhe.
DIW: Schuldenschnitt billiger
Befeuert wird die Debatte um einen Ausstieg aus der bisherigen Rettungslogik auch von Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Nach Untersuchung der Wirtschaftsforscher im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ist ein harter Schuldenschnitt für Griechenland billiger als immer neue Rettungsrunden. Das Ergebnis gelte auch dann, wenn die Staaten infolge der Griechen-Umschuldung ihren Banken mit Milliarden helfen müssten.
Weitermachen wie bisher kostet Deutschland nach den Berechnungen 49 Mrd. Euro bis 2020. Ein Schuldenschnitt für Griechenland von 60 Prozent hingegen koste bis 2020 nur 45,9 Mrd. Euro und damit rund 3 Mrd. weniger, schreibt das Blatt. Dabei seien die Forscher davon ausgegangen, dass infolge des Schuldenschnitts eine Bankenrettung mit einem deutschen Anteil von 10 Mrd. Euro notwendig werde und sie hätten angenommen, dass Griechenland sich nach fünf Jahren wieder erholt habe und an den Kapitalmarkt zurückkehren könne.
Westerwelle verbittet sich US-Kritik
Außenminister Guido Westerwelle stieß ins selbe Horn. Eine Schuldenkrise könne nicht dadurch gelöst werden, dass noch höhere Schulden gemacht würden, meinte er in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung. Daher lehne er auch die Einführung von Eurobonds ab. Um eine erneute Krise zu vermeiden, müsse sich Europa zu einer Stabilitätsunion entwickeln. Gleichzeitig seien harte Sanktionen gegen Staaten nötig, die dauerhaft nicht solide wirtschafteten.
Kritik aus den USA an der europäischen Sparpolitik wies Westerwelle in dem Blatt scharf zurück. "Die Ursache der derzeitigen Krise sind zu viel Staatsschulden in Europa, aber auch weltweit", sagte er. "Deshalb kann ich manche kritische Bemerkung von unseren amerikanischen Freunden an unserer Politik des Schuldenabbaus nicht nachvollziehen."
Zuletzt hatten die USA harsche Kritik an den Euro-Ländern wegen ihres Vorgehens im Kampf gegen die Schuldenkrise geübt. US-Präsident Barack Obama warf den Staats- und Regierungschefs zu langsames Handeln vor. Beim G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs in Paris stieg nun der Druck erneut, eine Lösung für die Krise zu finden.
AFP/dpa/rts>
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16.10.2011: Angeblich "erste Resultate" in Pleite-Italien gegen die zunehmende Verschuldung
aus: Tagesanzeiger online: Gute Nachrichten für Berlusconi; 16.10.2011;
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Gute-Nachrichten-fr-Berlusconi/story/12611458
Die Inflation ist inzwischen jedoch weiter angestiegen. Gemäss dem italienischen Statistikamt sind die Preise im September auf Jahresbasis um 3 Prozent nach oben geklettert. Dabei wuchsen vor allem die Ausgaben für Treibstoff und Strom ( 5,2 Prozent), Spirituosen und Tabak ( 3,8 Prozent) sowie für Freizeit und Kultur ( 1,4 Prozent).
Konsumentenschutzverbände warnen vor der akuten Gefahr einer Stagflation in Italien. «Die Preise steigen, aber die Wirtschaft stagniert», betonte ein Konsumentenschutzverband. Der Verband befürchtet ein weiteres Inflationswachstum im Oktober, da erst in diesem Monat die Auswirkungen der erhöhten Mehrwertsteuer spürbar sein werden. Die italienische Regierung hatte im September die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent erhöht, um die leeren Staatskassen aufzufüllen. (jak/sda)>
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16.10.2011: Diese EU funktioniert nicht - es braucht ein neues System mit "Kerneuropäern"
aus: Welt online: Kontinent in der Krise: Die Europäische Union ist eine missglückte Maschine; 16.10.2011;
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13653976/Die-Europaeische-Union-ist-eine-missglueckte-Maschine.html
<So geht das nicht weiter: Die Kerneuropäer müssen Europa zerlegen und nach einem – diesmal durchdachten – politisch-ökonomischen Plan wieder zusammensetzen.
Von Herbert Kremp
Es wird Zeit, die Barometer zu zerschlagen. Ratingagenturen , die Avantgarde der Märkte, jagen Politiker vor sich her, dass die Rockschöße des Rettungskostüms nur so fliegen. Das Staatspersonal kann tun und lassen, was es will, Insolvenz in Resolvenz verwandeln, Banken gegen alle Versprechen erneut mit Steuergeldern stützen, von Krisenländern aufgekaufte unwerte Staatsanleihen als „Sicherheiten“ für Kredite bei der Europäischen Zentralbank hinterlegen, um Geld zu hebeln – nichts besänftigt die internationalen Wächter. Haben sie etwa recht? Tatsächlich: Die Staatsschuldenkrise türmt sich zur Finanzkrise des Euro-Raums .
Das Trommelfeuer der Abstufungen – Italien, Spanien, britische, portugiesische, belgisch-französische Banken innerhalb weniger Tage – erschüttert das Vertrauen und versetzt die um Stabilisierung ringenden Regierungen in ohnmächtige Wut.
Sie drohen die Bataille zu verlieren, denn die Marktkräfte und ihre Agenten operieren in der Tiefe des Nervensystems und verstören das Great European Game. Hatten die Staaten während der US-Finanzkrise noch martialisch erklärt, sie würden dem wüsten Treiben der Märkte ein Ende setzen, sehen sie sich nun von ebendiesen Märkten eingekesselt und einem peripheren Angriff nach dem anderen ausgesetzt.
Weit mehr Geld ist nötig
Je mehr sie aber gehetzt werden, desto weniger Zeit und Überlegung bleiben ihnen, den unausweichlichen griechischen Schuldenschnitt mit finanziellem und reformerisch-verfassungsmäßigem Flankenschutz auszustatten. Um die Folgen der Athener Anabasis zum Schuldenturm zu mildern, die eigenen Banken zu sichern und die Auszehrung der Staatsetats durch eventuelle italienische und spanische, vielleicht sogar belgische Großpleiten zu verhindern, brauchen die Einsatzkräfte weit mehr Geld als die Garantiegröße von 440 Milliarden Euro der EFSF .
Die Amerikaner sprechen von einer „trillion plus dollar bazooka“, einer Waffe im mehrfachen Billionenbereich, zur Rettung von Wirtschaften und Finanzen. Diese Rechnung mag am Ende stimmen, aber Mittel dieser Größenordnung bringen die Euro-Staaten nicht auf. Ihre Zentralbank ist anders verfasst als die amerikanische Fed.
Die Politik verteilt semantischen Baldrian
Die Politik eilte von Konferenz zu Konferenz und verteilte semantischen Baldrian. Auf dem noch einmal verschobenen Gipfel steht sie vor Entscheidung oder Abgrund. Wenn Wirtschaftsminister Rösler in Griechenland von Investitionen spricht, erzählt er ein Märchen, von dem alle hoffen mögen, es werde wahr.
Die Uhren der Krise und der Chancen laufen aber leider nicht synchron. Bevor die Hellenen in großem Stil Sonne einfangen und als Strom vermarkten können, vergehen zehn bis 20 Jahre (Leitungsbau). Die Geldgeber werden sich das überlegen.
Wenn Angela Merkel die niederländische Idee aufgreift, ein Euro-Kommissarregime für „Durchgriffe“ auf Etats von Problemländern zu schaffen, Westerwelle in ähnlicher Weise die Haushaltssouveränität von „Sündern“ einschränken will, läuft das auf langwierige ministeriell-juristische Beschäftigungsprogramme hinaus: Vor solchen Griffen stehen unsichere Prozesse der Vertragsänderungen und Referenden.
Unwillen in der Öffentlichkeit
Dass die Euro-Staaten mit Risiken hantieren, die es früher nicht gab, stößt in der Öffentlichkeit auf Unwillen, der sich angesichts der schwierigen Materie nicht sachgerecht artikulieren kann. Noch werden die Renten bezahlt, Löhne und Gehälter erhöht, und die Deutschen sind „mitten in der schwersten Krise der Nachkriegszeit“ (Merkel und andere) gemäß demoskopischem Befund ganz glücklich. Umfragen zeigen kommode Resultate – es gibt in der Bundesrepublik keine Anti-Euro-Partei.
Wer aufbegehrt, wird niedergemacht. Er ist kein Europäer, sondern Nationalist. Man kann das vom Philosophen Hegel ableiten, der sich mit der Definition des Staates als Vernunftwesen nachhaltiges Ansehen erwarb. Der Staat muss ja recht haben, er hat Recht und Kredit. Darüber verblasst, dass die europäischen Schuldner längst mächtiger sind als ihre Geber und Gönner und dass der Vorwurf gegen die Deutschen, sie exportierten wie die Tollen und gewönnen jeden Wettbewerb mit den lokalen Produzenten, vom Schatten zur Gestalt aufwächst. Täuschen wir uns nicht: Mit der Krise (und der Nähe) kommt der Neid.
Selbstrettungsaktion der Helfer
Aus der Rettungsaktion für andere wird nun „alternativlos“ eine Selbstrettungsaktion der Helfer. Schon rumort die Furcht, alle teuren Therapien könnten nichts nützen, die Kontrolle des Geschehens über Nacht verloren gehen, der Geldkreislauf versagen.
Aber noch scheut man die Diagnose, dass die EU , wie sie in Überfluss- und Sonnenzeiten in Leichtbauweise errichtet wurde, für Krisen nicht geeignet ist. Die Union hat ein Schicksal und 27 verschiedene Entitäten, worunter Nationalsouveränitäten, Wesensarten und Wirtschaftsweisen zu verstehen sind, die sich nicht nach Backstubenart formen lassen.
Ihnen gilt kein historischer Blick. Die kalte Methode, sie für gleichmachbar zu halten, lässt manchmal die Erinnerung an den Ostblockrat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW oder Comecon) wach werden. Natürlich will die Integrationspolitik, sofern sie nicht schon in Neoprotektionismus umkippt, nur das Allerbeste. Aber sie begreift nicht, dass die „Integration“ unvereinbarer Staatsentitäten die Mutter aller Krisen ist.
Maschinenteile passen nicht zusammen
Die Maschinenteile passen nicht zusammen, und da kommen welche daher und sagen, das Räderwerk müsse sich aber fügen. Wer wundert sich über den Stolperstein Slowakei ? Griechenland hat 360 Milliarden Euro Schulden aufgehäuft (einen Großteil in der Euro-Zeit) und weiß als Klientelstaat nicht, was energische Sparpolitik heißt. Hellas steht für andere. Das heißt aber, dass Integration die Grundfehler der Unionsverträge multipliziert.
Und daraus folgt: Die Kerneuropäer müssen, um Europas willen, die missglückte Maschine zerlegen und nach einem diesmal durchdachten politisch-ökonomischen Konstruktionsplan wieder zusammensetzen. Geht das? Kann man auf hoher See ein Schiff bauen? Und wie müssten Politiker beschaffen sein, die so etwas zuwege brächten?>
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16.10.2011: Pleite-Italien häufig mit Monatslöhnen von 600 bis 700 Euro - eine ganze Generation geht verloren
aus: Welt online: Verlorene Generation: Italiener haben die Wahl – Ausland oder Hotel Mama; 16.10.2011;
http://www.welt.de/politik/ausland/article13663841/Italiener-haben-die-Wahl-Ausland-oder-Hotel-Mama.html
<Egal ob Ingenieur oder Top-Wissenschaftler: In Italien gibt es oft nur befristete Jobs. Die Monatsgehälter liegen häufig bei 600 oder 700 Euro.
Von Andrea Affaticati
"Ich würde Mama und ihre Melanzane alla parmigiana zu sehr vermissen." "Aber was willst du noch in Italien?" Gustav will, dass Luca endlich Ja sagt, mit ihm nach Berlin zieht. Gustav ist 35, Luca 40, seit zwölf Jahren sind sie ein Paar, "und seit zwölf Jahren liegt mir Gustav mit seinen Ausreisefantasien in den Ohren", klagt Luca.
Gustav Hofer ist Südtiroler, Luca Ragazzi Römer, von Beruf sind beide Regisseure. Bekannt wurden sie 2008 auf der Berlinale mit ihrem preisgekrönten Dokumentarfilm "Suddenly, Last Winter". Der handelte von einem Schwulenpaar in Italien und den noch immer grassierenden Vorurteilen.
Auch ihr neuer Film, "Italy, Love it or Leave it", der Anfang September beim Mailänder Filmfestival uraufgeführt wurde (auf Arte läuft er am 20. November), beschäftigt sich mit einem aktuellen Thema: warum dem Land die klügsten Köpfe davonlaufen.
Das Timing war perfekt: In den vergangenen zehn Jahren sind 600.000 Jugendliche mit Hochschulabschluss ausgewandert, und viele andere sind bereits beim Packen.
Zwei Jahre lang war er auf Arbeitssuche
Alessandro Meliadò ist schon lange weg. Der 32-jährige Bauingenieur arbeitet in Algerien, an einem Eisenbahnprojekt am Rande der Wüste. Er kommt aus Reggio Calabria, hat dort auch studiert. Zwei Jahre lang war er auf Arbeitssuche, bevor er seine aktuelle Stelle bekam. "Ich hab mich auf Dutzende von Annoncen beworben und nicht einmal eine Antwort bekommen."
In Reggio hat Alessandro eine Freundin, mit ihr würde er gerne eine Familie gründen. "Doch vorher muss ich etwas aufbauen, und das geht in Italie n nicht. Bei uns kann man jahrelang ein Praktikum nach dem anderen absolvieren – oft auch ohne Entlohnung, denn einige Arbeitgeber meinen, die Zeit, die sie für unsere Ausbildung opfern, wäre doch auch Geld wert."
Alessandro kommt nur alle paar Monate mal nach Hause. Wenn man ihm zuhört, fühlt man sich an die süditalienischen Gastarbeiter der 50er-Jahre erinnert. "Stimmt", sagt Alessandro, "mit dem einzigen Unterschied, dass Italien damals Arbeitskraft exportierte und heute ‚cervelli‘, Intellekte."
"Ich wollte aber nicht in Italien bleiben"
Sein Jugendfreund Antonio Talia, auch aus Reggio, sieht die Lage genauso. "Es ist wie im ‚Hotel California‘: Man weiß, wann man eincheckt, aber nicht, wann man auscheckt", sagt der 33-Jährige. Er selbst ist nach der Journalistenschule in Peking gelandet, ohne ein Wort Chinesisch zu können.
"Ich wollte aber nicht in Italien bleiben. Bei einer Zeitung eine Festanstellung zu bekommen gleicht einem Lottogewinn. Die anderen, die freien Mitarbeiter, müssen sich mit 25 Euro pro Artikel abfinden, wenn es gut geht. Manche werden überhaupt nicht bezahlt." Antonio hat von Peking aus Kontakt zu einer italienischen Nachrichtenagentur aufgenommen und darf nun für sie arbeiten.
Wie schwierig die Lage für junge Italiener ist, hat auch der letzte OSZE -Bericht in Zahlen zusammengefasst: 29 Prozent sind arbeitslos, und mehr als 44 Prozent haben eine prekäre Anstellung. Aber eigentlich genügen die Annoncen in den Zeitungen, um sich ein Bild zu machen.
In einer wöchentlich erscheinenden Beilage des "Corriere della Sera", die Jugendlichen die Arbeitssuche erleichtern sollte, wurden kürzlich "2700 und mehr Angebote für die Wintersaison" inseriert. Hörte sich gut an, beim Weiterlesen erfuhr man aber, dass es sich dabei um Animateur-Posten in Ferienklubs rund um die Welt handelte – auf drei Monate befristet und bei einem Monatsgehalt von 450 Euro.
"Geht ja nicht anders, mit 700 Euro im Monat"
"Na ja, wenn’s am Ende nicht anders geht, schnappt man sich auch so einen Job", sagt Elena Moreni, die mit ihren 28 Jahren einen Bachelor-Abschluss in Fremdsprachen und Volkswirtschaft in der Tasche hat. Seit zwei Jahren arbeitet sie als Assistentin in der Chefetage eines multinationalen Konzerns. Sie beherrscht drei Sprachen, kennt sich mit Bilanzen aus und wird von ihrem Chef sehr geschätzt.
Trotzdem wird sie im Januar auf der Straße stehen. "Dreimal haben sie mir den Vertrag schon erneuert. Der erste, ein Ganztagsjob, war auf ein Jahr befristet, die anderen zwei auf sechs Monate und nur noch für Teilzeit; und der neue auf drei", erzählt sie. "Mehr geht nicht, sonst wären sie verpflichtet, mich fest anzustellen."
Elena lebt noch bei ihren Eltern. "Geht ja nicht anders, mit 700 Euro im Monat." Ministerpräsident Silvio Berlusconi riet einst einer jungen Frau, die ihn fragte, wie sie aus ihrer prekären Arbeitslage herauskommen und eine Familie gründen könnte: "Heiraten Sie einen meiner Söhne oder einen genauso gut situierten Mann."
Den meisten ist nicht zum Lachen
Das sollte ein Scherz sein, aber den meisten ist nicht zum Lachen, zu düster sind die Aussichten. Die Römerin Michela Sorati hat Statistik studiert und sich auf Marktanalysen spezialisiert, im März hat sie zudem promoviert. Es hätte also nicht allzu schwer sein dürfen für die 25-Jährige, entweder in der Marketingabteilung eines Unternehmens oder bei einer Bank unterzukommen.
Doch ein einziges Bewerbungsgespräch bei einem Kreditinstitut habe ihr die Augen geöffnet: "Da waren noch andere Kandidaten, einige auch deutlich älter als ich, die sich seit Jahren alle drei, sechs Monate um einen neuen Posten bewerben müssen, und das für schäbige 400, 600 Euro Gehalt."
Für Sorati war diese Perspektive zu demütigend, im Juli ist sie deshalb nach London gezogen. Im Moment ist sie dort noch arbeitslos. "Aber etwas mit angemessenen Aufstiegschancen und entsprechendem Gehalt findet sich sicher hier. Wir Jungen haben ja schließlich auch ein Recht auf Zukunft."
"600 Euro – von neun Uhr morgens bis abends halb neun"
Francesco Casati spielt ebenfalls mit dem Gedanken wegzuziehen. Der 25-Jährige macht gerade ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei in Rom. "Von neun Uhr morgens bis abends halb neun, und dafür bekomme ich 600 Euro im Monat. Sicher, im Vergleich zu den 200 Euro, die ich in einer anderen Kanzlei bekommen habe, ist das schon ein Fortschritt."
In einem Jahr, nach dem Staatsexamen, wären es dann sogar 1200 Euro. "Im ‚Hotel Mama‘ müsste ich aber trotzdem bleiben. Nichts gegen meine Mutter, die herzensgut ist, doch mit 25, 26 ist man schon ein Mann, da müsste man eigentlich für sich selber sorgen können. Und nicht nur, wenn man bei ,Big Brother‘ oder irgendeiner anderen Realityshow gewonnen hat."
Dabei fühlen sich nicht nur gut Ausgebildete und Akademiker von Staat, Forschung und Wirtschaft ausgebremst. Selbst die Top-Elite des Landes, die international in der ersten Liga mitspielt, hat daheim kaum eine Chance. Mattia Boeri kann ein Lied davon singen.
Der 30-Jährige forscht am Mailänder Istituto dei Tumori und macht gleichzeitig seinen Doktor an der London Open University. Zusammen mit seiner Teamleiterin und einem Professor hat er vor Kurzem ein wichtiges Patent angemeldet: Anhand einer einfachen Blutprobe soll es nun bei starken Rauchern über 50 möglich sein, das Risiko einer Lungenkrebserkrankung in den darauffolgenden 24 Monaten zu erkennen.
Auf fünf Stellen mindestens 200 Bewerber
Doch obwohl die Entdeckung für großes Aufsehen sorgte, hat sie Mattia weder eine Karriere noch ein angemessenes Gehalt verschafft. Er arbeitet als Stipendiat, der Vertrag wird von Jahr zu Jahr erneuert. Monatlich verdient er 1200 Euro.
"Aber es geht mir gar nicht so um das Geld, sondern um die Perspektiven: Das mit dem Stipendium kann noch jahrelang dauern, nur alle zehn Jahre gibt es eine öffentliche Ausschreibung, bei der sich auf fünf Stellen mindestens 200 Leute bewerben."
Mattia hadert mit sich, denn einerseits möchte er in Italien bleiben, aber andererseits sieht er, wie viel leichter es sein Studienfreund Luca Bartesaghi als Doktorand an der Universität im schweizerischen Lausanne hat.
"Der Staat gibt Tausende von Euro für unsere Ausbildung aus"
"Das Negative ist ja nicht, dass viele von uns Erfahrungen im Ausland machen", sagt Luca, "sondern dass die meisten nicht mehr zurückkommen. Dabei sind wir im Durchschnitt sogar besser vorbereitet als ausländische Kollegen."
Der 30-Jährige verweist auf einen kürzlich erschienenen Artikel über ein Labor für Krebsforschung an der Columbia University in New York – da seien von zehn Forschern sieben Italiener. "Der Staat gibt Tausende von Euro für unsere Ausbildung aus", empört sich Luca.
"Aber es ist, als würde er das Geld aus dem Fenster werfen, denn für Forschung und Entwicklung investiert er gerade 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, damit gehören wir zu den Schlusslichtern unter den entwickelten Ländern."
Es ist also nicht so, dass die menschlichen Ressourcen fehlen, sondern wie es der Modemacher Ennio Capasa auf den Punkt gebracht hat: "Italien produziert noch immer hochwertige Qualität, doch das Land weiß damit nichts anzufangen. Also spuckt es sie aus.">
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Die Realität klopft an die Tür:
17.10.2011: Frankreich droht die Bewertung "AAA" zu verlieren - und dann könnte die Euro-Zone an Frankreich zerbrechen
aus: Welt online: DIW-Warnung: Euro-Zone könnte an Frankreich zerbrechen; 17.10.2011;
<Ökonomen befürchten, dass Ratingagenturen Frankreich seine Bestnote entziehen könnten. Eine solche Herabstufung hätte dramatische Folgen.
Französische Euromünze in einer Zange: Das Land ist wegen seiner hohen Schulden ins Visier der Ratingagenturen geraten.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone an die Wand gemalt, sollte Frankreich sein Top-Rating verlieren. Ansgar Belke, DIW-Forschungsdirektor für Internationale Makroökonomie, begründete dies bei „Handelsblatt Online“ mit der Bedeutung Frankreichs für den Euro-Rettungsschirm EFSF.
Das Land stehe mit der zweithöchsten Garantiesumme gerade. Ein Verlust des AAA-Ratings könne daher „eine tragende Säule des Euro-Rettungsschirms ins Wanken bringen“, sagte Belke. Folglich würde sich hierdurch im Extremfall auch „die Wahrscheinlichkeit für das Auseinanderbrechen der Eurozone erhöhen“.
Die Möglichkeit einer Herabstufung ist Experten zufolge ganz klar gegeben: Die Chefvolkswirte von Commerzbank und Barclays Capital Deutschland, Jörg Krämer und Thorsten Polleit, rechnen damit, dass Frankreich seine Top-Kreditwürdigkeit verlieren wird. „Ein neues Rettungspaket für die Schuldenländer im Süden der Währungsunion wird auch die französischen Staatsfinanzen belasten“, sagte Krämer „Handelsblatt Online“.
Er sehe daher die Gefahr, dass die Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonitätsnote Frankreichs bereits in den kommenden Wochen mit einem negativen Ausblick versieht. Auch für Barclays-Chefökonom Polleit ist die Gefahr, dass Frankreich sein AAA-Rating verliert, nicht von der Hand zu weisen.
Anzeige„Die Probleme der heimischen Banken können zu massiven zusätzlichen Belastungen für die Finanzlage des französischen Staates werden“, sagte Polleit dem Onlinepotal. Und die Haushaltslage der Franzosen sei bereits alles andere als vertrauenserweckend.
Auch die französische Bankenlandschaft steht unter Druck. Standard & Poor's hatte am Wochenende die Kreditwürdigkeit der Großbank BNP Paribas um eine Stufe von "AA" auf "AA-" gesenkt. "Wir sehen schwächere wirtschaftliche Aussichten für Europa", begründete die einflussreichste aller Ratingagenturen in Paris den Schritt. "Wir erwarten wegen dieses schwierigeren wirtschaftlichen Umfelds geringere Gewinne und höhere Refinanzierungskosten." Die Bewertung der anderen vier französischen Großbanken BPCE, Crédit Agricole, Crédit Mutuel und Société Générale blieb unverändert.
dapd/cat>Kommentar
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Euro - weg damit, so schnell wie möglich. Aber irgendwie fehlt da noch der Massenprotest von 100.000en wie damals gegen die Nachrüstung. Leute, auf die Strasse mit der klaren Forderung: DM her!
Michael Palomino, 17.10.2011
17.10.2011: Pleite-Griechenland glänzt mit einer Streikwelle und Protestwelle statt zu arbeiten
aus: Der Standard online: Athen: Griechenland vor Streik- und Protest-Marathon; 17.10.2011;
http://derstandard.at/1318726047464/Athen-Griechland-vor-Streik--und-Protest-Marathon
<Griechische Jugendliche protestieren am Samstag gegen das Finanzsystem.
Ministerpräsident Papandreou: "Es ist die kritischste Woche für Europa und Griechenland" - Beim EU-Gipfel am 23. Oktober soll mehr ans Licht kommen=====Athen - In Griechenland hat eine Woche voller Streiks und Protesten gegen den Sparkurs der Regierung begonnen. Paralell zittern die Griechen vor den anstehenden Entscheidungen der anderen Partner im Euroland. Erhofft wird eine dauerhafte Lösung des griechischen Finanzdramas beim EU-Gipfel am 23. Oktober. "Es ist die kritischste Woche für Europa und Griechenland", sagte der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou nach einem Treffen mit dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias am Montag. Das Land brauche jetzt Eintracht, hieß es.
Am Montag begannen griechische Arbeitnehmer mit massiven Streiks, die im Laufe der Woche noch ausgeweitet werden sollen. Zwischen Piräus und den Ägäis-Inseln gab es keine Fährverbindung. Probleme werde es auch im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien geben, kündigte die Seeleute-Gewerkschaft Pemen an. Mitte der Woche könnte der Luftverkehr des Landes erneut zusammenbrechen.
Militär könnte Müllentsorgung übernehmen
Die Müllabfuhr streikte den zehnten Tag infolge: Müll lag in fast allen Stadtteilen Athens, obwohl die Regierung Privatunternehmen damit beauftragt hatte, die Müllberge zu beseitigen. Aufgebrachte Streikende attackierten einen privaten Müllabfuhrwagen mit einer Brandflasche. Der Fahrer konnte sich retten, wie das Fernsehen berichtete. Athens Bürgermeister Giorgos Kaminis schlug vor, dass das Militär die Müllabfuhr übernehmen könne. Die Streikenden protestieren gegen geplante Kürzungen ihrer Gehälter sowie gegen Entlassungen. Ärzte der staatlichen Versicherung (IKA) streikten am Montag ebenso wie Beamte des Finanzministeriums und der Steuerämter sowie Zöllner.
Die Lage soll sich in den kommenden Tagen verschärfen: Für Mittwoch und Donnerstag haben die beiden größten Gewerkschaftsverbände des staatlichen und privaten Bereichs (GSEE und ADEDY) zu massiven Streiks aufgerufen. Dann soll der Flugverkehr zusammenbrechen. Die Fluglotsen wollen am Dienstag bekanntgeben, ob der griechische Luftraum am Mittwoch und Donnerstag vollständig oder nur für einige Stunden geschlossen wird. Die Bus- und U-Bahnfahrer sowie die Taxieigner wollen ab Mittwochmorgen für 48 Stunden streiken. Am Dienstag soll es keine Nachrichten geben, weil die Journalisten die Arbeit für 24 Stunden niederlegen wollen.
Gesetzesabstimmung über Beamten-Entlassungen
Am Donnerstag will das Parlament in Athen ein neues Gesetz billigen, mit dem erstmals seit 100 Jahren Entlassungen von Staatsbediensteten ermöglicht werden sollen. Zudem sollen die Löhne und Gehälter von Beamten und anderen Staatsbediensteten um weitere 20 Prozent gekürzt und weitere Steuern erhoben werden. Die regierenden Sozialisten verfügen über eine knappe Mehrheit von 154 Abgeordneten im 300-köpfigen Parlament.
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos wollte am Dienstag dem Parlament eine Liste mit Steuersündern vorlegen, die dem griechischen Staat mehr als eine Million Euro schulden. Aus Datenschutzgründen soll diese Liste vorerst nicht öffentlich bekannt gemacht werden. Nur Abgeordnete sollen Einsicht auf die Liste haben. Mit der Veröffentlichung der Liste wird nach Informationen aus Kreisen des Finanzministeriums möglicherweise in den nächsten zwei Wochen gerechnet. Zunächst sollte den Steuersündern eine "logische Frist" gegeben werden, ihre Schulden zu begleichen, damit ihr Name nicht griechenlandweit bekannt wird, hieß es. (APA)>
16.6.2009: Die EU-Profiteure der Agrarsubventionen sind die Konzerne, nicht die Landwirte
aus: Die Rundschau: Subventionen: EU-Profiteure stehen jetzt im Internet;
http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1238775233914.shtml
Von Markus Grabitz, 16.06.09, 21:55h
<Wer die größten Profiteure der EU-Agrarsubventionen sind steht jetzt im internet. Die Liste zeigt: Nicht die Bauern erhalten die meisten Gelder, sondern die Lebensmittelkonzerne. Spitzenreiter ist der Mannheimer Konzern Südzucker AG.
BERLIN - Seit gestern ist es öffentlich: Im Internet steht, wer die größten Profiteure von EU-Agrarsubventionen sind. Die Liste belegt: Nicht Bauern, sondern vor allem Lebensmittelkonzerne erhalten am meisten. Der Mannheimer Konzern Südzucker AG ist bundesweit Spitzenreiter, was das Kassieren von Agrarsubventionen angeht: Vom Herbst 2007 bis zum Herbst 2008 flossen an das Unternehmen allein 34 Millionen Euro an öffentlichen Geldern. 2,5 Millionen stammten aus Direktzahlungen, die Landwirten zustehen. Weitere 31 Millionen kamen aus dem EU-Fördertopf „Marktordnung“, aus dem auch Exportsubventionen finanziert werden.Landwirte erhalten weniger EU-Subventionen als die Lebensmittelkonzerne. (Bild: dpa)
Landwirte erhalten weniger EU-Subventionen als die Lebensmittelkonzerne. (Bild: dpa)Mit sechswöchiger Verspätung ist die Bundesrepublik der EU-Pflicht nachgekommen, bei den Agrarsubventionen für Transparenz zu sorgen. Freilich weigert sich Bayern Höfe und Firmen zu nennen, so dass die EU mit Strafzahlungen und einer Klage droht. Auf der Liste der Subventionsempfänger finden sich viele bekannte Namen: Ferrero etwa, der Hersteller von Süßwaren, kassierte 1,2 Millionen Euro, die Molkereien Campina und Nordmilch bekamen 1,9 und 1,5 Millionen, das Hamburger Getreideunternehmen August Töpfer 7,4, die Centrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) in Bonn 5,8 Millionen, der Geflügelproduzent Doux im ostdeutschen Grimmen 4,7 Millionen Euro und RWE-Power bekam über eine halbe Million für die Kultivierung ehemaliger Braunkohle-Tagebaue.
Die BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning meldet im Gespräch mit unserer Zeitung massive Zweifel an, ob das Geld immer richtig angelegt ist: „Die Exportsubventionen an die Lebensmittelkonzerne drücken die Preise auf dem Weltmarkt. Während die Gewinne der bezuschussten Konzerne steigen, werden Bauern gerade in den Entwicklungsländern durch das Exportdumping massiv geschädigt“.
Als besonders problematisch bewerten Umwelt- und Agrarexperten, dass immer noch nicht klar ist, wofür die Betriebe das Geld bekommen. Die Grüne Ulrike Höfken, Vorsitzende des Verbraucherschutzausschusses im Bundestag, sagte gegenüber unserer Zeitung: „Über die Direktzahlungen sollen die Bauern ja gerade dafür belohnt werden, dass sie gesellschaftliche Aufgaben erfüllen.“ Dann müsse auch klar benannt werden, welche Leistungen sie erbringen.
Millionenbeträge fließen etwa an die Schlachtindustrie. Und zumindest erklärungsbedürftig ist für Benning, warum der Kölner Handelskonzern Rewe aus EU-Fördergeldern 97 000 Euro vereinnahmen konnte. Auf Anfrage dieser Zeitung war Rewe bis Redaktionsschluss nicht in der Lage, nähere Erläuterungen zu geben.
www.agrar-fischerei-zahlungen.de>
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18.10.2011: <Pleitegeier kreist weiter: Frankreichs Bonität bedroht den Euro-Raum>
aus: 20 minuten online; 18.10.2011;
http://www.20min.ch/finance/news/story/Frankreichs-Bonitaet-bedroht-den-Euro-Raum-29817555
<Der Kampf gegen Europas Schuldenkrise wird immer verzwickter. Wenn die mögliche Herabstufung des französischen Kreditratings wahr wird, könnte der Rettungsschirm zusammenklappen.
Das kratzt am Nationalstolz: Die US-Ratingagentur Moody’s hat die Top-Kreditwürdigkeit Frankreichs infrage gestellt. Die erstklassige Bonitätsnote der Grande Nation werde in den kommenden drei Monaten geprüft, heisst es, denn schon jetzt sei die Schuldensituation gravierender als in den meisten anderen mit «AAA» benoteten Ländern. Zudem könnten im Zuge der Schuldenkrise weitere Belastungen auf die Pariser Staatskasse zukommen, etwa im Falle neuer Hilfen für Banken und Länder.
ie Schuldenkrise frisst sich also allmählich von der Peripherie zum einst harten Kern der Eurozone vor. Eine Herabstufung Frankreichs hätte aber wiederum verheerende Auswirkungen auf die Pleiteländer am Rand der Währungsunion: Dann nämlich wäre der Euro-Rettungsfonds EFSF in ernsthafter Gefahr. Dieser versorgt die Pleiteländer mit billigem Geld, damit sie sich aus der Schuldenfalle befreien können. So jedenfalls die Theorie.Zerreissprobe für die Eurozone
Der EFSF hat derzeit dank der Bürgschaften von AAA-Ländern, insbesondere dank Deutschland und Frankreich, ebenfalls ein Spitzenrating. Sollte Frankreich aber sein AAA verlieren, würde das auch die Bewertung des EFSF in die Tiefe reissen. Das heisst: Die Refinanzierungskosten des Fonds und damit die Kosten für Europas Schuldenstaaten würden steigen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung warnt, dies könnte «eine tragende Säule des Euro-Rettungsschirms zum Wanken bringen». Im Extremfall könne das sogar die Eurozone zerreissen.
Deutschland in der Zwickmühle
Der Schwarze Peter läge dann nämlich bei Deutschland. Um das Toprating zu halten, müssten unsere nördlichen Nachbarn einmal mehr die Garantien aufstocken, wozu letztlich der politische Wille fehlen dürfte. Das Centrum für Europäische Politik im Deutschen Freiburg hat für die «Rheinische Post» berechnet, dass der EFSF ohne Frankreichs AAA statt 440 Milliarden Euro nur noch Kredite in der Höhe von 286 Milliarden aufnehmen könnte. Um dies auszugleichen, bräuchte es deutsche Bürgschaften in der Höhe von 317 Milliarden Euro. Derzeit hat sich das Land erst für 211 Milliarden verpflichtet.
Weigert sich die deutsche Politik, diesen Schritt zu machen, bricht der Rettungsschirm zusammen. Experten meinen, dass Deutschland dann nur noch der «Not-Austritt» aus der Eurozone bliebe. Die neue deutsche Währung würde sich dadurch stark aufwerten, der Euro würde gleichzeitig um die 30 Prozent schwächer – und eine neue Krise würde die Finanzwelt erfassen.
(ahi)>
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18.10.2011: <Protest gegen Sparprogramm: In Griechenland arbeitet bald keiner mehr>
aus: 20 minuten online; 18.10.2011;
http://www.20min.ch/finance/news/story/18112670
<Die massiven Streiks gegen den Sparkurs der griechischen Regierung legen zunehmend das öffentliche Leben lahm. Bald geht in Athen gar nichts mehr.
Am Dienstag schlossen sich Bahnmitarbeiter und Journalisten den Protesten der Müllabfuhr, des Fährpersonals und der Steuer- und Zollbeamten an und legten ihre Arbeit nieder. Die Fährverbindungen fielen den zweiten Tag in Folge aus, und auf dem Bürgersteigen türmte sich der Müll. Die Müllabfuhr ist bereits seit 17 Tagen im Ausstand.
Staatsbedienstete blockierten die Eingänge zum Finanz- und zum Arbeitsministerium. Auch die Anwälte schlossen sich dem Ausstand an. Die Gewerkschaften haben zu einem 48-stündigen Generalstreik aufgerufen, der am Donnerstag seinen Höhepunkt finden soll: Dann stimmt das Parlament über weiter Renten- und Gehaltskürzungen von Beamten ab.
Am Mittwoch und Donnerstag wollen Lehrer, Ärzte, Taxifahrer und Bankangestellte ihre Arbeit niederlegen ebenso wie die Fluglotsen, deren Ausstand den Luftverkehr für zwei Tage zum Erliegen bringen wird. Die Gewerkschaften haben auch zu mehreren Kundgebungen und Protestmärschen im Regierungsviertel von Athen aufgerufen. Bei einer ähnlichen Streikaktion im Juni war es bei Massenprotesten zu Strassenkämpfen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen.
Auktion von Staatsanleihen
Das neue Sparpaket sieht weitere drastische Einschnitte im öffentlichen Dienst vor, darunter die Suspendierung von
30 000 Beamten bis zum Jahresende bei eingeschränkter Lohnfortzahlung. Zudem enthält das Programm weitere Lohnkürzungen im Umfang von 2,8 Milliarden Euro im öffentlichen Sektor.Angesichts eines drohenden Staatsbankrotts will die Regierung in Athen die drastischen Sparmassnahmen umsetzen, um die nächste Tranche des Rettungspakets im Umfang von 110 Milliarden Euro zu erhalten. Die erneuten Einschnitte gehen mit Steuererhöhungen einher.
Am Dienstag brachte die Griechenland erfolgreich dreimonatige Staatsanleihen im Umfang von 1,62 Milliarden Euro auf den Markt. Die Regierung musste den Anlegern dafür etwas höhere Zinsen bieten als noch im Vormonat (4,61 Prozent statt 4,56 Prozent). Die Nachfrage nach den Papieren fiel etwas kräftiger aus als noch im September: Die Anleihen waren 2,86-fach überzeichnet.>
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18.10.2011: In Deutschland werden Bankenpleiten vorbereitet: Als Erstes wird die "Sicherungsgrenze" herabgesetzt
aus: n-tv online: Fragliches Versprechen: Banken senken Sicherungsgrenze; 18.10.2011;
http://www.n-tv.de/ratgeber/Banken-senken-Sicherungsgrenze-article4554876.html
<Der Staat garantiert für Einlagen bis 100.000 Euro.
Die Einlagen seien sicher, beteuern die deutschen Banken. Und beschließen eine Absenkung der Sicherungsleistung. Wirtschaftsrechtler Reifner hat allerdings Zweifel, ob der Sicherungsfonds bei einer größeren Pleite überhaupt in der Lage ist, zu bezahlen, was er verspricht.Angesichts von Lehman-Pleite und Schuldenkrise fahren die privaten Banken in Deutschland ihre freiwillige Garantie für das Ersparte ihrer Kunden zurück. In den kommenden zehn Jahren wird die Sicherungsgrenze stufenweise abgesenkt, wie der Bundesverband Deutscher Banken (BdB) jetzt beschlossen hat. Die Kunden der privaten Banken in Deutschland genössen aber weiterhin den höchsten Einlagenschutz weltweit.
Die meisten Sparguthaben und Termingelder sind in der ganzen EU gesetzlich geschützt - die Garantie reicht bis 100.000 Euro. Die privaten Banken in Deutschland, auch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, haben zudem eigene Sicherungssysteme, die bei einer Bankenpleite einspringen und dann Guthaben von über 100.000 Euro garantieren.
Erste Absenkung ab 2015
Wie viel Geld Kunden bei einer Bankpleite zurückerhalten, hängt vom Eigenkapital der Bank ab. Derzeit liegt die Grenze bei den Privatbanken bei 30 Prozent des Eigenkapitals. Da dieses Eigenkapital mindestens fünf Millionen Euro betragen muss, sind laut BdB also mindestens 1,5 Millionen Euro pro Anleger geschützt. Diese Grenze soll nach dem Beschluss der Delegiertenversammlung des BdB ab 2015 auf 20 Prozent, ab 2020 auf 15 Prozent und ab 2025 auf 8,75 Prozent gesenkt werden. Geschützt wären dann noch mindestens 437.000 Euro pro Anleger.
"Wir stellen mit den nun beschlossenen Reformen den Fonds für zukünftige Herausforderungen besser auf", erklärte BdB-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Massenberg. Bei der Ankündigung im September hatte er zudem mitgeteilt, die Privatbanken wollten ihren Kunden auch weiterhin "glaubhaft" den besten Schutz bieten.
Pleite nicht ausgeschlossen
Der Direktor des unabhängigen Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF), Udo Reifner, hält eine Bankenpleite angesichts der Lage in Griechenland grundsätzlich für möglich - die Privatbanken würden ihr Sicherungssystem daher nun anpassen. Die bisherigen Bankpleiten hierzulande - der BdB verweist auf 30 Fälle in den vergangenen mehr als 30 Jahren, in denen die Kunden stets vollkommen entschädigt worden seien - seien stets "Peanuts" gewesen, sagte Reifner. Ob der Sicherungsfonds wirklich in der Lage sei, das zu bezahlen, was er verspreche, sei unklar, kritisierte der IFF-Direktor.
Der Bankenverband gibt nicht preis, wie viel Geld in dem Fonds steckt. Er finanziert sich durch jährliche Umlagen der 173 beteiligten Banken. Bei Entschädigungen von Kunden bekommt der Fonds einen Teil des Geldes aus der Insolvenzmasse der betroffenen Bank zurück. Einen Rechtsanspruch auf Entschädigung haben Kunden allerdings nicht, sonst müsste der Fonds Versicherungssteuer abführen. Reifner forderte ein transparentes System, "keine winkeladvokatische Konstruktion".
Den meisten Verbrauchern könne die nun beschlossene Absenkung der Sicherungsgrenzen aber "egal sein", so Reifner: "Wer hat schon mehr als 100.000 Euro auf einem Konto liegen?" Das Geld für die Altersvorsorge sei meist nicht auf Sparguthaben angelegt, sondern in Versicherungen oder Fonds. Und Anlagen wie Aktien, Fonds oder Zertifikate fallen ohnehin nicht unter die Einlagensicherung.
AFP>
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18.10.2011: Anleihen für Frankreich mit Hochzinsen wie vor 16 Jahren
aus: Welt online: Schuldenkrise: Die Märkte haben Frankreich das AAA schon entzogen; 18.10.2011;
http://www.welt.de/finanzen/article13667752/Die-Maerkte-haben-Frankreich-das-AAA-schon-entzogen.html
<Autor: Holger ZschäpitzPariser Bankenviertel "La Defense": Es wird eng für Frankreich und Frankreichs Banken.
Frankreichs Top-Rating ist in Gefahr. Die Märkte reagieren sofort. Die Risikoaufschläge für Frankreichs Anleihen steigen auf ein 16-Jahres-Hoch.Jetzt greift die Euro-Schuldenkrise von der wackeligen Peripherie auf das Zentrum über. Vor allem auf Frankreich haben sich die Märkte eingeschossen, seit Zweifel an der Spitzenbonität des Landes aufgekommen sind. Am Rentenmarkt forderten die Investoren für zehnjährige Staatsanleihen des Landes die höchsten Risikoaufschläge seit 16 Jahren. Der Rendite-Abstand zu vergleichbaren Bundesanleihen weitete sich auf 115 Basispunkte aus. Der Euro fiel zeitweise auf 1,3654 Dollar zurück, den niedrigsten Stand seit sechs Tagen.
Die Renditen zehnjähriger französischer Anleihen (OAT) kletterten auf 3,14 Prozent. Gleichzeitig sanken jene für Bundesanleihen unter zwei Prozent. Auch Belgien kam unter Druck. Hier schossen die Finanzierungskosten für zehnjährige Schulden auf 4,5 Prozent. Das Königreich muss damit 2,5 Prozentpunkte mehr als Deutschland zahlen. Auch das ein Rekord.
Ausgerechnet der Euro-Retttungsfonds EFSF droht das Spitzenrating Frankreichs, das Dreifach-A, zu beschädigen. Sollten die Garantien des EFSF ausgeweitet werden, für die Frankreich mit bürgen muss, könnte es sein Spitzenrating wegen der höheren Risiken verlieren. „Eine Versicherung steigert die bedingten Verpflichtungen Frankreichs und das bringt das Rating unter Druck“, kommentiert Bob McKee, Stratege bei Independent Strategy.
Die Ratingagentur Moody's hat bereits Zweifel am Spitzenrating der Grande Nation geäußert. Frankreichs Finanzstabilität sieht sich in den kommenden Monaten mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. Da sind etwa mögliche Finanzspritzen für das eigene Bankensystem oder andere in Not befindliche Euro-Staaten“, schreibt Moody’s-Analyst Alexander Kockerbeck. Frankreich habe nicht mehr viel Spielraum, wolle es seine Staatsfinanzen nicht überstrapazieren und das AAA verlieren. Investoren fürchten vor allem neue Bürgschaften für die Euro-Zone.
Schon jetzt gehört Frankreich zu den schwächsten unter den wenigen verbliebenen AAA-Ländern. Deutschlands Nachbar ist in den vergangenen Jahren im globalen Wettbewerb wirtschaftlich zurückgefallen. Die Exporte sind im Verhältnis zu den Einfuhren zurückgeblieben, so dass das Land unter einem wachsenden Leistungsbilanzdefizit leidet. Zusätzliche Risiken liegen im Bankensektor, der im Vergleich zur französischen Wirtschaftsleistung sehr groß ist.
AnzeigeDer französische Bankenprimus BNP Paribas ist größter Gläubiger europäischer Problemstaaten. Die Kreditengagements von BNP in Italien, Belgien, Griechenland, Spanien und Portugal summieren sich auf über 50 Milliarden Euro. Bereits am vergangenen Freitag hatte deshalb die Ratingagentur S&P die Großbank BNP Paribas zurückgestuft. Es wäre kein Novum würde auf die Rückstufung der größten Bank eines Landes auch die Kreditwürdigkeit des Landes selbst abgestuft werden, zumal auch BNP-Konkurrent Société Générale in großem Stile Problemanleihen in den Büchern hat.
Die Finanzmarktakteure haben dem Land schon lange das AAA aberkannt. Gemessen an den Kreditausfallversicherungen gegen einen Bankrott hat Frankreich gerade noch nicht mal mehr ein einfaches A.
„Wenn ich mir die Zahlen anschaue, ist Frankreich kein AAA-Land mehr“, meint Nicola Marinelli, Fondsmanagerin von Glende von King Asset Management gegenüber Bloomberg. „Sie reden von Garantien für Billionen von Euro an Bonds, aber wenn Frankreich kein AAA-Rating mehr hat, dürfte bereits eine Garantie für einen einzigen weiteren Euro nicht nachhaltig sein.“
Tatsächlich könnte eine Herabstufung Frankreichs den mühsam ausgehandelten Rettungsfonds EFSF gefährden. Denn der EFSF ist so konstruiert, dass er hauptsächlich von den beiden AAA-Nationen Deutschland und Frankreich gestützt wird. Wenn nun aber ein Pfeiler wegbricht, würde das die Stabilität des EFSF gefährden.
Dieses Vehikel, das sich Geld an den Finanzmärkten durch die Ausgabe von Anleihen besorgt, genießt ebenfalls die höchste Bonitätsstufe AAA. Ohne Frankreichs Spitzenbonität müsste Deutschland seinen finanziellen Anteil am EFSF deutlich erhöhen. Derzeit bürgt die Bundesrepublik für 211 Milliarden Euro, nach einer Abstufung Frankreichs könnten nach Berechnungen von Experten weitere 100 Milliarden auf Deutschland zukommen.
Damit könnte langfristig auch das Rating Deutschlands auf dem Prüfstand stehen. Karl Weinberg vom Analysehaus High Frequency Economics: „Ich kann mir auch vorstellen, dass Deutschland eines Tages kein Dreifach-A mehr hat.">
Kommentar
Der Euro-Wahn findet irgendwann sein Ende - egal wie und egal wo, egal wer und egal was. Man kann nicht mit notorischen Schuldenmachern und Mafosi und Pokerspielern aus Südeuropa ein Wirtschaftssystem führen, die zudem immer noch Ressentiments aus der Kriegszeit von 1940-1945 haben. Das muss irgendwann ein Ende finden, und dann wird alles wieder normal wie vor dem Euro. Gottlob.
Michael Palomino, 18.10.2011
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18.10.2011: Der deutsche Steuerzahler bezahlt griechische Schulden - Beispiel Hypo Real Estate (HRE)
aus: Welt online: Bad Bank der HRE: Griechische Altlasten kosten Steuerzahler Millionen; 18.10.2011;
http://www.welt.de/wirtschaft/article13667881/Griechische-Altlasten-kosten-Steuerzahler-Millionen.html
<Autor: Andrea RexerDie Bad Bank der HRE hat das dickste Griechenland-Portfolio aller deutschen Finanzhäuser. Für die deutschen Steuerzahler wird das sehr teuer.
Es muss deprimierend sein, wenn die eigentliche Arbeit so ganz und gar nicht mehr ins Gewicht fällt. 118 Millionen Euro Gewinn hätte die FMS Wertmanagement aus der Verwaltung der ihr anvertrauten Altlasten der Problembank Hypo Real Estate (HRE) herausholen können – wenn da nicht die Griechenlandkrise wäre.
Mit 8,8 Milliarden Euro hat die Münchener Bad Bank der HRE mit deutlichem Abstand das größte Griechenland-Portfolio aller deutschen Finanzhäuser. „Die Probleme in Griechenland konnten an uns nicht spurlos vorüber gehen“, sagte Risikovorstand Christian Bluhm. Und so zehrten die Wertberichtigungen in der Höhe von 808 Millionen Euro jeglichen Gewinn auf.
Anders als es die Bezeichnung „Bad Bank“ nahelegt, ist die FMS keine Bank. Sie hat auch kein Eigenkapital, von dem die Verluste abgeschrieben werden könnten – jene 690 Millionen Euro Verlust, die unter dem Strich nach dem ersten Halbjahr 2011 bleiben, zahlt der deutsche Steuerzahler. Denn anstelle eines Eigenkapitals hat der Bankenrettungsfonds SoFFin eine Verlustgarantie übernommen.
Und die greift nun abermals – nachdem schon im vergangenen Rumpfgeschäftsjahr rund drei Milliarden Euro Verlust angefallen waren. Doch bei den 690 Millionen Euro wird es wohl nicht bleiben. Denn die FMS-Wertmanagement hat auf die griechischen Staatsanleihen lediglich einen Abschlag von 21 Prozent vorgenommen – und auch das nur auf Papiere, die bis 2020 laufen.
Diese Annahmen basieren auf den Verhandlungen einer Beteiligung der Privatgläubiger am griechischen Rettungspaket vom Juli. Doch schon jetzt wird offen darüber spekuliert, dass es auf die Papiere Abschläge von bis zu 50 Prozent geben könnte. Würde die FMS einen solchen Abschlag auf das gesamte Griechenland-Engagement vornehmen, schlüge das mit mehr als vier Milliarden Euro zu Buche. Nur ein kleiner Teil ist davon schon berücksichtigt: „Für länger laufende Griechenland-Papiere wurden zur Berücksichtigung des latenten Ausfallsrisikos Pauschalwertberichtigungen gebildet“, erklärte die FMS.
Dem Institut wurden im letzten Herbst Risikopapiere der HRE im Wert von rund 175 Milliarden Euro übertragen. In den ersten sechs Monaten sei das Portfolio um rund acht Prozent verkleinert worden, zur Jahresmitte betrug es 160,5 Milliarden Euro. Bis 2020 sollen zwei Drittel abgebaut sein.>
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19.10.2011: Auch Moody's stuft Spanien herab - von "AA2" auf "A1"
aus: n-tv online: Keine Lösung für die Krise in Sicht: Moody's stuft Spanien herab; 19.10.2011;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Moody-s-stuft-Spanien-herab-article4560636.html
<Als letzte der drei Ratingagenturen senkt nun auch Moody's die Krediteinschätzung für das Schulden geplagte Spanien. Das Rating wird um gleich zwei Stufen auf "A1" herunter genommen. Der Ausblick wird weiter mit "negativ" bewertet. Zuvor hatten bereits Standard & Poor's sowie Fitch ihre Einstufungen gesenkt.Trotz anerkennender Worte für die Reformen der Regierung hat die Ratingagentur Moody's als dritte Agentur nach Fitch und S&P die Kreditwürdigkeit Spaniens gleich um zwei Stufen gesenkt. Die hohe Verschuldung von Banken und Unternehmen mache die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone anfällig, begründete Moody's den Schritt. Auch bleibe die Haushaltslage vieler Regionalregierungen schwierig.
Moody's senkte deshalb die Bonitätsnote von "AA2" auf "A1" und damit stärker als die beiden anderen führenden Agenturen Standard & Poor's und Fitch. Das Risiko eines Zahlungsausfalls schätzt Moody's nun höher ein: Es gilt damit als "gering" und nicht mehr als "sehr gering". Die mächtige Ratingagentur droht mit einer weiteren Herabstufung, indem sie von einem "negativen Ausblick" sprach.
Das Finanzministerium in Madrid sieht in dem Schritt eine Reaktion auf die derzeit schwierigen Bedingungen am europäischen Anleihenmarkt. Die Regierung werde den Konsolidierungs- und Reformkurs fortsetzen, erklärte es in einer ersten Reaktion.
"Besser als andere Südländer"
Spanien habe durch Reformen des Rentensystems, des Arbeitsmarktes und des Finanzsektors seine Kreditwürdigkeit im Vergleich zu anderen südeuropäischen Ländern verbessert, sagte Moody's-Analystin Kathrin Mühlbronner. Allerdings werde es für die Regierung wegen der schwierigen Wirtschaftslage in den Euro-Ländern schwierig, die ambitionierten Sparziele zu erreichen. Das Defizit soll in diesem Jahr auf sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes gedrückt werden. 2010 waren es 9,3 Prozent.
Im August hatten sich die regierenden Sozialisten und die oppositionellen Konservativen auf eine Schuldenbremse geeinigt, die in der Verfassung verankert wird. In Spanien wird am 20. November eine neue Regierung gewählt. In den Umfragen liegt die konservative Volkspartei deutlich vorn.
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Und jetzt wird die EU hyperkriminell:
19.10.2011: Die Vergrösserung des "Rettungsschirms" von 440 auf 2000 Milliarden Euro - so läuft der Hebel
aus: n-tv online: Aus 440 werden 2000 Mrd. für EFSF: Berlin und Paris setzen Hebel an; 19.10.2011;
http://www.n-tv.de/politik/Berlin-und-Paris-setzen-Hebel-an-article4558551.html
<Das Volumen des Euro-Rettungsschirms von gegenwärtig 440 Milliarden Euro soll durch eine ausgeklügelte Hebelwirkung auf bis zu zwei Billionen Euro ausgeweitet werden. Die Regierungen in Berlin und Paris planen Versicherungen auf Staatsanleihen kriselnder Eurostaaten, um so - rein theoretisch - noch mehr Geld zur Verfügung zu stellen.Wenige Tage vor dem EU-Gipfel zur Schuldenkrise haben sich Deutschland und Frankreich laut einem Zeitungsbericht auf eine Vervielfachung des Euro-Rettungsschirms EFSF geeinigt. Wie die britische Zeitung "The Guardian" unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtete, näherten sich die Regierungen der beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone dem Ziel, den EFSF auf zwei Billionen Euro aufzustocken und damit mehr als das Vierfache des derzeitigen Volumens zu erreichen. Bislang umfasst der Rettungsschirm 440 Milliarden Euro.
Auch die "Financial Times Deutschland" berichtete, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe die Summe von maximal einer Billion Euro für den Rettungsschirm genannt. Der Hebel, durch den die Summe erreicht werden soll, soll demnach in Form einer Versicherung für Staatsanleihen kriselnder Eurostaaten in die EFSF-Richtlinien eingebaut werden.
Die Unionsfraktion im Bundestag dementierte die Berichte umgehend. Schäuble habe in diesem Zusammenhang noch keine konkreten Zahlen genannt. Es seien lediglich "Modelle durchgerechnet" worden. Dies beträfe auch eine "Einigung zwischen Berlin und Paris". Auch hier werde noch gerechnet.
Deutsche Haftung soll nicht steigen
Die Regierungsfraktionen wollen bei der Ausgestaltung des EFSF ein Wort mitreden. Die Abgeordneten von Union und FDP wollen sich auf Sondersitzungen am Donnerstag noch vor dem EU-Gipfel über die möglichen Beschlüsse informieren, wie am Dienstag aus Fraktionskreisen verlautete. Bei der Ausgestaltung der EFSF-Leitlinien geht es unter anderem um die Frage, ob und wie mittels eines "Hebels" der EFSF-Wirkungsgrad erhöht werden kann, ohne dass die Euro-Länder weitere Garantien geben müssen. Schäuble hatte versichert, dass diie Haftungsobergrenze von 211 Milliarden Euro, die Deutschland allein für den Rettungsfonds garantiert, aber nicht steigen solle.
Die Agentur Reuters hatte bereits am Vortag erfahren, dass sich in dem Streit über eine Hebelung der EFSF-Mittel als einzige Lösung ein Versicherungsmodell bei der Ausgabe neuer Staatsanleihen abzeichnet. Auf diese Weise könnte der Fonds mit einem Einsatz von beispielsweise 100 Milliarden Euro eine Finanzierung von 300 bis 500 Milliarden Euro sicherstellen, hieß es.
Nach dem "Guardian"-Bericht hatten die Kurse an der New Yorker Börse am Dienstagabend deutlich angezogen. Während die Börsen zunächst schwächer gestartet hatten, schnellten die Kurse nach der Veröffentlichung des Berichts kurz vor Handelsschluss um mehr als einen Prozentpunkt nach oben.
dpa/rts>
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Die Hyperkriminalität in Brüssel hat System - das ist KEINE Eintagsfliege:
19.10.2011: <"Umfassender Plan": EU fettet Euro-Schirm auf 2.000 Milliarden auf>
aus: Der Standard online; 19.10.2011;
http://derstandard.at/1318726216249/Umfassender-Plan-EU-fettet-Euro-Schirm-auf-2000-Milliarden-auf
<Der EFSF soll zum Versicherer werden, und auch neue Einsatzmöglichkeiten und -länder werden diskutiert - Barroso gibt Garantien abLondon/Wien - Ein weiterer deutsch-französischer Vorstoß in den Bemühungen zur Euro-Rettung: Wie die Londoner Tageszeitung "The Guardian" in ihrer Internetausgabe berichtet, haben sich Berlin und Paris auf eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms (EFSF) auf zwei Billionen Euro verständigt. Dies sei Teil eines "umfassenden Plans" zur Lösung der Schuldenkrise, der beim EU-Gipfel am Wochenende abgesegnet werden solle, schreibt die Zeitung unter Berufung auf EU-Diplomaten. Barroso will Rettungsschirm auf andere Länder ausweiten.
Die Einigung kommt einer Verfünffachung des Euro-Rettungsschirms gleich, der derzeit mit 440 Milliarden Euro dotiert ist. Der EFSF werde künftig wie ein "Versicherer" funktionieren, schreibt die Londoner Zeitung. Mit der massiven Ausweitung soll offenbar Vorsorge getroffen werden für den Fall, dass nach Irland, Portugal und Griechenland auch eine der großen Volkswirtschaften der Eurozone unter den Rettungsschirm flüchten muss.
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso verwies heute in Brüssel auf den Gipfel der EU-Regierungschefs kommendes Wochenende, schließt nun aber offiziell nicht aus, dass "auch andere Länder in den Genuss des europäischen Rettungsschirms gelangen, wenn dies notwendig werden sollte".
Als Wackelkandidaten gelten Italien, das schon doppelt so hohe Kreditzinsen zahlen muss wie Deutschland, sowie Spanien, dessen Kreditwürdigkeit am Dienstagabend von der Ratingagentur Moody's heruntergestuft wurde. Zu Spanien sagte Barroso: "Was ich dazu sagen kann, ist, dass wir am Sonntag klare Antworten erwarten, um allen Ländern der Eurozone und Spanien Garantien zu liefern. Ich will nichts präjudizieren".
Auch Frankreich selbst könnte in den Abwertungsstrudel gezogen werden. Moody's hat nämlich das Top-Kreditrating des Landes auf den Prüfstand gestellt und dies unter anderem mit den von Frankreich zu tragenden Lasten für die Rettung der Euro-Schuldenstaaten begründet.
Zudem lasten drohende Bankenzusammenbrüche auf dem Euro. Auch dieses Problem will der deutsch-französische Plan lösen. Demnach sollen die europäischen Banken eine massive Kapitalspritze erhalten, damit ihre Kernkapitalquote auf mindestens neun Prozent erreicht. Der Finanzbedarf dafür werde "näher an 100 Milliarden als an 200 Milliarden Euro liegen", heißt es mit Blick auf jüngste Aussagen von IWF-Direktorin Christine Lagarde. Die deutschen und französischen Banken können die neuen Kapitalerfordernisse ohne Staatshilfe erfüllen, andere Banken werden Geld ihrer Regierungen oder des EFSF benötigen.
Keine Einigung gibt es dagegen, was das Ausmaß des griechischen Schuldenschnitts betrifft. Hier wehrt sich Frankreich gegen die von Deutschland geforderte Abschreibung von 50 Prozent der griechischen Staatsschulden. Laut EU-Vertretern wird ein Schuldenschnitt zwischen 30 und 50 Prozent erwogen.
Weitere Überlegungen
Für den Euro-Rettungsschirm EFSF sind außerdem immer mehr Einsatzmöglichkeiten im Gespräch. Nachdem bereits seit Wochen über sogenannte Kredithebel diskutiert wird, um dem EFSF mehr finanzielle Schlagkraft zu geben, berichtete das "Handelsblatt" am Mittwoch von weiteren Überlegungen. So würden in der deutsche Regierung Möglichkeiten von Zinshilfen bei Staatsanleihen von Ländern erwogen, die Finanzierungsprobleme am Kapitalmarkt bekämen. Damit könne notfalls auch Frankreich entgegengekommen werden. Dem deutschen Nachbarland droht bei einem Schuldenschnitt für Griechenland eine Herabstufung seiner Bonität, was seine Refinanzierungskosten erhöhen dürfte.
Die angeblich in der deutschen Bundesregierung diskutierte Zinshilfe über den EFSF für Länder mit Finanzierungsproblemen soll in einer Art Zinsstundung bestehen, hieß es in der Zeitung. Hinter diesen Überlegungen stehe die Befürchtung, dass Frankreich sein Top-Rating verlieren könnte, was auch die Bewertung der EFSF-Kreditwürdigkeit selbst betreffen würde. Eine "Null-Coupon-Anleihe" für Zinsen beim EFSF könne ein Ausweg sein.
Schwellenländer sollen helfen
Darüber hinaus berichtete das "Handelsblatt" von Überlegungen, dass finanzstarke Schwellenländer, wie China, Indien und Brasilien helfen könnten, das Finanzvolumen des EFSF aufzustocken. EFSF-Chef Klaus Regling wolle dafür Konten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) einrichten. Die USA und der IWF seien im Grundsatz offen für diese Idee. Allerdings verlangten die USA, dass zunächst die Europäer aus eigener Kraft den EFSF nochmals aufstocken, berichtete die Zeitung. Erst danach komme dann der Lösungsweg über die Konten beim IWF infrage. Die Parlamente der Euro-Länder haben gerade erst grünes Licht gegeben, um den Rettungsschirm auf ein tatsächliches Ausleihvolumen von 440 Mrd. Euro aufzurüsten.
Über Möglichkeiten, dem EFSF mehr finanzielle Schlagkraft zu geben, ohne sein Volumen aufzustocken, hatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble offenbar am Dienstagabend auch vor der Unionsfraktion gesprochen. Danach dementierte die Fraktion allerdings einen Zeitungsbericht, nach dem Schäuble von einer Hebelung auf maximal 1.000 Mrd. Euro gesprochen habe. Als Weg, einen solche Wirkung zu erzielen, wird über eine Versicherungslösung diskutiert, bei der der EFSF den privaten Käufern von Staatsanleihen einen Teil des Verlustrisiko abnimmt. (APA/Reuters)>
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England 19.10.2011: Lord Wolfson schreibt Preisgeld für Euro-Exit-Plan aus
aus: Basler Zeitung online: Anleitung für den Euro-Ausstieg; 19.10.2011;
http://bazonline.ch/wirtschaft/konjunktur/Anleitung-fuer-den-EuroAusstieg/story/22614810
<Von Matthias Chapman.Ihre E-Mail wurde abgeschickt.
Chaos und Untergang im Falle eines Euro-Ausstiegs muss allerdings nicht sein, wenn man sich denn auf einen solchen Schritt vorbereiten kann. Das sagte sich der britische Textilunternehmer (Next) und Oberhaus-Abgeordnete Lord Simon Wolfson. Er hob kurzerhand den Wolfson Economic Prize aus der Taufe. Dotiert ist er mit einer Viertelmillion Pfund, umgerechnet rund 350'000 Franken.
Erst so wird eine vernünftige Debatte möglich
Der Wolfson Economic Prize wird einmalig verliehen und ist nach Darstellung der Initiatoren nach dem Nobelpreis die höchstdotierte Auszeichnung, die weltweit an einen Wirtschaftswissenschaftler vergeben wird. Der Wettbewerb, organisiert über die Londoner Denkfabrik Policy Exchange, richte sich an internationale Spitzenakademiker. Für die Teilnehmer lautet die Leitfrage: «Wie kann ein geordneter Ausstieg aus der Europäischen Währungsunion von einem oder mehreren Mitgliedsländern abgewickelt werden?»
Der Preis würde helfen, einige der wichtigsten Fragen zu diesem Thema zu beantworten, gibt sich Lord Wolfson in der britischen «Financial Times» (Artikel online nicht verfügbar) optimistisch. «Während es viel Spekulation über mögliche Euro-Ausstiegsländer gab, haben wir viel zu wenig fundierte Forschung über die Probleme, welche dies nach sich ziehen würde», so der Preisgründer. Regierungen könnten wegen fehlender Exit-Pläne gar nicht vernünftig über Notfallpläne für die Währungsunion diskutieren, ohne dass sie ebendiese gefährden würden.
Denker vom Kaliber eines Stiglitz oder Krugman gesucht
Weil die Währungsunion schon jetzt in Schwierigkeiten steckt und täglich gegen den noch tieferen Fall kämpft, sind Lösungen dringend gefragt. Gerade mal bis Ende Januar nächsten Jahres bleibt den Bewerbern nun Zeit, um ihre Vorschläge einzureichen. 200 renommierte Wirtschaftsforschungsinstitute und Denkfabriken weltweit würden von Policy Exchange angeschrieben. Man hofft, Denker vom Kaliber der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, Paul Krugman oder Chris Pissarides anzusprechen, heisst es in dem «Financial Times»-Artikel.
Die zentrale Fragestellung eines geordneten Ausstiegs aus der Eurozone beinhaltet laut den Vorgaben des Wolfson-Preises die Behandlung von Aspekten wie die Sicherung von Spar- und Rentenguthaben, die Stabilisierung des internationalen Bankensystems und nicht zuletzt die ganze Arbeitsmarkt-Thematik.
Ausgerechnet die Briten
Dass mit Wolfson ausgerechnet ein Brite diesen Preis lanciert hat, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Das Königreich ist zwar EU-Mitglied, ein Beitritt in die Eurozone käme für die Briten überhaupt nicht infrage. Im Gegenteil, jüngst griff Aussenminister William Hague bezüglich des Euro zum verbalen Zweihänder: «Es war Wahnsinn, dieses System zu schaffen; jahrhundertelang wird darüber als eine Art historisches Monument kollektiven Wahnsinns geschrieben werden.»
Wolfson selber sieht es ganz ohne Schadenfreude: «Ich will nicht, dass der Euro zusammenbricht. Wenn das verhindert werden kann, wäre das für alle das Beste. Wie jeder in Europa hoffe auch ich, dass sich die Währungsunion durchkämpfen kann.» Das dürfte ganz im Sinne der Briten sein. Sie leben zu einem guten Teil vom zweitgrössten Finanzplatz der Welt, und ein Zusammenbruch des Euro würde auch das britische Bankensystem in die Tiefe reissen. (baz.ch/Newsnetz)>
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Ah ja, und der "griechische Gruss" auf die eigene Pleite lautet: Generalstreik:
19.10.2011: <Flugraum geschlossen: Generalstreik gegen griechische Radikalkur>
aus: Der Standard online; 19.10.2011;
http://derstandard.at/1318726220644/Flugraum-geschlossen-Generalstreik-gegen-griechische-Radikalkur
<Im krisengeschüttelten Land haben landesweite Streiks als Protest gegen noch schärfere Einsparungen des Staates begonnen======Athen - In Griechenland haben die Gewerkschaften die bisher größten Protestdemonstrationen seit Beginn der Finanzkrise organisiert. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich über 125.000 Menschen an den großen Kundgebungen in Athen, Thessaloniki, Patras und Heraklion. Das öffentliche Leben wurde am Vormittag weitgehend lahmgelegt. Zu den Streikenden zählten Fluglotsen, Busfahrer, Taxifahrer, Beamte, Ärzte, Lehrer, Tankstellenpächter, Seeleute und Bäcker.
Die größten Demonstrationen gab es in der Hauptstadt Athen, wo die Demonstranten in vier Kolonnen zum Parlament am Syntagma-Platz zogen. Für Athen sprach die Polizei am Mittag von 70.000 Demonstranten. Mindestens 3.000 Polizisten waren mobilisiert, um Zwischenfälle zu vermeiden und Regierungsgebäude und Botschaften zu schützen. Zu Mittag kam es dennoch zu ersten Zusammenstößen. Rund 200 jugendliche Demonstranten lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei, einige warfen Brandsätze und Steine. Die Polizei setzte Tränengas ein. Schulen, Behörden, Ministerien und Geschäfte blieben geschlossen.
Zweitägiger Streik
Zu dem zweitägigen Streik riefen die beiden größten griechischen Gewerkschaftsverbände des privaten und öffentlichen Sektors auf. Der Protest richtet sich gegen die für Donnerstag im Parlament geplante Verabschiedung eines neuen Sparpakets, das unter anderem die schrittweise Entlassung von 30.000 Staatsbediensteten vorsieht. Zugleich sollen die Gehälter und Löhne von Beamten und Beschäftigten des öffentlichen Diensts um weitere 20 Prozent gekürzt sowie neue Steuern erhoben werden.
Als erste starteten die Fluglotsen die Streikwelle. Die Fluglotsen legten am Mittwoch für zwölf Stunden die Arbeit nieder und verhinderten so Starts und Landungen von Flugzeugen. Der griechische Luftraum blieb seit Mittwoch Mitternacht für alle kommerzielle Flüge von und nach Griechenland geschlossen. Viele Flüge wurden verschoben oder fielen aus. Der Flugbetrieb sollte ab 11.00 Uhr (MESZ) wieder aufgenommen werden. Auch in Österreich ist es zu Flugausfällen gekommen. In Wien-Schwechat wurden sämtliche Verbindungen nach und aus Hellas gestrichen. Betroffen waren die AUA und die griechische Aegean. "Die AUA hat heute zwei Destinationen nach Athen und eine nach Thessaloniki sowie zwei Rückflüge gestrichen", erklärte Pressesprecherin Patricia Strampfer. Die Fluglinie würde die Lage in dem Land beobachten und je nach Entwicklung weiter entscheiden. Die Pressestelle des Flughafens Wien-Schwechat teilte mit, dass zudem ein Flug der Aegean von Wien nach Athen gestrichen wurde. "Wie es weitergeht, ist noch offen."
Seeleute streiken auch
Auch die Seeleute setzten ihren seit Tagen andauernden Ausstand fort. Am Morgen versammelten sich rund 400 Hafenmitarbeiter vor den Toren von Piräus, dem größten Hafen des Landes. Vor dem Justizministerium trafen sich etwa 1.000 Strafvollzugsbeamte.
Im hoch verschuldeten Griechenland finden seit Wochen immer wieder Streiks aus Protest gegen den Sparkurs der Regierung statt. Alle Appelle von Ministerpräsident Giorgos Papandreou an sein Volk sind bisher verpufft. Er wandte sich zuletzt eindringlich am Dienstagabend an die Griechen und verglich die Situation des Landes mit einer Art Kriegszustand. "Wir müssen durchhalten in diesem Krieg als Volk, als Regierung, als parlamentarische Gruppe, für das Land, um ihn zu gewinnen", sagte der Regierungschef. "Wir werden für das Land siegen, wir werden durchhalten."
Es wird erwartet, dass Papandreou zwar nur eine dünne Mehrheit von vier Sitzen reicht, um das neue Gesetz auf den Weg zu bringen. Allerdings hatte erst am Montag ein Abgeordneter der regierenden Pasok-Partei sein Mandat zurückgegeben, weil er gegen die Pläne ist.
"Laute Botschaft an die Regierung"
Die Gewerkschaften laufen bereits seit zwei Jahren Sturm gegen den Sparkurs. "Wir werden eine laute Botschaft an die Regierung und das politische System senden", sagte der Chef der Gewerkschaft Adedy, Costas Tsikrikas. Auf den Bannern der Demonstranten waren Slogans wie "Die Macht dem Volk" oder "Die Regierung muss stürzen" zu lesen. Abseits der Proteste blieb es ruhig in den Straßen Athens. Dort waren die Schaufenster geschlossener Geschäfte mit Postern beklebt, auf denen stand: "Wir schließen für heute, so dass wir nicht für immer schließen müssen."
Griechenland muss harte Spar- und Reformauflagen erfüllen, im Gegenzug für Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF). Ohne fremde Hilfe kann das Land seine Schulden nicht mehr bedienen. Ein Zahlungsausfall aber könnte die gesamte Euro-Zone in eine tiefe Krise stürzen. Das Land steckt das dritte Jahr in Folge in der Rezession. Die Staatsverschuldung beläuft sich auf 162 Prozent der Wirtschaftsleistung. Beim EU-Gipfel am Sonntag in Brüssel soll eine Strategie für das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise vorgestellt werden. (APA/Reuters)>
19.10.2011: Die ewigen Demonstrationen in Athen bringen viele Geschäfte in die Pleite
aus: Basler Zeitung online: <"Bei einer Demonstration verlierst du 1000 Euro am Tag">; 19.10.2011;
http://bazonline.ch/wirtschaft/konjunktur/-Bei-einer-Demonstration-verlierst-du-1000-Euro-am-Tag/story/21605619
Ihre E-Mail wurde abgeschickt.
In Szenen wie dieser kürzlich flackert die wachsende Verärgerung und Verzweiflung auf, die viele Griechen inmitten von Finanzkrise, Sparzwängen, Demonstrationen und Streiks packt. «Es ist eine Katastrophe. Das macht uns kaputt», stöhnt Nikos Trovas. Er führt eine Parkgarage am Syntagma-Platz vor dem Parlament, der zum Brennpunkt des Protests geworden ist. «Die Strassen sind jeden Tag dicht. Also sitzen wir hier mit den Angestellten herum, gucken uns an und haben nichts zu tun.»
Früher ging es im Zentrum so quirlig zu, dass viele auf einen Aufschwung zu hoffen wagten. Jetzt, wenn nach Streik und Demo die Parolen verhallt sind und das Tränengas sich verzogen hat, besehen sich die Geschäftsleute den Schaden und fragen sich, wie lange sie das noch durchhalten können. Trovas sagt, sein monatlicher Umsatz sei im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent eingebrochen. Das grösste Problem sei, dass die Demonstrationen häufig in Zusammenstösse zwischen steinewerfenden Jugendlichen und Polizisten ausarteten. «Das wirkt sich langfristig aus. Wenn die Leute die Krawalle sehen, haben sie Angst, mit dem Auto in die Innenstadt zu kommen.»
Kein Interesse mehr an Pelzen
Wer im Zentrum seinen Lebensunterhalt verdient, weiss nicht, wem er die Schuld an der Situation geben soll: der Regierung, die keine Alternative sieht zu Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen, wenn die Rettungsgelder fliessen sollen? Oder den Protestierern, die die Politiker satt haben? Bei jeder grösseren Demonstration lassen Läden und Cafés schleunigst die Rolläden herunter, die nach unzähligen eingeschlagenen Schaufenstern bei Krawallen der letzten Jahre eingebaut wurden. «Bei einem Streik oder einer Demonstration verlierst du 1000 Euro am Tag. Wir machen weiter, ohne Hoffnung», sagt Constantinos, der nach Abzug der Demonstranten sei Café am Syntagma-Platz wieder öffnet und seinen Nachnamen sicherheitshalber nicht genannt wissen möchte.
Nicht nur die Autofahrer meiden das Stadtzentrum. In dem beliebten Einkaufsviertel hinter dem Syntagma stehen jetzt mehr und mehr Läden leer. An den Schaufenstern steht «Zu vermieten». «An 200 von 365 Tagen können wir nicht arbeiten», sagt verärgert die Inhaberin eines Modegeschäfts, Georgia Brezati. «Das Zentrum ist die ganze Zeit dicht, und niemand unternimmt was dagegen. Ich kann nicht für 365 Tage im Jahr besteuert werden und nur an 100 Tagen arbeiten.» Es gehe stetig bergab, klagt sie. «Es herrscht eine schreckliche Unsicherheit.» Zudem komme die Gegend um den Syntagma immer mehr herunter, wenn Geschäfte aufgäben und sich zunehmend Kleinkriminelle, Bettler, Stadtstreicher und Drogensüchtige zeigten.
Kunden lassen sich kaum blicken. Brezati sitzt an einem Tischchen vor ihrem Laden und schlürft einen Kaffee. Passanten betrachten flüchtig die Lederjacken und Pelzmäntel im Schaufenster, aber sie treten nicht ein. «Unsere Kunden kommen nicht mehr, um etwas zu kaufen», sagt sie. «Sie kommen, um ihre Pelze und Ledermäntel zu verkaufen, weil sie das Geld brauchen, um die Strom- und Wasserrechnung zu bezahlen.» (kpn/dapd)>
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20.10.2011: Der erste Tote in Athen - und es droht Zwangswirtschaft bei den EU-Banken
aus: 20 minuten online: Griechenland-Krise: Krawalle fordern den ersten Toten; 20.10.2011;
http://www.20min.ch/finance/dossier/eurokrise/story/Krawalle-fordern-den-ersten-Toten-27653973
Ein Krankenhaus der griechischen Hauptstadt gab den Tod des 53 Jahre alten Mannes am Nachmittag bekannt. Über die genaue Todesursache gab es zunächst keine genauen Angaben. Bereits am Mittwoch war es zu schweren Krawallen in Athen gekommen.
<In Athen gingen erneut Tausende auf die Strasse gegangen. Bei Angriffen von Krawallanten auf die friedliche Demonstration kam ein Demonstrant ums Leben.
Die Demonstration begleitete den Generalstreik, der das öffentliche Leben in Griechenland am zweiten Tag in Folge weitgehend lahm legte. Der Streik betraf den öffentlichen Nahverkehr und die Verwaltung des Landes. Auch Schulen und zahlreiche Geschäfte blieben geschlossen.
Verschärfung des Sparkurses
Das griechische Parlament hatte am Mittwochabend ungeachtet der Proteste in einer Grundsatzabstimmung für eine weitere Verschärfung des Sparkurses gestimmt. Eine Abstimmung über Einzelmassnahmen soll am Donnerstag folgen.
Das in der Bevölkerung umstrittene Paket sieht unter anderem Stellenstreichungen und Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst sowie Steuererhöhungen vor. Die Sparmassnahmen sind eine Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) für das hochverschuldete Land.
Troika uneins
Die Auszahlung der nächsten Tranche der Hilfszahlung über acht Milliarden Euro verzögert sich allerdings. Die so genannte Troika, bestehend aus dem IWF, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB), hat ihren Abschlussbericht, den sie ursprünglich am Mittwoch vorlegen wollte, noch nicht veröffentlicht.
Im Entwurf des Berichts, welcher der Nachrichtenagentur Reuters vorlag, wird zwar die Zahlung der nächsten Kredittranche so schnell als möglich empfohlen. Offenbar gibt es innerhalb der Troika jedoch noch Unstimmigkeiten. Der IWF hält die Defizitprognosen von EU- Kommission und EZB für das hochverschuldete Land für zu optimistisch, wie ein EU-Vertreter am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte.
Der Fonds wolle die Beschlüsse der Eurogruppe und des Europäischen Rats abwarten, bevor er die Gelder freigebe, erklärte ein zweiter EU-Offizieller. Die Gremien der EU wollen am Wochenende in Brüssel über Lösungen für die Schuldenkrise entscheiden. Gegenüber der DPA dementierte ein hoher EU-Diplomat Gerüchte, wonach der Gipfel vertagt werden soll.
EU-Währungskommissar Olli Rehn dementierte die Aussagen der beiden Offiziellen allerdings. Es gebe keine Meinungsverschiedenheiten, liess er über einen Sprecher in Brüssel ausrichten.
Staaten wollen Banken notfalls zwingen
Debattiert wird auch über die Beteiligung privater Gläubiger an der Entschuldung Griechenlands. Einige Staaten der Eurozone wollen ihre Banken notfalls zu einem Schuldenschnitt zwingen, sagte einer der EU-Vertreter.
«Seien wir ehrlich, jeder weiss, dass ein Schuldenschnitt von 50 Prozent, wie ihn Deutschland fordert, kein freiwilliger Schritt ist.» Mehrere Regierungen arbeiteten deshalb an «sehr aggressiven Szenarien».
Ende Juli hatte die Finanzbranche zugestimmt, sich freiwillig am zweiten Rettungspaket für Griechenland mit rund 50 Mrd. Euro zu beteiligen. Dies läuft über einen Forderungsverzicht in Höhe von 21 Prozent und über den Rückkauf und Tausch von griechischen Staatsanleihen. Die Politik pocht aber auf eine stärkere Beteiligung der Banken.
(sda)>
<Italien und Griechenland haben die meisten ihrer Schulden bei französischen Banken angehäuft. Das geht aus einer aktuellen Aufstellung der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hervor.Die Schulden der beiden Staaten bei französischen Banken erhöhten sich im Vergleich zum Vorquartal leicht - bei den deutschen Banken hingegen gingen sie im gleichen Zeitraum zurück.
Laut BIZ schuldete Griechenland deutschen Banken 21,3 Mrd. Dollar, nach 23,7 Mrd. im Vorquartal. Italien muss deutschen Banken 161,76 Mrd. Dollar zurückzahlen, im Vorquartal waren es noch 164,93 Mrd. Dollar gewesen.
Die grössten Gläubiger Frankreichs sind laut BIZ britische Banken, die 305,26 Mrd. Dollar ausliehen, gefolgt von deutschen Banken, bei denen sich Frankreich 223,29 Mrd. borgte.
(sda)>Laut einem Bericht der «Financial Times Deutschland» schlägt Barnier in einem vertraulichen Entwurf für eine Reform des Gesetzes zu den Ratingagenturen vor, den Bonitätshüter die Veröffentlichung der Einschätzungen über die Kreditwürdigkeit von Ländern vorübergehend zu untersagen. Das Recht, des Verbot zu erlassen, soll laut Barnier die Wertpapieraufsicht ESMA erhalten.
Ein Verbot könne verhindern, dass ein Rating in einem «unangebrachten Moment» publiziert werde, womöglich «mit negativen Folgen für die Finanzstabilität des Staates und destabilisierenden Effekten für die Weltwirtschaft», heisst es im Entwurf. Laut Barniers Vorschlag ist ein Rating-Verbot nur dann möglich, wenn sich ein Land in Hilfsverhandlungen befindet.
Gefährliche Abwärtsspirale
EU-Kommissar Barrier stellt die Arbeit der Bonitätshüter infrage und ist überzeugt, dass sie die Bonität von Staaten nicht immer richtig einschätzen. Ein Kreditwürdigkeitsranking ist für ein Land von grosser Bedeutung, denn es bildet die Grundlage für die Konditionen, zu welchen sich eine Regierung auf dem Kapitalmarkt refinanzieren kann. Wird das Rating schlechter, kann die Abwärtsspirale erst recht in Bewegung kommen.
Derzeit ist es Griechenland, Irland und Portugal nicht möglich, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Ihre Bonitätsnoten sind zu schlecht, die Kreditkosten nicht tragbar. Die Länder erhalten Geld von der EU und vom Internationalen Währungsfonds. Zahlreiche Ökonomen sind der Meinung, dass mittelfristig auch Italien und Spanien um Finanzspritzen der Gemeinschaft betteln müssen.
Noch ist Barniers Maulkorb für die Ratingagenturen aber erst ein Vorschlag. Der EU-Kommissar will die Vorlage im November vorbringen. Dann braucht es die Zustimmung des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten. Vor Herbst 2012 dürfte das Gesetz nicht in Kraft treten.
(sas)>
<Autor: Robin Alexander
Der Bundestag droht der Koalition, die Gefolgschaft zu verweigern. Die Regierung liegt mit Paris im Clinch. Kanzlerin Merkel verzichtet auf die Regierungserklärung.
Kurz vor Mitternacht kam doch noch die ersehnte E-Mail aus Brüssel: Mittwoch Nacht, um 23 Uhr 40, erreichten maßgebliche Politiker in Deutschland endlich die sogenannten „Guidelines“, also die Richtlinien, wie der erweiterte Euro-Rettungsschirm arbeiten soll, der technokratisch ESFS abgekürzt wird.
21 Seiten quollen danach aus den Druckern, auf denen stand, wie die 780 Milliarden Bürgschaft (deutscher Anteil: 211 Milliarden) konkret angewandt werden soll, alles in Finanz-Englisch – für eine deutsche Übersetzung war keine Zeit gewesen.
Entscheidenden Ausführungen fehlen
Deshalb beugten sich am Donnerstagmorgen die Parlamentarier des Haushaltsausschusses im Reichstag mit Wörterbüchern und Smartphones mit Übersetzungsapps über den Text. Sie suchten die entscheidende Stelle – und wurden nicht fündig: der „Hebel“ (englisch: „leverage“) fehlte in dem Text.
Damit blieb die wichtigste Frage offen: Soll das Steuerzahlergeld genutzt werden, um noch mehr Geld auf den Finanzmärkten zu akquirieren? Sollen aus den Milliarden also Billionen gemacht werden, damit nicht nur das kleine, klamme Griechenland, sondern auch das große Italien oder gar das sehr große Frankreich abgesichert werden können?
AnzeigeDie „Guidelines“ boten nur Andeutungen. „Da hat sich doch vielleicht ein Hebelchen versteckt …“ setzte der Abgeordnete Manuel Sarrazin (Grüne) zu Beginn der Sitzung noch launig auf Facebook – bevor ihm der Spaß verging.
Kauder macht Ärger auf Brüssel Luft
Während im Reichstag die Abgeordneten übersetzten, steckten unweit davon noch Mächtigere die Köpfe zusammen. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder, war morgens ins Kanzleramt geeilt. Dort beriet er mit Angela Merkel, wie man das Parlament auch diesmal wieder in die Euro-Rettung einbeziehen könnte: Reicht ein Votum des Haushaltsausschusses?
Oder muss der Bundestag noch einmal als Ganzes zusammentreten? Schon zu diesem Zeitpunkt wurde eine Idee ventiliert, die Stunden später die Märkte rund um den Globus in Aufregung versetzte: Die Bundesregierung könnte den Gipfel auch verschieben.
Davon erfuhr am Morgen noch niemand. Aber wie sauer der Fraktionsvorsitzende auf Brüssel war, dass ließ er die Öffentlichkeit sofort wissen. Der sonst die Medien nicht suchende Kauder gab dem Onlinedienst des „Spiegels“ ein Interview: „Ein solches Werk kann nicht innerhalb von einer Stunde bearbeitet werden“, schimpfte er mit Blick auf die „Guidelines“. Kauder weiter: „Das geht so jetzt nicht mehr. Die Europa-Ebene muss auf die nationalen Parlamente mehr Rücksicht nehmen.“
Linke – "Anschlag auf demokratische Grundordnung"
Mit diesem Manöver wollte sich Kauder an die Spitze einer fraktionsübergreifenden Bewegung von Abgeordneten setzten, die nicht schon wieder im Schweinsgalopp über Milliardengarantien entscheiden wollte. Die Oppositionsfraktionen wollten das Plenum – also alle Abgeordneten – befassen, nicht nur den Haushaltsausschuss.
Als erstes legte sich die Linke fest: „Das ist ein Anschlag auf die demokratische Grundordnung unserer Staates“ schimpfte der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi nach einer Fraktionssitzung: Ein Hebel ohne Bundestagsabstimmung sei schlicht undenkbar.
Verschwörungstheorie unter Unions-Abgeordneten
Schlimmer für die Regierung war, dass sich die Sozialdemokraten dieser Haltung anschlossen. Die Entscheidung, die Kapazität des EFSF auf „ein oder zwei Billionen Euro“ zu erweitern, berühre die „haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages“, erklärte der Fraktionsgeschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, zum Entsetzten seines christdemokratischen Verhandlungspartners Peter Altmaier.
Unter christdemokratischen Abgeordneten kursierte sogar eine Verratstheorie: Der verantwortungsvolle Oppermann sei gegen seinen Willen vom SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel quasi angewiesen worden, Schwarz-Gelb bei der Euro-Rettung ein weiteres Mal zum Schwur zu zwingen.
Dem Willy-Brandt-Haus gehe es allein um den Sturz einer bürgerlichen Regierung. Allerdings legten sich auch die Grünen, die keine Befehle aus der SPD-Parteizentrale ausführen, auf das Parlament fest: „Wir erwarten, dass über diese Regeln im Plenum und öffentlich diskutiert und entschieden wird“, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin.
Steuerzahlergeld zum Schutz von Privatem riskieren?
Nicht nur der absurde Zeitdruck, sondern auch der Plan als solcher bereitete vielen Volksvertretern Kopfschmerzen. Denn der erwogene Hebel könnte so funktionieren: Der Rettungsschirm kauft nicht selbst die Anleihen kriselnder Staaten, sondern versichert einen Teil ihres Ankauf durch Dritte. Dafür spricht, dass man so viel mehr Geld bewegen kann.
Dagegen spricht jedoch, dass im Verlustfall die versicherten Dritten nur einen Teil ihrer Anlage abschreiben müssen, der Rettungsschirm aber seinen Anteil voll. „First loss“-Prinzip heißt diese Methode, mit der wieder Steuerzahlergeld zum Schutz von Privaten verbrannt würde.
Die Abgeordneten quälte eine weitere Überlegung: Hebelgeschäfte hatten doch erst die Finanzmärkte in Unordnung gebracht und sollten – so wollen es viele im Bundestag – am besten verboten werden. Und nun soll der Staat selbst hebeln?
Lammert gegen Parlaments-Votum zum Hebel
Nicht nur die Opposition trieb das um. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach kritisierte, das Ausfallrisiko für die deutschen EFSF-Garantien würde durch einen Hebel „wesentlich erhöht“. Rechtlich wäre ein Votum des Bundestags darüber wohl nicht nötig, sagte Bosbach dem „Kölner Stadtanzeiger“: „Aber für die Forderung habe ich politisch Verständnis.“
Die Hebelwirkung wäre „eine Überschreitung der roten Linie“. Bosbach hatte bereits Ende September gegen die Ausweitung des EFSF gestimmt. Ähnlich äußerte sich der FDP-Dissident Frank Schäffler. Geradezu erleichtert wurde in Regierungskreisen deshalb Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zitiert.
Der oberste Parlamentarier, der noch vor wenigen Wochen quasi im Alleingang den Skeptikern des Rettungsschirmes Rederecht im Parlament gewährt hatte, hielt diesmal eine Abstimmung über den Hebel der EFSF im Parlament nicht für nötig. Der Haushaltsausschuss sei das richtige Gremium.
Streit mit Frankreich
Dennoch kulminierten die Probleme der Regierung am Nachmittag: Die Parlamentarier weigerten sich, ohne konkrete Beschreibung des Hebels über den EFSF abzustimmen. Der in Brüssel über den Hebel verhandelnde Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen konnte aber diese Beschreibung nicht liefern, weil er sich mit den europäischen Partnern in dieser Frage noch nicht einigen konnte. Alles schien auf eine dramatische Nachtsitzung hinauszulaufen.
Die Schwierigkeit lag darin: Vor allem mit dem Herzenspartner Frankreich war man sich nicht einig. Präsident Nicolas Sarkozy stand so unter Druck, dass er am Mittwoch sogar die Geburt seiner Tochter versäumte, um die Kanzlerin zu überreden. Sarkozy flog dafür nicht nach Berlin, sondern nach Frankfurt, wo EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mit großem Bahnhof in den Ruhestand verabschiedet wurde.
Sarkozy will EFSF-Hebelung durch EZB
Dort war der französische Präsident nicht angemeldet gewesen – und holte in den anschließenden vertraulichen Gesprächen eine alte Idee hervor, die Deutschland längst beerdigt hatte. Die Hebelung des Rettungsschirms EFSF über die EZB. Der Präsident forderte dem Vernehmen nach eine Banklizenz für den Rettungsfonds, mit der dieser sich direkt Geld bei der Notenbank besorgen könnte, um damit wiederum Staatsanleihen Not leidender Euro-Länder zu kaufen.
„Der Druck auf die Notenbank steigt, gerade aus Frankreich“, hieß es im Anschluss an das Treffen. Der Krach war perfekt. Denn EZB, Bundesbank und Bundesregierung lehnen diesen Vorschlag rundweg ab. Dieses geldpolitische Perpetuum Mobile, bei dem die EZB das Geld druckt, mit dem die EFSF dann die Anleihen kauft, um sie der Notenbank wiederum als Sicherheit für neue Kredite zu geben, ist laut EU-Verträgen verboten. Unverrichteter Dinge musste Sarkozy deshalb zurückkehren zu Kind und Ehefrau im Wochenbett. Er rückt von seinen Vorstellungen aber nicht ab.
Angst vor Einbruch der Aktienmärkte
Deshalb erwog die Bundesregierung am Donnerstagnachmittag für ein paar Stunden sogar, den Gipfel zu verschieben. Als „Welt Online“ darüber berichtete, gab der Eurokurs gegenüber dem Dollar deutlich nach. In europäischen Hauptstädten ging die Angst vor einem Einbruch der Aktienmärkte um.
Die Kanzlerin sagte einen öffentlichen Termin bei der Kultusministerkonferenz ab und eilte zurück ins Kanzleramt. Schließlich fand man in sehr hektischen Telefonaten eine Lösung, die marktschonend schien, aber auch die Parlamentarier nicht überfordern sollte: Die Entscheidung über den Hebel wurde vertagt, aber nicht der Gipfel. Er soll nun am Wochenende in Brüssel stattfinden – und spätestens kommenden Mittwoch wiederholt werden. Erst dann soll endgültig entschieden werden. Ihre für Freitag geplante Regierungserklärung sagte die Kanzlerin am frühen Abend ab.
Mitarbeit: Jan Dams, Daniel Sturm>
Heftige Ausschreitungen nach Protesten
Zehntausende Griechen protestieren heftig gegen die Sparpläne der Regierung.
IWF, EZB und EU rechnen mit einer Pleite Griechenlands. Angesichts der schlechten Lage sehen die Experten kaum noch eine Basis für eine weitere Unterstützung.Die Beobachter von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank und EU-Kommission verlieren die Geduld mit Griechenland. Zwar empfiehlt die Troika in ihrem Bericht die Auszahlung der sechsten Hilfstranche in Höhe von acht Milliarden Euro für das von Schulden- und Wirtschaftskrise gebeutelte Land. Gleichzeitig aber stimmten die Experten Athen darauf ein, dass es bei der nächsten Runde im Frühjahr kein Geld mehr geben dürfte, wenn sich die Lage vor Ort nicht grundsätzlich bessert. Der Grund: Griechenland sei einfach nicht dauerhaft schuldentragfähig.
Mit diesem Fazit hätten IWF, EZB und EU dem Land nach geltender Rechtslage schon jetzt kein Geld mehr geben dürfen. Dass Athen trotzdem noch einmal geholfen werden soll, liegt vermutlich vor allem am Stand der Vorbereitungen im Rest der Euro-Zone auf die drohende Zahlungsunfähigkeit.
Erst soll der erweiterte Euro-Rettungsschirm EFSF handlungsfähig sein, bevor Griechenland in irgendeiner Form den Schuldenschnitt wagen könne, heißt es schon seit Wochen bei Europas Regierungschefs. Die anderen EU-Partner fürchten, dass eine unkontrollierte Pleite des maroden Partners im Süden den Rest der Euro-Zone mit in den Abgrund reißen könnte. Der Rettungsfonds soll dagegen als eine Art Schutzwall dienen.
Ergebnis der Troika ist ernüchternd
Unter dem Strich ist das Ergebnis des Troika-Berichts für Griechenland ernüchternd – trotz einiger positiver Entwicklungen: „Der Rückgang der Wirtschaftsleistung ist substanziell größer als vorausgesagt“, heißt es da etwa, oder: „Die mittelfristigen Wachstumsaussichten könnten noch einmal nachreduziert werden.“ Auch mit dem Reformtempo sind die Experten unzufrieden: „Die Implementierung der wachstumsstärkenden Strukturreformen geht weiter, aber die Geschwindigkeit der Reformen ist unzureichend.“
AnzeigeUnd vor allem: Das Grundproblem bleibt ungelöst. „Die Dynamik der Staatsverschuldung bleibt extrem besorgniserregend.“ Wäre der Troika-Bericht ein Zwischenzeugnis für Schüler, hieße das Ergebnis zusammengefasst: versetzungsgefährdet.
Wer in die Tiefen des Reports eindringt, findet erschreckende Erkenntnisse – etwa zum Privatisierungsprogramm, das angeblich 50 Mrd. Euro bringen soll und als eine Kernvoraussetzung für die Hilfen der Euro-Partner gilt: „Angesichts der langen administrativen und rechtlichen Abläufe liegen die Ziele für die nächsten Quartale außer Reichweite.“ Noch dazu habe sich die Marktlage stark verschlechtert im vergangenen Quartal. Mindestens ein Quartal liege Griechenland nun hinter der ursprünglichen Planung zurück.
Für die finanzielle Stabilität des Landes heißt das nichts Gutes. Ende vergangenen Jahres habe der Schuldenstand 140 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Wenn der Konsolidierungskurs und die Privatisierungsziele eingehalten würden, und wenn das Wachstum dank der Strukturreformen anspringen würde, dann könnte die Schuldenstandsquote ab dem übernächsten Jahr sinken. Aber eben nur dann. „Die Schuldenstandsquote bleibt auf einem sehr hohen Niveau für viele Jahre und wäre damit anfällig für widrige Schocks“.
Schuldentragfähigkeit könnte aberkannt werden
Verglichen mit der Lage einige Monate zuvor, habe sich die Schuldentragfähigkeit noch einmal verringert. „In einem Szenario, in dem die Umsetzung der Maßnahmen schwach ist, könnte dies nicht ausreichen, um die Schuldendynamik als tragfähig zu beschreiben.“
Das ist ein Warnschuss. Tut sich nicht bald etwas, muss die Troika demnächst Griechenland die Schuldentragfähigkeit aberkennen, heißt das. Dann aber werden IWF und EU kein Geld mehr an Athen zahlen können – zumindest sieht es die Vereinbarung so vor.
Allerdings sehen die Troika-Experten auch positive Entwicklungen in dem Land, das von wirtschaftlichem Zusammenbruch und Protesten auf den Straßen gezeichnet ist. Die Exporte würden sich erholen, teilweise sogar um 20 Prozent im zweiten Quartal. Zudem mache die Regierung Fortschritte bei ihren Konsolidierungsanstrengungen. Sie spart also. Ministerpräsident Giorgos Papandreou versuche außerdem, die Lage mit einem weiteren Sparpaket unter Kontrolle zu bringen.
Die Euro-Partner werden froh sein, dass sie bei so viel schlechten Aussichten auch den Troika-Bericht für Irland, den zweiten von insgesamt drei Unterstützungsfällen der Euro-Zone, erhalten haben. Das Land befinde sich weiter auf einem guten Weg. Es seien wichtige Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung, der Sanierung des heimischen Finanzsektors und der Wachstumsförderung gemacht worden. Sogar das angepeilte Wachstumsziel von stattlichen 10,5 Prozent könnte Irland in diesem Jahr noch erreichen.
Allerdings bleiben auch die Iren von der Weltkonjunktur nicht verschont, die sich gerade wegen der andauernden Euro-Krise merklich verschlechtert. „Aber die Verlangsamung der Entwicklung bei wichtigen Handelspartnern kühlt das Exportwachstum ab“, heißt es in dem Vierteljahresbericht der Troika.
<Seit Monaten ziehen die internationalen Geldgeber Athens an einem Strang, um Hellas vor der Pleite zu bewahren und auf Vordermann zu bringen. Der IWF schert aus der Gemeinsamkeit aus. Grund: Er traut den Griechen weniger zu als die Europäer. von Thomas Schmoll
Die Griechenland-Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) droht zu zerfallen. Hintergrund ist ein Streit der drei internationalen Geldgeber des Fast-Pleitestaates über die Bewertung der wirtschaftlichen Aussichten von Hellas. Den Entwurf zum jüngsten Prüfbericht, der Grundlage zur Entscheidung über den nächsten Hilfskredit von acht Mrd. Euro für Griechenland ist, legten die drei Institutionen unerwartet nicht gemeinsam vor. Nach dem Ende des jüngsten Aufenhtalts der Troika in Athen hatten die drei Institutionen noch eine gemeinsame Erklärung abgegeben.
Die Spaltung gefährdet die für Anfang bis Mitte November geplante Auszahlung der neuen Hilfsmilliarden an Griechenland. Athen wartet auf die acht Mrd. Euro - sonst droht der Bankrott. Während EU-Kommission und EZB in dem am Donnerstag bekanntgewordenen Berichtsentwurf zur Lage des hochverschuldeten Landes für eine möglichst schnelle Bereitstellung der Gelder plädieren, zeigt sich der IWF skeptisch. EU-Kreisen zufolge droht der Fonds sogar mit einer Blockade der Auszahlung. Die Troika muss die Reformen und Sparbemühungen des Euro-Landes als tragfähig beurteilen. Sonst darf die nächste Kredittranche nicht freigegeben werden. Der Bericht des Gremiums solle am Freitag den Euro-Finanzministern vorliegen, teilte die Kommission mit.
Die IWF-Experten in der Troika hielten die Defizitprognosen von EU-Kommission und EZB für das hochverschuldete Land für zu positiv, sagte ein EU-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Bei EU und EZB heißt es zwar auch, es gebe Mängel bei der Umsetzung des Sparprogramms. Die Regierung habe aber wichtige Fortschritte bei der Konsolidierung gemacht.
Nachdem die Nachrichtenagentur den Konflikt offenbarte, bemühte sich der IWF um Schadensbegrenzung. Der Fonds möchte die unterschiedlichen Ansichten nicht als Differenzen zur Einschätzung der Lage Griechenlands verstanden wissen. Der IWF arbeite weiter eng und effektiv mit den Partnern aus der EU-Kommission und der EZB zusammen, sagte ein Sprecher am Donnerstag in Washington. Die Ausbezahlung der acht Mrd. Euro erfolge wahrscheinlich wie geplant Anfang November.
Noch Anfang Oktober hatte die Troika Griechenland verschont. Obwohl Athen eingestand, seine Sparziele für 2011 zu verfehlen und das Defizit höher ausfallen wird als geplant, machten die drei internationalen Geldgeber klar, dass der Geldhahn nicht zugedreht werden soll. EU, IWF und EZB mussten sich vorwerfen lassen, in einem Dilemma zu stecken, nämlich einerseits die feste Absicht zu haben, Hellas vor dem Bankrott zu bewahren, und andererseits damit zu drohen, die nächsten Milliarden nicht herauszurücken, wenn Athen nicht genug spart.>Außerdem droht der mutmaßlich entscheidende EU-Gipfel wegen des Streits zwischen Frankreich und Deutschland über das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise zu platzen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Donnerstag kategorisch ausgeschlossen, dass sich der Krisenfonds EFSF - wie von Frankreich verlangt - zusätzliche Milliarden über die EZB beschaffen könnte. Er lehnt selbst eine Diskussion darüber ab. kanzlerin Angela Merkel (CDU) will das Spitzentreffen eher verschieben lassen, als es mit einem für Deutschland inakzeptablen Ergebnis zu beenden. Laut EU soll der Gipfel definitiv staatfinden.
Die acht Mrd. Euro wären der sechste und letzte Teilkredit aus dem 110 Mrd. Euro großen Hilfspaket für Griechenland, das im Mai 2010 vereinbart worden war. Der vorläufige Berichtsentwurf von EU und EZB weist darauf hin, dass für das laufende Jahr noch nicht alle Haushaltslücken geschlossen seien. Trotzdem seien sie zuversichtlich, erklärten die zwei Troika-Mitglieder. Dank der zusätzlichen Sparschritte Athens würden die Defizitziele 2012 erreicht. In Griechenland sind die Maßnahmen mehr als umstritten. Auch am Donnerstag gingen Tausende Griechen auf die Straße. Wie am Vortag kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen vor allem in Athen. Am Abend sollte das Parlament endgültig über ein neues Sparpaket befinden. Es ist Voraussetzung für die Umsetzung des vereinbarten zweiten Rettungspakets für Griechenland. Dieses wurde im Juli geschnürt und beinhaltet auch eine Beteiligung privater Gläubiger in Form eines teilweisen Forderungsverzichts.><von Nikolas Neuhaus
In ihrer Not greifen die Euro-Retter tief in die Trickkiste. Mit einem Kunststück besonderer Art wollen sie ganz ohne Risiko aus 440 Milliarden Euro ein Vielfaches machen: dem Hebel. Was nach düsterer Magie klingt, ist in Wahrheit simple Finanzmathematik. Und die spricht eine klare Sprache: Geschenkt gibt's nichts.
Es wäre auch zu schön gewesen. Als hätte bislang nur noch niemand daran gedacht, zieht die Politik plötzlich ein Instrument aus dem Hut, das die Sorgen um einen zu kleinen Euro-Rettungsschirm vergessen machen soll: Der Hebel. Er soll dafür sorgen, dass nicht nur die Finanznot kleiner Sorgenstaaten wie Irland, Portugal oder Griechenland keine Kettenreaktion auslösen, sondern im Zweifel auch die Nöte von Schwergewichten wie Italien oder Spanien begrenzt werden können, ohne einen finanziellen Flächenbrand in ganz Europa zu entfachen. Der Haken: Auch die geballte Kompetenz der Europäischen Union wird physikalische Grundregeln eines Hebels nicht außer Kraft setzen. Im Klartext: Von nichts kommt nichts.
Ohne einen Hebel läuft es bislang so: Der Rettungsfonds gibt Anleihen aus und sammelt damit Geld am Kapitalmarkt ein, also insbesondere von Banken. Mit diesem Geld kann die EFSF dann in Euro-Krisenstaaten wiederum zur Stabilisierung Staatsanleihen aufzukaufen oder Notkredite vergeben. Damit die Geldgeber der EFSF keine Pleite fürchten müssen, garantieren die Euro-Staaten mit insgesamt 440 Mrd. Euro dafür, dass sie Verluste aus möglichen Staatspleiten ausgleichen. Damit sind die Euro-Mitgliedsländer derzeit so etwas wie eine Vollkaskoversicherung: Geht ein Land, dem von der EFSF geholfen wird, in die Insolvenz, dann stehen die Euro-Staaten für Verluste des Rettungsfonds gerade.
Mitspieler
Um aus den 440 Mrd. Euro nun mehr Geld zu machen, müsste der Rettungsschirm neben den Euro-Staaten noch weitere Institutionen mit ins Boot holen, die im Zweifel ebenfalls für mögliche Verluste gerade stehen. Denn nichts anderes ist ein Hebel. Verlieren neben den Euro-Staaten potenziell auch noch andere Gläubiger ihr Geld, falls es zu einer Pleite kommt, können die Euro-Staaten zusätzlich auch mit diesem Geld Rettungsaktionen durchführen, obwohl ihr eigener Verlust bei 440 Mrd. Euro begrenzt bleibt.
Das exzessive Hebeln von Finanzgeschäften ist spätestens mit der Finanzkrise als Brandbeschleuniger gebranntmarkt. Doch das Grundprinzip eines Hebels ist viel weiter verbreitet als in windigen US-Hypothekengeschäften. Nicht nur basiert das gesamte Geschäftsmodell der so genannten Heuschrecken auf diesem Prinzip, die mit wenig Eigenkapital und viel geliehenem Geld immens große Übernahmen schultern. Im Kern steckt es hinter jeder Investitionsentscheidung von Unternehmen oder Verbrauchern, die sich dafür Geld leihen.
Geht ein Häuslebauer zur Bank, um sich zu seinen 60.000 Euro noch weitere 240.000 Euro zu leihen, mit denen er dann eine Immobilie für 300.000 Euro finanzieren kann, "hebelt" er sein eigenes Kapital. Die Bank gibt einen Großteil des Geldes zum Hausbau hinzu. Dafür kassiert sie einen festen Zinssatz und riskiert im Gegensatz, auf Verlusten sitzen zu bleiben. Der Hausbauer kann jedoch hoffen, dass seine Immobilie nach dem Bau deutlich mehr als das investierte Geld wert sein wird.
Wer haftet?
Für den Euro-Rettungsschirm heißt das: Soll ohne zusätzliche Staatsgarantien mehr Geld zur Rettung von Euro-Staaten bewegt werden, müssten weitere Gläubiger haften. Und genau hier scheiden sich zwischen Deutschland und Frankreich nun die Geister.
Deutschland favorisiert ein so genanntes Teilkasko-Modell. Wie bei einer Autoversicherung der Besitzer bleibt bei den Rettungsschirm-Anleihen der Gläubiger auf einem Teil des Schadens sitzen. Im Falle der EFSF wären es die Geldgeber des Rettungsschirms, also Banken und andere Investoren. Im Gespräch ist dabei die Haftung für 20 bis 30 Prozent, den Rest müssten die Gläubiger selbst aufbringen. Käme es beispielsweise zu einem Schuldenschnitt bei einem unterstützten Euro-Staat von 50 Prozent, würden die Garantien der Euro-Staaten 20 bis 30 Prozent des dabei entstehenden Verlustes auffangen, der Rest ginge auf die Kappe der Gläubiger.
Frankreich pocht dagegen auf das EZB-Modell. Die Käufer der EFSF-Anleihen blieben dabei ungeschoren, dafür ginge die Europäische Zentralbank ins Risiko. Für den EZB-Hebel müsste die EFSF eine Banklizenz erhalten. Dies würde dem Schirm gestatten, aufgekaufte Staatsanleihen bei der EZB zu parken und dafür Geld zu leihen. Mit diesem Geld könnte die EFSF dann weitere Anleihen kaufen, die sie wieder bei der EZB hinterlegen könnte. Bundesfinanzminister Schäuble ist strikt gegen ein solches Modell, das aus seiner Sicht nach dem EU-Vertrag verboten ist.
Wer zahlt?
Schon langjährige Altkanzler wussten: Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Beim EFSF-Hebel geht es deshalb letztlich nicht um die Frage, wer im ersten, sondern wer im letzten Schritt für Staatspleiten und andere Ausfälle aufkommt.
Im Falle der von Frankreich geforderten EZB-Beteiligung ist die Frage leicht zu beantworten: Wird eine Staatsanleihe, die als Sicherheit bei der EZB liegt, nicht mehr bedient, dann bleibt am Ende auch die EZB auf diesem Ausfall sitzen. Damit müsste die Zentralbank von ihren Mitgliedsstaaten refinanziert werden. Vereinfacht gesagt würden damit letzten Endes die europäischen Steuerzahler für die Pleite eines Euro-Staats geradestehen. Das Versprechen der Politik, nicht stärker als mit 211 Mrd. Euro in der Pflicht zu stehen, wäre damit gebrochen.
Doch auch beim deutschen Teilkasko-Modell muss das Haftungsversprechen nicht unbedingt eingelöst werden. Kommt es tatsächlich zu einem groß angelegten Schuldenschnitt eines klammen Euro-Staats, wären die Investoren des Rettungsschirms gefragt und müssten bluten. Ordnungspolitisch wäre das zwar wünschenswert. Doch wenn im Fall der Fälle bei den Banken wegen hoher Abschreibungen das Geld wieder knapp wird und am Ende der deutschen Wirtschaft eine Kreditklemme droht, könnten die Karten neu gemischt werden. Dann werden aus Verlusten für Banken rasch Rettungspakete der Steuerzahler - es wäre nicht das erste Mal.
Unbeantwortet ist bislang auch eine ganz andere Frage: Welcher Investor würde sich auf das Spiel einlassen? Wer heute die Anleihen angeknackster Euro-Staaten kauft, kassiert dafür beispiellos hohe Renditen, sofern das Land durchhält. Mit der Garantie, Verluste von 20 bis 30 Prozent auszugleichen, droht im schlimmsten Falle immerhin noch ein Verlust von bis zu 80 Prozent. Ein solches Risiko würden Investoren wohl entweder ganz scheuen oder sich fürstlich entlohnen lassen. Weil sie wissen, dass die Politik ohne ihr Geld aufgeschmissen wäre, dürfte der Widerstand gering ausfallen.
An welcher Stelle Europas Politiker auch mit ihrem Finanzzauberkasten ansetzen, wirft dies eine ganze Reihe von Fragen und Problemen auf. Sicher ist nur eines: Zusätzliches Geld ohne zusätzliches Risiko gibt es nicht, ob mit oder ohne Hebel. Am Ende des Tages kommt dafür die Rechnung, auch wenn noch nicht klar ist, wer sie zahlen wird.>
Das griechische Parlament hat einem umstrittenen neuen Spargesetz zugestimmt. Für das sogenannte "Multi-Spargesetz" stimmten 153 Abgeordnete der regierenden sozialistischen Pasok und eine unabhängige Abgeordnete; dagegen votierten 144 Abgeordnete. Eine sozialistische Abgeordnete wich von der Parteilinie ab und votierte gegen einen Artikel des neuen Gesetzes, der die Arbeitsverträge in Griechenland betrifft.
Ministerpräsident Giorgos Papandreou schloss die Abgeordnete aus der Pasok-Parlamentsgruppe aus. Sie wurde damit unabhängig. Damit schrumpfte die Mehrheit der regierenden Sozialisten um einen Sitz auf 153 Abgeordnete im 300-köpfigen Parlament.
Mit dem neuen Spargesetz wird die Entlassung von Staatsbediensteten ermöglicht. Zudem werden ihre Löhne und viele Renten um rund 20 Prozent gekürzt. Dieses Gesetz war eine der Voraussetzungen, damit die Geldgeber Griechenlands grünes Licht für die nächste Tranche der Finanzhilfe für das vom Bankrott gefährdete Land geben.
Die Abgeordnete der Sozialisten und ehemalige Arbeitsministerin Louka Katseli stimmte gegen den Artikel 37 des Spargesetzes. In diesem Artikel wird einzelnen Betriebsräten kleiner Unternehmen erlaubt, Löhne zu akzeptieren, die niedriger sind als die Tarife, welche die Dachverbände der jeweiligen Gewerkschaften ausgehandelt haben. Dies werde ihren Worten nach ein Chaos am Arbeitsmarkt auslösen.
ND nicht im Sparboot
Giorgos Papandreou (links) und Antonis Samaras ziehen nicht an einem Strang.
Die konservative Nea Demokratia (ND) verweigerte erneut ihre Zustimmung zu den Sparplänen der Regierung. Ihr Chef Antonis Samaras kritisierte das Vorgehen der Regierung Papandreou scharf. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb der Politiker: "Von Beginn an haben wir gesagt, dass man einer Volkswirtschaft, die sich bereits in einer tiefen Rezession befindet, nicht auch noch eine exzessive Steuerlast aufbürden kann." Die ND liegt in allen Umfragen deutlich vor der Pasok.Die Vorgaben der Troika aus EU, EZB und IWF zur Entschuldung Griechenlands nannte Samaras "wirkungslos". In diesem Jahr hätte das Defizit um vier Prozentpunkte schrumpfen sollen, sagte Samaras. Stattdessen sei es in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 15 Prozent gestiegen. Die Staatseinnahmen hätten um 8,5 Prozent steigen sollen. Stattdessen seien sie um vier Prozent gesunken.
Am Rande von Demonstrationen mit zehntausenden Teilnehmern gegen den Sparkurs der Regierung war es in Athen auch zu Krawallen und Auseinandersetzungen von Demonstranten untereinander und mit der Polizei gekommen. Dabei starb ein Mensch an einem Herzinfarkt. 74 Menschen wurden verletzt.
wne/dpa>
<Von Oliver Trenkamp
Kleine Pause von der Euro-Krise: Angela Merkel ließ sich zeigen, wie eine Grundschule in Berlin-Wedding gegen die Probleme des Viertels kämpft. Die Kanzlerin warb für Sprachförderung und Integration - und bastelte mit den Kindern Mini-Fallschirme.
Der Fotograf, der am meisten riskiert hat für ein Bild der Kanzlerin an diesem Nachmittag, ist zehn Jahre alt: Ibrahim aus der 5c hat sein Samsung-Mobiltelefon in die Schule geschmuggelt, trotz des Handy-Verbots. Dann steht Angela Merkel vor ihm und tätschelt seine Schulter. Ibrahim fragt, ob er sie jetzt fotografieren darf.
Klar darf er, deswegen ist sie ja hier, der Bilder wegen.Die Kanzlerin hetzt von Krisentreffen zu Krisentreffen, am Vorabend diskutierte sie mit Nicolas Sarkozy in Frankfurt, am Wochenende soll es zum nächsten EU-Gipfel gehen. An diesem Donnerstagnachmittag aber sind Euro-Rettung und Schuldenkrise ganz weit weg, wenigstens für anderthalb Stunden. Merkel ist an die Erika-Mann-Grundschule nach Berlin-Wedding gekommen, um zu zeigen: Ihre Regierung hat die Innenpolitik nicht vergessen, sie kümmert sich auch um Integration und Bildung, um Ibrahim und seine Mitschüler. Deshalb läuft die Kanzlerin jetzt durch ein Spalier von Grundschülern, die Ercan heißen, Aytac und Gamze.
Von der "Bildungsrepublik" ist nicht viel geblieben
Merkel hat sich für das Schaulaufen eine Vorzeigeschule ausgesucht, die zwar in einem Problemviertel liegt, die aber die Probleme des Viertels ganz gut meistert: Acht von zehn Kindern hier haben Eltern, die nicht aus Deutschland stammen. Viele Eltern leben von Hartz IV. Die Schule reagiert mit Betreuungszeiten von 6 bis 18 Uhr, mit zwei Lehrern pro Klasse und Theaterunterricht für alle. Sie hat Preise für Gewaltprävention und Integration bekommen, drei Viertel der Schüler schaffen eine Realschul- oder Gymnasialempfehlung. Die Schule ist ziemlich erfolgreich, trotz aller Widrigkeiten.
Das Problem ist, dass man das von der Kanzlerin und ihrer Regierung kaum behaupten kann. Von der Vision einer "Bildungsrepublik", die Merkel vor drei Jahren ausrief, ist nicht viel mehr als das Schlagwort geblieben. Gerade erst nannte der DGB die Vision eine "Fata Morgana", denn noch immer gibt Deutschland zu wenig aus für Kindergärten, Schulen und Universitäten. Noch immer verlassen zu viele Jugendliche die Schule ohne Abschluss; noch immer schaffen viele junge Erwachsene keinen Berufsabschluss, darunter viele Kinder von Zuwanderern. Deren Eltern fühlen sich massiv benachteiligt.
Die Kanzlerin will zeigen, dass sie dagegen etwas unternimmt. Später am Nachmittag wird ihre Bildungsministerin Annette Schavan mit der Kultusministerkonferenz verabreden, dass der Bund den Ländern bei der Sprachförderung von Zuwandererkindern hilft. 4000 Kindertagesstätten sollen zu Modelleinrichtungen ausgebaut werden.
Die Elle der Kanzlerin misst 45 Zentimeter
Jetzt aber lässt Merkel sich erst mal im Werkraum zeigen, wie die Kinder Jonglierbälle kneten und Filztaschen basteln. Sie besucht die Kinder der Räuber-AG, die mit ihrer Lehrerin singen. Sie lässt im Rapunzel-Zimmer ihre Elle vermessen, so dass man jetzt weiß: Von der Fingerspitze bis zum Ellenbogen misst der Kanzlerinnenarm 45 Zentimeter. Merkel trägt das in eine Liste ein: "Angela, 45 cm" steht dort nun unter "Hahin, 33 cm". Und während sie sonst über Euro- und Banken-Rettungsschirme verhandelt, bastelt sie jetzt einen Mini-Fallschirm aus Schnur und Pappe.
Die Kanzlerin und die Kinder, ein Fest für Fotografen und Kamerateams. Sonst sieht man Merkel ja eher hinter grauen Rednerpulten stehen. Damit der Termin auch inhaltlich passt, hat die Kanzlerin Bernd Althusmann mitgebracht, den niedersächsischen Kultusminister und Präsidenten der Kultusministerkonferenz KMK, um Bildung dürfen sich schließlich nur die Bundesländer kümmern. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung darf mit auf die Fotos.
Für die Schüler ist es ein bisschen wie der Besuch eines Popstars. Sie rennen durch die Flure, fragen Merkels Mitarbeiter nach Autogrammkarten, lassen ihre Eltern auf dem Schulhof warten und sammeln selbst bei Journalisten Unterschriften. Kann ja sein, dass noch einer der anderen Erwachsenen berühmt ist.
Merkel kommt noch einmal auf den Hof, stellt sich vor die Kameras, lobt die Schule und die Lehrer. Nach den praktischen Einblicken sei sie nun bereit für "theoretische Diskussionen" mit den Kultusministern. Den Anschlusstermin bei der KMK sagt Merkel dann allerdings spontan ab, sie muss sich wieder mit Sarkozy streiten über die Euro-Rettung.
Ibrahim, der Fotograf aus der fünften Klasse, zeigt seinen Freunden, wie Merkel von seinem Handybildschirm lächelt. Kein Lehrer hat ihn erwischt und ihm sein Telefon weggenommen. Aber warum hat er es überhaupt riskiert? Er wolle das Bild verkaufen, rufen die anderen Jungen. Aber Ibrahim schüttelt den Kopf und sagt: "Die ist doch berühmt, oder?"
<Luxemburg (dpa) - Die Schuldensünder Griechenland und Portugal haben 2010 noch höhere Staatsdefizite angehäuft als bislang bekannt. Die Europäische Statistikbehörde Eurostat revidierte die Zahlen über die finanzielle Lage beider Euro-Länder. Nach neuesten Zahlen lag der Fehlbetrag im Haushalt 2010 in Griechenland bei 10,6 statt 10,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Das Defizit Portugals belief sich auf 9,8 statt 9,1 Prozent. Erlaubt sind nach dem Maastricht-Vertrag höchstens drei Prozent. In Irland war die finanzielle Lage dagegen besser als gedacht.
Quelle: n-tv.de / dpa>
Unter Hochdruck suchen die EU-Partner derzeit den richtigen Hebel für den Euro-Rettungsschirm - der Außenminister plant schon dessen Weiterentwicklung: Guido Westerwelle will eine Art Europäischen Währungsfonds schaffen. Die Institution soll direkt in die nationalen Haushalte eingreifen können.
München - Im Jahr 2013 soll der Euro-Rettungsform in dem dauerhaften Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) aufgehen - doch dieser Schritt reicht nach Ansicht von Guido Westerwelle (FDP) nicht aus. Um die Euro-Staaten dauerhaft vor Schuldenkrisen zu schützen, erarbeitet das Außenministerium laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ") unter Berufung auf ein internes Papier derzeit ein Konzept für einen Europäischen Währungsfonds.
Der geplante Währungsfonds soll demnach im Gegensatz zum ESM zwei weitreichende Kompetenzen erhalten: Er soll direkt in die Haushalte von Euro-Krisenländern eingreifen können und, falls ein Staat dennoch zahlungsunfähig wird, dessen geordnete Insolvenz organisieren. Länder, die künftig den Rettungsfonds in Anspruch nehmen, würden also akzeptieren müssen, dass ihr nationales Haushaltsrecht eingeschränkt wird.Der Außenminister will dem Europäischen Währungsfonds laut dem Bericht ein weitreichendes Durchgriffsrecht auf die nationalen Etats gewähren: So soll er nicht nur ein Veto gegen die Budgetplanungen eines Krisenstaats einlegen dürfen, sondern auch aktiv Kürzungen, Steuererhöhungen oder Privatisierungen verordnen. Selbst die Mitwirkung des Fonds in der konkreten Umsetzung dieser Maßnahmen sei denkbar.
"Kleiner Konvent" könnte ab 2012 zusammentreten
Für künftig zahlungsunfähige Euro-Staaten schlägt Westerwelle laut dem Zeitungsbericht zudem ein geordnetes Insolvenzverfahren vor. Auch solle der Stabilitätspakt deutlich verschärft werden und die EU-Kommission größere Kompetenzen bei dessen Durchsetzung erhalten.
Um einen solch mächtigen Europäischen Währungsfonds zu schaffen, müssten die EU-Verträge geändert werden. Westerwelle schwebt zu diesem Zweck laut dem Bericht ein "kleiner Konvent" aus Vertretern von EU-Kommission, Europaparlament sowie nationalen Regierungen und Parlamenten vor. Dieser könnte im Jahr 2012 seine Arbeit aufnehmen. Wie die "SZ" berichtet, hat der Außenminister seinen Vorschlag bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgetragen.
fdi/dapd>
Samstag, 22. Oktober 2011
<In Europa kochen durch die Schuldenkrise wieder Antipathien hoch. Der Wirtschaftspsychologe Witte spricht von einer "enormen Sprengkraft, was den europäischen Gedanken angeht". Die europäische Idee sei sehr abstrakt. Die Menschen könnten damit nicht gut umgehen.Die Finanzkrise lässt nach Ansicht des Wirtschaftspsychologen Erich H. Witte alte Vorurteile zwischen den europäischen Ländern wieder aufflammen. "Durch den Streit um die Verschuldung von Ländern kommen plötzlich wieder alte Vorurteile nach oben - wie etwa das von den 'faulen Griechen'", sagte der Hamburger Psychologieprofessor. "Das hat eine enorme Sprengkraft, was den europäischen Gedanken angeht."
Plötzlich kochten zwischen den Ländern wieder Antipathien hoch, die durch die europäische Bewegung überwunden schienen. Witte hält diese "neuen alten Vorurteile" für eine große Gefahr der Finanzkrise. "Die Verschuldung von Ländern hat eine katastrophale Folge - nicht weil es um Geld geht, sondern um diese Vorurteile. Man betont damit die Differenzen in Europa."
Als Beispiel nannte der 65-Jährige Berichte in griechischen Medien mit harschen Vorwürfen an Deutschland - etwa dass Deutschland die Euro-Krise dazu nutze, Entlassungen und Lohnkürzungen in Griechenland zu forcieren. "Dann heißt es: Früher haben die Deutschen es mit Soldaten und Panzern gemacht, heute mit dem Euro", sagte Witte. In Deutschland wiederum schimpften manche angesichts der Schuldenkrise: "Wir müssen wieder zahlen, wir wollen die D-Mark zurück."
"Niemand schaut wirklich durch"
Wenn es Konflikte gebe, betonte der Psychologe, entstünden auch gleich Vorurteile. Allerdings habe die europäische Idee auch einen großen Nachteil: "Sie ist eine sehr abstrakte Idee - und damit können Menschen überhaupt nicht gut umgehen."
Dass der politische Umgang mit der Euro-Krise mitunter kopflos wirke, hänge vor allem damit zusammen, "dass niemand das wirklich durchschauen kann": "Fachleute nicht, und Politiker erst recht nicht." Nicht einmal die Wirtschaftswissenschaftler wüssten, was genau an den Märkten passiere, kritisierte Witte. "Es gibt keine wirklich guten Modelle und Theorien, um das zu verstehen. Die Politiker können aber nicht schlauer sein als die Wissenschaftler."
dpa>
<Autor: Marko MartinMacht eine ererbte Taxilizenz wirklich stolz? Wie ein Blick auf Peróns Argentinien lehrt, könnten die Griechen noch unter ganz anderen Hypotheken leiden.
Die Griechen, so plappert es, leben über ihre Verhältnisse. Ist das so? Wer deren Hauptstadt besucht, findet jedenfalls alles andere als ein Epizentrum fröhlicher Dekadenz. Im Gegenteil: Die Blicke der Angestellten im Nationalmuseum sind ebenso mürrisch wie jene der Athener Taxifahrer. Sehen so Profiteure aus, die sich um ihre fetten Privilegien sorgen? Wäre es so, vielleicht sollte hier tatsächlich alles übersichtlicher und „lösungsorientierter“ werden – so wie in der Welt aller Besserwisser, Controller und Schrumpf-dich-gesund-Ökonomen.
Die Sache mit dem Lebenssinn
Was aber, wenn man hier – zumindest als Individuum – nicht über seine Verhältnisse, wohl aber unter seiner Würde lebt? Seit Jahrzehnten garantiert der griechische Staat zahllose Arbeitsplätze, die zwar in Gänze das Land in den Bankrott geführt haben, jedoch als einzelne Posten keineswegs besonders luxuriös dotiert sind. Noch schwerer wiegt das Gefühl der Nutzlosigkeit, und es könnte als mentale Hypothek langfristig weitaus bedenklicher sein als einfache Schulden.
Wer nämlich fände schon einen Lebenssinn darin, für ein überschaubares Salär durch ein pathos-pralles Museum zu schlurfen, in dessen Sälen nicht etwa die Besucher, sondern die verbitterten eigenen Arbeitskollegen die Mehrheit stellen? Und welcher Grieche könnte wirklich stolz darauf sein, einen Vater oder Onkel zu haben, der einem letztlich nichts weiter bieten kann als eine vererbbare staatliche Taxilizenz?
[Griechenlands Taxi-Mafia und das Mord-Potential - Vergleich mit Argentiniens Gehorsamsystem in 24 Stufen]
Die Wut, die gerade aus dieser jegliche Liberalisierung fürchtenden Taxi-Innung hervorbricht, könnte wohl auch ohne Psychologie-Diplom als reinster Selbsthass diagnostiziert werden. Wenn diese Lobby nun sogar mit einem „Es wird bald Tote geben“ droht, sollte man das ernst nehmen wie noch jede Aufkündigung ziviler Usancen: Die Beispiele aus vergleichbar verfassten Gesellschaften geben dem Pessimisten recht.Etatismus fressen Seele auf – heute in Griechenland, vorgestern in der perónistischen Spätphase Argentiniens. Einige Jahre danach – nach dem Militärputsch von 1975, den Folter-Orgien und den Zehntausenden „Verschwundenen“ – hatte sich der Schriftsteller V. S. Naipaul nach Buenos Aires begeben, um die Gründe für den damaligen Rückfall in die Barbarei zu verstehen.
Vom Nichtstun in den Folterkeller
Was hatte normale Angestellte dazu gebracht, quasi über Nacht zu sadistischen Mördern zu werden? Bei seinen Recherchen stieß Naipaul dann auf eine pseudo-sozialstaatliche Absonderlichkeit: Mit der Absicht, aus Bürgern willenlose Anhängsel zu formen, hatte zu Beginn der 70er-Jahre die populistische Perón-Administration ein 24-stufiges (!) Gehaltssystem für öffentlich Angestellte erfunden und damit sogleich eine kafkaeske Travestie der Wettbewerbsgesellschaft kreiert – wer die strengen Anwesenheitsprüfungen am Arbeitsplatz bestand, durfte trotz offensichtlichen Nichtstuns aufsteigen, zumindest ein klein wenig.
Nach dem Putsch konnte dann das Militär gerade aus diesem Reservoir frustrierter Staatsangestellter willige und nun plötzlich äußerst fantasiebegabte Folterknechte gewinnen. Ein Menetekel für Athen, wo inzwischen nicht nur die Taxifahrer drohen und die Proteste nun in offene Gewalt umschlagen? Geschichte, so heißt es, wiederholt sich nicht: Das könnte sich womöglich einmal als reichlich naiver Plapperspruch herausstellen.>
<Berlin (dpa) - Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt zum jetzigen Zeitpunkt vor einer massiven Ausweitung des Euro- Rettungsschirms EFSF. Die Krise werde durch eine ständige Vergrößerung der Schirme nicht gelöst, sagte er der «Bild am Sonntag». Weidmann verwies darauf, dass mit der in der Euro-Gruppe diskutierten Versicherungslösung, die die Garantiesumme des Rettungsfonds vervielfachen soll, höhere Risiken für den deutschen Steuerzahler verbunden seien. Morgen treffen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU, um über die Euro-Krise zu beraten.
Quelle: n-tv.de / dpa>
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Eine «erhebliche Anhebung» des Bankenbeitrags für die Rettung der Hellenen sei verabredet worden, sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Wenn der griechische Schuldenstand bis 2020 auf 110 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung gedrückt werden sollte, wäre ein Forderungsverzicht von 60 Prozent notwendig, wie aus der Schuldenanalyse der Troika hervorgeht. Es klafft eine Finanzlücke von 252 Milliarden Euro - fast 150 Milliarden Euro mehr als noch im Juli berechnet. «Es ist offensichtlich, dass ein substanzieller Schuldenschnitt notwendig ist», sagte Schwedens Finanzminister Anders Borg.
Nach Angaben der Wiener Ressortchefin Maria Fekter wurden schon konkrete Mandate ausformuliert. Mit denen soll der Chef des EU-Wirtschafts- und Finanzausschusses, Vittorio Grilli, die Verhandlungen mit den Banken starten. Den Auftrag soll der EU-Gipfel am kommenden Mittwoch erteilen.
Singapur und Norwegen sollen helfen
Eine Einigung zeichnete sich auch im Streit über einen Hebel für den Rettungsfonds EFSF ab. Zwei Varianten waren am Samstag noch im Gespräch. Und eine davon sieht vor, Staatsfonds' von ausserhalb des Währungsgebietes anzuzapfen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dapd am Rande des Finanzministertreffens. Staatsfonds' aus Singapur oder zum Beispiel aus Norwegen könnten dafür mit dem EFSF eine Zweckgesellschaft gründen. Das zusätzliche Geld könnte die Schlagkraft des EFSF erhöhen.
Variante zwei ist eine Versicherungslösung: Dabei werden die EFSF-Millliarden zur Absicherung neuer Staatsanleihen genutzt. Mit den Garantien der Europartner könne so ein Anleihenvolumen von mehr als einer Billion Euro «teilkaskoversichert» werden. Nach Diplomatenangaben könnten die beiden Modelle auch kombiniert werden. Den von Frankreich favorisierten Weg, dem EFSF eine Banklizenz zu verschaffen, damit er sich bei der Europäischen Zentralbank Liquidität besorgen kann, werde indes nicht länger verfolgt, hiess es.
Britischer Finanzminister kritisiert Euro-Zone
Der britische Finanzminister George Osborne übte beissende Kritik am Vorgehen der Euro-Partner: «Die Krise in der Euro-Zone bewirkt grosse Schäden in vielen europäischen Volkswirtschaften, darunter in Grossbritannien», schimpfte er in Brüssel, und fügte hinzu: «Wir haben genug von kurzfristigen Massnahmen, genug davon, Pflaster draufzukleben, die uns nur durch die nächsten paar Wochen bringen.» Europa müsse die Ursachen für die Krise angehen. Gebraucht werde eine umfassende und dauerhafte Lösung für die Krise, damit das Wachstum in Europa wieder anspringen könne. (mrs/sda)> <Private Banken und Versicherungen sollen ihre Griechenland-Anleihen zu 60 Prozent abschreiben. Nur so lässt sich eine gewaltige Steigerung der öffentlichen Hilfen für Griechenland vermeiden. Es zeichnen sich Details des neuen Rettungsplans ab. von Peter Ehrlich, Brüssel
Am 21. Juli vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der Eurozone ein zweites Rettungspaket für Griechenland - Laufzeit bis ins Jahr 2020. Die Wirtschaftsdaten des Landes wurden aber deutlich zu optimistisch eingeschätzt. Jetzt endlich hat die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ihren Bericht über die Tragfähigkeit der griechischen Schulden vorgelegt.
Sie sind ein Desaster. Würde man das Programm nicht verändern, müssten die Euro-Länder und der IWF statt 109 Mrd. Euro bis 2014 bis zum Jahr 2020 mehr als das Doppelte aufwenden: 252 Mrd. Euro. Hauptgrund ist, dass die Wirtschaft des Landes 2020 deutlich kleiner sein wird als bisher angenommen, die Korrektur liegt bei über sieben Punkten des Bruttoinlandsprodukts. Wenn alles schiefgeht und Griechenland nicht zu einem einigermaßen normalen Wirtschaftswachstum zurückkehrt, beträgt die Finanzlücke sogar 444 Mrd. Euro bis 2030.
Bei diesen Szenarien ist die Abschreibung des Privatsektors bei den im Juli vereinbarten 21 Prozent geblieben. Kein Wunder, dass die Euro-Länder mit dem Bankenverband IIF seit Wochen über eine stärkere Privatsektorbeteiligung verhandeln. Am Freitagabend beschloss die Eurogruppe, den Banken "mindestens 50 Prozent" Abschreibung vorzuschlagen.
Bei 50 Prozent würde der Aufwand für den öffentlichen Sektor und damit die europäischen Steuerzahler schlagartig von 252 auf 114 Mrd. Euro sinken. Bei 60 Prozent Abschreibung wäre man wieder bei den im Juli vereinbarten 109 Mrd. Euro. Die Gesamtverschuldung Griechenlands würde von derzeit rund 160 Prozent bei der 50-Prozent-Abschreibung auf 120 Prozent im Jahr 2020 sinken, bei einem Schuldenschnitt von 60 Prozent sogar auf 110 Prozent.
Berücksichtigt ist dabei, dass nur ein Teil der Staatsschulden des Landes reduziert werden kann. Die seit letztem Jahr gewährten öffentlichen Kredite etwa der deutschen KfW Bank oder die von der EZB gekauften Anleihen sind nicht mit dabei. Außerdem nimmt die Troika an, dass weniger als die im Juli von der IIF zugesagten 90 Prozent der Anleihen umgetauscht werden, die Banken und Versicherungen halten. Denn die Aktion bleibt offiziell weiter freiwillig, bestimmte Risikoinvestoren etwa dürften ihre Anleihen behalten.
Trotz der großen Abschreibung muss der Rettungsfonds EFSF die geplante Umtauschaktion in sehr lange laufende Anleihen mit viel Geld mitfinanzieren. Etwa 35 Mrd. Euro sind nötig, um über einen Sonderfonds das verbleibende Risiko der Banken abzudecken. 20 Mrd. werden aufgewendet, damit Griechenland Anleihen am Markt zurückkaufen kann. Außerdem muss der Rettungsfonds für die griechischen Banken um weitere 10 auf 30 Mrd. Euro aufgestockt werden.><Von Carsten Volkery, Brüssel
Protest gegen Griechenlands Sparpaket: Aberwitzige Rettungssummen.
Es reicht schon wieder nicht: Laut einem vertraulichen Bericht braucht Griechenland bis 2020 mehr als doppelt so viel Geld wie erwartet. 252 Milliarden Euro sollen es insgesamt sein. Banken sollen gewaltige Summen abschreiben - doch Experten fürchten, dass selbst das noch zu wenig ist.
Es sind erschreckende Zahlen. Der Finanzbedarf Griechenlands beläuft sich bis 2020 auf mindestens 252 Milliarden Euro - mehr als doppelt so hoch wie bisher angenommen. Wenn die Rezession in dem südeuropäischen Land schärfer ausfällt, könnte der Bedarf sogar auf 444 Milliarden Euro steigen.
So steht es laut "Financial Times" ("FT") im neuen Schuldentragfähigkeitsbericht, den die Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission am Freitag der Euro-Gruppe vorlegte. Die Ökonomen haben mehrere Szenarien durchgerechnet und sind zu einem ernüchternden Schluss gekommen: Der im Juli festgestellte Finanzbedarf von 109 Milliarden Euro bis 2020 ist bereits wieder Makulatur.Die Lage Griechenlands habe sich erheblich verschlechtert, teilte die Euro-Gruppe verschämt mit. Man müsse das zweite Rettungspaket entsprechend anpassen. Privatgläubiger und Euro-Länder müssten einen weiteren Beitrag leisten.
Die Troika-Prüfer haben laut "FT" errechnet, dass die privaten Gläubiger auf 60 Prozent ihrer Forderungen verzichten müssten, um den Finanzbedarf Griechenlands auf dem bisher kalkulierten Niveau von 109 Milliarden Euro zu halten. Wenn der Schuldenschnitt nur 50 Prozent betragen würde, dann müssten die Euro-Staaten mit zusätzlichen Geldern einspringen: Das Rettungspaket müsste von 109 auf 114 Milliarden Euro aufgestockt werden.
Selbst Schuldenschnitt von 50 oder 60 Prozent reicht nicht
Der EU-Gipfel könnte sich wohl auf einen solchen Kompromiss einigen: Die privaten Gläubiger würden statt der bisher vereinbarten 21 Prozent auf 50 Prozent ihrer Forderungen an Griechenland verzichten - und die Euro-Staaten würden fünf Milliarden Euro an öffentlichen Geldern zuschießen. Die Banken müssten allerdings mitspielen, denn gezwungen werden sollen sie nicht. Sonst müssten die Rating-Agenturen den Kreditausfall Griechenlands feststellen, und das wollen die Regierungschefs auf jeden Fall vermeiden.
Die Euro-Retter würden eine solche Einigung auf einen größeren Schuldenschnitt zweifellos als Durchbruch feiern. Doch ein wirklicher Befreiungsschlag wäre es nicht: Das Problem bleibt bestehen, Griechenlands Schuldentragfähigkeit wäre immer noch nicht gewährleistet.
Denn die privaten Gläubiger im Ausland halten nur die Hälfte der griechischen Schulden. Wenn von dieser Auslandsschuld die Hälfte erlassen wird, ist das Land also nur ein Viertel seiner Gesamtschuld los. Es säße noch immer auf einem riesigen Berg Schulden.
Zudem zeigen die alternativen Szenarien der Troika, dass die Schulden leicht weiter steigen können - die konjunkturelle Entwicklung ist einfach zu unberechenbar. Jeder Streiktag in Athen treibt die Rechnung in die Höhe, der Zinseszins-Effekt multipliziert das Desaster.
Experten warnen daher, dass selbst ein Schuldenschnitt von 50 oder 60 Prozent nicht das letzte Wort in der griechischen Schuldensaga wäre. "Es reicht nicht", sagt Daniel Gros vom Centre for European Policy Studies. "Die Schulden Griechenlands werden weiter wachsen."
Keine umfassende Lösung in Sicht
Und es gibt noch eine viel größere Gefahr: dass die griechischen Sparer und Anleger das Vertrauen in ihre eigenen Banken verlieren und ihr Vermögen abziehen. Seit Monaten fließt Geld aus Griechenland ab, die Einlagen in den Banken verringern sich stetig. "Bislang passiert das noch schleichend, doch wenn sich diese Entwicklung beschleunigt, müsste die Regierung wie Argentinien 2001 die Konten sperren", sagt Gros. "Dann bricht die Wirtschaft zusammen."Der Experte empfiehlt daher ein viel radikaleres Vorgehen, um die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen:
- Griechenland müsste bis 2020 vom Schuldendienst befreit werden. Nur wenn das Land keine Zinsen mehr zahlen müsse, gebe es Hoffnung, dass der Schuldenberg nicht weiter wachse, sondern irgendwann abgebaut werden könnte.
- Die griechischen Banken müssten nationalisiert werden und an stabile nordeuropäische Institute verkauft werden. Nur so könne das Vertrauen der Griechen in ihre Banken erhalten werden.
Solche Schritte werden jedoch beim Treffen der Finanzminister am Samstag und auf dem Gipfel der Regierungschefs am Sonntag nicht debattiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass es eine umfassende Lösung der Schuldenkrise geben wird, wie allseits gefordert, ist gering.
<Von Sebastian Fischer und Carsten Volkery, Washington und London
Was machen diese Kontinentaleuropäer bloß? In Amerika und Großbritannien wächst die Sorge um die Euro-Zone. Barack Obama rief wegen des EU-Gipfel-Chaos bei Merkel und Co. an. Genau wie Briten-Premier Cameron fürchtet der US-Präsident auch um die eigene Wählerschaft.
Es klang wie das Lob eines Streitschlichters. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy "verstehen vollkommen die Dringlichkeit der Probleme in der Euro-Zone". Beide arbeiteten "unablässig an einer umfassenden Lösung", welche die Herausforderungen annehme und politisch nachhaltig sei. Die Krise in Europa bedrohe die Weltwirtschaft. Man hoffe nun, dass bis zum G-20-Treffen in Cannes Anfang November eine Lösung gefunden werde.
Soweit die Mitteilung des Weißen Hauses, nachdem sich US-Präsident Barack Obama Donnerstagnacht per Videoschalte mit Merkel, Sarkozy und Briten-Premier David Cameron beraten hatte.Na, dann ist ja alles gut, oder? Keineswegs. Amerikaner und Briten sind besorgt über das Gipfel-Chaos der Kontinentaleuropäer. Der zwischen Merkel und Sarkozy schwelende Streit um den europäischen Rettungsschirm EFSF stiftet bei den Partnern Verwirrung. Und dass dem ersten Gipfel am Sonntag nun noch ein zweiter Gipfel am Mittwoch folgen muss, damit der Deutsche Bundestag zwischendurch noch seinen Segen geben kann, scheint geradezu symptomatisch für die Selbstblockade der Europäer.
Der britische Finanzminister George Osborne mahnte am Samstag in Brüssel erneut eine "umfassende Lösung" an. "Die Krise in der Euro-Zone bewirkt große Schäden in vielen europäischen Volkswirtschaften, darunter in Großbritannien", sagte er vor dem EU-Finanzministertreffen. "Wir haben genug von kurzfristigen Maßnahmen, genug davon, Pflaster draufzukleben, die uns nur durch die nächsten paar Wochen bringen."
Nicht nur in Washington und London fragt man sich: Wohin wollen diese Europäer? Auch Chinas Premier Wen Jiabao mahnte EU-Ratspräsident Herman van Rompuy in einem Telefonat am Freitag zu "konkretem und wirksamem Handeln".
Kritik an Kanzlerin Merkel
Die Kritik aus Übersee trifft besonders Deutschland. Mit Merkel habe Deutschland eine Kanzlerin, die "reaktiv und uninspiriert" sei und deren Koalitionspartner "in die Bedeutungslosigkeit absackt", kommentiert die "New York Times". Die Kanzlerin sei auf ihre innenpolitischen Probleme fixiert.
Unbestritten ist, dass Europa ein klares Signal liefern muss, um die Märkte zu beruhigen. Sonst drohen weitere, größere Staaten in den Sog der Schuldenkrise zu geraten. Werden die hohen Erwartungen enttäuscht, geht die Talfahrt an den Börsen weiter.
Der Frust in London und Washington bricht sich Bahn in zunehmend aggressiven Angriffen auf die Partner. Die Regierungschefs der Euro-Zone müssten endlich zur "großen Kanone" greifen, sagte Cameron vergangene Woche der "Financial Times". Die Salamitaktik müsse ein Ende haben, die Ungewissheit über die Zukunft der Euro-Zone endlich ausgeräumt werden. Auf ihrem Gipfel müssten die Euro-Vertreter ein umfassendes Paket präsentieren, das die Feuerkraft des Rettungsfonds EFSF verstärkt, das Schuldenproblem Griechenlands löst und die Zweifel an den europäischen Banken beerdigt. "Die Zeit drängt, die Lage ist prekär", warnte Cameron.
Ähnlich argumentieren Obama und sein Finanzminister Timothy Geithner. Der US-Präsident beklagt sich öffentlich, die Europäer hätten in der Euro-Krise nicht so schnell reagiert, wie es nötig gewesen wäre. Verschnupft haben Merkel und Sarkozy in den vergangenen Wochen gekontert, Amerikaner und Briten sollten vor der eigenen Haustür kehren - und erst mal die Einführung einer weltweiten Finanztransaktionssteuer unterstützen. Es könne nicht sein, dass sich diejenigen, die die Euro-Länder "immer wieder von außen zum umfassenden Handeln auffordern, gleichzeitig gemeinsam der Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer umfassend verweigern", sagte Merkel.
Die Euro-Krise ist längst Wahlkampfthema
Die Warnungen Obamas und Camerons sind nicht aus der Luft gegriffen. Ihre Sorge um die Weltwirtschaft ist echt. Beide haben jedoch auch eine sehr klare innenpolitische Motivation. Die britische Konjunktur ist nach einem Mini-Aufschwung wieder in Stillstand geraten, Cameron steht unter Druck, seinen Sparkurs abzumildern. Da hilft der Hinweis, dass die drohende Rezession nicht der konservativen Politik geschuldet ist, sondern dem Polit-Chaos jenseits des Ärmelkanals.
Auch Obama, der um seine Wiederwahl im November 2012 fürchten muss, nutzt das Thema wie einen Blitzableiter. Die Arbeitslosigkeit auf Rekordhoch? Die US-Wirtschaft schwächelt? Sollen Merkel und Co. bitteschön mal die eigene Schuldenkrise in den Griff bekommen, damit Amerika nicht gleich in die nächste Rezession rauscht. Die Euro-Krise ist längst zum Wahlkampfthema geworden.
Die Krise der Europäer verfolgt Obama bis in die tiefe amerikanische Südstaatenprovinz, bei einer frühen Wahlkampftour durch Virginia und North Carolina. Ob der Präsident sich denn auf den G-20-Gipfel vorbereite, wird da Obamas Sprecher Jay Carney von mitreisenden Journalisten gefragt. "Nein, er geht da blank rein", sagt Carney. War natürlich nur Spaß. Gelächter. Denn es ist ja klar: Das Thema rangiert bei Obama ganz oben. Seine Wiederwahl könnte unmittelbar von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Also sagt Carney: "Der Präsident steht in engem Austausch mit seinen europäischen Kollegen über die Lage der Euro-Zone."
Die Ungeduld in der Neuen Welt wächst von Tag zu Tag. "Die Europäer müssen die Insolvenz ihrer Banken abwenden, sonst fliegt ihnen ihr Finanzsystem um die Ohren", sagte Obamas früherer Chefwirtschaftsberater Austan Goolsbee im SPIEGEL-Interview. Die gegenwärtige Krise sei - anders als die letzte - "nicht vor allem von den USA verursacht worden, sondern von Europa". Wenn Europa nun nicht handele und seinen Bankensektor nicht in den Griff bekomme, könne die Krise außer Kontrolle geraten und die ganze Welt ins Chaos stürzen: "Ganz Europa hat zu lange gezögert, um diese Finanzkrise zu verhindern. Auch Deutschland."
Zweieinhalb Jahre zuvor hatte Obama noch andere Worte gewählt. Jene, die den Augenblick erlebten, haben ihn bis heute nicht vergessen. April 2009, G-20-Gipfel in der britischen Hauptstadt: Die Staats- und Regierungschefs waren eigentlich durch, stundenlang hatten sie über die Finanzkrise beraten, Vereinbarungen getroffen. Feierabend. Da ergriff Obama das Wort.Die Krise habe in den USA begonnen, sagte der gerade neu ins Amt eingeführte US-Präsident. Dann dieser Satz von London: "Ich übernehme die Verantwortung, auch wenn ich damals noch gar nicht Präsident war." Es war eine Entschuldigung des mächtigsten Mannes der Welt. Damit hatte niemand gerechnet.
Ein solches Eingeständnis sollte sich nicht mehr wiederholen. Der Sündenbock sind mittlerweile die uneinigen Europäer.
Mitarbeit: Charles Hawley>
Die Euro-Zone fürchtet einen Domino-Effekt, sollte Griechenland pleite gehen. Ökonomen erklären, was ihn verhindert und was ihn verursacht.
Der Sommer 1997 beginnt für Anleger ruhig. Die Übergabe Hongkongs an China durch Großbritannien am 1. Juli ist noch das spannendste Thema, das Anleger bewegt. Doch nur einen Tag später sorgt ein anderes asiatisches Land kräftig für Schlagzeilen: Thailand.
Nachdem internationale Investoren aus dem Land geflüchtet sind, sieht sich die thailändische Regierung gezwungen, den Wechselkurs ihrer Landeswährung Baht freizugeben. Die Währung, bis dahin an den Dollar gebunden, wertet deutlich ab. Banken und Unternehmen können ihre Schulden in Dollar nicht mehr bedienen, Firmen gehen pleite.
Doch die Turbulenzen sind nur der Auftakt für eine viel größere Krise. Über Asien breitet sich eine Vertrauenskrise aus. Was als Währungsproblem eines Landes beginnt, bedroht bald Banken, Aktienmärkte und ganze Volkswirtschaften in der Region. Das südkoreanische Bruttoinlandsprodukt fällt 1998 um 41 Prozent, das der indonesischen Wirtschaft um 60 Prozent. Selbst weit entfernte Schwellenländer wie Brasilien oder Russland geraten in den Sog.
Die Asien-Krise gilt heute als warnendes Beispiel dafür, wie die Krise eines Landes zu einem Flächenbrand werden kann. Europäische Notenbanker und Regierungschefs haben Thailand vor Augen, wenn sie an einer Lösung für die Staatsschuldenkrise in Europa arbeiten. Wie bei der Krise 1997 fürchten sie auch in der Euro-Zone einen Dominoeffekt, nur nicht ausgelöst durch eine Währungsabwertung, sondern durch eine Pleite Griechenlands. Wird Athen insolvent, so die Logik, erwarten Anleger das auch für die anderen unsicheren Kantonisten im Euro-Chor: Irland, Portugal, Spanien und vor allem Italien.
Die Währungsunion wäre dann am Ende. Deswegen kämpfen die Regierungen so verzweifelt darum, Griechenland so lange wie möglich über Wasser zu halten. Doch ob von Athen tatsächlich eine Ansteckungsgefahr ausgeht, ist für Ökonomen keinesfalls eine so ausgemachte Sache.
Anzeige„Wenn die Politik eine Pleite Griechenlands richtig vorbereitet, kann eine Ansteckung auf andere Länder vermieden werden“, sagt Rolf Langhammer, Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. „Es gibt weder logische Argumente noch historische Beispiele dafür, dass Länder pleitegehen, nur weil ein Nachbarland insolvent ist“, sagt Charles Blitzer, der zehn Jahre beim Internationalen Währungsfonds (IWF) arbeitete und sich dort mit Staatsinsolvenzen beschäftigte.
Liegen Regierungschefs und Notenbanker mit ihrer Rettungslogik also falsch? Möglich. Aber das auszutesten wäre ein Spiel mit dem Feuer. Eine Ansteckung kann über verschiedene Kanäle laufen. Eine Möglichkeit: Die Krise dämpft die Nachfrage in einem Land so stark, dass die Nachbarn ihre Waren dort nicht mehr absetzen können und ihre Konjunktur ebenfalls einbricht.
Griechenlands Wirtschaft ist aber zu klein, als dass sie im Fall einer Pleite die Konjunktur in einem anderen Krisenstaat auf Talfahrt schicken könnte. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass Griechenland durch eine Abwertung so wettbewerbsfähig wird, dass das Land andere mit der Stärke seiner Wirtschaft an die Wand drücken könnte.
"Griechenland geht durch die Hölle"
Ansteckungsgefahren aus einer Pleite Griechenlands könnten sich deshalb eher über die Nervenbahnen der Finanzwirtschaft auf dem Kontinent ausbreiten. IWF-Mann Blitzer glaubt allerdings nicht, dass ein solcher Bankrott die Unsicherheit auf den Finanzmärkten erhöhen würde. „Das Land geht durch die Hölle. Weder Spanien noch Italien wollen Griechenland nacheifern.“
Als Argentinien 2001 pleitegegangen sei, hätten andere südamerikanische Länder ihre Sparanstrengungen verdoppelt, um zu signalisieren, sie seien zahlungsfähig. Das Problem in Europa heute sei vielmehr, dass jeder wisse, Griechenland müsse umgeschuldet werden – nur scheue sich die Politik davor. Das sorge für Unsicherheit unter Investoren und nicht die Ansteckungsgefahr, so Blitzer. Auch sind die Märkte inzwischen auf eine Pleite Athens vorbereitet. Nur wenn Schuldenrestrukturierungen plötzlich und unerwartet kämen, wäre das ein Weckruf für Investoren. Panisch nehmen sie auch die Schwächern von Nachbarländern unter die Lupe.
Doch im Falle Griechenlands könne man wahrlich nicht mehr vor einer Überraschung sprechen, wenn das Land pleitegehe, argumentieren Ökonomen. Das Problem ist nur: Das sind nicht mehr als Vermutungen. Die Reaktion der Anleger auf solche Ereignisse ist wenig erforscht.
Der Ökonom Markus Brunnermeier, der an der amerikanischen Elite-Universität Princeton Finanzkrisen untersucht, hat einen überraschenden Fall von Ansteckung entdeckt, als er die Russlandkrise Mitte der 90er-Jahre untersuchte. „In der russischen Staatsschuldenkrise schnellten plötzlich auch die Renditen für brasilianische Staatsanleihen nach oben. Das hatte gravierende Folgen für die brasilianische Wirtschaft“, so Brunnermeier. Bis heute sei nicht klar, warum Anleger so reagierten. „Die beiden Volkswirtschaften waren damals kaum verbunden.“
Genau aus diesem Grund hält Holger Schmieding von der Berenberg Bank nichts von einer zügigen Umschuldung: „Ich kenne auf dem Finanzmarkt niemanden, der eine Ansteckungsgefahr durch eine Pleite Griechenlands nicht für eine reale Gefahr hält. Da können Forscher aus ihren Elfenbeintürmen noch so sehr das Gegenteil behaupten.“
Präzendenzfall für Italien
Wenn Griechenland umgeschuldet wird, kann die Politik zwar beteuern, Italien werde nicht das gleiche Schicksal ereilen. Die Frage ist nur, ob die Portfoliomanager in Asien oder der USA das der Politik dann noch glauben. „Griechenland wird von Investoren als Präzedenzfall für Italien gesehen“, warnt Schmieding.
Werde Griechenland umgeschuldet, werde auch die geplante Versicherung für italienische Staatsanleihen die Anleger nicht mehr beruhigen. Sie würden ihre italienischen Staatsanleihen auf den Markt werfen aus Angst, noch höhere Verluste einzufahren, wenn sie sie behielten. Italien wäre dann pleite – und der GAU für die Währungsunion eingetreten. Schon einmal sei das Experiment einer Gläubigerbeteiligung schiefgelaufen, warnt Schmieding. In den eineinhalb Jahren der Griechenland-Rettung sei die Konjunktur in Deutschland gut gelaufen. Doch als im Juli bei der Rettung Griechenlands eine Gläubigerbeteiligung beschlossen wurde, stürzten die Frühindikatoren plötzlich ab.
„Das mag Zufall sein. Oder aber eben auch nicht. Das noch mal in größerem Ausmaß zu testen, kann man riskieren. Es kann dann aber in eine Katastrophe führen.“ Brunnermeier glaubt, dass die Politik eine großflächige Ansteckung der Euro-Zone, etwa auch von Spanien und Italien, immer noch verhindern kann. Italien erwirtschaftet sogar einen Überschuss, wenn man Zinszahlungen nicht berücksichtigt. „In dieser Situation können Italien und Spanien noch viel tun, um das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen.“
Doch auch wenn Spanien oder Italien die Konsolidierung ihrer Staatsfinanzen gelingen sollte – die Länder werden dafür noch Jahre brauchen. Eine Umschuldung Griechenlands wird so lange aber nicht mehr aufgeschoben werden können. Was also tun? „Die Politik muss den Mut haben, Griechenland zu stigmatisieren und als Einzelfall darstellen“, sagt Langhammer.
Zugleich müsse die Politik die Märkte im Unklaren darüber lassen, wie viel Geld für Rettungsaktionen sie in der Hinterhand hat. Anderenfalls würden diese immer in Zweifel ziehen, ob das Geld auch langt. Politiker und Ökonomen arbeiten deshalb fieberhaft an einer Art „Zaun“ um Griechenland, um eine Ansteckung zu vermeiden. Bislang hatten sie damit keinen Erfolg.
Einige Ökonomen sehen deshalb nur noch einen radikalen Ausweg. „Keine Währung der Welt überlebt, wenn die Zentralbank nicht hinter ihr steht“, sagt Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Deshalb gebe es nur eine Lösung: Die Europäische Zentralbank müsse glaubwürdig erklären, dass sie im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen aufkaufen wird. Für solch ein Vorgehen gibt es erfolgreiche Beispiele. Als Mexiko Mitte der 90er-Jahre in eine Krise geriet, sagte der damalige US-Notenbankchef Alan Greenspan nur, eine Währungskrise in Mexiko liege nicht im amerikanischen Interesse.
Allein dieser Satz habe die Märkte schwer beeindruckt. Auch die schweizerische Notenbank erzielte mit ihrer Ankündigung, den aufgewerteten Franken stabil halten zu wollen, den gewünschten Effekt. Doch so ein Vorgehen ist in der Euro-Zone vorerst undenkbar. Deutschland und die Bundesbank fürchten, dass die Euro-Länder dann alle Sparanstrengungen aufgeben. Und das wäre der Anfang vom Ende des Euro.>
<Nach dem Vorbild "Occupy Wall Street" protestieren in Deutschland Tausende gegen das System.
Berlin/Frankfurt - Kurz vor dem neuen Euro-Gipfel zur Schuldenkrise haben in Deutschland erneut Tausende gegen das Finanzsystem und besonders die Banken protestiert. In Frankfurt und Berlin versammelt sich nach Polizeiangaben am Samstag etwa 4500 Menschen nach dem Vorbild der New Yorker "Occupy Wall Street"-Bewegung. In Frankfurt allein waren es rund 4000: Mit Transparenten wie "Der Kapitalismus geht über Leichen", "Wer rettet uns Steuerzahler vor dem Rettungsschirm?" oder "Die Gier ist das Problem", demonstrierten die Menschen in der Bankenmetropole.
In Berlin hatten sich etwa 100 Menschen zur angemeldeten Kundgebung am Brandenburger Tor versammelt und prangerten die Banken mit Plakaten wie "Wir retten keine Abzocker" an. Weitere 300 zogen unangemeldet durch die Innenstadt zum Reichstag. Die Polizei griff nicht ein. Beide Kundgebungen seien friedlich verlaufen, teilte sie mit. Auch in Köln, Stuttgart, München, Düsseldorf, Hannover und anderen Städten waren Demonstrationen geplant.
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