|
|
September 2011 (02): Euro - Teuro - Desaster (Teil 17a)
Rettungsschirme nehmen den Sparanreiz - EU-Finanzminister wollen neue "Finanzsteuer" - SPD bietet FDP-Rösler Minderheitsregierung gegen Mekel an - Modellrechnung besagt: Euro-Rettung kommt doppelt so teuer - FDP warnt EZB vor Aufkauf von Pleite-Anleihen - Roche liefert nicht mehr nach Pleite-Griechenland wegen Pleite-Spitälern - Pleite-Griechenland behauptet, Deutschland schulde noch Reparationen - Iren verarmen trotz Erholung der Wirtschaft - Papandreu sagt "USA"-Reise ab wegen instabiler Lage in Pleite-Griechenland - Rösler in der Euro-Frage gegen Merkel - Pleite-Berlusconi liess Sexfrauen mit Staatsflugzeug einfliegen - Pornostar Berlusconi amtiert in der "Freizeit als Premier", und viele "Mösen müssen rotieren" - Sparpaket in Pleite-Italien kostet die Familien 33 Milliarden Euro - "Zeichen der Zermürbung" in der griechischen Regierung - Strauss-Kahn meint, in der Euro-Krise werde zu langsam gehandelt - Wall Street auf Talfahrt wegen Angst vor Griechenland-Pleite - Pleite-Italien von A+ auf A herabgestuft, und Berlusconi schäumt - Pornostar Berlusconi pokert mit Brüssel, bis es nicht mehr geht - Ökonom Hans-Werner Sinn: Hilfe für Athen ist "rausgeworfenes Geld"
von Michael Palomino (Meldungen)
Video über die Wahrheit bei Dollar und Euro: "Dollar und Euro werden vergehen, wenn keine Volksabstimmung stattfindet"; Link des Videos: http://www.youtube.com/watch?v=qns3smEoQz0 Video with the truth about Dollar and Euro: "Dollar and Euro will go by when there is no popular vote"; Link of the video: http://www.youtube.com/watch?v=1-73ia6_Kn8
Teilen / share:
|
|
Rette sich wer kann vor dem Pleite-Euro.
Michael Palomino, 7.7.2011
Wir sagen alle "Vielen Dank" an Herrn Christoph Blocher, der mit seinem logischen Denken die Schweiz vor dem Pleite-Euro bewahrt hat. Denn - wie man sieht: Es liegt nicht am Bankgeheimnis, dass der Euro nun Pleite geht.
Michael Palomino, 15.7.2011
In der Krise erkennst du, wie deine "Freunde" wirklich sind. Nur Frau Merkel will es noch nicht merken, was Pleite-Griechenland mit Europa vorhat...
Michael Palomino, 19.7.2011
Im Jahre 2012 kommt die Apokalypse: "US"-Dollar weg, Euro weg, und Japan mit Strahlenbabys aus Fukushima.
Michael Palomino, 29.7.2011
========
Wird die Schuldenkrise in Europa immer noch schlimmer?
17.9.2011: Rettungsschirme nehmen den Sparanreiz
aus: Basler Zeitung online: «Und dann gehen wir alle gemeinsam unter»; 18.9.2011;
http://bazonline.ch/wirtschaft/konjunktur/Und-dann-gehen-wir-alle-gemeinsam-unter/story/21297588
<Von Niklaus Bernhard
Das ist leider keine zyklische Krise mit einer Talsohle, die man durchschreiten muss, und dann ist alles wieder gut, sondern eine strukturelle. Sicher, man kann die Finanzmärkte beruhigen, indem man ihnen die Risiken staatlicherseits abnimmt. Das verlagert die Krise aber nur auf die Staaten. Zum Glück zeigt sich schon heute, dass es Opposition geben wird. In Deutschland ist es vor allem die FDP, die nicht mit allem einverstanden ist und langsam, aber sicher auf die Hinterbeine geht. Es liegt im Möglichen, wenn nicht im Wahrscheinlichen, dass die deutsche Regierung wegen dieser Thematik auseinanderfallen wird.Haben Sie auch eine optimistische Variante?
Die optimistische ist, dass die CDU doch noch mal innehält, bevor sie alles unterschreibt. Die Rettungsschirme halte ich in wesentlichen Punkten für falsch.Warum?
Die Rettungsschirme führen zwar zu einer vorübergehenden Beruhigung. Sie führen aber zu einer Sozialisierung der Schulden in Europa. Der Sozialismus hat noch nie gut funktioniert. Man strengt sich nicht mehr an und verlagert die Lasten auf andere Spieler im System. Konkret hat dann kein europäisches Land einen Anreiz, sich in Budgetdisziplin zu üben. Die Staaten verschulden sich über beide Ohren. Alle haben diesen Anreiz. Am Schluss wird sich auch Deutschland verschulden, und dann gehen wir gemeinsam unter.Ist dies wirklich ein realistisches Szenario?
Die eben geschilderte Gefahr wird die unserer Kindern sein, die sich dann entweder mit ihren europäischen Nachbarn herumschlagen müssen, um die Forderungen einzutreiben, oder selbst mit ihren Schulden Probleme kriegen. Leider erhält aber die kurzfristige Gefahr – eine gewisse Unruhe bei den Anlegern, die Angst haben, dass der Steuerzahler die Risiken nicht abnimmt, viel mehr Gewicht als die langfristige Gefahr. Die Politiker kümmern sich nicht um die Langzeitfolgen, weil sie genau wissen, dass sie dann nicht mehr im Amt sind.Sie trauen also den Sparanstrengungen der angeschlagenen Länder nicht so recht?
Wenn die Rettungsschirme in dem Ausmass kommen, wie sie geplant sind, wird nicht gespart. Es wird nur gespart, wenn kein Geld fliesst. Alle Ausgaben, die ein Land über seine Verhältnisse hinaus tätigt, müssen über die Rettungsschirme finanziert werden. Wenn aber die Rettungsschirme kein Geld haben, können die Defizite auch nicht entstehen.Können die Rettungsschirme nicht genug Druck aufbauen?
Die tun eben genau das Gegenteil. Die mindern den Druck. Man kann ja nicht sagen: Hier hast du Geld, aber du darfst es nicht nehmen. Das ist das, was die Politik in Europa derzeit macht.Aber die Geberländer könnten die Zahlungen aus dem Rettungsschirm davon abhängig machen, dass die hoch verschuldeten Länder effektiv sparen.
Noch einmal, das geht nicht. Das Verwenden von Geld ist das Gegenteil von Sparen. Das ist ein Verwirrspiel mit Begriffen der Politik. Die Europäische Union hat sich darauf festgelegt, damit sie an das deutsche Geld kommt. Die Krisenländer sagen: «Schaut her, wir haben Schuldenschranken, wir werden eure Kredite nicht verwenden.» Wer das glaubt, ist selber schuld.Sobald sich in der Schweiz jemand kritisch zur derzeitigen Politik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) äussert, gibt es quasi einen Maulkorb. Das Gleiche ist in Deutschland zu beobachten, wenn sich FDP-Politiker kritisch gegenüber der Griechenland-Hilfe äussern.
Ich finde das eine sehr schlechte Entwicklung. Dadurch werden wichtige Handlungsalternativen gar nicht richtig angeschaut. Das könnte gerade Deutschland sehr teuer zu stehen kommen. Wenn Deutschland sagt, dass man Griechenland unter keinen Umständen fallen lassen werde, gibt das für die Griechen keinen echten Anreiz, zu sparen, denn sie wissen ja, sie werden gerettet.Sehen Sie für die hoch verschuldeten Länder nur die Möglichkeit einer Rosskur?
Ja, es muss eine Art Rosskur sein. Deutschland hat auch eine solche Kur durchgemacht. In den letzten 15 Jahren hat sich Deutschland gegenüber den wichtigsten Handelspartnern um 21 Prozent abgewertet. Die deutsche Volkswirtschaft ist also relativ zu den Nachbarvolkswirtschaften immer günstiger geworden. Natürlich auch, weil die entsprechenden Länder eine höhere Inflation gehabt haben. Für Deutschland bedeutete dies hohe Arbeitslosigkeit, schwaches Wachstum und tiefe Investitionsquoten. Kapital floh aus Deutschland. Aber schliesslich führte die Kur zum Erfolg.Die Südländer müssen es also Deutschland gleichtun? Ja, dieser Prozess darf den Südländern, die jetzt überteuert sind, nicht erspart bleiben. Für einige könnte es in der Tat aber schwer werden, denn während in Deutschland die eigenen Ersparnisse wegliefen, brauchen die Südländer die Ersparnisse anderer Länder. Das schafft eine Insolvenzgefahr, die Deutschland nie hatte. Im Gegensatz zu Deutschland bleibt den Südländern deshalb jetzt viel weniger Zeit, die Kur durchzumachen. Die reale Abwertung müssen sie in kürzester Zeit hinlegen. Das wird ganz schwierig.
Für wen konkret wird es sehr schwierig? Für Griechenland wird es unmöglich, weil die im Verhältnis ein viel zu grosses Leistungsbilanzdefizit haben. Für Spanien und Italien wird es vielleicht noch möglich sein.
Mit anderen Worten sagen Sie, dass das Lohnniveau in den Südländern schnell nach unten kommen muss, damit diese Volkswirtschaften wieder wettbewerbsfähiger werden. Aber das Lohnniveau ist dort doch schon sehr tief.
In den letzten zehn Jahren sind die Löhne und Preise in Spanien stark gestiegen. In der Erwartung auf weiter steigende Löhne haben sich die Spanier Häuser gekauft, die Preise stiegen und die Leute haben sich zu stark verschuldet. Es ging aber alles viel zu weit und jetzt muss man wieder runter, was für die betroffenen Menschen sehr schmerzhaft ist.Eine weitere Möglichkeit, um verschuldeten Ländern wieder mehr Luft zu geben, wäre, dass die Banken auf Teile ihrer Forderungen verzichten müssten.
Das sollte man eigentlich tun, bevor die Staatengemeinschaft hilft. Die direkt betroffenen Gläubiger sollten immer zuerst bluten.Aber das wird nicht durchgezogen.
Das ist genau das Problem in Europa. Die Banken haben immer noch zu viel Macht, weil sie wissen, dass ohne sie alles zusammenbricht, und sie im Übrigen auch nicht über genug Eigenkapital verfügen, um grössere Verluste schultern zu können. Deswegen können sie ihre Verluste immer auf den Steuerzahler abschieben. Das ist weder gerecht noch schafft es die richtigen Anreizen für die Zukunft.Würde das Finanzsystem denn tatsächlich kollabieren, wenn die Banken auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten?
Ich würde den Schuldenschnitt nicht auf einmal machen, sondern nur scheibchenweise, wenn die entsprechende Forderung fällig wird. Das wäre für die Banken erträglicher. Ausserdem würde ich die Banken mit öffentlichen Mitteln rekapitalisieren.Haben die Banken, die den hoch verschuldeten Ländern Geld geliehen haben, ihre Forderungen intern nicht schon lange abgeschrieben?
Zum Teil haben sie das gemacht, aber leider nicht genug. In der Finanzkrise hatte die EU den Banken erlaubt, Wertpapiere, die im Handelsbuch zu aktuellen Werten eingetragen waren, wieder zu den ursprünglichen höheren Preisen in das Anlagebuch zu verlagern. So kommt es, dass Staatsobligationen bei den Banken mit dem Wert vom Juli 2008 in den Büchern sind, also zum Zeitpunkt vor der Finanzkrise.Das ist erlaubt?
Ja, und die Bankenstresstests der EU haben daran nichts gerührt. Da sehen Sie, wie viel die Tests wert sind.Auch die USA kämpfen gegen hohe Schulden. Welche Schuldenkrise ist schlimmer, die europäische oder die amerikanische?
Die Schuldenquote in Amerika ist höher als die durchschnittliche Quote in der EU. Aber in den peripheren Länder der EU ist es noch schlimmer als in den USA.Es gibt Ökonomen, die sich markant höhere Inflationsraten wünschen, damit die Schulden automatisch abgebaut werden. Dürfen sich Ökonomen eigentlich höhere Inflationsraten wünschen?
Das Argument ist richtig. Wenn wir in Deutschland mehr Inflation hätten, bräuchten die Krisenländer nicht so schnell zu deflationieren, und die Ungleichgewichte verschwänden schneller. Danach sieht es aber derzeit nicht aus. Ich weiss auch nicht, ob Deutschland darüber glücklich sein sollte. Die lockere Geldpolitik führt nicht zu tieferen Zinsen, weil nach unten kaum noch Luft ist. Europa steckt in der Liquiditätsfalle. Das heisst, dass das zusätzliches Geld der Zentralbanken nicht mehr investiert, sondern nur noch gehortet wird.Was halten Sie von der derzeitigen Politik der Nationalbank, den Euro nicht unter einen Kurs von 1.20 Franken fallen zu lassen?
Ich finde es richtig, dass sich die Schweizerische Nationalbank gegen die Aufwertung ihrer Währung wehrt. Das kann die SNB realisieren, weil die dafür nötigen Franken selber gedruckt werden können. Umgekehrt wäre es schwierig. Eine Nationalbank kann ihre Währung nicht gegen eine Abwertung schützen, weil sie Währungen verkaufen müsste, die sie möglicherweise nicht hat oder in zu geringer Menge.Inflationsrisiken sehen Sie durch die SNB-Massnahmen derzeit nicht?
Wie schätzen Sie die Konjunkturaussichten ein?
Nein, ich sehe momentan nicht, warum es Risiken geben sollte. Die SNB hat genügend Möglichkeiten, allenfalls überschüssige Franken wieder vom Markt zu holen.
Ich denke nicht, dass es zu einer globalen Rezession kommen wird, weil die asiatischen Länder gut unterwegs sind. In den USA kann es so weit kommen. In der EU stecken ja einige Länder noch immer in einer Rezession, weitere könnten dazukommen. Deutschland darf sich mit den Rettungsschirmen einfach nicht übernehmen, sonst gefährdet es seine Bonität noch mehr als ohnehin schon und zerstört die Wachstumsimpulse, die derzeit von den niedrigen Zinsen kommen. (Berner Zeitung)>
========
17.9.2011: EU-Finanzminister wollen eine neue "Finanzsteuer"
aus: 20 minuten online: Umstrittene Massnahme: EU-Finanzminister streiten über Finanzsteuer; 17.9.2011;
http://www.20min.ch/news/ausland/story/EU-Finanzminister-streiten-ueber-Finanzsteuer-14770659
<An ihrem Treffen in Breslau denken Europas Finanzpolitiker über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nach. Heftiger Widerstand kommt vor allem aus England.Die EU-Finanzminister diskutieren am Samstag zum Abschluss ihres informellen Treffens im polnischen Breslau über die Stabilität des europäischen Bankensystems. Einige Staaten drängen weiter auf die Einführung der Finanztransaktionssteuer (FTT).
Belgien will zusammen mit Deutschland und Frankreich die Einführung einer Abgabe auf Finanzgeschäfte in Europa voran bringen. Der belgische Finanzminister Didier Reynders erklärte am Samstag, es wäre zwar besser eine Abgabe auf Finanztransaktionen weltweit einzuführen.
Dieser Idee hatte allerdings US-Finanzminister Timothy Geithner bereits am Freitag eine klare Absage erteilt. Deswegen solle eine Abgabe auf Finanzgeschäfte in der EU, oder aber zumindest in den 17 Ländern der Euro-Zone eingeführt werden, sagte Reynders.
Lage auf dem Bankenmarkt ist angespannt
Eine Abgabe auf Finanzgeschäfte ist in der EU heftig umstritten. So sperrt sich besonders Grossbritannien dagegen. Die britische Regierung fürchtet eine Schwächung des Finanzplatzes London, wenn Firmen wegen einer solchen Steuer abwandern.
Bei der Diskussion zu den Banken geht es insbesondere um die Ergebnisse der Bankenstresstests vom Juli und die Rolle der Ratingagenturen, berichteten Diplomaten. Bei der letzten Runde der europäischen Stresstests waren acht Kreditinstitute durchgefallen.
Die Lage auf dem internationalen Bankenmarkt ist angespannt. Erst am Donnerstag hatten die führenden Notenbanken der Welt eine gemeinsame Aktion angekündigt, um die Vertrauenskrise zwischen den internationalen Geldhäusern zu bekämpfen.
EU-Finanzminister fliegen vorzeitig nach HauseDie Europäische Zentralbank (EZB) will in Kooperation mit der US-Notenbank Fed den europäischen Instituten längerfristige Dollar- Kredite zur Verfügung stellen. Auch die Bank of England, die japanische Notenbank und die Schweizerische Nationalbank ziehen mit.
Das Treffen der EU-Finanzminister soll am Samstag vorzeitig enden. Aufgrund einer angekündigten Massendemonstration gegen die Sparpolitik in Europa würden die Minister «früh abfahren», sagte eine Vertreterin aus dem Organisationsteam.
(sda)>
========
<Schwarz-Gelb zerstreitet sich völlig über die Euro-Hilfen: Finanzminister Schäuble erteilt FDP-Chef Rösler einen Maulkorb, die Liberalen reagieren empört und springen ihrem Parteichef bei. Auch CSU-Chef Seehofer hält sich nicht an Merkels Machtwort. Öffentlich spekuliert er über einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Die SPD legt Merkel Neuwahlen nahe und bietet sich sogar für eine Minderheitsregierung an.
17.9.2011: SPD bietet FDP-Rösler Minderheitsregierung gegen Merkel an - die Euro-Fantasie bei Merkel ist unheilbar
aus: n-tv online: SPD bietet Minderheitsregierung anSeehofer springt Rösler gegen Merkel bei; 17.9.2011;
http://www.n-tv.de/politik/Seehofer-springt-Roesler-gegen-Merkel-bei-article4325931.html
Der Streit in der schwarz-gelben Bundesregierung über den richtigen Kurs in der Schuldenkrise und bei den Euro-Hilfen gewinnt weiter an Schärfe. CSU und FDP ignorieren die wiederholten Ermahnungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, sich mit öffentlichen Äußerungen zurückzuhalten. Und beide Koalitionspartner widersprechen Merkels Klarstellung, dass Griechenland trotz seiner Schulden in jedem Fall in der Euro-Zone verbleibe. Nach FDP-Chef Philipp Rösler bekräftige nun CSU-Chef Horst Seehofer die Möglichkeit eines Austritts Griechenlands.Zwar wünsche er sich den Erfolg der Rettungsbemühungen, sagte Seehofer dem "Spiegel". "Aber wenn die griechische Regierung und das Parlament diesen Weg nicht mehr gehen wollen oder können, dann sollten wir nicht darauf warten, bis uns die Finanzmärkte zur Einsicht in die Realität zwingen. Dann muss auch ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone denkbar sein."
Die Bundeskanzlerin hatte nach ähnlichen Äußerungen von FDP-Chef Rösler am Dienstag erklärt, es müsse alles getan werden, um den Euroraum zusammenzuhalten. Ansonsten drohten Domino-Effekte. "Scheitert der Euro, scheitert Europa", hatte die CDU-Chefin gewarnt. Dazu sagte Seehofer nun: "Nein. Diesen Zusammenhang sehe ich nicht. Ich glaube, dass die europäische Idee sehr stark ist. Sie lebt, sie ist unumkehrbar."
Mehr oder weniger Europa?
Auch einer Übertragung weiterer Kompetenzen nach Brüssel erteilte Seehofer eine klare Absage: "Das Problem ist doch die Überschuldung mancher Euro-Länder und nicht, dass es in Brüssel zu wenig Behörden gibt. Ich bitte darum, dass wir diese überflüssige Debatte über die Vereinigten Staaten von Europa jetzt beenden."
Merkel will dagegen als Konsequenz aus der Schuldenkrise das Zusammenwachsen Europas beschleunigen. Sie hatte deshalb mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine engere haushalts- und steuerpolitische Zusammenarbeit vereinbart.
SPD fordert Neuwahlen
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sprach sich angesichts des heftigen Streits in der Bundesregierung bereits für ein vorzeitiges Ende der Koalition aus. "Wenn die Kanzlerin und ihr Finanzminister Schäuble der historischen Verantwortung für Deutschland und Europa gerecht werden wollen, dann können sie mit dieser Koalition nicht mehr weiterregieren", sagte er dem "Tagesspiegel". Nicht Merkel bestimme bei Schwarz-Gelb die Richtung für Deutschlands Rolle in Europa, sondern ein "völlig unkalkulierbarer Mitgliederentscheid einer in Auflösung befindlichen FDP".
Gabriel bot Merkel zugleich vorübergehende Unterstützung für eine mögliche Minderheitsregierung an. Den Eintritt der SPD in eine Große Koalition nach einem Bruch der schwarz-gelben Regierung schloss Gabriel aber ebenso wie Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier aus. Steinmeier sagte der WAZ-Mediengruppe: "Wir sind nicht der Ersatzspieler für die FDP." Eine andere Koalition werde es "nur nach Wahlen" geben.
Schäuble knöpft sich Rösler vor
Den Streit innerhalb der schwarz-gelben Koalition befeuerte zusätzlich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Er wies den FDP-Chef und Vizekanzler Rösler öffentlich in die Schranken. In der Koalition liege die Zuständigkeit für den Euro bei Kanzlerin Merkel und ihm, stellte Schäuble in der "Bild am Sonntag" klar. Zu den umstrittenen Spekulationen Röslers über eine mögliche Insolvenz Griechenlands sagte er: "In der Demokratie besteht Redefreiheit. Aber zuständig für die Finanzpolitik ist innerhalb der Bundesregierung der Finanzminister." Es gebe in dieser Frage zu Merkel "keinerlei Differenzen." Deshalb spreche die Regierung beim Thema Euro auch mit einer Stimme. "Dass viele andere auch reden, kann ich nicht ändern", sagte der Finanzminister.
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht kritisierte ebenfalls Rösler: "Ich frage mich: Wie viel weiter ist denn die FDP politisch von einer Insolvenz entfernt als Griechenland?".
Die FDP verbat sich Schäubles Maulkorb-Belehrungen und stärkte ihrem Vorsitzenden den Rücken. FDP-Generalsekretär Christian Lindner erklärte, Rösler setze bei der Suche nach Lösungen für die Euro-Schuldenkrise einen Auftrag des Bundestages aus dem Oktober 2010 um. "Das Parlament hat klare Regeln für die Gläubigerbeteiligung und Staateninsolvenz gefordert. Das Parlament wird auch Herr Schäuble ernst nehmen", konterte Lindner. Lindner sieht die FDP dabei nicht in Frontstellung zur Kanzlerin: Merkel habe "lediglich gesagt, jeder müsse bei seinen Äußerungen vorsichtig sein" - und da müsse Verkehrsminister Peter Ramsauer gemeint gewesen sein, denn dieser habe die Regierungsbeschlüsse zum Europäischen Stabilitätsmechanismus infrage gestellt.
Ökonomen stützen Rösler
FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle stellte sich ebenfalls hinter Rösler. "In der Sache hat Philipp Rösler meine volle Unterstützung", sagte Brüderle der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die FDP wolle einen stabilen und starken Euro. Die Einschätzung Röslers werde "ja auch von Sachverständigen der Bundesregierung geteilt", betonte Brüderle unter Hinweis auf einen Aufruf namhafter Ökonomen. Zu diesen zählt auch Kai Konrad, der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats von Finanzminister Schäuble.
In der Erklärung der Ökonomen betonen die 16 Unterzeichner, dass sie - wie Rösler - der Meinung sind, "dass eine Staatsinsolvenz Griechenlands in Betracht gezogen werden sollte". Sonst drohe "die ständige Erweiterung der Rettungsschirme unter deutscher Führung" und lenke den Euroraum "auf direktem Wege in eine Transfer-Union". Die FDP-Vizevorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete es als "wünschenswert, das auch die anderen Parteien die Sorge um die Euro-Stabilität ernst nehmen".
Berliner FDP setzt alles auf Euro-Kritik
Griechenland hat den Unmut von Euro-Staaten auf sich gezogen, da das überschuldete Land nicht den Sparauflagen der Geber der milliardenschweren Hilfen in vollem Umfang nachkommt. Nach Umfragen wächst auch in der deutschen Bevölkerung der Unmut über die Überweisungen nach Athen. Die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds soll bis Ende September entscheiden, ob Griechenland bei seinen Konsolidierungsbemühungen ausreichend nachgebessert hat und damit die Voraussetzungen für die nächste Kredittranche erfüllt, die das Land vor der sonst unvermeidlichen Pleite bewahren soll.
Im Schlussspurt des Berliner Wahlkampfs setzt die ums politische Überleben kämpfende FDP voll und ganz darauf, dass sie für ihren Euro-kritischen Kurs und ihr Eintreten "gegen den Ausverkauf deutscher Interessen" Rückenwind bekommt und die Fünf-Prozent-Hürde doch noch schafft. Der Berliner FDP-Spitzenkandidat Christoph Meyer sagte der "Bild am Sonntag": "Die FDP ist die einzige Partei, die beim Euro Klartext redet. Deshalb machen wir die Berlin-Wahl zur Euro-Wahl." Dies sei mit der Führung der Bundespartei abgestimmt.
Mitgliederentscheid umstritten
Allerdings geht auch innerhalb der FDP der Streit um den richtigen Kurs bei den Euro-Hilfen weiter. Die nordrhein-westfälischen Liberalen sprachen sich in einer Abstimmung für einen Euro-Rettungsschirm aus und stellten sich damit gegen die Euro-Kritiker in der eigenen Partei. Die gegenwärtige Krise sei keine Währungskrise, sondern eine Schuldenkrise, sagte Landesparteichef Daniel Bahr. Vor der Abstimmung hatte er betont, der Stabilitäts- und Wachstumspakt müsse wieder Zähne bekommen. Dazu gehörten verbindliche Regeln für seriöses Haushalten, etwa eine Schuldenbremse in den Verfassungen der EU- Staaten. Einer Mitgliederbefragung erteilten die Delegierten ebenso deutlich eine Absage.
Eine Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler und den Altliberalen Burkhard Hirsch wollen den künftigen dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM verhindern und eine Mitgliederbefragung durchsetzen. Im Gegensatz zu NRW ist die FDP in Hessen prinzipiell offen für einen Mitgliederentscheid. Sie unterstütze aber nicht die Position der "Euro-Rebellen" um Schäffler und Hirsch, teilte der Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn mit. Für einen Mitgliederentscheid hatten sich die Liberalen in Schleswig-Holstein und Bremen ausgesprochen.
tis/dpa/rts/AFP>
========
<Die Kosten für die Rettung der maroden Eurostaaten steigen. Unklar ist, um wie viel. Nach Modellrechnungen der Deutschen Bank und des Ifo-Instituts liegt das Haftungsrisiko für den deutschen Steuerzahler mittlerweile mindestens doppelt so hoch wie von der Regierung offiziell verbreitet. Berlin nennt die Zahlen "spekulativ" und unrealistisch".
17.9.2011: Spekulative Modellrechnung: Euro-Rettung doppelt so teuer
aus: n-tv online: Der Preis ist heiß: Euro-Rettung kommt teurer; 17.9.2011;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Euro-Rettung-doppelt-so-teuer-article4327506.html
Das deutsche Haftungsrisiko für den erweiterten Euro-Hilfsfonds EFSF wird möglicherweise mit 400 Mrd. Euro rund doppelt so hoch sein wie offiziell verbreitet. Das berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf Berechnungen der Deutschen Bank. Unter Einschluss der Zinszusagen, die der Hilfsfonds eingeht, wenn er sich refinanziert, werde sich der eigentliche Garantierahmen im Extremfall verdoppeln.Die deutschen Gewährleistungen für den EFSF steigen nach dem Gesetzentwurf von 123 Mrd. Euro auf 211 Mrd. Euro. Hinzu komme nach dem alten und neuen Recht ein Puffer von 20 Prozent. Deutschland gehe damit ein erheblich höheres Risiko ein, als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Bundestag erkennen ließ, berichtete die Zeitung weiter.
Ifo: Risiko mehr als doppelt so hoch
Nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts könnte die Eurokrise für die deutschen Steuerzahler potenziell sogar noch teurer werden. Das Haftungsrisiko Deutschlands aus den Rettungssummen werde mit den neuen Beschlüssen zum EFSF-Rettungsschirm, die diesen Monat ratifiziert werden sollen, auf 465 Mrd. Euro steigen, ergab eine Berechnung des Instituts. Noch im April habe die Haftungssumme unter 400 Mrd. Euro gelegen.
Falls Griechenland, Italien, Portugal und Spanien insolvent würden, hafte Deutschland für 33 Prozent der EZB-Kredite. In der Haftungssumme hätten die Ifo-Wissenschaftler eine Insolvenz Italiens noch nicht als Möglichkeit unterstellt, erklärte das Institut.
Die Märkte beobachten die deutsche Beteiligung an den Rettungspaketen mit zunehmender Nervosität und verlangen immer höhere Versicherungsprämien für deutsche Staatspapiere", erklärte Ifo-Präsident Sinn. Im August sei die jährliche Prämie für die Versicherung zehnjähriger Staatspapiere erstmals auf das Niveau der britischen Staatspapiere gestiegen und habe den Wert von einem Prozent erreicht. "Bei Risikoneutralität entspricht dies einer vermuteten Konkurswahrscheinlichkeit Deutschlands von knapp zehn Prozent innerhalb von zehn Jahren", erklärte Sinn.
"Spekulativ und unrealistisch"
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums kommentierte die Zahlen am Freitagabend mit den Worten, man kenne die langfristige Finanzierungsstrategie des EFSF nicht. "Insofern sind Modellrechnungen mit gegriffenen Laufzeiten und Zinsen spekulativ und deswegen unrealistisch."
Der Bundestag soll am 29. September über eine Änderung des Stabilitäts-Mechanismus-Gesetzes abstimmen, in dem der deutsche Beitrag zum EFSF im deutschen Recht verankert wird. Die Regierung wird damit ermächtigt, Kreditgarantien von 211 Mrd. statt bislang 123 Mrd. Euro zu geben.
Der EFSF war vor eineinhalb Jahren geschaffen worden, um den drohenden Staatsbankrott Griechenlands abzuwenden. Angesichts immer neuer Krisen beschlossen die Euro-Staaten, den Fonds auszubauen. Die tatsächliche Ausleihkapazität des EFSF-Fonds soll von bislang 250 auf 440 Mrd. Euro erhöht werden. Deutschland muss daher seinen Anteil am Garantierahmen von bislang 123 Mrd. Euro auf rund 211 Mrd. Euro aufstocken. Die Schlussabstimmung im Bundestag darüber ist für den 29. September vorgesehen.
dpa/rts>
========
17.9.2011: FDP warnt vor dem Aufkauf von Pleite-Anleihen durch die EZB: Der Euro ist bedrohlich gefährdet
aus: n-tv online: EU: FDP-Minister: EZB-Ankäufe von Staatsanleihen gefährden Euro; 17.9.2011;
http://www.n-tv.de/ticker/FDP-Minister-EZB-Ankaeufe-von-Staatsanleihen-gefaehrden-Euro-article4326046.html
<Hannover (dpa) - Die Ankäufe von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank gefährden aus der Sicht von Niedersachsen Wirtschaftsminister Jörg Bode den Wert des Euro. Die EZB soll Hüter der Geldwertstabilität sein, sagte der FDP-Politiker der dpa in Hannover. Die jüngsten Anleihekäufe seien kontraproduktiv zu dieser für Deutschland besonderen Aufgabenstellung. Bode hofft daher, dass der künftige EZB-Chefvolkswirt Jörg Asmussen den Ankauf von Staatsanleihen unterbindet.
Quelle: n-tv.de / dpa>
========
17.9.2011: Roche stoppt Medikamentenlieferungen an zahlungsunfähige Spitäler in Pleite-Griechenland
aus: Basler Zeitung online: Pharmariese Roche greift in Griechenland durch; 17.9.2011;
http://bazonline.ch/wirtschaft/konjunktur/Pharmariese-Roche-greift-in-Griechenland-durch/story/22681340
Allerdings würden die Basler die Lieferungen an Apotheken im hoch verschuldeten Land erhöhen, Patienten würden keine Medikamente vorenthalten. Für einige Krebs-Behandlungen müssen die Betroffenen das Mittel nun jedoch in der Apotheke holen und ins Spital zurückbringen, damit es dort gespritzt werden kann.
Auch Spanien, Italien und Portugal
Ein Lieferstopp könnte auch in Spanien infrage kommen, sagte Schwan. Auch seien einzelne staatliche Spitäler in Portugal und Italien mit ihren Zahlungen weit im Rückstand. «Es kommt der Punkt, an dem das Geschäft nicht mehr nachhaltig ist», sagt Konzernchef Schwan.
Gemäss dem «Wall Street Journal» ist Roche (ROG 165.8 0.48%) nicht das erste Unternehmen, das die Lieferung nach Griechenland stoppt. Die dänische Novo Nordisk habe letztes Jahr vorübergehend ein Insulin-Präparat zurückbehalten, nachdem Athen angekündigt hatte, man werde 25 Prozent weniger bezahlen.
Staatsanleihen für Medikamente
Die griechische Vereinigung der Pharmabranche beklagt, die staatlichen Spitäler hätten bis Ende Juni nur 37 Prozent der in den letzten 18 Monaten gelieferten Medikamente im Wert von 2.62 Milliarden US-Dollar (rund 2.3 Milliarden Franken) bezahlt.
Vor rund drei Monaten wurde bereits bekannt, dass Roche und weitere Pharmakonzerne, Staatsanleihen Athens für ihre Lieferungen erhalten hatten. «Wir hatten keine Wahl», kommentiert Schwan die Transaktion nun. «Es ging darum, entweder gar nichts, oder Staatsanleihen zu kriegen». Roche habe die erhaltenen Titel umgehend verkauft. (rub/sda)>
========
17.9.2011: Und nun behauptet Pleite-Griechenland, Deutschland schulde noch Milliarden aus dem Zweiten Weltkrieg
aus: Welt online: Reparationen: Schuldet Deutschland den Griechen 70 Milliarden? 17.9.2011;
http://www.welt.de/politik/deutschland/article13610386/Schuldet-Deutschland-den-Griechen-70-Milliarden.html
<In Griechenland heißt es, man habe Deutschlands Hilfe mehr als verdient. Immerhin seien aus dem Weltkrieg noch Rechnungen offen. "Welt Online" hat nachgerechnet.
Von Sven Felix KellerhoffIn der aktuellen Debatte um eine mögliche Staatsinsolvenz melden sich in Griechenland immer mehr Stimmen zu Wort, denen zufolge Deutschland noch enorme Schulden aus dem Zweiten Weltkrieg gegenüber Griechenland zu begleichen habe. Das ist weder ganz falsch noch ganz richtig, denn einerseits gründen diese oft polemisch vorgetragenen Forderungen auf Tatsachen, andererseits ist zu fragen, ob diese Forderungen in den vergangenen gut 60 Jahren nicht völkerrechtlich bindend erfüllt worden sind.
Brutales Besatzungsregime der deutschen Soldaten
Wie entstehen solche Forderungen? Die Wehrmacht überfiel Griechenland und Jugoslawien am 6. April 1941 ohne vorherige Provokation. Deutsche Soldaten errichteten ein brutales Besatzungsregime. Wie meist im deutsch beherrschten Europa musste das besetzte Land die Kosten der Besetzung tragen; 1942 betrug die verlangte Summe 2,5 Milliarden Reichsmark.
Außerdem wurde die griechische Wirtschaft durch Zwangsexporte ausgeplündert, wofür eigens eine „Deutsch-Griechische Warenausgleichsgesellschaft“ gegründet wurde.
Die Folgen dieses Aderlasses waren eine galoppierende Inflation der Drachme und ein radikal sinkender Lebensstandard der Griechen. Zusätzlich zwang das Dritte Reich die griechische Nationalbank, Hitler-Deutschland zinslos Geld zu leihen; die Gesamtsumme dieser unfreiwilligen Anleihe betrug nach einem Bericht des Auswärtigen Amtes vom 12. April 1945 an die Reichsbank 476 Millionen Reichsmark.
Griechenland forderte zehn Milliarden US-Dollar
Nach der Kapitulation Deutschlands fand im Herbst 1945 in Paris auf Einladung der Siegermächte eine erste Reparationskonferenz statt. Griechenland forderte zehn Milliarden US-Dollar, die Hälfte der von den Sowjets vorgeschlagenen Gesamtreparationssumme Deutschlands von 20 Milliarden. Die war freilich schon im Februar 1945 von den USA und Großbritannien als zu hoch beurteilt worden.
Griechenlands Leid ist unbestritten. Das menschliche Leid ist natürlich unermesslich. Der ökonomisch messbare Gesamtschaden, den Griechenland durch die deutsche Besetzung im Zweiten Weltkrieg erlitten hat, liegt nach den übereinstimmenden Ergebnissen unabhängiger Historiker sowohl in absoluten Zahlen als auch umgerechnet auf die Bevölkerungszahl an vierter Stelle nach den slawischen Ländern Polen, der Sowjetunion und Jugoslawien.
Bei der Pariser Reparationskonferenz 1945/46 wurde Griechenland ein Anteil von 4,5 Prozent an den materiellen deutschen Reparationsleistungen zugestanden und von 2,7 Prozent an anderen Formen der Reparationen. Tatsächlich erhalten hat Griechenland lediglich Sachleistungen, vor allem Maschinen, aus westdeutscher Produktion im damaligen Gesamtwert von rund 25 Millionen Dollar, was damals 105 Millionen Mark entsprach und heute je nach Berechnungsmethode bis zu zwei Milliarden Euro.
Allerdings blieb die Festlegung der Pariser Konferenz praktisch irrelevant, weil vor allem die USA die junge Bundesrepublik vor Forderungen in Schutz nahmen. Dahinter stand die Erkenntnis, dass die erste deutsche Demokratie, die Weimarer Republik, durch die geplante jahrzehntelange Abzahlung von Wiedergutmachungsleistungen massiv geschwächt worden war. Ohne den Streit um Versailles und die Folgen ist der Aufstieg Hitlers nicht zu erklären. Dieser Fehler sollte diesmal vermieden werden.
Alle vier Siegermächte waren einverstanden
Deshalb wurde im Londoner Schuldenabkommen von 1953 die Regelung der Reparationsforderungen bis zum Abschluss eines Friedensvertrages verschoben. Als 1990 die deutsche Einheit verhandelt wurde, waren alle vier ehemaligen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges einverstanden, das völkerrechtlich bindende Zwei-plus-Vier-Abkommen zu schließen, das „anstelle eines Friedensvertrages“ trat. Auf diesem Wege konnten Forderungen nach Reparationsleistungen erledigt werden. Auch Griechenland akzeptierte dieses Abkommen.
Ohnehin wäre es politisch nicht zu vermitteln gewesen, nach Jahrzehnten enger Partnerschaft (Griechenland war seit 1952 Mitglied der Nato und seit 1961 den europäischen Organisationen assoziiert) enorme Reparationsleistungen zu verlangen. Dennoch haben griechische Politiker immer wieder, meist aus innenpolitischen Gründen, Forderungen nach Entschädigungen erhoben.
Unsinnig ist es jedoch, deutsche Nettozahlungen an Griechenland im Rahmen europäischer Vereinbarungen mit Forderungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges zu verrechnen. Einen genauen Überblick der aus verschiedenen Töpfen gezahlten Gelder gibt es nicht, doch dürfte sich die Gesamtsumme seit 1949 auf umgerechnet mehr als 30 Milliarden Euro belaufen.
Unabhängig von allen anderen Forderungen entschädigte die Bundesrepublik individuell Opfer von NS-Verbrechen. Am 18. März 1960 schlossen Griechenland und die Bundesregierung einen Vertrag, dem zufolge 115 Millionen DM für griechische Opfer der NS-Herrschaft gezahlt wurden. Das war geknüpft an die Zusage, dass keine zusätzlichen Forderungen auf individuellen Schadenersatz mehr zulässig sein sollten.
Forderungen von Nachkommen griechischer Opfer
Dennoch gab es immer wieder Forderungen von Nachkommen griechischer Opfer. Die bekannteste derartige Klage erhoben die Kinder von Bewohnern des Dorfes Distom o, die bei einer „Vergeltungsaktion“ am 10. Juni 1944 ermordet worden waren. Sie erreichten 1997 ein Urteil, demzufolge die Bundesrepublik umgerechnet 37,5 Millionen Euro Entschädigung zahlen müsse.
Nach vielen juristischen Winkelzügen, der Unterstützung durch italienische und der Ablehnung der Klage durch deutsche Richter verhandelt derzeit der Internationale Gerichtshof in Den Haag über die Forderung.
Rechtlich umstritten ist auch der Charakter der Zwangsanleihe von 476 Millionen Reichsmark. Wenn es sich um eine Form von Kriegsschaden handelt, wäre die Summe zwar grundsätzlich reparationsfähig. Doch nach dem Zwei-plus-Vier-Vertrag müsste die Bundesrepublik nicht zahlen. Beurteilt man die Summe dagegen als „gewöhnlichen“ Kredit, dann hätte Griechenland noch Anspruch auf Rückzahlung des Geldes.
Schon ohne Zinsen könnte man die Schuld dann – berechnet nach der heutigen Kaufkraft – bei zehn Milliarden Euro ansetzen. Bei einer Verzinsung von drei Prozent für 66 Jahre läge die zu bezahlende Summe heute bei mindestens 70 Milliarden Euro. Das Problem ist jedoch: Auch eine nur teilweise Anerkennung einer solchen Schuldwürde einen Präzedenzfall schaffen, der unabsehbare weitere Forderungen nach sich ziehen könnte.>
========
17.9.2011: Die Iren verarmen trotz Erholung der Wirtschaft
aus: Welt online: Krisenland: Trotz boomender Wirtschaft verarmen die Iren; 17.9.2011;
http://www.welt.de/wirtschaft/article13610752/Trotz-boomender-Wirtschaft-verarmen-die-Iren.html
<Vier Jahre nach Beginn der Krise erholt sich Irlands Wirtschaft. Doch während der Export deutlich anzieht, geben die Iren kaum Geld aus. Von Tina Kaiser
Bryan Meehan steht vor seinem „Baby“ auf der feuchten Wiese und grinst. Es ist ein grauer Flachbau, 150 mal 120 Meter lang, und Meehan ist so begeistert, als habe er das Gebäude selbst gezeugt. „State of the Art“ sei die Technik im Inneren, das Beste, was Ingenieurskunst zu bieten habe.
Für 220 Millionen Euro hat der Amerikaner im Auftrag des US-Pharmariesen Merck die Fabrik bauen lassen. „Es ist die größte Impfstofffabrik des Konzerns weltweit“, sagt Meehan stolz. Drei Jahre dauerte es vom ersten Entwurf bis zur Fertigstellung – „Rekordzeit“ sei das und habe keinen Cent mehr gekostet als geplant. Er habe schon an vielen Orten auf der Welt Werke aufgebaut, aber nirgendwo lief es so reibungslos wie hier. „Dieses Land ist ein Traum für jeden Investor.“
85 Kilometer weiter nördlich steht Des Kavanagh von seinem Schreibtisch auf. „Kommen Sie mal mit, dann sehen Sie, wie die Lage ist“, sagt er. Mit großen Schritten durchkreuzt der Irlandchef des deutschen Gabelstaplerherstellers Jungheinrich sein Büro.
Einen Raum weiter sitzt eine blonde Frau und hämmert auf ihre Tastatur ein. Zwei weitere Schreibtische im Zimmer sind leer. „Sehen Sie, das ist unsere Paula“, sagt Kavanagh. Die Frau nickt und tippt weiter. „Paula macht die Arbeit, die früher drei Personen gemacht haben.“ Die anderen zwei Stellen musste Kavanagh streichen.
18 von 96 Mitarbeitern hat er in den vergangenen zwei Jahren entlassen. Der Rest akzeptiert unbezahlte Überstunden, eingefrorene Gehälter, Zusatzaufgaben. „Wir können von Glück sagen, dass wir einen starken, langfristig planenden Mutterkonzern im Rücken haben.“ Sonst würde Paula vielleicht für sechs Leute oder gar nicht mehr arbeiten. „Dieses Land ist schwer gezeichnet“, sagt Kavanagh.
Viel unterschiedlicher könnte die Sichtweise der beiden Männer kaum sein, und doch reden beide vom selben Land. Vier Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise ist Irlands Wirtschaft eine Ökonomie der zwei Geschwindigkeiten geworden. Während die Exportbranche boomt wie schon lange nicht mehr, stagniert die Binnenwirtschaft und hat wenig Aussicht auf baldige Besserung.
Dritthöchste Arbeitslosenquote in Europa
Dank der florierenden Exporte wuchs das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal dieses Jahres erstmals leicht um 1,3 Prozent. In den elf Quartalen davor schrumpfte die Wirtschaftsleistung dagegen um mehr als 20 Prozent. Das Land leidet unter der dritthöchsten Arbeitslosenquote Europas, 14,6 Prozent. Nur in Griechenland und Spanien sind prozentual mehr Menschen ohne Arbeit.
70 Milliarden Euro und damit die Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung mussten die Iren in ihren maroden Bankensektor pumpen. Nur ein milliardenschweres Hilfspaket von EU und Internationalem Währungsfonds rettete den Staat vor dem Bankrott. Die Kredite zwingen die Iren zu radikaler Spardisziplin. Im Dezember steht die fünfte Sparrunde in Folge an. Noch mal sollen die Steuern steigen, noch mehr Sozialleistungen werden gestrichen.
Doch die Anstrengungen lohnen sich. Für das laufende Jahr wird erstmals seit 2007 ein leichtes Wirtschaftswachstum erwartet. Seit Mitte Juli stiegen die Kurse für irische Staatsanleihen so stark wie in keinem anderen EU-Land.
Bis 2013 ist die Finanzierung des Haushalts gesichert. Analysten räumen dem Land gute Chancen ein, dann wieder auf den Anleihenmarkt zurückzukehren. Einem Bericht der Berenberg Bank zufolge könnte Irland der erste Krisenstaat sein, der den EU-Rettungsschirm verlassen wird.
Im Portemonnaie der Iren machen sich die guten Nachrichten jedoch nicht bemerkbar. Im Gegenteil: Derzeit haben sie im Durchschnitt 30 Prozent weniger Einkommen zur Verfügung als noch vor vier Jahren.
Weil viele Iren ebenso wie ihr Staat lange auf Pump gelebt haben, stecken sie tief in den Schulden. Mit durchschnittlichen Krediten von 200 Prozent des Jahreseinkommens gehören die irische Haushalte zu den am höchsten verschuldeten in Europa.
Dementsprechend zurückhaltend sind sie jetzt beim Geldausgeben. Während die Sparquote vor der Krise im Land bei drei Prozent lag, sind es heute zwölf Prozent. Der fehlende Konsum lässt viele Unternehmen in die Knie gehen, die ihre Waren nicht exportieren, sondern am heimischen Markt verkaufen.
Fehlender Konsum hemmt heimische Firmen
Für Jungheinrich-Manager Kavanagh sind die Sinnbilder der Krise im Land die drei Fotos seiner Kinder auf der Fensterbank seines Büros. „Alle drei haben hervorragende Abschlüsse gemacht“, sagt er. Seine älteste Tochter hat es noch am besten getroffen. Als Lehrerin ist ihr Gehalt zwar vom Staat deutlich zusammengestrichen worden, aber immerhin hat sie noch einen Job. Seine zweite Tochter arbeitet als Unternehmensberaterin in London, der Sohn, ebenfalls Unternehmensberater, wandert gerade nach Toronto aus. „Das ist schon traurig“, sagt der 54-Jährige. Die jungen Iren sehen keine Zukunft mehr in ihrem Land. Er könne es ihnen nicht verdenken.
„Sie sind aufgewachsen in einer Gesellschaft, die dachte, es mit der ganzen Welt aufnehmen zu können“, sagt Kavanagh. Bis zum Zusammenbruch der Märkte wuchs die irische Wirtschaft 25 Jahre in Folge. Im Land des „keltischen Tigers“ ging es darum, wer die meisten Häuser und teuersten Autos besaß. Jungheinrich investierte dort 2001, als der Hamburger Gabelstaplerkonzern eine Vertriebstochter in der Nähe von Dublin aufbaute.
„Unsere Umsätze explodierten, in den ersten sechs Jahren vervierfachten wir unseren Marktanteil von sieben auf 30 Prozent.“ Die Geschäfte liefen so gut, dass der Konzern 2006 in ein sechs Millionen Euro teures, neues Gebäude im Gewerbepark Maynooth, 25 Kilometer westlich von Dublin, einzog.
Heute belastet der zehnjährige Leasingvertrag die irische Tochtergesellschaft schwer. „270.000 Euro Miete zahlen wir im Jahr, obwohl der Marktwert wegen des zusammengebrochenen Immobilienmarkts nur noch bei 120.000 Euro liegt“, klagt Kavanagh. Seit einem Jahr versucht er, dem Besitzer eine Mietminderung abzuringen – ohne Erfolg.
Stattdessen muss er bei seinen Mitarbeitern sparen. 2009 brach der Umsatz um 40 Prozent ein. Für das laufende Jahr erwartet er ein leichtes Plus. „Es wird ein langer und steiniger Weg, um auf das Niveau von 2008 zurückzukommen.“ Das sei die neue Realität, mit der die Iren sich abfinden müssten. „Arbeit, Häuser, Waren – alles wird in diesem Land zukünftig 30 bis 40 Prozent weniger wert sein als vor der Rezession.“
Doch ausgerechnet dieser Wertverlust könnte Irlands Rettung sein . Denn in den Jahren des Booms war das Land teuer geworden. Nicht nur die Immobilienpreise, auch hohe Lebenshaltungskosten und Löhne machten den Standort unattraktiver für ausländische Investoren. Da half auch der niedrige Körperschaftssteuersatz von 12,5 Prozent kaum als Lockanreiz. Von 2000 bis 2007 verdoppelten sich die Durchschnittslöhne. Vor Ausbruch der Krise hatten die Iren nach den Luxemburgern das zweithöchste Pro-Kopf-Einkommen aller EU-Länder.
2010 erreicht Irland höchstes Exportvolumen der Geschichte
Vier Jahre später hat sich das Blatt gewendet. Die Löhne sind heute neun Prozent niedriger, Wohnungsmieten fielen um 40 Prozent, Gewerbemieten sogar um bis zu 60 Prozent. Für multinationale Konzerne wie Microsoft, Google oder Merck wird die grüne Insel am Rande Europas wieder das, was sie in den 90er-Jahren schon einmal war: ein idealer Standort für Investitionen.
Im vergangenen Jahr stiegen die Ausfuhren um 6,7 Prozent auf 161 Milliarden Euro – das höchste Exportvolumen in der Geschichte des Landes. Dreiviertel davon wurde von irischen Töchtern ausländischer Konzerne produziert.
Einer der größten Investoren ist der Pharmakonzern Merck, der in den vergangenen Jahren vier neue Fabriken und ein Servicezentrum in Irland errichtete. Mehr als 430 Millionen Euro kosteten die Standorte, 540 Jobs wurden geschaffen. Die von Merck in Irland hergestellten Medikamente werden fast komplett ins Ausland verkauft. Die schwache, irische Binnennachfrage interessiert den Konzern daher überhaupt nicht.
Das mit 300 Millionen Euro teuerste Projekt ist die neue Impfstofffabrik in der Kleinstadt Carlow, 90 Kilometer südlich von Dublin. Die Arbeitslosenquote in der Region ist mit 17,2 Prozent die höchste im Land. Die irische Wirtschaftsförderungsgesellschaft habe lukrative Steuernachlässe angeboten, sagt Fabrikleiter Meehan. Ausschlaggebend seien aber nicht finanzielle Vorteile gewesen: „Merck hat in Irland sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt er.
Das 1976 gebaute erste Merck-Werk bei Dublin sei einer der produktivsten Konzernstandorte weltweit. Die Ausbildungsgrad der irischen Fachkräfte sei „Weltklasse“. „Durch die Rezession sind viel mehr gute Leute auf dem Arbeitsmarkt verfügbar, zu bezahlbaren Löhnen.“ Fünf Länder seien in der engeren Auswahl gewesen für die Fabrik. „Irland hat sich ganz klar durchgesetzt.“ Noch befindet sich die Anlage in der Testphase. 2013 erwartet Meehan die Freigabe der Arzneimittelbehörde.
Dann sollen in Carlow 150 Millionen Impfstoffdosen jährlich hergestellt werden. Bei einem Verkaufspreis von 70 Euro pro Stück werden hier bald 10,5 Milliarden Euro umgesetzt.
Eine Firma, die jetzt schon von der neuen Merck-Fabrik profitiert, ist Jungheinrich. Um die Impfstoffe im Lager zu transportieren, hat Merck zehn Gabelstapler für rund 400.000 Euro beim deutschen Hersteller gekauft. „Das war ein harter Kampf, den Auftrag zu kriegen“, brummt Kavanagh. Beinahe wäre die Schwarzmarkt-Konkurrenz dazwischengekommen. „Die Iren neigen seit jeher dazu, Aufträge nicht an die besten Anbieter, sondern an einen ihrer 57 Brüder, Cousins oder Cousinen zu vergeben.“
Durch die Krise sei das Problem der Schwarzarbeit noch schlimmer geworden. In der Branche ist es üblich, Gabelstapler inklusive eines mehrjährigen Wartungsvertrags zu verkaufen. Jungheinrich beschäftigt in Irland 38 Techniker, die im Außendienst von Kunde zu Kunde fahren. „Es schießen immer mehr Wettbewerber aus dem Boden, die ihre Servicepakete um bis zu 30 Prozent billiger anbieten“, sagt Kavanagh.
Solche Preise seien aber nur durch Schwarzarbeit profitabel. Die steuerfreie Konkurrenz drücke die Stundenlöhne: „Wir mussten unsere Stundensätze für Außendienstmitarbeiter um rund zehn Euro günstiger machen.“ Viel Gewinn ist so natürlich nicht mehr zu machen.
Dabei habe Jungheinrich noch Glück im Unglück. Zu den Kunden gehören neben Exportunternehmen wie Merck auch Einzelhandelskonzerne wie Lidl, Aldi oder Tesco – die strichen zwar in den vergangenen Jahren auch ihre Kosten zusammen, gingen aber immerhin nicht pleite.
Schwieriger ist das Geschäft mit den mittelständischen Abnehmern. „Für die meisten ist es unmöglich geworden, einen Kredit bei einer Bank aufzunehmen“, sagt Kavanagh. Während die irischen Banken vor der Krise ihr Geld oft ohne Risikoprüfung in die Wirtschaft pumpten, fließen Darlehen jetzt fast nur noch bei todsicheren Geschäften.
Solche Not macht erfinderisch. Deswegen übernimmt Jungheinrich das Risiko der Finanzierung für die Gabelstapler, die 10.000 bis 50.000 Euro pro Stück kosten. „Wir nehmen die Kredite für die Kunden auf, die sie uns dann über fünf Jahre zurückzahlen.“ Anders gehe es nicht. Zwei Stunden hat Kavanagh nun ohne Luftholen geredet.
Doch als er seinem Gast zum Abschied die Hand schüttelt, möchte er noch etwas loswerden. Die Iren seien für zwei Dinge bekannt. Erstens gebe es eine kollektive Lust, sich im eigenen Unglück zu suhlen. Zweitens seien die Iren aber freundliche und fleißige Typen, die hart anpacken können. „Deswegen werden wir diese Krise überwinden, sicher nicht als keltischer Tiger, aber zumindest als zufriedene Katze.“>
========
18.9.2011: Pleite-Premier Papandreu will nicht mehr reisen - "USA"-Reise abgesagt
aus: Der Standard online: Griechische Odyssee: Papandreou sagt USA-Reise ab; 18.9.2011;
http://derstandard.at/1315006653135/Griechische-Odyssee-Papandreou-sagt-USA-Reise-ab
<Athener Politik in Angst: Kommende Woche "sehr kritisch für die Umsetzung der Beschlüsse".
Athen - Das Schuldendrama in Griechenland nimmt immer verwirrendere Züge an: Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou sagte am Samstag eine geplante Reise in die USA ab. Die hänge damit zusammen, dass die kommende Woche "sehr kritisch für die Umsetzung der Beschlüsse" des Gipfeltreffens der EU im Juli sein werde, teilte sein Büro mit. Aus diesem Grund habe Papandreou seine Reise abgesagt.Zuvor war die eigentlich für Montag erwartete Ankunft der Experten von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) in Athen ein zweites Mal aufgeschoben worden. Die Chefs der sogenannten "Troika" werden demnach nicht wie ursprünglich erwartet am Montag in Athen sein. Stattdessen solle es lediglich eine Telefonkonferenz des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos mit den drei Spitzenvertretern geben, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums. Die Reise der "Troika" nach Athen war bereits zuvor einmal verschoben worden.
Bangen um nächste Tranche, Präsident drehte um
Griechische Medien berichteten, die Regierung mache sich nun große Sorgen um die nächste Tranche der Finanzhilfe. Finanzminister Evangelos Venizelos habe ein "äußerst negatives Klima" beim jüngsten Finanzministertreffen der EU in Breslau festgestellt. Papandreou sei bereits auf dem Weg in die USA gewesen und kehre jetzt aus London nach Athen zurück, hieß es weiter.
Ursprünglich wollte sich Papandreou in New York auch mit der IWF-Direktorin Christine Lagarde und dem UN-Generalsekretär Ban Ki-moon treffen. Der Regierungschef hatte geplant, Lagarde zu versichern, dass Griechenland die nötigen Reformen und Sparmaßnahmen in die Wege leiten werde.
Nur wenn die "Troika" grünes Licht gibt, wird Griechenland die nächste Tranche seiner dringend benötigten Finanzhilfe bekommen. Griechenland hat nach offiziellen Angaben Geld bis Oktober. Kommt die Hilfe nicht, ist das Land pleite. (APA/Reuters)>
========
18.9.2011: Die Presse sieht Rösler gegen Merkel
aus: Welt online: Koalitionskrise: Was fällt zuerst – Regierung oder Euro? 18.9.2011;
http://www.welt.de/politik/deutschland/article13610379/Wer-faellt-zuerst-Regierung-oder-Euro.html
<Die FDP versucht sich im Berliner Wahlkampf als Anti-Euro-Partei, die CSU will die Griechen notfalls aus der Währungsunion werfen. Und die CDU träumt von der großen Koalition.
Von R. Alexander, J. Hildebrand und T. Jungholt
Wer durch die mit Politikerfotos und Parolen dekorierte Hauptstadt schlenderte, der staunte nicht schlecht. Männer in Sakkos und einige adrette junge Damen verteilten gelbe Flyer, die für die FDP warben und frisch aus der Druckerei kamen. Die „Euro-Abstimmung“ stehe an diesem Sonntag an, war da zu lesen: „Dieser Wahltag ist auch eine Entscheidung über den deutschen Kurs in der Euro-Krise. Stärken Sie die einzige Partei, die noch bereit ist, Klartext zu reden!“
Die Liberalen funktionierten den Berliner Wahlkampf kurzerhand zum Labor um, indem sie ein explosives Experiment vollzogen: Ist die politisch komatöse FDP wiederzubeleben, wenn man ihr den ganz harten Stoff spritzt?
Bei der Wahl in der Hauptstadt soll es nicht mehr um das neue Abgeordnetenhaus gehen, sondern um die Euro-Rettungsschirme . Die Attacken von FDP-Spitzenkandidat Christoph Meyer zielen nicht mehr auf den Regierenden Bürgermeister, sondern auf die Bundeskanzlerin. Die Bundeskanzlerin? Ja, Sie haben richtig gelesen.
"Steht die FDP als Partner nicht zur Verfügung"
„Angela Merkel und Wolfgang Schäuble haben es als Ressortverantwortliche in den letzten 18 Monaten nicht vermocht, eine klare Strategie und Grenzlinie zur Bewältigung der europäischen Verschuldungskrise zu finden – geschweige denn, es der Bevölkerung zu erklären“, schreibt Meyer im Stile eines Oppositionspolitikers.
Merkel verfolge den „Plan, die Europäische Währungsunion in einer Transfer- und Schuldenunion zu verwandeln“. Dies könne nur einer verhindern: „Für eine solche unbegrenzte Schuldenübernahme oder die Einführung von Euro-Bonds steht die FDP als Partner nicht zur Verfügung.“ Sein Anti-Merkel-Kurs, ergänzte Meyer, sei mit der Parteispitze und dem Vorsitzenden Philipp Rösler abgestimmt.
Der Vize-Kanzler hatte den Koalitionskrach zu Wochenbeginn mit einem Gastbeitrag bei "Welt Online“ losgetreten. „Um den Euro zu stabilisieren, darf es auch kurzfristig keine Denkverbote mehr geben. Dazu zählt notfalls auch eine geordnete Insolvenz Griechenlands, wenn die dafür notwendigen Instrumente zur Verfügung stehen“, schrieb Rösler.
Erstmals zog damit ein Regierungsmitglied eine Staatspleite in Erwägung. Das ließ nicht nur die Anleger an den Börsen am Montag erschaudern, sondern sorgte vor allem für Aufruhr in der CDU – zumal deren kleine Schwester, die CSU, noch draufsattelte und gleich einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion ins Spiel brachte. Mehr Revolte gegen den Kurs der Kanzlerin geht kaum.
Chor der Kritiker wurde immer lauter
Die Euro-Rettung ist Merkels wichtigstes Projekt in dieser Legislaturperiode. Doch für die Kanzlerin wird es immer mühsamer, die eigene Gefolgschaft von Hilfen für klamme Staaten wie Griechenland, Irland und Portugal zu überzeugen. Der Chor der Kritiker wurde schon seit Längerem immer lauter. So schlimm wie in dieser Woche war es aber noch nie.
Das gesamte Führungspersonal der Regierung stritt auf offener Bühne. Schon bietet man sich in Berlin eine Wette an: Was bricht eher – die Euro-Zone oder die Koalition?
Entsetzen im Kanzleramt
Merkel beobachtete die Debatte aus dem Kanzleramt mit Entsetzen. Am Sonntag, als Röslers Gastbeitrag in Druck ging, hatte sie noch genau die gegenteilige Botschaft verbreitet. Unter der Überschrift „Die Sehnsucht nach einfachen, kurzen Lösungen ist groß“, hatte sie in einem langen Interview davor gewarnt, solchen Sehnsüchten zu folgen. Die Sanierung der Euro-Zone würde Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern.
Umso wütender machte sie Röslers Botschaft, es könne auch kurz und heftig werden. Verschärfend kam hinzu, dass Rösler nicht signalisierte, was er vorhatte. Kaum liefen die ersten Vorabmeldungen, stürzten sich sämtliche Getreuen der Kanzlerin auf Rösler: Unionsfraktionschef Volker Kauder widersprach ihm noch am selben Abend im Fernsehen.
Am nächsten Tag droschen CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und Fraktionsmanager Peter Altmaier („Spekulationen sind kontraproduktiv und gefährlich!“) auf Rösler ein. Vergeblich.
So geschlossen wie selten
Mahnungen von besorgten Koalitionären zu Ruhe und Geschlossenheit verhallten unbeachtet. Kaum hatte Rösler vorgelegt, folgte das liberale Spitzenpersonal: Generalsekretär Christian Lindner betonte, man habe den Gastbeitrag im Parteipräsidium „einmütig“ begrüßt. Fraktionschef Rainer Brüderle („Wir sind solidarisch, aber nicht blöd“) gab Rösler genauso Rückendeckung wie Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberge r. So geschlossen traten die Liberalen selten auf.
Schließlich ließ Merkel selbst die allerletzte Fassade einer einträchtigen Koalition fallen, sie rügte ihren Vize im Radio persönlich: „Und deshalb sollte jeder auch seine Worte sehr vorsichtig wägen. Was wir nicht brauchen können, ist Unruhe auf den Finanzmärkten.“ Aber Rösler schwor nicht ab. Den Mahnungen der Chefin entgegnete er: „Ich muss tun, was ich für richtig halte.“
FDP oder Griechenland weiter von einer Insolvenz entfernt?
Am Wochenende verschärfte sich der Ton weiter. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) warf Rösler Populismus vor. Im „Focus“ ätzte sie: „Ich frage mich, wie viel weiter ist denn die FDP politisch von einer Insolvenz entfernt als Griechenland?“
Und Finanzminister Wolfgang Schäuble sprach dem Vize-Kanzler das Recht ab, in der Euro-Krise für die Regierung zu sprechen . „Innerhalb der Richtlinien der Bundeskanzlerin ist der Finanzminister für den Euro zuständig“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“.
„Dass viele andere auch reden, kann ich nicht ändern.“ Die FDP konterte, Haushaltsexperte Otto Fricke unterstellte Schäuble Vergesslichkeit. Der habe selbst bereits vor eineinhalb Jahren in einem Interview angeregt, „eine Art Insolvenzverfahren für Staaten“ zu schaffen, sagte Fricke dieser Zeitung: „Deshalb versteht doch niemand, warum der Finanzminister nun den Wirtschaftsminister kritisiert, der zu Recht daran erinnert“.
"Das Führungsproblem heißt Angela Merkel"
FDP-Präsidiumsmitglied Jörg-Uwe Hahn gab der Kanzlerin die Schuld für die ausufernde Debatte: „Das Führungsproblem liegt bei der Union und heißt Angela Merkel.“ Tatsächlich beschädigen Merkels offensichtlich vergebliche Versuche, ihre Partner einzufangen, ihre Autorität.
„Es ist wie beim Fußball“, sagt einer aus der Unionsführung: „Wenn der Torwart rausgeht, dann muss er den Ball auch haben.“ Merkel aber hatte danebengegriffen. Die Debatte um eine Pleite der Griechen, die sie um jeden Preis vermeiden wollte, läuft unaufhaltsam.
Erstaunlich: Anders als bei CSU-Chef Horst Seehofer, dem Merkel jede Bosheit zutraut, glaubt sie noch, Rösler habe es nicht böse gemeint, sondern die Folgen seines Textes unterschätzt. Manche im Umfeld der Kanzlerin meinen, er habe in dieser Woche gelernt: „Kommunikation besteht nicht nur aus dem ‚Was’. Sondern auch aus dem ‚Wann’ und dem ‚Von Wem’“. Der Vizekanzler also immer noch ein Lehrling im Politgeschäft?
Ist Rösler von Parteifreunden bewusst gelinkt worden?
In der Unionsfraktion geht man noch weiter: Rösler sei von Parteifreunden bewusst gelinkt worden, munkeln führende Abgeordnete dort. Die schroffe Wende im Berliner Wahlkampf sei ein Manöver „aus der Schule Jürgen Möllemanns“. Generalsekretär Lindner und vor allem Gesundheitsminister Daniel Bahr hätten ihr Handwerk bei dem mephistophelischen Extrempolitiker Möllemann gelernt.
Dieser, einst wie heute Rösler Vizekanzler in einer schwarz-gelben Regierung, erreichte für die Liberalen spektakuläre Wahlerfolge, machte jedoch schließlich selbst vor Antisemitismus nicht halt. Nun ist Euro-Kritik nicht Antisemitismus. Die Möllemann-Analogie illustriert aber eines: Dass die Union der FDP mittlerweile alles zutraut.
Rösler sieht sich nicht als Euro-Skeptiker
Dabei taugt Rösler sicher nicht zum Populisten. Der Vorwurf, er wolle die FDP „haiderisieren“, trifft ihn. Er sieht sich nicht als Euro-Skeptiker. Am besten gelang ihm die Abgrenzung am Mittwoch in Mailand, wo er eine Rede vor der deutsch-italienischen Handelskammer hielt. Er sei für die europäische Integration, versicherte er den Unternehmern.
Beim Euro gehe es um „weit mehr als nur eine Währung, das geht weit über das Ökonomische hinaus“. Er war schon fast beim Friedensprojekt EU angekommen, als die Einschränkung folgte. Man könne eine Währung nicht gegen „Adam Riese“ stabil halten.
Rösler beschreibt ein Gefühl, das viele Politiker im bürgerlichen Lager umtreibt. Es ist ihr Euro-Schisma: Sie fühlen sich dem europäischen Erbe Helmut Kohls und Hans-Dietrich Genschers verpflichtet. Gleichzeitig beschleicht sie aber die Sorge, bei der Euro-Rettung viele wirtschaftspolitische Grundsätze über Bord werfen zu müssen.
Wird er auch liefern können?
Das erklärt auch die Reaktionen, von denen liberale Abgeordnete berichten: Schon lange habe man nicht mehr so viel Zustimmung erfahren wie dieser Tage. Rösler hat Erwartungen geweckt. Auch wenn sein Aufsatz differenzierter war, gefestigt hat sich vor allem ein Eindruck: Der FDP-Chef ist dagegen, neue Milliardenhilfen nach Athen zu überweisen.
Doch wird er das auch liefern können? Die Gefahr ist groß, dass die Debatte in seiner Partei nun eine Eigendynamik entwickelt. Es läuft bereits der Versuch, einen Mitgliederentscheid gegen den permanenten Euro-Rettungsmechanismus ESM zu initiieren. Sollte die Aktion der liberalen Euro-Rebellen erfolgreich sein, wäre die Regierungsfähigkeit der FDP dahin.
Die CDU beobachtet das mit Befremden. Fraktionschef Volker Kauder lässt die Öffentlichkeit derzeit an seinen Erinnerungen an die große Koalition teilhaben, die mit jedem Tag schwarz-gelber Regierung idyllischer erscheint . „Orientierungslos, führungslos, ohne Machtzentrum und neuerdings auch panisch“ sei die FDP, berichten frustrierte Kabinettsmitglieder in Runden von Abgeordneten oder Journalisten.
Selbst mit dem Koalitionsbruch droht die Union schon. Die Zustimmung zum ESM, über den Anfang 2012 der Bundestag entscheiden soll, sei Bedingung fürs Weiterregieren, platzierte ein einflussreicher CDU-Politiker diese Woche in der „FAZ“.
SPD will nicht mitmachen
Das Problem an diesen großkoalitionären Gedankenspielen: Die SPD ist nicht bereit, dabei mitzumachen. Zwar forderte Parteichef Sigmar Gabriel die Kanzlerin im „Tagesspiegel“ auf, das Bündnis mit der FDP zu beenden. Allerdings ständen die Sozialdemokraten nicht als Ersatz zur Verfügung .
Denkbar sei allenfalls die vorübergehende Unterstützung einer Minderheitsregierung der Union, sagte Gabriel. Generell aber gelte: „Wenn diese Regierung nicht mehr handlungsfähig ist, dann muss sie sich ein neues Mandat der Menschen beschaffen. Und das geht nur über eine Neuwahl des Bundestages“. Dafür wiederum steht derzeit nicht einmal ein verfassungsgemäßes Wahlrecht zur Verfügung.
Merkel und ihre Koalition werden also versuchen müssen, die anstehende Euro-Abstimmungstortur irgendwie zu überstehen. Die nächste Hürde wird die Entscheidung über ein zweites Hilfspaket für Griechenland sein, die bisher für Oktober geplant ist.
Rösler und CSU-Chef Seehofer haben die Hürde diese Woche noch ein wenig höher geschraubt. Nach ihren Gedankenspielen zu Insolvenz (Rösler) und Euro-Austritt (Seehofer) wird es schwierig, den Abgeordneten zu erklären, warum sie noch einmal ein Rettungspaket über 109 Milliarden Euro freigeben sollen. „Verfahren“ sei die Lage, seufzt ein hoher Regierungsbeamter.
Hoffnung auf ein spezielles Szenario
Deshalb kursiert in der Regierung das Szenario, dass ihr die Abstimmung über „Griechenland II“, wie das neue Hilfspaket genannt wird, möglicherweise erspart bleibt. Vielleicht, so wird gemunkelt, senken ja die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds schon vorher den Daumen über Griechenland.
Schon einmal hatten die Fachleute eine Visite in Athen abgebrochen, weil die dortige Regierung Zusagen nicht eingehalten hatte. Werden sie nun abermals nicht zufriedengestellt, wäre Röslers Insolvenzfall da. „Ich würde nicht darauf wetten, dass wir noch ein zweites Rettungspaket für Griechenland schnüren müssen“, sagt ein Koalitionär. Es klingt nicht wie eine Sorge um Athen. Sondern wie eine Hoffnung für Berlin.>
========
Die harte Realität in Pleite-Italien sieht so aus:
18.9.2011: Berlusconi liess Sexfrauen mit dem Staatsflugzeug einfliegen
aus: Financial Times Deutschland online: Sexskandal: Berlusconis Protokolle der Peinlichkeiten; 18.9.2011;
http://www.ftd.de/politik/europa/:sexskandal-berlusconis-protokolle-der-peinlichkeiten/60105774.html
<Der Herrscher von Rom soll Gespielinnen mit dem Staatsflugzeug eingeflogen haben. Abgehörte Telefonate belegen, wie er junge Frauen zu ködern versuchte. Zumindest eine versprach eine Gegenleistung: "Ich werde dich auch nicht enttäuschen."
Silvio Berlusconi hat sich nach eigener Aussage nichts zu Schulden kommen lassen. "Ich habe keine Straftat begangen", wehrt sich der italienische Ministerpräsident. Er hat sich, so seine Überzeugung, nur das erfüllt, was sich jeder Italiener insgeheim wünscht: mit jungen und hübschen Frauen eine Beziehung zu haben.
Es ist mehr und mehr fraglich, ob diese Verteidigungsstrategie aufgeht. Der Skandal um den zwielichtigen Geschäftsmann Giampaolo Tarantini, der Berlusconi Frauen für Privatfeste organisiert haben soll, vom Premier finanziell unterstützt wurde und sich inzwischen in Haft befindet, weitet sich aus: Fast täglich veröffentlichen die italienischen Zeitungen peinliche Protokolle von Telefongesprächen zwischen Tarantini und Berlusconi, die die Staatsanwaltschaft Bari gesammelt hat.Der bald 75-jährige Ministerpräsident erscheint darin als Gigolo, der freizügig seine Handynummer verteilt und junge Frauen mit Versprechungen gefügig macht. Er brüstet sich, in einer Nacht mit acht Damen verkehrt zu haben. Und stellt ab und an schon einmal das Staatsflugzeug für seine illustre Gesellschaft aus Playboys, Filmsternchen und Models bereit. Für die wirtschaftliche Krise, in der sich sein Land befindet, scheint Berlusconi dagegen wenig Energie aufzuwenden: "In meiner Freizeit gebe ich den Regierungschef", soll er einem weiblichen Partygast zugeflüstert haben.
Die Zahl der Frauen, die Tarantini vermittelte, liegt nach aktueller Schätzung der Behörden bei rund 40. Sie heißen Terry, Carolina, Camille, Chiara oder Marystell und sind meistens um die 20. Sie eint das Ziel, möglichst schnell berühmt zu werden. Das argentinische Showgirl Belén Rodriguez ist so eine ehrgeizige junge Dame. Im Frühjahr 2009 geht ihre Beziehung mit dem Fußballspieler Marco Borriello vom AC Mailand in die Brüche. Berlusconi meldet sich bei ihr: "Wie geht es dir? Mit deinem Freund ist alles zu Ende?", erkundigt sich der Ministerpräsident und bietet der Südamerikanerin im Laufe des Telefonats eine Rolle in der TV-Show "Scherzi a parte" an, die von Berlusconis TV-Imperium Mediaset produziert wird. Rodriguez fühlt sich geschmeichelt und verspricht: "Ich werde dich auch nicht enttäuschen, ich werde einiges tun." Als weiteren Angelhaken wirft Berlusconi auch das Festival in San Remo aus. Das Musikfest ist das älteste Europas. Ein Auftritt hier kann ein Karrieresprungbrett sein.
<Teil 2: "Ich schicke heute ein Flugzeug"
aus: http://www.ftd.de/politik/europa/:sexskandal-berlusconis-protokolle-der-peinlichkeiten/60105774.html?page=2
Mögen solche Ouvertüren auch ein schlechtes Licht auf Berlusconi werfen, so sind sie nicht illegal. Die Oppositionsparteien stürzen sich deshalb auf einen weiteren Dialog zwischen Berlusconi und Tarantini. Am 5. Januar 2009 vereinbaren die beiden laut Protokoll ein Stelldichein, begleitet von Rodriguez und zwei weiteren Frauen: "Ich schicke heute ein Flugzeug. Das soll in Rom stoppen und steht dort zu deiner Verfügung", sagt Berlusconi. Am 3. Februar wiederholt sich das.
Tarantini ruft die Sekretärin des Regierungschefs an und sagt ihr, dass er ihn zusammen mit einer Frau begleiten werde. Die Sekretärin nennt ihm als Treffpunkt den Militärflughafen in Linate. Die politischen Gegner Berlusconis fordern darüber Aufklärung. Es müsse aufgedeckt werden, ob Berlusconi seine Partygäste auf "Kosten des Steuerzahlers" eingeflogen habe, sagte Leoluca Orlandi von der Partei Italia dei Valori.
Berlusconi gibt sich stur. Vor der Staatsanwaltschaft in Neapel will er nicht aussagen. Einen Rücktritt, der ihm von der Opposition regelmäßig nahegelegt wird, lehnt er ab. Das ließ er am Wochenende erneut über seinen politischen Ziehsohn Angelino Alfano, der seiner Partei Popolo della Libertà (PdL) vorsteht, ausrichten.
Allerdings liegt nicht alles in der Hand des Ministerpräsidenten. In der Regierungskoalition mit der Lega Nord knirscht es schon seit Wochen gewaltig. Die nächste große Belastungsprobe steht am Donnerstag an. Dann wird darüber entschieden, ob die Immunität das PdL-Abgeordneten Marco Milanese aufgehoben wird. Ihm wird Korruption und die Weitergabe von Amtsgeheimnissen vorgeworfen.
Unter anderem soll er Finanzminister Giulio Tremonti eine Luxuswohnung in Rom beschafft haben. Sollten Teile der PdL und der Lega Nord für die Verhaftung stimmen, könne es zu einer Kettenreaktion kommen, die die gesamte Regierung stürzen würde, sagt ein Beobachter. Berlusconi gibt sich kämpferisch - und will in den kommenden Tagen einen Plan zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums präsentieren. So viel Freizeit hat er dann doch noch.>
Und der Standard berichtet mit einem klaren Titel über die Realität in Pleite-Italien:
18.9.2011: Pornostar Berlusconi: "Amtiere in meiner Freizeit als Premier" - "Die Mösen müssen rotieren" - Affäre Berlusconi: Immer neue schlüpfrige Details - Schweigen im Vatikan
aus: Der Standard online; 18.9.2011;
http://derstandard.at/1315006667300/Amtiere-in-meiner-Freizeit-als-Premier18.9.2011: Italiens Sparplan knöpft den Familien 33 Milliarden Euro abEs wird eng für den Cavaliere. Silvio Berlusconis Haremsgeschichten füllen Italiens Zeitungen und bringen den Premier in wachsende Bedrängnis. Rücktrittsaufforderungen lehnt er kategorisch ab: "Ich habe nur getan, was alle tun."
Zur üblichen Praxis gehörten Escortgirls, die mit Staatsmaschinen in Villen des Premiers geflogen werden, TV-Auftritte als Gegenleistung für Sex, öffentliche Millionenaufträge für den zwielichtigen Unternehmer, der dem 75-Jährigen immer neue Mädchen besorgt. "Letzte Nacht standen sie vor meinem Schlafzimmer Schlange", schwärmt Berlusconi in einem abgehörten Telefonat. "Es waren elf, aber ich habe nur acht geschafft. Dennoch war ich stolz auf meine Leistung."
Ein Teil der Abhörprotokolle wurde von den Staatsanwälten geschwärzt: obszöne Zitate, in denen Berlusconi detailliert auf die körperlichen Vorzüge der Mädchen eingeht. "Du bringst zwei und ich bring zwei", schlägt er Gianpaolo Tarantini vor. "Dann tauschen wir. Die Mösen müssen rotieren." Dem karibischen Model Marysthell Polanco gewährt er zudem Einblick in sein Berufsethos. "In meiner Freizeit amtiere ich auch als Premier."
Indes ist der Direktor des staatlichen Rüstungskonzerns Finmeccanica, der in der Korruptionsskandal verwickelt ist, zurückgetreten. Auch der Verantwortliche der Tochtergesellschaft SSI, dem Tarantini Prostituierte vermittelte, hat sein Amt zurückgelegt. Offiziell stärkt die Regierungspartei PDL dem Premier wortreich den Rücken. Doch die Zahl jener, die das Schicksal der Partei von dem ihres allmächtigen Gründers abkoppeln wollen, wächst. Der Christdemokrat Pier Ferdinando Casini besteht auf der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit - ohne Berlusconi. Nur der Vatikan, der den Abgang des Premiers durch deutliche Worte fördern könnte, schweigt beharrlich. (Gerhard Mumelter aus Rom, STANDARD-Printausgabe, 19.9.2011)
========
aus: Der Standard online: Italien: Sparplan wird Familien 33 Milliarden kosten; 18.9.2011;
http://derstandard.at/1315006660856/Italien-Sparplan-wird-Familien-33-Milliarden-kosten========Die Regierung Berlusconi hat dieser Tage das Sparpaket verabschiedet, die Italiener bekommen die ersten Auswirkungen zu spüren.
Rom - Die Regierung Berlusconi hat am Mittwoch das milliardenschwere Sparpaket zur Schuldeneindämmung verabschiedet und die Italiener bekommen schon die ersten Auswirkungen der Maßnahmen zu spüren. Seit Samstag ist die Mehrwertsteuer in Italien um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent erhöht worden. Nach Angaben des Konsumentenschutzverbands Codacons werden 35 Prozent aller Geschäfte ihre Preise nach oben revidieren. Der Sparplan werde die Taschen der italienischen Familien um insgesamt 33 Milliarden Euro belasten.Gewerkschaften und Konsumentenschutzverbände warnen vor steigender Inflation und sinkendem Konsum im bevorstehenden Herbst. Vor allem bei den Benzinpreisen sei mit Preiserhöhungen zu rechnen. Ein Liter Benzin wird um 1,2 Cent teurer werden. Dabei zählen die Spritpreise im Stiefelstaat wegen des hohen Steuerdrucks ohnehin schon zu den höchsten im EU-Durchschnitt. Teurer werden auch elektronische Produkte, Kleider und Lebensmittel.
Höhere Mehrwertsteuer als Hauptpunkt
Konsumentenschutzverbände warnen, dass die italienischen Familien wegen der Mehrwertsteuer jährlich 500 Euro mehr als sonst ausgeben werden. Dank der höheren Mehrwertsteuer werden dieses Jahr zusätzliche 700 Mio. Euro in die Staatskassen fließen, im kommenden Jahr sollten es 4,2 Mrd. Euro sein. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist ein Hauptpunkt im milliardenschweren Sparpaket zur Schuldeneindämmung, das die Regierung Berlusconi am vergangenen Mittwoch im Parlament durchgesetzt hat.
Der Präsident der Abgeordnetenkammer Gianfranco Fini kritisierte die höhere Mehrwertsteuer, die vor allem die einkommensschwächeren Familien belasten werde. "Diese Maßnahme ist eine soziale Ungerechtigkeit. Wer sich zum Beispiel ein Haushaltsgerät leisten kann, kann auch die höhere Mehrwertsteuer zahlen. Wer ein niedrigeres Einkommen hat, wird auf das Haushaltsgerät verzichten müssen", so Fini. Der Gewerkschaftsverband UIL drohte mit einem Streik der Steuerzahler gegen den Sparplan.
Der Industriellenverband Confindustria warnte vor den Auswirkungen der erhöhten Mehrwertsteuer auf den ohnehin schon schwachen Konsum. Bis Ende 2011 werde die Nachfrage um 0,7 Prozent wachsen, hieß es in einem Bericht der Industriellen. Bisher war Confindustria von einem Plus von 0,8 Prozent ausgegangen. Im kommenden Jahr erwarten die Unternehmer ein Plus von lediglich 0,1 Prozent, bisher hatten sie 2012 mit einem Konsumwachstum von 1 Prozent gerechnet. "Der Trend in den nächsten Monaten deutet auf Stagnation hin. Der Wohlstand der Italiener im kommenden Jahr droht auf das Niveau des Jahres 1999 zu sinken. Dies bedeutet, dass mehr als zehn Jahre verloren gegangen sind", hieß es im Bericht. Nach einem flauen Sommer müssen man mit einem wirtschaftlich "kalten Herbst" rechnen.(APA)>
18.9.2011: <Griechische Regierung zeigt Zeichen der Zermürbung>
aus: Der Standard online: Griechenland: Regierung in Athen zeigt Zeichen der Zermürbung; 18.9.2011;
http://derstandard.at/1315006672847/Griechenland-Regierung-in-Athen-zeigt-Zeichen-der-Zermuerbung
<18. September 2011, 17:38Die Regierung des griechischen Premierministers Giorgos Papandreou erscheint immer zerbrechlicher.
Athen/Istanbul - Eine kurzfristig abgesagte Reise in die USA diese Woche, massive Angriffe durch die Opposition und Zweifel am Sinn jüngster Sparmaßnahmen, lassen die Regierung des griechischen Premierministers Giorgos Papandreou nun immer zerbrechlicher erscheinen. Finanzminister Evangelos Venizelos mühte sich am Wochenende, Spekulationen über einen unmittelbar bevorstehenden Bankrott des Staates als "lächerlich" zurückzuweisen. Papandreou gab am Samstag in einer E-Mail bekannt, dass er seine Reise nach Washington und zur UN-Vollversammlung in New York wegen der "kritischen" Lage zu Hause nicht antrete.Finanzminister geschwächt
Mehr noch als Papandreou scheint Finanzminister Venizelos in der griechischen Öffentlichkeit durch die Behandlung geschwächt, die er von seinen Amtskollegen in der Eurozone erfährt. Der schwergewichtige Minister konnte die EU-Regierungen vergangene Woche nicht vom Sanierungskurs überzeugen und musste eine weitere Vertagung der Entscheidung über die Auszahlung der nächsten Kredittranche von acht Milliarden Euro bis Anfang Oktober schlucken.
Der Vorsitzende der konservativen Nea Dimokratia, Antonis Samaras, forderte sofortige Neuwahlen. Seine Partei, die von 2004 bis 2009 regierte und zum Großteil für die Zerrüttung der Staatsfinanzen verantwortlich gemacht wird, hat in den Umfragen Papandreous Sozialisten nun deutlich distanziert. Eine Neuverhandlung des Memorandums mit der EU, EZB und IMF über die Kredithilfe sei realistisch, behauptete Samaras am Wochenende in einer Rede auf der internationalen Handelsmesse in Thessaloniki.
Notsteuer im Parlament
Eine Gesetzesvorlage für eine Notsteuer auf Grundbesitz kommt diese Woche ins Parlament. Immobilienbesitzer sollen demnach dieses und nächstes Jahr bis zu 16 Euro pro Quadratmeter zahlen. Die orthodoxe Kirche ist davon ausgenommen. (Markus Bernrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 19.9.2011)>
========
19.9.2011: Strauss-Kahn: In der Schuldenkrise wird zu langsam gehandelt - Europa drohe zu zerfallen
aus: Spiegel online: DSK zur Schuldenkrise: "Europa will das Ausmaß des Problems nicht erkennen"; 19.9.2011;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,786973,00.html
<Austeilen statt Einstecken: In seiner mit Spannung erwarteten TV-Beichte geißelt Dominique Strauss-Kahn das europäische Krisenmanagement. Ignoranz und zögerliches Handeln seien die Hauptprobleme. Wenn nicht schnell etwas getan werde, drohe Europa zu zerfallen.
Paris - Es war das mit Spannung erwartete erste TV-Interview von Dominique Strauss-Kahn. Doch wer gehofft hatte, der ehemalige IWF-Chef würde über pikante Details aus dem US-Justizkrimi und über die Vergewaltigung-Vorwürfen plaudern, wurde enttäuscht. Stattdessen durfte sich der Ex-Wirtschaftsminister und Professor für Ökonomie in dem streng durchgeplanten Interview vor allem zur Euro-Krise und Griechenlands Schulden äußern - und tat dies ausgiebig.
Strauss-Kahn warf den europäischen Regierungen Ignoranz und zögerliches Handeln vor. "Sie wollen das Ausmaß des Problems nicht erkennen", sagte der 62-Jährige im Interview mit dem Privatsender TF1. Griechenland könne nicht für sich selbst zahlen. Jeder in Europa müsse akzeptieren, dass er einen Teil der Verluste zu tragen habe - sowohl die Staaten als auch die Banken."Die Europäer haben das Problem, dass sie entweder zu wenig oder es zu langsam machen, oder oft zu wenig zu langsam machen", sagte Strauss-Kahn. Die Schuldenlast sei enorm und sie müsse um jeden Preis reduziert werden, aber nicht um den Preis von Stagnation oder Rezession. "Indem man die Gewährung neuer Kredite an starke Sparanforderungen knüpft, wird das Problem nur aufgeschoben."
Er glaube nicht, dass der Euro wirklich in Gefahr sei. Aber: "Wenn wir nicht schnell handeln, wird Europa in 25 Jahren ein trostloses Land mit hohen Arbeitslosenquoten und zerfallenden sozialen Schutzsystemen sein.">
========
19.9.2011: <Wall Street auf Talfahrt: Angst vor Griechenland-Pleite geht um>
aus: 20 minuten online; 19.9.2011;
http://www.20min.ch/finance/news/story/26395327
<Nach den Kursgewinnen der vergangenen Woche schliesst der Down-Jones-Index zum Wochenstart deutlich im Minus. Vor allem die Finanztitel standen unter Druck.Neue Ängste vor einer Pleite Griechenlands haben die Wall Street am Montag auf Talfahrt geschickt. Zu den grössten Verlierern zählten die Anleger von Finanztiteln. Wegen eines Rückgangs des Ölpreises rutschten auch die Energiewerte deutlich ins Minus.
Nach den Kursaufschlägen in der Vorwoche nahmen einige Anleger ausserdem Gewinne mit. Einige Investoren traten die Flucht in als sicher geltende Anlagen wie Gold an.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging mit einem Minus von 0,9 Prozent bei
11 401 Punkten aus dem Handel, nachdem er zeitweise mehr als zwei Prozent schwächer tendiert hatte. Im Verlauf pendelte der Index zwischen11 255 und11 506 Stellen. Der breiter gefasste S&P-500 fiel knapp ein Prozent auf 1 204 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor rund 0,4 Prozent auf 2 612 Punkte.Bei den Finanztiteln stach Goldman Sachs mit einem Minus von 2,5 Prozent hervor. Die Aktionäre der Bank of America mussten sogar einen Kursverlust von 3,3 Prozent hinnehmen. Der S&P-Banken-Index tendierte 2,7 Prozent im Minus. Der S&P-Energie-Index lag 1,5 Prozent tiefer, nachdem die Ölpreise auf breiter Front nachgelassen hatten.
Bei den Einzelwerten sprangen die Aktien von Tyco um mehr als zwei Prozent in die Höhe. Der US-Mischkonzern spaltet sich auf. Dabei sollen drei eigenständige, an der Börse gelistete Unternehmen entstehen. Die drei neuen Gesellschaften sollen zu 100 Prozent den Aktionären gehören.
UBS fallen um über drei Prozent
Die in den USA gehandelten Anteilsscheine von UBS fielen dagegen mehr als drei Prozent. Der in der vergangenen Woche aufgedeckte Handelsskandal kommt die Schweizer Grossbank teurer zu stehen als zunächst angenommen.
Der Schaden, den ein Händler mit nicht erlaubten Geschäften angerichtet habe, belaufe sich auf 2,3 Milliarden Dollar, teilte die UBS am Sonntag mit. Am Donnerstag hatte die Bank den Schaden noch auf zwei Milliarden Dollar geschätzt.
(sda)>
=====
20.9.2011: Pleite-Italien wird von S&P erneut heruntergestuft - von A+ auf A
aus: 20 minuten online: Angst um Italien und Europa: "Jetzt hilft nur noch ein Wunder"; 20.9.2011;
http://www.20min.ch/finance/news/story/-Jetzt-hilft-nur-noch-ein-Wunder--10030978
<von Alex Hämmerli - Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat die Kreditwürdigkeit Italiens erneut gesenkt. Laut dem Konjunktur-Experten Jörg Hinze könnte es bald zum grossen Knall kommen.
<Jörg Hinze (rechts) zweifelt an Silvio Berlusconi und dem hochverschuldeten Italien.
Jörg Hinze ist seit 2007 als Senior Economist am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) tätig. Nach dem Volkswirtschaftsstudium an der Universität München arbeitete er ab 1980 im Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) und befasste sich in den letzten Jahren schwerpunktmäßig mit der Analyse der Konjunktur in Deutschland. Seit 2007 setzt er diese Arbeiten am HWWI fort. Daneben ist er als Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg tätig.
Die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat die Kreditwürdigkeit Italiens herabgestuft. Das Land verdiene fortan nur noch die Note A statt A+, heisst es. Die langfristigen Aussichten seien zudem weiter negativ. Jörg Hinze, Konjunkturexperte beim Hamburger Weltwirtschafts Institut, befürchtet, dass es in Europa zum Schlimmsten kommt.Herr Hinze, Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi klagt, die Einschätzung von S&P sei mehr von Medienberichten als von der Realität diktiert. Teilen Sie diese Aussage?
Jörg Hinze: Nein, Berlusconi versucht damit nur von den Problemen abzulenken. Italiens Schuldenstand ist exorbitant hoch! Das Rating fällt selbst mit der neusten Herabstufung noch viel zu mild aus.Die Regierung in Rom hat erst vor wenigen Tagen ein weiteres Sparpaket von 54,2 Milliarden Euro verabschiedet. Zusammen mit den im Juni beschlossenen Einschnitten will Rom 102 Milliarden Euro einsparen und 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Ist dieses Versprechen denn nichts wert?
Ich befürchte nicht. Die Weltwirtschaft schwächt sich ab. Und in Italien wird sich das besonders deutlich zeigen: Mich würde es nicht überraschen, wenn es in Italien schon bald zu einer Rezession kommt. Denn wenn Rom spart, würgt es dadurch auch die Wirtschaft weiter ab. Das Ziel, den Haushalt bis 2013 in Ordnung zu bringen, wird Italien kaum erreichen.Hat die Regierung Berlusconi zu spät reagiert?
Die Politik hat viel zu spät und auch viel zu zaghaft reagiert, ja. Die Weitsicht hat schon lange gefehlt. Die Schuldenkrise zeichnet sich ja nicht erst seit Anfang Jahr ab. Erst auf den Druck der Märkte ist wirklich Bewegung in die Sache gekommen. Das ist übrigens kein Italien-spezifisches Problem. Ich bin zur enttäuschenden Einsicht gekommen, dass in diesem Zusammenhang nur der Druck der Märkte, in diesem Fall die Gefahr steigender Zinsen, einschneidende Reformen erzwingt.Italien hat mit Verpflichtungen in der Höhe von 1,9 Billionen Euro oder rund 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts nach Griechenland den höchsten Schuldenstand in Europa. Wie teuer ist die Herabstufung für Italien?
Die letzte Versteigerung von Staatsanleihen fand zu einem Zinssatz von 5,6 Prozent statt. Ob und wie stark die Zinsen nun steigen, hängt davon ab, wie stark die Europäische Zentralbank (EZB) oder in Zukunft möglicherweise der Rettungsschirm die Papiere aufkauft.Anders gefragt: Wie hoch wäre der Zinssatz ohne das Eingreifen der EZB?
Ich schätze, dass Italien ohne die Interventionen heute mit Zinssätzen von 8 bis 10 Prozent konfrontiert wäre.Könnte Italien die Mehrkosten schultern?
Nein. Damit es in Italien nicht zum grossen Knall kommt, muss wirklich alles stimmen. Und daran zweifle nicht nur ich, sondern auch sonst immer mehr Experten in meinem Umfeld. Ohne tiefe Zinsen und einem passablen Wirtschaftswachstum steht Italien äusserst schlecht da.Wie lange kann man die Zinsen noch so tief halten?
Das ist schwierig zu sagen. Schon Jahre vor der Immobilienkrise in den USA hatte man etwa vor einer Blasenbildung gewarnt. Klar ist für mich: Irgendwann wird auch diese Blase platzen. Und zwar mit einem riesengrossen Krach! Denn wer glaubt, man könne Staatsschulden unendlich ausweiten, der irrt sich gewaltig.Man müsste also viel entschiedener eingreifen.
Genau. Doch dafür fehlt leider immer noch der Wille. Stattdessen wird immer mehr Geld gedruckt, um immer wertlosere Staatspapiere zu kaufen. Dabei verschliesst man sich der Tatsache, dass man damit alles nur noch schlimmer macht.Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens kommt just zu einem Zeitpunkt, in dem über neue Finanzhilfen für das von der Insolvenz bedrohte Griechenland verhandelt wird. Die Massnahme nährt die Angst vor einem Übergreifen der griechischen Krise auf andere Länder.
Die Lage ist in der Tat prekär. Wenn sich die Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) an deren eigene Regeln hält, darf die nächste Tranche an Hilfsgeldern für Griechenland nicht ausbezahlt werden. Denn Griechenland hat nicht die Ergebnisse geliefert, die das Land versprochen hat.Was würde dann passieren?
In Griechenland würde Chaos ausbrechen, Banken würden pleitegehen und die Krise würde auf weitere Länder überschwappen.Klingt nach einer explosiven Mischung.
So ist es. Ich erwarte daher, dass die Troika die Gelder trotzdem auszahlen wird ...... und damit die Probleme ein weiteres Mal aufschiebt.
========
Genau. Die Blase wächst weiter und es wird immer wahrscheinlicher, dass es irgendwann zum GAU kommt. Jetzt hilft uns eigentlich nur noch ein Wunder.
20.9.2011: <Berlusconi schäumt - Italien kassiert Rating-Klatsche> - Pleite-Italien von S&P auf A heruntergestuft
aus: n-tv online; 20.9.2011;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Italien-kassiert-Rating-Klatsche-article4341691.html
<In der europäischen Schuldenkrise rückt Italien wieder ins Rampenlicht: Die Ratingagentur S&P rechnet mit schwachen Wachstumsaussichten für das Land und senkt daher ihre Note der Kreditwürdigkeit. Der Ausblick ist negativ, damit drohen weitere Herabstufungen. Berlusconi wehrt sich mit deutlichen Worten.
Neuer Nackenschlag in der europäischen Schuldenkrise: Italien bekam von der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) wegen der schwachen Konjunktur und der wackligen Regierungskoalition eine schlechtere Bonitätsnote verpasst. Ministerpräsident Silvio Berlusconi warf der Ratingagentur daraufhin Realitätsverlust vor und unterstellte ihr politische Motive. Mitten in der Zitterpartie um neue Finanzhilfen für das von der Pleite bedrohte Griechenland nährt die Herabstufung die Angst vor einem Übergreifen der Krise auf größere Staaten.
S&P stufte überraschend die Kreditwürdigkeit Italiens um eine Note auf "A" herunter. Italienische Staatsanleihen werden damit gerade noch als "prinzipiell sichere Anlage" bewertet. Die mächtigen Ratingagentur droht zudem mit weiteren Herabstufungen, indem sie den Ausblick bei "negativ" beließ.
"Die Herabstufung spiegelt unsere Einschätzung wider, dass sich Italiens Wachstumsaussichten verschlechtert haben", begründeten die Experten ihren Schritt. Die fragile Koalition und große politische Differenzen im Parlament "werden voraussichtlich auch weiterhin die Möglichkeiten der Regierung einschränken, entschlossen auf das schwierige innere und äußere wirtschaftliche Umfeld zu reagieren". Daran ändere auch das Reformprogramm der Regierung nichts entscheidend, die ein Sparpaket im Umfang von 60 Mrd. Euro geschnürt hat und 2013 ohne neue Schulden auskommen will.
Berlusconi schäumt
Regierungschef Berlusconi kritisierte die Ratingagentur heftig. "Die Einschätzung von Standard & Poor's scheint mehr von Medienberichten als von der Realität diktiert worden zu sein", sagte er. "Sie scheint auch von politischen Erwägungen negativ beeinflusst." Die Regierung habe bereits Maßnahmen zur Haushaltssanierung eingeleitet. Schritte zur Förderung des Wirtschaftswachstums seien in Vorbereitung.
Allerdings steht S&P mit ihrer Einschätzung nicht alleine da: Die EU-Kommission senkte erst vergangene Woche ihre Wachstumsprognose für die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone. Sie rechnet für dieses Jahr nur noch mit einem Plus von 0,7 Prozent nach zuvor 1,0 Prozent. Zum Vergleich: Die gesamte Währungsunion dürfte mit 1,6 Prozent mehr als doppelt so schnell wachsen. Die lahme Konjunktur macht es schwerer, den enormen Schuldenberg abzubauen: Die Staatsschulden machen rund 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus. EU-Kommissar Günter Oettinger macht Berlusconi mitverantwortlich für die Schwierigkeiten. "Italien wird miserabel regiert", sagte er kürzlich in Berlin.
Euro zeitweise unter Druck
Die Herabstufung durch S&P kam überraschend. An den Finanzmärkten war damit gerechnet worden, dass zuerst die Ratingagentur Moody's ihre Note für das Land senken würde. Die Moody's-Analysten hatten vergangene Woche mitgeteilt, sie bräuchten für ihre Entscheidung noch einen weiteren Monat Zeit. Die Agentur wollte sich zu Italien nicht äußern. Der Euro-Kurs fiel zeitweise unter die Marke von 1,36 Dollar, erholt sich dann aber wieder. Auch der deutsche Aktienindex Dax machte anfängliche Verluste wieder wett. An den asiatischen Märkten reagierten die Investoren verschreckt. "Immer noch mehr von denselben schlechten Nachrichten", sagte Nomura-Volkswirt Stephen Roberts in Sydney. Dadurch steige die Ansteckungsgefahr in der Krise. Dies treibe die Anleger in sichere Anlagen.
Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht Griechenland. Der Euro-Schuldensünder braucht dringend neue Finanzspritzen der Geldgeber EU, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF). Sollte diese sogenannte Troika der Regierung in Athen nicht die erforderlichen Reformfortschritte bescheinigen, ist die nächste milliardenschwere Hilfstranche in Gefahr - und dem Land droht die Staatspleite. Die Gespräche mit den Troika-Experten sollen an diesem Dienstagabend fortgesetzt werden. Ein Vertreter des griechischen Finanzministeriums äußerte sich zuversichtlich, dass es dann zu einem Durchbruch kommt. Die Regierung werde voraussichtlich am Mittwoch zu einer Kabinettssitzung zusammenkommen und danach eine Erklärung abgeben.
nne/rts>
=====
20.9.2011: Pleite-Playboy-Berlusconi pokert mit Brüssel, bis es nicht mehr geht
aus: Spiegel online: Herabstufung Italiens: Bockiger Berlusconi führt Europäer vor; 20.9.2011;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,787403,00.html
<Von David Böcking
Die Rating-Agentur Standard and Poor's hat Italien herabgestuft, doch Premier Berlusconi tut die Entscheidung als realitätsfern ab. Das Beispiel zeigt, wie wenig Einfluss die EU auf verschuldete Mitglieder hat - selbst wenn die EZB ihnen mit Milliarden hilft.
Aus Datenschutzgründen wird Ihre IP-Adresse nur dann gespeichert, wenn Sie angemeldeter und eingeloggter Facebook-Nutzer sind. Wenn Sie mehr zum Thema Datenschutz wissen wollen, klicken Sie auf das i.Hamburg - Schuld sind mal wieder die anderen: Nachdem die Rating-Agentur Standard and Poor's (S&P) in der Nacht zu Dienstag die Kreditwürdigkeit von Italien um eine Stufe gesenkt hatte , schaltete Silvio Berlusconi umgehend auf Angriff. Die Einschätzung scheine "mehr von Medienberichten als von der Realität diktiert worden zu sein", wetterte der italienische Premierminister . Schließlich sei seine Regierung schon dabei, den Haushalt zu sanieren.
Tatsächlich hat Berlusconi erst unter massivem Druck und wiederholten Kursänderungen mit dem Sparen begonnen. Er demonstrierte damit nicht nur, dass er seinen populistischen Regierungsstil wohl bis zum bitteren Ende durchhalten wird. Das Verhalten des mächtigen Medienunternehmers zeigt auch, wie begrenzt der Einfluss der EU auf verschuldete Mitgliedstaaten ist, solange diese noch nicht mit Finanzhilfen gestützt werden müssen.Dass Italien demnächst Hilfe braucht, ist nicht ausgeschlossen. Zwar haben die Italiener im Gegensatz zu Griechen oder Portugiesen eine grundsätzlich leistungsfähige Wirtschaft, dank der sie immer noch zu den größten Industrieländern gehören. Doch die italienische Staatsverschuldung in Höhe von 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung wird in Europa nur noch von Griechenland übertroffen .
Zugleich ist die italienische Wirtschaft in den vergangenen Jahren nur noch schwach gewachsen, es mangelte also an Einnahmen, um die Verschuldung zu reduzieren. Für die Finanzierung der Schulden musste der Staat außerdem zunehmend hohe Zinsen zahlen: Gab es für zehnjährige italienische Staatsanleihen im August 2010 noch 3,8 Prozent, so waren es ein Jahr später schon 5,3 Prozent.
Hohe Schulden, schwaches Wachstum und steigende Zinskosten: Italien zeigt dieselben Symptome wie jene drei Euro-Staaten, die bereits Finanzhilfen der Partner in Anspruch nehmen mussten. Eine Rettung Italiens aber wäre mit den Hilfsmechanismen der Währungsunion derzeit kaum zu stemmen - dafür ist die Verschuldung des Landes zu groß.
Unternehmer wollen nicht länger "die Lachnummer" sein
Die Gefahr ist in Europa längst erkannt. Doch solange Italien keine Finanzhilfen bezieht, ist der Einfluss auf die italienische Regierung sehr begrenzt. Auch nach der Herabstufung durch S&P und Berlusconis aggressiver Replik blieben Vertretern von EU und Nachbarländern nur Appelle: Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn forderte, Italien müsse die Sparbeschlüsse jetzt voll umsetzen. Die CSU-Landesgruppenvorsitzende im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, nannte das Rating-Urteil einen "guten und notwendigen Ansporn". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Peter Altmaier, sagte: "Der Fall Italien zeigt, dass wir eben nicht nur über Griechenland reden."
Wie eine weniger diplomatische Analyse ausfallen kann, zeigte die Präsidentin des italienischen Arbeitgeberverbands Confindustria. "Wir haben die Nase voll davon, eine internationale Lachnummer zu sein", sagte Präsidentin Emma Marcegaglia. Die Regierung müsse entweder "rasche, seriöse und auch unpopuläre Reformen durchsetzen" oder "ihre Koffer packen".
Das harsche Statement zeigt, wie viel Frust sich über Berlusconis Krisenmanagement angestaut hat. Lange hatte der Premier gar keinen Handlungsbedarf gesehen. Als die Regierung Anfang Juli dann doch ein Sparpaket über 47 Milliarden Euro verabschiedete, rühmte sich der Regierungschef, wie harmlos dieses ausgefallen sei. "Wir haben alle drastischen Maßnahmen der anderen europäischen Länder vermieden. Die Italiener müssten uns ein Denkmal errichten."
Solche Beteuerungen waren nicht dazu angetan, das Vertrauen von Investoren in Italien zu stärken: Das Land blieb an den Finanzmärkten unter Druck, die Regierung musste ein zweites Sparpaket über 45 Milliarden Euro nachschieben. Doch noch wochenlang lavierte Berlusconi bei den Details der Einsparungen herum. So war beispielsweise schon frühzeitig eine Reichensteuer geplant, die Berlusconi dann zunächst fallenließ und schließlich doch wieder in das Paket aufnehmen musste.
Berlusconis Zickzackkurs kann das Ausland bislang kaum beeinflussen. Harte Sparauflagen werden erst dann möglich, wenn das Land Finanzhilfen beantragen sollte. Für ein frühzeitiges Eingreifen müssten die EU-Partner dagegen erweiterte Rechte haben - etwa durch eine europäische Wirtschaftsregierung.
Damit bleiben vorerst nur Interventionen hinter den Kulissen. So soll die Europäische Zentralbank (EZB) in einem geheimen Brief an Berlusconi sehr konkrete Forderungen nach Reformen gestellt haben. Diese wären eine Art Gegenleistung, denn die EZB kauft seit längerem in großem Stil italienische Staatsanleihen, um deren Zinsen niedrig zu halten. Die Käufe sind innerhalb der Zentralbank umstritten, sowohl Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber als auch der bisherige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark sollen aus Protest dagegen zurückgetreten sein. Auch der neue Bundesbank-Chef Jens Weidmann kritisiert die Käufe in einem SPIEGEL-Interview .
Doch auch dieser Appell scheint Berlusconi die Brisanz der Lage nicht verdeutlicht zu haben. "Es dauert leider viel zu lange, bis Regierungen den Ernst der Lage erkennen und dies angemessen durch Taten dokumentieren", sagte der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater "Handelsblatt Online" mit Blick auf die jüngste Herabstufung.Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, kritisierte gegenüber dem Internetportal, dass die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen weiter steigen - obwohl die EZB "aggressiv Staatsanleihen kauft und damit de facto Staatsausgaben mit der Notenpresse finanziert".
Aus dem Dilemma scheinen die Währungshüter jedoch derzeit keinen Ausweg zu sehen: Am Dienstag kaufte die EZB laut Händlerangaben erneut italienische Staatsanleihen mit fünf- bis zehnjähriger Laufzeit.
Mit Material von Reuters>
=====
20.9.2011: <Griechenland vor der Pleite: Hilfe für Athen ist "rausgeworfenes Geld"> - das sagt Ökonom Hans-Werner Sinn
aus: 20 minuten online; 20.9.2011;
http://www.20min.ch/finance/news/story/31317409
<Der bekannte Ökonom Hans-Werner Sinn befürchtet, dass Geldhilfen an Griechenland nur den Banken dienen, die griechische Staatsanleihen halten. Seit Februar 1999 ist Hans-Werner Sinn Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung in München. Seine Dissertation mit dem Titel «Ökonomische Entscheidungen bei Ungewissheit» (1980) wurde auch international publiziert. 2009 schrieb er ein Buch über die Finanzkrise unter dem Titel «Kasino-Kapitalismus».
Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hält weitere europäische Milliardenhilfen für Griechenland für Geldverschwendung. «Die Steuerzahler sollten sich das nicht länger gefallen lassen», sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts am Dienstag im ZDF-«Mittagsmagazin». Nutzniesser der Rettungspakete seien vor allem die Banken, die griechische Staatsanleihen hielten und weitere Abschreibungen befürchteten. Aber «Griechenland ist pleite. Das ist offenbar ein Fass ohne Boden», sagte Sinn.
Wenn jetzt auch die EU und der Internationale Währungsfonds keine Grundlage für weitere Hilfen mehr sehen sollten, werde das Land wohl aus der Eurozone «in letzter Sekunde austreten, um sich der Last der Rückzahlung der Staatsschulden zu entziehen». Das wäre auch der richtige Schritt, denn dann könnte es die Drachme abwerten und seine Wirtschaft wettbewerbsfähig machen. «Alles andere ist rausgeworfenes Geld», sagte Sinn.(dapd)>
|
|